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ID1312912200

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    Plenarprotokoll 13/129 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 129. Sitzung Bonn, Freitag, den 11. Oktober 1996 Inhalt: Vorverlegung der Frist für die Einreichung der Fragen für die Fragestunde 11631 B Zusatztagesordnungspunkt 13: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zu Beratungen des Tarifausschusses über Mindestlöhne im Baugewerbe 11619 A Leyla Onur SPD 11619 B Wolfgang Meckelburg CDU/CSU . . . 11620B Marieluise Beck (Bremen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11621B Uwe Lühr F.D.P 11622 A Dr. Heidi Knake-Werner PDS 11622 D Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 11623 C Peter Dreßen SPD 11624 B Dr. Reinhard Göhner CDU/CSU . . . 11625B Ernst Schwanhold SPD 11625 D Heinz Schemken CDU/CSU 11626 D Erika Lotz SPD 11627 D Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 11628D Hans Büttner (Ingolstadt) SPD 11630 B Tagesordnungspunkt 14: a) - Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurf eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes (Drucksachen 13/5583, 13/5750) - Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes (Drucksachen 13/5582, 13/5750) - Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Gerald Häfner, Kerstin Müller (Köln), weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Kompensation von Überhangmandaten (Drucksachen 13/5575, 13/5750) . . 11631 B b) Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses - zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Wahlkreiskommission für die 13. Wahlperiode des Deutschen Bundestages gemäß § 3 Bundeswahlgesetz - zu dem Zwischenbericht der Reformkommission zur Größe des Deutschen Bundestages: Empfehlungen für die Wahl zum 14. Deutschen Bundestag und zu den wesentlichen Regelungen für die Verkleinerung des Deutschen Bundestages - zu dem Ergänzenden Bericht der Reformkommission zur Größe des Deutschen Bundestages zu dem Zwischenbericht: Empfehlungen für die Wahl zum 14. Deutschen Bundestag und zu den wesentlichen Regelungen für die Verkleinerung des Deutschen Bundestages hier: Empfehlungen zu den wesentlichen Regelungen für die Verkleinerung des Deutschen Bundestages ab der 15. Wahlperiode (Drucksachen 13/3804, 13/4560, 13/ 4860, 13/5750) 11631 C Erwin Marschewski CDU/CSU 11632 A Dr. Uwe-Jens Heuer PDS 11633 C Fritz Rudolf Körper SPD 11633 D Gerald Häfner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11635A, 11644 C Peter Conradi SPD 11635 D Jörg van Essen F.D.P. 11637 B Dr. Gregor Gysi PDS 11638 D Dr. Dagmar Enkelmann PDS 11639 C Dr. Rupert Scholz CDU/CSU . . 11640B, 11645B, 11646 B Wilhelm Schmidt (Salzgitter) SPD . . . . 11642 C Dr. Rupert Scholz CDU/CSU 11644 B Dr. Gregor Gysi PDS 11645D Tagesordnungspunkt 15: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung der Strafprozeßordnung (Drucksachen 13/2576, 13/ 5743) 11647 A Ronald Pofalla CDU/CSU 11647 B Allred Hartenbach SPD 11649 A Alfred Hartenbach SPD 11649 C Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11652B Detlef Kleinert (Hannover) F.D.P. . . . 11653 D Dr. Uwe-Jens Heuer PDS 11654 D Dr. Wolfgang Götzer CDU/CSU . . . . 11655 D Dr. Jürgen Meyer (Ulm) SPD 11656 D Detlef Kleinert (Hannover) F.D.P. . . 11657 D Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Bundesminister BMJ 11658 C Dr. Jürgen Meyer (Ulm) SPD 11659 C Tagesordnungspunkt 16: Antrag der Abgeordneten Günter Graf (Friesoythe), Hans-Peter Kemper, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Private Sicherheitsdienste (Drucksache 13/3432) 11660 A Günter Graf (Friesoythe) SPD 11660 B Michael Teiser CDU/CSU 11662 C Günter Graf (Friesoythe) SPD . . . . 11662 D Manfred Such BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11665A Dr. Max Stadler F D P. 11665 B Dr. Max Stadler F D P. 11666 B Dr. Winfried Wolf PDS 11667 D Hans-Peter Kemper SPD 11668 D Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär BMI 11670B Tagesordnungspunkt 17: Bericht des Petitionsausschusses: Bitten und Beschwerden an den Deutschen Bundestag - Die Tätigkeit des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages im Jahr 1995 (Drucksache 13/ 4498) 11671C Christa Nickels BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11671C, 11682D Wolfgang Dehnel CDU/CSU 11673 D Lisa Seuster SPD 11675 C Günther Friedrich Nolting F.D.P. . . . 11677A Heidemarie Lüth PDS 11679 C Wolfgang Dehnel CDU/CSU . 11680B, 11684 B Wilma Glücklich CDU/CSU 11681 C Jutta Müller (Völklingen) SPD 11683 B Klaus Dieter Reichardt (Mannheim) CDU/ CSU 11685B Lisa Seuster SPD 11686 B Jutta Müller (Völklingen) SPD . . . 11686C Christa Nickels BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11686D Amke Dietert-Scheuer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11687 D Hildegard Wester SPD 11689 A Matthäus Strebl CDU/CSU 11690 D Christel Deichmann SPD 11692A Tagesordnungspunkt 18: Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Uwe-Jens Rössel, Dr. Barbara Höll, weiterer Abgeordneter und der Gruppe der PDS: Einsetzung einer Enquete-Kommission „Reform der Kommunalfinanzierung" (Drucksachen 13/984, 13/5749) . . . 11693C Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 11693 C Carl-Ludwig Thiele F.D.P. 11694 C Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11695 C Nächste Sitzung 11696 C Berichtigung 11696 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 11697* A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Gerald Häfner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Innenausschusses zu den Gesetzentwürfen zur Änderung des Bundeswahlgesetzes (Tagesordnungspunkt 14) 11697* C Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 18 (Antrag: Einsetzung einer Enquete-Kommission „Reform der Kommunalfinanzierung") Reiner Krziskewitz CDU/CSU 11698* B Ludwig Eich SPD 11699* C Anlage 4 Amtliche Mitteilungen 11700* C 129. Sitzung Bonn, Freitag, den 11. Oktober 1996 Beginn: 8.00 Uhr
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    Berichtigung 128. Sitzung, Seite 11576A; der Text Geradezu perfide wird dieser Vorgang dadurch, daß die parlamentarische Mehrheit diese Entscheidung auch noch gegen den Willen derer, die Steuern zu bezahlen haben, durchsetzt, obwohl man gerade hier mit größtem Einvernehmen streichen und sparen könnte. ist die Fortsetzung des vorstehenden Zitats und dementsprechend einzurücken. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Augustin, Anneliese CDU/CSU 11. 10. 96 Bläss, Petra PDS 11. 10. 96 Böttcher, Maritta PDS 11. 10. 96 Borchert, Jochen CDU/CSU 11. 10. 96 Braune, Tilo SPD 11. 10. 96 Brudlewsky, Monika CDU/CSU 11. 10. 96 Buntenbach, Annelie BÜNDNIS 11. 10. 96 90/DIE GRÜNEN Burchardt, Ulla SPD 11. 10. 96 Glos, Michael CDU/CSU 11. 10. 96 Irber, Brunhilde SPD 11. 10. 96 Dr. Jacob, Willibald PDS 11. 10. 96 Jelpke, Ulla PDS 11. 10. 96 Dr. Küster, Uwe SPD 11. 10. 96 Dr.-Ing. Laermann, F.D.P. 11. 10. 96 Karl-Hans Leutheusser- F.D.P. 11. 10. 96 Schnarrenberger, Sabine Lummer, Heinrich CDU/CSU 11. 10. 96 * Mehl, Ulrike SPD 11. 10. 96 Neuhäuser, Rosel PDS 11. 10. 96 Neumann (Berlin), Kurt SPD 11. 10. 96 Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 11. 10. 96 Hermann Reuter, Bernd SPD 11. 10. 96 Schauerte, Hartmut CDU/CSU 11. 10. 96 Schlauch, Rezzo BÜNDNIS 11. 10. 96 90/DIE GRÜNEN Schönberger, Ursula BÜNDNIS 11. 10. 96 90/DIE GRÜNEN Steindor, Marina BÜNDNIS 11. 10. 96 90/DIE GRÜNEN Tappe, Joachim SPD 11. 10. 96 Terborg, Margitta SPD 11. 10. 96 * Thieser, Dietmar SPD 11. 10. 96 Vosen, Josef SPD 11. 10. 96 Würzbach, Peter Kurt CDU/CSU 11. 10. 96 Zierer, Benno CDU/CSU 11. 10. 96 * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung nach j 31 GO des Abgeordneten Gerald Häfner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Innenausschusses zu den Gesetzentwürfen zur Änderung des Bundeswahlgesetzes (Tagesordnungspunkt 14) Ich möchte hier, da es sich um eine sehr wichtige Entscheidung handelt, ein paar Sätze zu meinem ansonsten vielleicht für manche mißverständlichen Verhalten in der nachfolgenden Abstimmung sagen. Dieser Erklärung schließen sich die übrigen anwesenden Mitglieder meiner Fraktion an. Der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen regelt,was wir in der Reformkommission fraktionsübergreifend miteinander vereinbart haben. Und da gab es ja viel und wichtigen Konsens: Ich will - und auch dies gilt in gleicher Weise für die gesamte Fraktion - die Verkleinerung des Bundestages, wie die Kommission sie nach langem Hin und Her beschlossen hat. Ich habe mich von Anfang an dafür eingesetzt und hätte auch eine Sitzzahl, die deutlicher unter der 600er-Grenze liegt als die nicht gerade berauschende Zahl 598, für möglich, ja sogar für besser als die jetzige Lösung gehalten. Ich trage aber das Verhandlungsergebnis ausdrücklich mit. Und ich will auch, daß wenigstens zukünftig - selbst wenn all dies erst ab der Wahl zum 15. Deutschen Bundestag gelten soll - endlich von Gesetzes wegen vorgeschrieben wird, daß die Zahl der Wahlkreise in den einzelnen Ländern deren Bevölkerungsanteil soweit wie möglich entsprechen muß. Genauso habe ich mich die ganze Zeit über dafür eingesetzt, die zulässige Abweichung der Bevölkerungszahlen der Wahlkreise untereinander auf im Regelfall 15 Prozent, maximal aber 25 Prozent zu beschränken. Denn die bisherige Regelung führt, wie wir wissen, im Einzelfall zu Unterschieden bei der Zahl der Stimmberechtigten zu verschiedenen Wahlkreisen im Größenverhältnis von 1 : 2. Das ist nicht mehr hinnehmbar! All diesen Regelungen im Koalitionsentwurf kann ich also zustimmen. Der Entwurf wird falsch nicht durch das, was in ihm steht, sondern durch das, was nicht in ihm steht. Und das ist der weitaus gravierendere Punkt. Denn die Verschiebung all dieser sinnvollen o. g. Gesetzesänderungen auf einen Tag irgendwann um das Jahr 2000 und insbesondere die geradezu peinliche Formel: „Artikel 1 Nr. 1 tritt an dem Tage in Kraft, an dem das in Artikel 2 genannte Gesetz in Kraft tritt" - wohlgemerkt ein Gesetz, von dem es noch nicht einmal einen Entwurf gibt und noch völlig offen ist, ob es überhaupt zustandekommt -, all dies ist rechts- und verfassungspolitisch mehr als fragwürdig, zeigt, auf welch schwankendem Grund ihre ganze unhaltbare Konstruktion ge- baut ist, mit der sie hoffen, einen verfassungswidrigen Zustand noch über die Zeit retten zu können; all dies also ist keinesfalls zustimmungsfähig. Vor allem aber krankt Ihr Gesetzentwurf, wenn man akzeptiert, was in ihm steht, an dem, was eben nicht drin steht: eine Ausgleichsregelung für die zu erwartende hohe Zahl an Überhangmandaten. Wir können diesem Gesetzentwurf also - auch wenn wir für die Verkleinerung und die Änderung der Toleranzgrenzen sind - nicht zustimmen. Ich werde mich daher in der Abstimmung zu diesem Gesetzentwurf der Stimme enthalten. Den SPD-Entwurf werde ich ablehnen, weil wir für das gleiche Problem eine bessere Regelung vorgeschlagen haben. Insofern stehen diese beiden Entwürfe in Konkurrenz zueinander. Ich bedauere sehr, daß es all unseren Bemühungen zum Trotz nicht zu einem gemeinsamen Entwurf gekommen ist, weil sich die SPD bis zum Schluß die Beratungen in der Reformkommission noch gegen eine Ausgleichsregelung ausgesprochen hat, dann aber, als Sie sich nach Vorlage unseres Entwurfes in internen Gesprächen von unseren Argumenten überzeugen ließ, unbedingt der Meinung war, sie müsse einen eigenen Entwurf einbringen und könne sich einem gemeinsamen Entwurf nicht anschließen. Umso dankbarer bin ich, daß der ehemalige Partei- und Fraktionsvorsitzende und gegenwärtig Sachverständige der SPD, Hans-Jochen Vogel, der die Debatte in der Reformkommission die gesamte Zeit über mitverfolgt und geführt hatte, gestern öffentlich erklärt hat, er würde dem Gesetzentwurf der Grünen den Vorzug geben. Das werde ich in der Abstimmung auch tun. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 18 (Antrag: Einsetzung einer Enquete-Kommission „Refom der Kommunalfinanzierung") Reiner Krziskewitz (CDU/CSU): Mit Recht wird die finanzielle Situation der deutschen Kommunen heute als besonders angespannt bezeichnet. Kommunale Finanzierungsprobleme nehmen in der finanzpolitischen Debatte eine zentrale Stellung ein, und jeder Politiker wird genügend Beispiele aus seinem Wahlkreis beisteuern können, die von den Auseinandersetzungen zwischen Kommunen und Landkreis, Landkreis und Land berichten. Es handelt sich zwar hier um ein Dauerthema, aber es ist nicht zu übersehen, daß in Zeiten wirtschaftlicher Stagnation, unvorhergesehener gesamtstaatlicher finanzieller Verpflichtungen, wie sie im Gefolge der deutschen Einheit unumgänglich sind, und weltweiter technologisch/ökonomischer Umbruchsituationen die Kommunen als letztes Element in einer Organisation staatlicher Gliederung besonders betroffen sind. Es fehlt nicht an Analysen unterschiedlichster Art auf diesem Gebiet. Beim Recherchieren zu diesem Thema stößt man auf wahre Berge von Vorschlägen und Denkschriften. Die wissenschaftliche Ernsthaftigkeit vieler Modelle ist nicht anzuzweifeln, die politische Umsetzbarkeit in der heutigen konkreten Situation ist jedoch fraglich. Ich habe deshalb große Zweifel, ob eine EnqueteKommission wirklich neue Erkenntnisse produzieren könnte. Bestenfalls könnte sie mehr oder weniger Bekanntes zusammenfassen oder ordnen. Eine Enquete-Kommission kann aber vor allem eines nicht leisten: Sie kann keine neuen weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen schaffen, noch viel weniger kann sie deren politische Umsetzbarkeit dekretieren. In der augenblicklichen Situation ist aber ein schnelles und entschlossenes Handeln nötig, das die übernationalen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht aus den Augen verliert und einer gesamtvolkswirtschaftlichen Betrachtungsweise die gesetzlich notwendigen Regelungen verschafft. Die Handlungsweise der Bundesregierung auf diesem Gebiet, besonders im Hinblick auf die neuen Bundesländer, ist dadurch bestimmt, daß die Sicherung der kommunalen Finanzen einen hohen Stellenwert einnimmt. Ich erinnere hier an die kommunale Investitionspauschale für die Gemeinden in den neuen Bundesländern, an die Entlastungswirkung der Pflegeversicherung und an die Neuordnung des Länderfinanzausgleiches. In diesem Zusammenhang muß daran erinnert werden, daß die deutsche Finanzverfassung sich auch in einem zweigliedrigen Staatsaufbau, in dem die Gemeinden Teil der Länder sind, wiederfindet. Bei allen Einwänden, die auf Reibungsverlusten, widersprüchlicher Interessenlage, auch unterschiedlichen Wirkungsmöglichkeiten beruhen, hat sich diese Finanzverfassung bewährt. Ich sehe auch keine reale Chance, dies grundsätzlich zu ändern. Wir sollten auch eine Intention der Antragsteller nicht übersehen, die offensichtlich dahin geht, Finanzlasten auf den Bund zu verschieben. Die Verschuldungsrate der Kommunen ist zweifellos hoch und für die Gemeinden drückend. Ebenso ist anzumerken, daß der Bund mit einer Zinslast von 20 Prozent seiner Ausgaben an einer absoluten Obergrenze angelangt ist. Ein Großteil dieser Verschuldung ist als Kostenfolge des deuschen Einigungsprozesses anzusehen. Der Bund hat hier - und nicht zuletzt im Interesse der Kommunen aus den neuen Bundesländern - Vorleistungen geschaffen. Auch wenn wir neue Ausgaben in den sogenannten Erblastentilgungsfonds schieben, so muß daran erinnert werden, daß die Tilgung dieses Fonds 30 Jahre in Anspruch nehmen wird. Um es zu veranschaulichen: Nicht wir, sondern unsere Kinder und Enkel werden diesen Schuldenberg zu tilgen haben. Ein vernünftiger volkswirtschaftlicher Ansatz für die Neugestaltung von Steuereinnahmen und deren Verteilung muß alle Aspekte und Wirkungen be- trachten. Ich möchte das an folgendem Beispiel demonstrieren: Man mag zur Gewerbesteuer stehen, wie man will, aber es ist nicht zu leugnen, daß die Koppelung kommunaler und wirtschaftlicher Interessen in einem konkreten regionalen Bezug einen Sinn ergibt. Wenn auch eine mittelstandsfreundliche Ausgestaltung dieser Steuer unumgänglich ist, so sollte eine Koppelung der eben erwähnten Interessen von Gemeinden und Unternehmen beibehalten werden. Die in der Gewerbesteuer enthaltene Gewerbekapitalsteuer erfüllt diese Funktion nicht. Als Substanzsteuer, die selbst Schulden noch besteuert und auch bei negativem Betriebsergebnis wirkt, gehört sie abgeschafft. Selbstverständlich müssen die Kommunen eine entsprechende Kompensation erhalten. Die Koalition hat hierzu einen Anteil an der Umsatzsteuer vorgeschlagen. Um einen möglichst genauen Verteilungsschlüssel zu erhalten, werden seit 1995 entsprechende Steuerstatistikdaten erfaßt. In einer kurzen Übergangsphase sollen die Kommunen die bei Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer entstehenden Defizite ohne Berücksichtigung der erhöhten Anteile an der Einkommensteuer voll ausgeglichen erhalten. Da die neuen Bundesländer bisher keine Gewerbekapitalsteuer erheben, schlagen wir vor, einen Zuschlag in Höhe eines geschätzten fiktiven Gewerbekapitalsteueranteils von 25 Prozent des Gesamtvolumens der betreffenden Gewerbesteuer nach Ländern zu erstatten. Nach überschlägigen Rechnungen dürften das für die Kommunen in den neuen Bundesländern zusätzliche Einnahmesverbesserungen in Höhe von etwa 700 Millionen DM sein. Es liegt auf der Hand, daß bei einer Einführung der Gewerbekapitalsteuer in den neuen Bundesländern, die, wie jeder Kenner der Materie weiß, nicht nur kontraproduktiv, sondern in ihrer Umsetzung nur mit großen technischen Schwierigkeiten behaftet wäre, dieses zusätzliche Steueraufkommen nur schwer zu erreichen ist. Dem Wunsche der Kommunen, den Umsatzsteueranteil als verbrieftes Recht auch grundgesetzlich zu verankern, ist die Koalition gefolgt. Der Finanzausschuß hat sich gestern in einer Anhörung von Vertretern der kommunalen Spitzenverbände mit diesem Thema befaßt. Dabei wurde eines deutlich: Es gab Kritik von jedem an jedem, man feilschte, ob 15 Prozent oder 13,5 Prozent, die Frage des Aufteilungsschlüssels war nicht ausdiskutiert usw. In der Sache war aber zur Verblüffung aller festzustellen: die Angelegenheit ist realisierbar. Meine Damen und Herren, hier bedarf es keiner Enquete-Kommission! Zur Substanz des Vorhabens ist bereits an berufener Stelle alles gesagt worden. - Nun muß verhandelt werden, müssen konkrete Formulierungen gefunden werden. Jetzt muß politisch gehandelt werden! Meine Damen und Herren, dieses Beispiel ist zweifellos nicht die Gesamtlösung der Problematik, sondern zeigt die Richtung an, in der wir gesamtvolkswirtschaftliche und kommunale Interessen verbinden müssen. Die Fraktion der CDU/CSU lehnt den eingebrachten Vorschlag zur Einsetzung einer Enquete-Kommission ab. Ludwig Eich (SPD): Über alle Parteigrenzen hinweg besteht Einigkeit darüber, daß sich die Finanzlage der Kommunen in den letzten Jahren dramatisch verschlechtert hat. 1995 bestand ein Finanzierungsdefizit der Städte und Gemeinden von rund 13 Milliarden Mark. In der Regierungsverantwortung von CDU/CSU und F.D.P. haben sich die kommunalen Schulden von 97 Milliarden Mark im Jahre 1982 auf den Spitzenstand von jetzt 150 Milliarden Mark erhöht. Die Zinslast ist entsprechend gestiegen. Auch diese Negativrekorde, verehrte Damen und Herren von der Koalition, haben Sie politisch zu verantworten. Wer in der Steuer- und Sozialpolitik immer nur die Interessen der eigenen Klientel im Auge hat und nicht die Auswirkungen auf die dritte Ebene des Staates beachtet, der darf sich über diese politische Schuldzuweisung nicht wundern. Die Folgen einer solchen Politik für die Menschen und unser Gemeinwesen sind verheerend: Aufträge der Kommunen für Handwerk und Gewerbe gehen rapide zurück, wichtige soziale und kulturelle Angebote der Kommunen verkümmern. Zwei Drittel aller öffentlichen Investitionen tätigen unsere Kommunen. Wann begreifen Sie in der Regierungskoalition, daß Ihre Politik der Lastenverschiebung auf die Kommunen eine Verschlechterung auf dem Arbeitsmarkt herbeiführen muß? Städte mit hoher Arbeitslosenquote sind arme Städte. Sie sind arm, weil mit hoher Arbeitslosigkeit in der Regel nicht nur ein Rückgang der Gewerbesteuer einhergeht. Sie sind arm, weil auch die Einnahmen aus der Einkommensteuer sinken. Und sie sind arm, weil ihre Aufwendungen für die Sozialhilfe steigen und steigen! Viele, zu viele Menschen in den Städten sind nicht nur arm wegen ihres sozialen Abstiegs. Zu viele Menschen werden auch deshalb ärmer, weil sie in einer armen Stadt leben. Die Krise unseres Staates zeigt sich auf der Ebene der Kommunen unmittelbar. Unser Sozialstaat wird durch Ihre Politik, meine Damen und Herren von der CDU/CSU und nicht zuletzt von der F.D.P., auf der Ebene der Kommunen am härtesten getroffen. So darf das nicht weitergehen! Wenn dieses Dilemma mit seinen Folgen von Herrn Westerwelle nicht begriffen wird, so kann ich das beinahe verstehen. Aber es gibt in der Unionsfraktion Bürgermeister und Landräte genug, die genau wissen, daß es so nicht weitergehen kann und so nicht weitergehen darf. Die Wahlkreise aller Abgeordneten bestehen aus Gemeinden, aus Städten und Gebietskörperschaften. In den Kommunen ist der Eindruck entstanden, daß viele Kolleginnen und Kollegen die Lage ihrer Kommunen vergessen. Eine andere Erklärung habe auch ich leider mit Blick auf die Stellungnahme der Koalitionsfraktionen zum Antrag der PDS auf Einsetzung einer EnqueteKommission „Reform der Kommunalfinanzierung" nicht parat. Ich zitiere aus der Beschlußempfehlung des Ausschusses: Die Koalitionsfraktionen begründeten ihre Ablehnung damit, daß aufgrund der im Rahmen des Jahressteuergesetzes 1997 von ihnen angestrebten Reform der Gemeindefinanzen kein Bedarf zur Einrichtung einer Enquete-Kommission zu erkennen sei. Die geplante Beteiligung der Gemeinden am Umsatzsteueraufkommen bedeute entgegen der Auffassung der Antragsteller eine grundlegende und positive Veränderung des Systems der Kommunalfinanzierung. Mit anderen Worten: Die Regierungsfraktionen vertreten tatsächlich die Auffassung, die Finanzprobleme der Kommunen wären damit gelöst! Die entscheidende Ursache für die kommunale Finanzmisere liegt jedoch auf der Ausgabenseite. Ist es nicht so, daß mit den horrend gestiegenen Ausgaben im Bereich Sozialhilfe unser gesellschaftspolitisches Problem Nr. 1, nämlich die Massenarbeitslosigkeit, bei den Kommunen voll durchschlägt? Und ist es nicht so, daß unsere Städte, Gemeinden und Landkreise deshalb überfordert sind, weil sie alleine die Folgen der Langzeitarbeitslosigkeit zu tragen haben? Was berechtigt Sie von Union und F.D.P. eigentlich anzunehmen, es reiche zur Bewältigung der Krise aus, teilweise die kommunale Einnahmenseite statt aus dem einen Steuertopf nunmehr aus dem anderen Steuertopf zu finanzieren? Im übrigen fällt auf, daß Sie zwar eine Reform der Gemeindefinanzen anstreben, wie Sie es nennen, aber was liegt zur Beratung vor? Es gibt keine Vorlage! Fragen, die bereits vor einem Jahr gestellt wurden, sind immer noch nicht beantwortet. Es sind wichtige Fragen wie die, ob Sie die Gewerbeertragsteuer ganz oder teilweise abschaffen wollen, welche verfassungsrechtliche Absicherung Sie gegebenenfalls für die Gewerbeertragsteuer vorsehen und wie der vorläufige und wie der endgültige Beteiligungsschlüssel an der Mehrwertsteuer aussehen soll. In der gestrigen Anhörung der kommunalen Spitzenverbände wurde überdeutlich, daß Sie, die Regierungsfraktionen, nicht für die notwendige Klarheit sorgen. Aber auch die Steuerpolitik selbst wird von dieser Regierung Kohl auch weiterhin ohne Rücksicht auf die kommunalen Interessen betrieben. Als Beispiel nenne ich die geplante Abschaffung der Vermögensteuer. Damit werden nicht nur - und das in Zeiten finanzieller Not des Staates! - die Reichen und Superreichen beschenkt. Nein, die fehlenden Einnahmen werden sich auch über den kommunalen Finanzausgleich der Länder auswirken und zur Verschärfung der Finanzkrise der Städte und Gemeinden beitragen. Zur Lösung der kommunalen Finanzkrise brauchen wir eine andere Politik, eine Politik für den ganzen Staat, vor allem aber eine Politik für unseren noch vorhandenen Sozialstaat. Eine Reform der Gemeindefinanzen ist nicht zuletzt auch zur Stabilisierung unseres Sozialstaates dringend notwendig. Weil die SPD-Fraktion eine konzentrierte Arbeit zur Erreichung dieses Zieles für unbedingt wichtig erachtet, schlägt sie vor, eine gemeinsame Kommission von Bundestag und Bundesrat unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände und unter Hinzuziehung von Vertretern aus der Wissenschaft mit der Aufgabe zu betrauen, den gesetzgebenden Körperschaften möglichst schnell Vorschläge zu unterbreiten. Anlage 4 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 702. Sitzung am 27. September 1996 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Hopfengesetz Gesetz zur Abschaffung der Gerichtsferien Gesetz zu der Vereinbarung vom 1. Mai 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Islamischen Republik Iran zur Aufhebung des Abschnitts II des Schlußprotokolls des deutsch-iranischen Niederlassungsabkommens Gesetz zu dem Abkommen vom 24. April 1995 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Demokratischen Volksrepublik Algerien über die Seeschiffahrtsbeziehungen Gesetz zu dem Abkommen vom 20. März 1995 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Polen über die Seeschiffahrt Gesetz zu dem Vertrag vom 13. Juli 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik über den Bau einer Grenzbrücke an der gemeinsamen Staatsgrenze im Zuge der Europastraße E 49 Sechstes Gesetz zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung und anderer Gesetze (6. VwGOÄndG) Gesetz zur Beschleunigung und Vereinfachung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 9. Oktober 1996 ihren Antrag „Vorlage des überfälligen Berichts über die Versorgungsleistungen im öffentlichen Dienst" - Drucksache 13/4617 - zurückgezogen. Der Abgeordnete Dr. Hansjörg Schäfer zieht seine Unterschrift zu dem Antrag „Bonn-Berlin-Umzug verschieben - Staatsfinanzen konsolidieren" - Drucksache 13/5581 - zurück. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Unterrichtung durch die Bundesregierung Lateinamerika-Konzept der Bundesregierung - Drucksache 13/1479 - Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Euro- päische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Finanzausschuß Drucksache 13/4678 Nr. 2.27 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/3668 Nr. 2.11 Drucksache 13/4137 Nr. 2.72 Drucksache 13/4514 Nr. 1.1 Drucksache 13/4514 Nr. 2.4 Drucksache 13/4514 Nr. 2.8 Drucksache 13/4514 Nr. 2.10 Drucksache 13/4514 Nr. 2.13 Drucksache 13/4514 Nr. 2.14 Drucksache 13/4514 Nr. 2.17 Drucksache 13/4514 Nr. 2.29 Drucksache 13/4514 Nr. 2.30 Drucksache 13/4514 Nr. 2.34 Drucksache 13/4514 Nr. 2.39 Drucksache 13/4514 Nr. 2.40 Drucksache 13/4514 Nr. 2.41 Drucksache 13/4514 Nr. 2.44 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 13/4137 Nr. 2.86 Drucksache 13/4514 Nr. 2.21 Drucksache 13/4678 Nr. 2.10 Drucksache 13/4678 Nr. 2.44 Drucksache 13/4921 Nr. 2.20 Drucksache 13/4921 Nr. 2.27 Drucksache 13/5056 Nr. 2.3 Drucksache 13/5295 Nr. 1.8 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 13/4466 Nr. 2.2 Drucksache 13/4466 Nr. 2.21 Drucksache 13/4678 Nr. 2.3 Drucksache 13/4678 Nr. 2.5 Drucksache 13/4678 Nr. 2.36 Drucksache 13/4921 Nr. 2.1 Drucksache 13/5295 Nr. 1.7 Ausschuß für Post und Telekommunikation Drucksache 13/4921 Nr. 2.3 Drucksache 13/5056 Nr. 2.5 Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 13/4514 Nr. 2.24 Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 13/4921 Nr. 1.4
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Max Stadler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ausgangspunkt der heutigen Debatte ist und bleibt: Der Staat muß die innere Sicherheit gewährleisten. Diese Aufgabe eignet sich grundsätzlich nicht für eine Privatisierung. Ich sage dies ganz bewußt als Liberaler.

    (Beifall bei der F.D.P., der SPD und der PDS)

    Dies schließt weder aus, daß staatliche Stellen Privatfirmen bei der Erfüllung dieser Aufgaben ergänzend hinzuziehen, noch daß Privatleute sowohl im kommerziellen als auch im rein privaten Bereich zusätzlich private Sicherheitsdienste in Anspruch nehmen. Die Lebenswirklichkeit zeigt, daß dies in immer größerem Umfang geschieht.
    Die mit dem SPD-Antrag aufgeworfene Fragestellung, ob ein Gesetzentwurf über Rechte, Pflichten und Aufgabengebiete privater Sicherheitsunternehmen zu erstellen sei, ist daher durchaus berechtigt. Die F.D.P.-Bundestagsfraktion ist aber äußerst skeptisch, ob der vorgeschlagene Weg einer Kodifizierung dieses Bereichs richtig ist, also einer Zusammenfassung aller einschlägigen Vorschriften in einem einzigen Sondergesetz.
    Zwei Überlegungen sprechen entscheidend gegen die geforderte gesetzliche Neuregelung: Erstens. Nach Montesquieu gilt folgende Mahnung an den Gesetzgeber: Wenn es nicht unbedingt notwendig ist, ein Gesetz zu erlassen, ist es unbedingt notwendig, kein Gesetz zu erlassen.

    (Cornelia Schmalz-Jacobsen [F.D.P.]: Das ist sehr wahr!)

    Zu allen im SPD-Antrag genannten Problembereichen existieren bereits ausreichende normative Regelungen. Diese haben sich im wesentlichen in der Praxis bewährt.

    (Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Eben nicht!)

    Der Beweis dafür, daß eine umfassende gesetzliche Neuregelung notwendig sei, wird daher kaum zu erbringen sein. In den Ausschußberatungen mag aber über Detailverbesserungen ebenso wie über die Frage diskutiert werden, ob denn die bestehenden Vorschriften in der Praxis hinreichend angewandt werden. Oft ist die Feststellung und Bekämpfung von Vollzugsdefiziten weitaus effektiver als der Erlaß neuer Normen.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Sehr wahr!)

    Zweitens. Ein gewichtiges zweites Argument spricht gegen den von der SPD geforderten Gesetzentwurf. Bisher gibt es die vom Kollegen Such geforderte klare Trennung zwischen den Sicherheitsbehörden einerseits mit den für sie geltenden Organisationsaufgaben und Befugnisnormen sowie den privaten Erbringern von Sicherheitsdienstleistungen andererseits, für die bisher ganz bewußt keine Polizeigesetze oder analoge Kodifizierungen geschaffen worden sind. Dahinter steht die Ausgangsüberlegung, daß die Gewährleistung der inneren Sicherheit eben primär Aufgabe der öffentlichen Sicherheitsbehörden ist und bleiben muß.
    Wenn man eine spezielle einheitliche gesetzliche Regelung für die Tätigkeit privater Sicherheitsdienste schafft, gerät man sehr schnell in die Gefahr, für diese ein Sonderrecht zu schaffen, das die privaten Sicherheitsdienste nahezu auf dieselbe Stufe wie die öffentlichen Sicherheitsorgane stellt. Es entsteht das Bild einer Politik der inneren Sicherheit, die von zwei gleichberechtigten Säulen getragen wird, einer öffentlich-rechtlich organisierten sowie einer privatrechtlichen.
    Dies kann aber nach Meinung der F.D.P. nicht der richtige Weg sein. Es muß bei der klaren Aufgabenverteilung bleiben, wonach die innere Sicherheit vom Staat zu gewährleisten ist und der private Sektor nur eine ergänzende Funktion wahrnimmt. Diese eindeutige Abstufung läßt es ratsam erscheinen, den

    Dr. Max Stadler
    polizeirechtlichen Kodifizierungen eben keine Sondergesetze für private Sicherheitsdienste hinzuzufügen. Dann bleibt nämlich weiterhin deutlich, daß es um ganz unterschiedliche Ebenen geht.
    Für die privaten Sicherheitsdienste gelten bei ihrer Tätigkeit ohnehin die sogenannten Jedermannsrechte, die jedem Staatsbürger zustehen. Dies ist auch ausreichend.
    Ich will versuchen, dies im einzelnen kurz zu begründen:
    Erstens. Die SPD fordert eine Regelung der Voraussetzungen, unter denen Mitarbeiter privater Sicherheitsdienste ihre Tätigkeit ausüben dürfen. Nach unserer Meinung decken die Jedermannsrechte die notwendige private Gewaltanwendung, wenn es denn einmal dazu kommt, hinreichend ab. Herr Graf hat es selber schon zitiert.
    Diese Jedermannsrechte, wie Notwehrrechte, Notstandsrechte, Selbsthilferechte nach dem BGB, sind immer nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrzunehmen. Eine gesetzliche Neuregelung würde wohl nur dazu führen, neue Generalklauseln festzulegen, so daß keineswegs mehr Rechtsklarheit erzielt würde, als das jetzt unter Geltung der Jedermannsrechte der Fall ist.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Zweitens. Die SPD will eine Begrenzung der Tätigkeitsfelder privater Sicherheitsunternehmen, vor allem in den öffentlichen und halböffentlichen Räumen wie Einkaufszentren und Wohnanlagen. Eine allgemeine Bewachungsbefugnis für private Sicherheitsdienste gibt es in diesen Räumen ohnehin nicht. Vielmehr müssen die privaten Sicherheitsdienste bei ihrer Tätigkeit an den Schutz individueller Rechte ihrer Auftraggeber anknüpfen. Das geltende Recht bietet daher ausreichende Grundlagen, um gegen unzulässige sogenannte präventive Bewachungen im öffentlichen Raum vorzugehen. Zu nennen wären das Verbot unzulässiger Sondernutzung nach Straßen- und Wegerecht, die Bestrafung wegen Amtsanmaßung nach § 132 StGB oder die Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit.
    Drittens. Die SPD stellt auf gewerberechtliche Aspekte, insbesondere Sachkundeprüfung und wiederholte Zuverlässigkeitsprüfung, ab. Hier sieht § 34a Abs. 2 der Gewerbeordnung ohnehin ausdrücklich vor, daß in der Bewachungsverordnung Vorschriften erlassen werden können, die dem Schutz der Allgemeinheit und der Auftraggeber dienen. Sollten also zusätzliche Regelungen notwendig werden, können diese ohne weiteres in die Bewachungsverordnung übernommen werden, ohne daß es - wie von Ihnen gefordert - einer gesamten gesetzlichen Neuregelung bedarf.
    Im übrigen sieht das Gewerberecht für die privaten Sicherheitsgewerbe einen Erlaubnisvorbehalt vor; einer der wenigen Bereiche mit Erlaubnisvorbehalt. Weitergehende Eingriffe in die Gewerbefreiheit wären erst gerechtfertigt, wenn dafür zwingende
    Tatsachen vorgetragen werden könnten. Dies ist für uns bisher nicht ersichtlich.
    Viertens. Ich komme ganz kurz zum Waffenrecht. Hier legt die Bewachungsverordnung bereits fest, daß auch in befriedetem Besitztum die erforderliche waffenrechtliche Sachkunde, körperliche Eignung sowie ein waffenrechtliches Bedürfnis vorliegen müssen. Die Behörden haben es daher auch jetzt in der Hand, durch eine sorgsame Bedürfnisprüfung einem Mißbrauch entgegenzuwirken. Die detaillierten Bestimmungen des Waffengesetzes sowie der Bewachungsverordnung über den Besitz und das Führen von Waffen durch private Sicherheitsdienstmitarbeiter dürften daher ausreichen.
    Fünfter und letzter Punkt: Datenschutz. Auch hier gibt es ausführliche Regelungen in §§ 28 und 29 Bundesdatenschutzgesetz über die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten im nichtöffentlichen Bereich. Diese Regelungen gelten auch für die privaten Bewachungsunternehmen. Wieder einmal kommt es daher darauf an, von den bestehenden Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes und auch der Gewerbeordnung Gebrauch zu machen. Dann ist der Erlaß neuer Vorschriften auch in diesem Bereich nicht zwingend.
    Ich fasse zusammen: Die F.D.P. tritt insgesamt dafür ein, die normative Distanz zwischen Polizei und Privatunternehmen zu erhalten. Eine eigene gesetzliche Grundlage speziell für die privaten Sicherheitsdienste würde diese aus dem normalen privaten Bereich herausheben und ihnen eine Zwischenstellung zwischen Privatpersonen und Hoheitsträgern einräumen. Dies kann nicht gewollt sein. Im übrigen erscheinen die meisten der geforderten Regelungen überflüssig.
    Der SPD-Antrag wird daher in dieser Form unsere Zustimmung nicht finden. Zu einer Diskussion über Detailverbesserungen in den bereits bestehenden Gesetzen sowie über die Beseitigung von Vollzugsdefiziten ist die F.D.P. in den Ausschußberatungen aber gerne bereit.

    (Beifall bei der F.D.P.)



Rede von Hans Klein
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Wolf.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Winfried Wolf


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Sehr geehrter Herr Präsident Klein! Werte Kolleginnen und Kollegen! „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus." An diesen Satz, zitiert aus der Weimarer Verfassung, schloß Bertolt Brecht die listige Frage an: „... aber wo geht sie hin?", um am Ende seines Gedichts dazu zu kommen, daß die Staatsgewalt abstrakt vom Volke ausgeht, manchmal gegen das Volk marschiert und oft auf dieses schießt. Heute mündet die Lean production in Lean state. Das Gewaltmonopol des Staates, von den Linken oft in Frage gestellt, wird längst von den Bürgerlichen selbst ad absurdum geführt.
    Wir zählen bereits 220 000 Angestellte privater Sicherheitsdienste, beschäftigt bei Sicherheitsdiensten, beim Werkschutz und als Detektive. Ihnen stehen 236 000 Menschen gegenüber, die bei den Länderpo-

    Dr. Winfried Wolf
    lizeien, beim BKA und beim BGS im Staatsdienst für die sogenannte Sicherheit verantwortlich sind. Es ist absehbar, daß in zwei oder drei Jahren im Bereich Sicherheit die Privatarmeen größer als diejenigen in Staatsdiensten sind.
    Das ist charakteristisch für den Niedergang dieser Gesellschaft. Während die Zahl der Lehrer und Lehrerinnen je Klasse und die Zahl der Dozenten je 1 000 Studierende sinken, während die Arbeitslosigkeit und die Zahl der Armen steigen, steigt auch die Zahl der - staatlichen und privaten - „Sicherheitskräfte", absolut und je 1 000 Einwohner, rapide an. Im HighTech-Sektor der Elektro- und Elektronikindustrie gibt es Beschäftigungsabbau. Es boomt jedoch der „Sicherheitssektor". 1970 wurden in diesem Bereich 314 Millionen Mark umgesetzt, in diesem Jahr dürften es 4,5 Milliarden DM sein.
    In dieser Industrie geht es zu wie bei Hempels unterm Sofa oder wie bei McDonald's: Die Adrettheit der Phantasieuniformen verhält sich umgekehrt proportional zur Qualität der Jobs. Nach einer neuen Verordnung des Wirtschaftsministeriums sollte die Unterrichtung neuer Mitarbeiter privater Sicherheitsbetriebe in 24 Stunden abgeschlossen sein. Die Löhne liegen, wie Herr Such schon sagte, bei 8 Mark die Stunde und darunter.
    Wohlgemerkt: Es handelt sich um eine mit scharfen Hunden, mit Waffen und mit lebensgefährlichen Schlagwerkzeugen hochgerüstete Armee. Diese „schlagende Verbindung" operiert faktisch in einem rechtsfreiem Raum: Wildwest als Grundlage neoliberaler Sicherheitsphilosophie, wobei vor allem in Deutschlands wildem Osten der Bereich boomt.
    Thomas Brunst schrieb dazu in der Zeitschrift „unbequem" :
    Grundsätzlich nehmen die Angehörigen der Sicherheitsunternehmen bei der Ausübung ihrer Arbeit keinerlei Befugnisse wahr, die nicht jeder andere Bürger auch wahrnehmen könnte.
    Außer auf die Gewerbefreiheit stützt sich die Sicherheitsindustrie unter anderem auf das Notwehrrecht. Dabei zielen die Vorschriften der §§ 32 ff StGB auf eine „unvorhergesehene Ausnahmesituation" einer einzelnen Person. Auch faßt das Notwehrrecht die Frage der Verhältnismäßigkeit eines Eingriffes im Interesse der Notwehr übenden Person bewußt weit. Schließlich sind private Sicherheitsdienste ausschließlich dem Schutz materieller Güter verpflichtet. Den Schutz von Gemeinwohlinteressen sollen sie nicht vertreten.
    Die Aufgaben dieser Trupps vom Typ „Horch, Guck und Greif" sind um so vielfältiger, wie der Kollege Graf ausgeführt hat. Soziale Randgruppen - Obdachlose, Bettler, Drogenabhängige, Prostituierte oder Punks - werden aus öffentlichen Räumen, ja aus ganzen Stadtvierteln vertrieben. Ungestörter Schickimicki-Konsum soll „abgesichert" werden. Flüchtlingsheime werden mit derselben Philosophie bewacht wie Militärdepots. Prominente und Halbseidene leisten sich Bodyguards. Dabei kann man oft, den historischen Ausspruch eines bekannten Berliner Oberbürgermeisters zitierend, ausrufen: „Seht euch diese Typen an!"
    Einer der umsatzstärksten Sicherheitsmänner - er nennt sich der „Beckenbauer des Personenschutzes" oder auch „Schild und Schwert der Schickeria" - ist ein mehrfach vorbestrafter ehemaliger Disco-Rausschmeißer. Besonders grotesk: Die gleichen Herrschaften, die Ex-MfS-Mitarbeiter in die Arbeitslosigkeit jagen, lassen sich privat von Ex-Stasi-Leuten schützen.
    Wir stimmen der Zielsetzung des SPD-Antrags zu. Dieser Sektor bedarf dringend der gesetzlichen Regelung und vor allem der Einschränkung. Nicht zustimmungsfähig sind allerdings Feststellungen in der Begründung. Dort heißt es zum Beispiel:
    Die Ursache für das schnelle Wachstum des privaten Sicherheitsgewerbes liegt in der allgemeinen Kriminalitätsentwicklung .. .
    Kollege Teiser fand diese Aussage prima. Mir mißfällt sie. Das sind Symptome, nicht die Ursachen. Letztere liegen tiefer, etwa, wie im SPD-Antrag auch zitiert, in der bornierten Politik der Bundesregierung, mit der Arbeitslosigkeit und Armut vergrößert, neue Kriege mitprovoziert und Flüchtlinge produziert werden.
    Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich mit einem Zitat des großen bürgerlichen Ökonomen John Kenneth Galbraith schließen. Von diesem wurde jüngst ein Interview in der „Wirtschaftswoche" veröffentlicht, in dem er sagt, was er über die von privaten Wacharmeen behüteten Wohnsiedlungen der Reichen in den USA denkt. Ich zitiere:
    Diese Reichen-Ghettos ... sind Ausdruck einer ökonomischen Apartheid und eine logische, wenngleich verwerfliche Folge der Einkommenskluft. Sie entstehen immer dann, wenn sich eine furchtsame Minderheit der Reichen von einer furchterregenden Mehrheit der Armen abzukapseln sucht. Dabei ist diese Sicherheit natürlich eine Illusion. Wenn es wirklich zu Gewalttätigkeiten
    - wie in Los Angeles -
    kommt, werden die Zäune, die Elektro-Tore und Privatarmeen nicht lange standhalten ... Nichts ist für den sozialen Frieden so gefährlich wie die Armut.
    Danke schön.

    (Beifall bei der PDS)