Rede von
Michael
Teiser
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Lieber Kollege Graf, Sie haben in Ihren Ausführungen und in Ihrem Antrag eben nicht deutlich gemacht und schon gar nicht nachgewiesen, daß es ständig solche Ermittlungsverfahren und Übergriffe gibt. Sie haben sehr ausführlich zu der boomartigen wirtschaftlichen Entwick-
Michael Teiser
lung eines Dienstleistungsbereichs Stellung genommen. Allein die Tatsache aber, daß sich ein Dienstleistungsbereich, ein Wirtschaftszweig boomartig entwickelt, kann doch nicht dazu führen, daß man hierfür gesetzliche Regelungen schafft, zumal ständig - von Ihrer Fraktion und von den anderen auch - die Regelungs- und Gesetzesflut beklagt wird.
Das, was Sie seitens der SPD vorgetragen haben, ging nicht sehr viel über das hinaus, was Sie in Ihrem Antrag formuliert haben. Bevor ich zu dem komme, was man eventuell als Sachargument bezeichnen kann, möchte ich zwei Dinge aus Ihrem Antrag herausgreifen, die deutlich machen, welche Intention, was politisch-geistig hinter Ihrem Antrag steht. Ich darf - mit Erlaubnis des Präsidenten - wiederum zitieren:
Die Ursachen für das schnelle Wachstum des privaten Sicherheitsgewerbes liegen in der allgemeinen Kriminalitätsentwicklung,
- da gebe ich Ihnen völlig recht -
der darüber hinausgehenden Kriminalitätsfurcht,
- man kann vielleicht noch unterstreichen, daß die Furcht manchmal größer ist, als es angesichts der Realität angemessen wäre -
gepaart mit einem übersteigerten Schutzbedürfnis vor allem für die materiellen Werte.
Sehen Sie, Herr Graf, da unterscheiden wir uns erheblich. Diese Intention können wir nicht teilen. Ich glaube nicht einmal, daß Sie selbst es gewesen sind, der das da so hineinformuliert hat; denn wer kein Verständnis dafür hat, daß es ein Schutzbedürfnis auch für materielle Werte gibt, der muß sich fragen, welche Werteordnung er eigentlich vertritt.
Ich kann für uns nur feststellen: Sicherheit und Sicherheitsempfinden sind ein Teil der Lebensqualität, die wir akzeptieren. Wir müssen gewährleisten, und zwar sowohl hoheitlich als auch da, wo es zulässig ist, im privaten Bereich, daß diesem Sicherheitsbedürfnis Rechnung getragen wird und daß das, was man für schätzenswert hält - dazu gehören eben auch materielle Güter -, geschützt wird.
Ich möchte vorab auf einen zweiten Punkt eingehen; dies haben Sie vorhin in Ihrer Rede bereits deutlich zu machen versucht. Ich zitiere wiederum:
Schließlich beauftragen öffentliche Verkehrsbetriebe zunehmend Sicherheitsunternehmen mit Überwachungs- und Kontrollaufgaben in ihrem Bereich. Diese berufen sich bei ihrer Tätigkeit auf das Hausrecht und versuchen,
- jetzt kommt wieder eine Formulierung, die Ihre Intention deutlich macht -
insbesondere Randgruppen zu verdrängen.
Ich räume durchaus ein, daß es im Zuge der Aufgabenwahrnehmung auch zu den Dingen kommt, die Sie angesprochen haben, beispielsweise daß Penner aus bestimmten Bereichen verdrängt werden. Aber
Sie unterstellen in Ihrem Antrag, daß es insbesondere die Aufgabe dieser Firmen ist, sich diesem Problem zu widmen.
- Aber das steht hier drin. Sie können doch das, was Sie als Antrag vorlegen, nicht dadurch, daß Sie es in Ihrer Rede nicht erwähnen, so relativieren, daß Sie sagen, das sei von der SPD eigentlich nicht gesagt worden. Sie haben das hier hineingeschrieben; das steht hier. Ich sage Ihnen: Das ist eine Intention, die wir nicht teilen.
Jetzt komme ich zu dem, was Sie an Sachargumenten in Ihrer Begründung vorgetragen haben. Sie fordern eine klare Begrenzung der Tätigkeitsfelder in öffentlichen und halböffentlichen Räumen, auch um das Gewaltmonopol des Staates zu schützen, und begründen das damit, daß die privaten Sicherheitsdienste zunehmend im öffentlichen und halböffentlichen Bereich tätig würden; es gebe gefährliche Annäherungen an die Aufgaben der Polizei. Sie führen aus, die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung müsse grundsätzlich eine Aufgabe staatlicher Sicherheitsorgane sein. Dann steht in Ihrem Antrag wörtlich - das muß ich wiederum zitieren -:
Die Gewährung von Sicherheit kann auch durch private Anbieter erfolgen. In diesem Rahmen kann der Bürger die Rechte des Schutzes seiner Person, der ihm anvertrauten Personen sowie seiner materiellen Werte und der ihm anvertrauten Werte Dritter an private Sicherheitsunternehmer übertragen. Keiner hoheitlichen Befugnisse bedarf der Schutz von Hausrechten, sei es gegen unerlaubtes Eindringen oder Eingriffe ...
Diese Aussage wird von uns unterschrieben. Sie steht aber in der gesamten Intention und Begründung Ihres Antrags in klarem Gegensatz zu dem, was Sie sonst in Ihren Antrag hineingeschrieben haben. Das heißt, Sie greifen mal hierhin, mal dahin und relativieren das Ganze dann unter dem Aspekt, den Sie zuletzt genannt haben: Selbstverständlich geht es uns darum, diese Aufgaben zu erhalten, sie sind sehr wichtig, und wir wollen niemanden einschränken. Sie widersprechen sich aber in vielen Punkten.
Das Prinzip des staatlichen Gewaltmonopols ist gerade, daß nur der Staat physischen Zwang ausüben darf und insofern jede nichtstaatliche Gewaltanwendung nur auf Grund ausdrücklicher Gestattung durch den Gesetzgeber erfolgen darf. Dafür gibt es die Not- und Jedermannparagraphen. Ob man darüber hinausgehen muß, wage ich zunächst zu bezweifeln.
Sie sagen, es gibt zur Zeit keine besondere gesetzliche Grundlage für das Tätigwerden von Mitarbeitern privater Sicherheitsdienste und § 32 ff. StGB und § 127 StPO reichen nicht aus.
Vergessen haben Sie in Ihrem Antrag - aber Sie haben es in Ihrer Rede vorhin erwähnt -, aus welchen Gründen auch immer, die §§ 229 und 230 BGB,
Michael Teiser
Selbsthilfe und Grenzen der Selbsthilfe, die in diesem Zusammenhang eine unmittelbare Rolle spielen.
Vergessen haben Sie in dem Zusammenhang, daß die Rechtslage völlig unübersichtlich wird, wenn Sie Spezialregelungen schaffen, indem Sie § 32 ff. StGB für Mitarbeiter privater Sicherheitsdienste modifizieren, allerdings für Bürger und Polizei lassen, wie sie sind, und indem Sie die Vorschriften des BGB verändern, für den Normalbürger aber lassen, wie sie sind. Dann schaffen Sie Sonderrechte, die nicht für die Polizei, nicht für den Bürger, sondern nur für bestimmte Organe gelten, und zwar private Organe. Sie schaffen damit Rechtslagen, die so unübersichtlich sind, daß es zum Schluß viel schwieriger sein wird, das abzugrenzen, als es zur Zeit der Fall ist.
Sie haben § 34 a Gewerbeordnung angesprochen und gesagt, das alles sei viel zu großzügig gehandhabt und die Sicherheitsbelange würden nicht berücksichtigt. Sie haben zu Recht angesprochen - das hätte ich Ihnen sonst gesagt -, obwohl es in Ihrem Antrag so nicht steht, daß im Einzelfall, und zwar wenn es erforderlich ist - bisher gab es das Erf ordernis wohl nicht -, natürlich zusätzliche Regelungen in diese Bewachungsordnung eingefügt werden können, die das, was Sie möglicherweise zu Recht oder zu Unrecht kritisieren, aufgreifen könnten, was allerdings zur Folge hätte, daß nach einem entsprechenden Einbau keine zusätzliche gesetzliche Regelung notwendig wäre. Das wäre das Ergebnis.
Sie sind dann auf das Datenschutzrecht eingegangen. Ich gebe zu, daß das der einzige Bereich ist, der uns dazu bewogen hat zu sagen: Wir lehnen den Antrag nicht ab, wir überweisen ihn an den Innenausschuß, den Rechtsausschuß und den Wirtschaftsausschuß, die sollen sich damit beschäftigen.
Beim Datenschutz sehe ich persönlich zwar auch nicht den großen Regelungsbedarf. Da können wir aber nicht völlig ausschließen, daß Marginalien möglicherweise so geregelt werden müssen, daß sie künftig vielleicht deutlicher und präziser sind, so daß wir ein Recht schaffen, das vielleicht besser Anwendung finden kann.
Sie haben vom Waffenrecht gesprochen und gesagt - das verstehe ich immer -, Sie hätten nicht sehr viel Zeit gehabt, sich damit zu beschäftigen.
- Sie hätten gern weitere Ausführungen gemacht, was aber aus Zeitgründen nicht möglich sei.
- Das ist völlig klar. Aber dazu wäre Zeit gewesen, als dieser Antrag vorbereitet wurde. Da hatten Sie ausgiebig Zeit zu formulieren, zu überlegen.
Ich muß feststellen, daß in Ihrem Antrag, in Ihrer Begründung und in Ihrem Resümee nicht der Ansatz eines Arguments dafür zu finden ist, warum auf diesem Gebiet etwas geregelt werden soll. Eine Ausnahme ist, wenn Sie erklären, daß allein die Feststellung, daß in Brandenburg bei 50 Firmen 1 100 Schußwaffen zugelassen sind, ein Grund ist, um im Waffenrecht zu Neuregelungen zu kommen.
Sie haben nicht geschrieben, wie groß die Firmen sind. Ich kann nicht beurteilen, ob rechnerisch auf jede Firma 20 Waffen entfallen und wie viele Mitarbeiter jeweils vorhanden sind. Mehr steht dazu in Ihrem Antrag nicht.
Im Prinzip bleibt es den zuständigen Behörden unbenommen - das ist in vielen Gesetzesbereichen so -, diese gesetzlichen Bestimmungen sehr eng, restriktiv auszulegen. Sie werden das erleben, wenn Sie als Abgeordneter bei Ihrer zuständigen Behörde einen Waffenschein beantragen. Da gibt es Behörden, die sagen: Sie sind potentiell gefährdet; den bekommen Sie. Da gibt es andere Behörden, die sagen: Es ist völlig absurd, daß ein Bundestagsabgeordneter einen Waffenschein hat. Das liegt an den Behörden. Da gibt es keinen gesetzlichen Regelungsbedarf. Es liegt an den Behörden, wie sie das im einzelnen ausführen.
Sie haben dann noch auf die IMK abgehoben. Das hat mich natürlich sehr interessiert, weil mich diese Konferenz mit ihren Beschlüssen, die ich natürlich nachgelesen habe, sehr beeindruckt. Sie wissen, da gilt das Einstimmigkeitsprinzip. Ich habe Verständnis dafür - obwohl dieser Regelungsbedarf im Prinzip gar nicht überall gesehen wird -, daß auch CDU-regierte Länder dem zugestimmt haben. Man hat sich gesagt: Na gut, wenn NRW und die anderen SPD-regierten Länder das unbedingt wollen, dann machen wir das; soll sich doch der Bundestag damit beschäftigen. Die einzigen, die eine klare Position bezogen haben, waren die Vertreter der CSU. Die haben es auf den Punkt gebracht und diesen angeblichen Regelungsbedarf verneint.
Ich will Ihnen noch einen Punkt mit auf den Weg geben: Wir schwören ja ständig gegenseitig, nicht zu viele Gesetze, nicht zu viele Verordnungen zu erlassen, immer erst genau zu prüfen, ob das erforderlich ist. Jeder beklagt in den Medien, viel zuviel sei geregelt. Wir sollten uns deshalb auch bei diesem Thema ganz genau überlegen, welchen Regelungen wir zustimmen.
Ich bin mir sicher, daß es - allein weil Sie das wollen - im Innenausschuß, im Rechtsausschuß und im Wirtschaftsausschuß ausgiebige Beratungen zu diesem Antrag geben wird. Ich möchte Ihnen allerdings, um Ihnen das Wochenende nicht völlig zu verderben,
schon heute sagen: Glauben Sie nicht, daß das Ergebnis dieser Beratungen Ihren Vorstellungen entsprechen wird. Es wird Bereiche marginalen Regelungsbedarfs geben, aber bei diesem Wust von Regelungen - zum Datenschutz, zum Waffenrecht, zur Gewerbeordnung; all das, was Sie aufgeführt haben - wird aller Voraussicht nach nicht nur unsere Fraktion, sondern werden, in anderen Bereichen, vielleicht auch andere Fraktionen nicht immer mitmachen.
Michael Teiser
Ich danke Ihnen trotz alledem für die Mühe, die Sie sich mit diesem Antrag gemacht haben, und hoffe, daß wir ihn im Innenausschuß gemeinsam beraten können.
Vielen Dank.