Rede von
Wolfgang
Engelmann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Jüttemann, hören Sie einmal zu; Sie können die ganze Zeit stehenbleiben.
Das nach den Richtlinien des Bundeswirtschaftsministeriums gewährte Anpassungsgeld ist eine Leistung, die seit 1972 der sozialen Flankierung des Umstrukturierungsprozesses der Unternehmen des Steinkohlenbergbaus - ausschließlich des Steinkohlenbergbaus! - dient
und bis 1999 im gesamten Bundesgebiet gilt. Mit dem Anpassungsgeld für ältere Bergleute sollen Entlassungen von jüngeren Arbeitnehmern vermieden werden. Es ist immer unmittelbar an eine Stilllegungs- oder Rationalisierungsmaßnahme des Stein-
Wolfgang Engelmann
kohlenbergbau betreibenden Unternehmens gebunden.
- Sie stehen j a nicht mehr.
Mit dem Anpassungsgeld können 50jährige Untertagebeschäftigte oder 55jährige Übertagebeschäftigte ausscheiden, wenn sie ihren Arbeitsplatz auf Grund einer der soeben dargestellten Maßnahmen verlieren. Das Anpassungsgeld gilt in den alten Bundesländern nicht für den sonstigen Bergbau.
In den neuen Bundesländern war die Anwendung der APG-Richtlinie nicht notwendig, da in der ehemaligen DDR der Steinkohlenbergbau bereits 1978 eingestellt worden war. Deshalb konnte das Anpassungsgeld nicht wirksam werden.
Zur sozialen Flankierung der Umstrukturierungsprozesse der Unternehmen in den neuen Ländern wurde für 55jährige Arbeitnehmer als entsprechendes Instrument das Altersübergangsgeld eingeführt. Diese Leistung konnte bekanntlich vom 3. Oktober 1990 bis zum 31. Dezember 1992 bezogen werden. Diese Maßnahme stand allen betroffenen Arbeitnehmern zur Verfügung. Zahlreiche Instrumente des Arbeitsförderungsgesetzes trugen ebenfalls dazu bei, ältere ausgeschiedene Bergleute sozialpolitisch zu begleiten.
- Im Steinkohlenbergbau?
Wir dürfen mit Befriedigung feststellen, daß auch der Anpassungsprozeß im Bergbau Ostdeutschlands
- insbesondere bei den älteren Arbeitnehmern - erfolgreich flankiert worden ist. Der Umstrukturierungsprozeß im Bergbau im Osten ist zum überwiegenden Teil abgeschlossen, so daß kaum noch unternehmensbezogene Umstrukturierungsmaßnahmen zu erwarten sind, auf die sich eine dem Anpassungsgeld vergleichbare Regelung beziehen könnte. Eine Gewährung von APG wäre in den neuen Ländern, wie oben dargestellt, nicht sachgerecht und ist daher abzulehnen.
Nun zur Knappschaftsausgleichsleistung. Sie hat den Zweck, die langjährig tätigen Untertagebergleute finanziell abzusichern, die wegen Strukturveränderungen und Rationalisierungsmaßnahmen im Bergbau ihre Arbeitsplätze in einem knappschaftlichen Betrieb aufgeben mußten, wenn sie zum Zeitpunkt des Arbeitsplatzverlustes das 55. Lebensjahr bereits vollendet haben, aber keinen Anspruch auf Knappschaftsrente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit haben.
Diese Regelung gilt auch für die Versicherten in den neuen Bundesländern. Außerdem kann die Knappschaftsausgleichsleistung von Bergleuten bezogen werden, die schon nach Vollendung des 50. Lebensjahres aus einem knappschaftlichen Betrieb ausgeschieden sind,
wenn sie bis zur Vollendung des 55. Lebensjahres Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben.
Für die neuen Länder gilt folgendes: Die Voraussetzungen für die Knappschaftsanpassungsleistung können in den neuen Bundesländern auch durch den Bezug einer Bergmannsvollrente erfüllt werden. Damit wird für diejenigen Bergleute, die zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung 44 Jahre und älter waren, gewährleistet, daß sie mit 55 Jahren die Knappschaftsausgleichsleistungen erhalten können. Im Ergebnis werden also 11 Geburtsjahrgänge begünstigt. Ich bin der Meinung, daß dies eine sehr großzügige Vertrauensschutzregelung ist.
Wie bei allen befristeten Regelungen muß auch hier die Frage des Stichtages behandelt werden. Hier ist der Stichtag der 31. Dezember 1996. Die im Einigungsvertrag vereinbarte Regelung für die Weitergeltung alten DDR-Rechts sah zunächst lediglich den 30. Juni 1995 vor. Im Renten-Überleitungsgesetz 1992 sind wir dann - im Konsens mit der SPD - noch weit über diese Vertrauensschutzregelung hinausgegangen und haben die Bestandsschutzgarantie auf Rentenansprüche erweitert, die bis zum 31. Dezember 1996 beginnen.
Eine Verschiebung dieses Stichtages führt jedoch zu keiner Lösung, da es immer noch Fälle geben wird, die von dem neuen Stichtag betroffen wären. Noch viel weniger kann eine Regelung in Betracht kommen, die nur die Möglichkeit zur Gewährung von Bergmannsvollrenten über den 31. Dezember 1996 hinaus verlängert; denn dies wäre aus Gleichbehandlungsgründen gegenüber denjenigen Versicherten nicht zu rechtfertigen, für die der Stichtag weiterhin Bedeutung hat.
Nach vorsichtigen Schätzungen der Wismut GmbH sind vom Auslaufen der alten DDR-Regelung zirka 800 Arbeitnehmer betroffen. Nicht vergessen dürfen wir, daß unabhängig von den versicherungsrechtlichen Ansprüchen beim Ausscheiden aus dem Betrieb auch Abfindungen gezahlt werden. Von der Wismut GmbH ist mir dies auf Anfrage mitgeteilt worden. Die Abfindung wird ohne die Voraussetzung eines bestimmten Alters gezahlt. Des weiteren wurde Bergleuten die Möglichkeit eröffnet, Zurechnungszeiten, die für den Bezug der Bergmannsvollrente ab dem 50. Lebensjahr nach altem DDR-Recht fehlten, bei untertägigen Sanierungsarbeiten in Schächten der Wismut GmbH zu erwerben.
Der Wegfall der Bergmannsvollrente bedeutet nicht, daß es künftig an einer rentenrechtlichen Absicherung für 50jährige und ältere Bergleute vor Erreichen der Altersgrenze fehlt. Personen, die gesundheitlich beeinträchtigt sind, können eine Rente wegen Erwerbsminderung unter erleichterten Voraus-
Wolfgang Engelmann
setzungen erhalten. Darüber hinaus können diese Rente auch 50jährige und ältere Bergleute erhalten, die 25 Jahre unter Tage tätig waren und ihre bisherige knappschaftliche Tätigkeit nicht mehr ausüben können. Damit ist für diese Personen ein ausreichender Schutz in der Rentenversicherung gewährleistet.
Sie erkennen selbst, daß viele Voraussetzungen geschaffen wurden, um für die Kumpel einen Fall in die soziale Unsicherheit und Ungewißheit zu vermeiden. Eine Verlängerung der Übergangsregelung für eine Bergmannsvollrente wäre weder systemgerecht, noch ist sie erforderlich.
Wir können dem Antrag der PDS nicht zustimmen.