Rede von
Heidemarie
Lüth
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(PDS)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)
Ich gestatte mir, von meinem demokratischen Auswahlprinzip direkt Gebrauch zu machen, und bitte darum, es auch so zu genehmigen, denn es handelt sich ja um eine reguläre Form.
Ich verstehe nicht so ganz, Herr Hintze - deshalb hatte ich mich auch zu einer Frage gemeldet -, warum die Koalition nicht zur Kenntnis nehmen will, daß in Europa - und Deutschland will ja nach Europa oder ist in Europa - die Definition von Armut bei 50 Prozent des Nettoeinkommens angesetzt wird. In Hannover, einer Stadt in den alten Bundesländern, habe ich in einem Armutsbericht, den soziale Vereinigungen und Verbände für den Seniorenbeirat der Stadt erstellt haben, gelesen, daß dort von der älteren Bevölkerung, also im Rentenalter über 65 Jahre, derjenige als arm gezählt und gewertet wird und entsprechend gefördert werden sollte, der ein Einkommen von weniger als 2 000 DM hat. Wann, so wollte ich eigentlich fragen, ist die Koalition bereit, auch in
Heidemarie Lüth
diesem Fall europäische Standards wirklich anzuerkennen?
Ich glaube, alleine der sächsische Staatsminister für Soziales, Gesundheit und Familie, Herr Dr. Geisler, ist in diesem Land bereit, offen zu bekennen, daß er mit 496 DM Sozialhilfe leben kann. Das hat er nämlich mehrmals betont. Ich weiß nicht, warum man in einem solchen Fall nicht von Armut sprechen sollte. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie einer von Ihnen, meine Damen und Herren, mit dieser Summe auskommen will. Solange diejenigen, die Geld und Besitz haben, anderen vorschreiben, was für sie arm ist, so lange werden wir wohl nicht zu einer wahren Sozialpolitik im eigentlichen Sinne kommen.