Rede von
Dr.
Norbert
Blüm
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Meine verehrte Frau Kollegin Babel hat die Behauptung aufgestellt, daß das Europäische Betriebsräte-Gesetz ein Herzenswunsch des BMA sei. Frau Kollegin Onur hat die Behauptung aufgestellt, daß uns der Europäische Betriebsrat in den Schoß gefallen sei und wir gar nichts dafür getan hätten.
Es stehen sich also zwei Aussagen gegenüber. Man muß sich entscheiden, wer recht hat. Ich kann Ihnen das sagen: Frau. Babel hat recht.
Wo sie recht hat - ich bin auf das Einhalten der Wahrheit vereidigt -, hat sie recht: Das ist unser Herzenswunsch.
Auch Frau Onur hat mich nicht überrascht. Sie ist ihrer Tradition treu geblieben: All das, was von der Regierung kommt, muß abgelehnt werden, weil es schlecht ist. Sollte es einmal gut sein, dann kann die Regierung nichts dafür. Ganz ernsthaft gesagt: Das ist ein bißchen kleinkariert. Liebe Frau Kollegin Onur, erkundigen Sie sich einmal beim Europäischen Gewerkschaftsbund - das ist doch für Sie eine Autorität -, wer das Hauptverdienst beim Durchsetzen eines Europäischen Betriebsrates hatte. Sie werden dann zu der richtigen Meinung gelangen, daß es die Bundesregierung, der Bundeskanzler und auch der
Bundesarbeitsminister waren. Wenn schon, denn schon.
Ich wollte heute eigentlich gar nicht darüber sprechen, wie dieses Gesetz zustande kam. Erkundigen Sie sich bei der griechischen Präsidentschaft. Hören Sie doch endlich einmal mit der kleinkarierten Argumentation auf, daß all das, was die Regierung macht, schlecht ist. Das Zustandekommen dieses Gesetzes ist ein Schritt vorwärts in Richtung europäische Integration.
Dies ist aus meiner Sicht ein Schritt vorwärts, und zwar ganz im Sinne eines Europas, wie ich es mir verstelle: nicht nur eines Europas der Finanzströme, der Regierungen, der Banken und der Kapitalgeber, sondern auch eines Europas, in dem die Arbeitnehmer mitreden.
Frau Kollegin Babel, ich bitte beim Aspekt der Kostenfrage noch einmal um Ihre Aufmerksamkeit. Der mündige Arbeitnehmer ist eine ganz liberale Gestalt. Er spart sogar Kosten, weil er motiviert ist und es im Sinne einer modernen Unternehmensführung ist, auf Dialog und Information zu setzen. Ich halte das für die größte Selbstverständlichkeit. Freilich muß das auch institutionell abgesichert sein.
Da wir Neuland betreten, muß man den Rahmen so spannen, daß er von allen ausgefüllt werden kann. Wenn jemand behauptet, wir könnten das deutsche Mitbestimmungsrecht und unser Betriebsverfassungsgesetz einfach exportieren, dann trifft er nicht die europäische Wirklichkeit. Es gibt ganz unterschiedliche Auffassungen über die Vertretung von Arbeitnehmerinteressen. Ein einfacher Export geht deshalb nicht.
Daß wir jetzt in einem gewissen Rahmen eine Regelung treffen, ist doch ein Fortschritt. 270 Unternehmen in Deutschland werden in diesen Dialog einbezogen. Wir haben so etwas wie eine europaweite Informations- und Konsultationspflicht, denen entsprechende Rechte gegenüberstehen.
Die Gewerkschaften werden mit einbezogen; das haben Sie selber gesagt. Was haben Sie eigentlich gegen die Formulierung „als Sachverständige"? Sie werden doch die Gewerkschaften nicht als Nichtsachverständige bezeichnen. Es kann wohl nicht diskriminierend sein, wenn die Gewerkschaften „als Sachverständige" hinzugezogen werden. Das ist doch geradezu ein Kompliment an die Gewerkschaften und für mich ganz selbstverständlich. Wie kann man daraus ein Negativum machen?
Ich bleibe dabei: Das ist ein Schritt in die Richtung, Europa auch für die Arbeitnehmer verständlich zu machen. Da wir in einem Zeitalter der Globalisierung leben, geht es auch darum, die soziale Dimension dieser Globalisierung zu sichern. Dafür hat sich die Bundesregierung zusammen mit anderen europäischen Staaten und Regierungen eingesetzt.
Ich finde, das Gesetz ist ein wichtiger Beitrag, mit dem für Europa geworben werden kann, auch für ein Europa der Arbeitnehmer. Deshalb ist es für das
Bundesminister Dr. Norbert Blüm
soziale Europa heute ein guter Tag, wenn wir heute diesem Gesetzentwurf zustimmen.