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ID1312304600

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    Plenarprotokoll 13/123 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 123. Sitzung Bonn, Freitag, den 13. September 1996 Inhalt: Nachruf auf das frühere Mitglied des Deutschen Bundestages Willi Weiskirch 11061A Erweiterung der Tagesordnung 11061 C Tagesordnungspunkt 1: a) Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1997 (Haushaltsgesetz 1997) (Drucksache 13/5200) . . 11062 B b) Fortsetzung der Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 1996 bis 2000 (Drucksache 13/5201) 11062 B Karl Diller SPD 11062 B Dietrich Austermann CDU/CSU . . . 11067D Ingrid Matthäus-Maier SPD 11069 D Joachim Poß SPD 11072 B Kristin Heyne BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11073A Dr. Wolfgang Weng (Gerungen) F.D.P. . . 11075C Dr. Christa Luft PDS 11077 D Dieter Pützhofen CDU/CSU . . 11079D, 11081B, 11082D, 11083C Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 11082A Joachim Poß SPD 11083 A Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11083D Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 11084 C Ingrid Matthäus-Maier SPD 11088A Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Fraktion der SPD: Vorlage eines Ergänzungshaushalts zum Entwurf zum Bundeshaushaltsplan 1997 (Drucksache 13/5509) 11089 C Zusatztagesordnungspunkt 4: Vereinbarte Debatte zum Wachstums- und Beschäftigungsförderungs-Ergänzungsgesetz, zum Gesetz zur Begrenzung der Bezügefortzahlung bei Krankheit, zum Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz, zum Arbeitsrechtlichen Beschäftigungsförderungsgesetz, zum Beitragsentlastungsgesetz und zum Achten Gesetz zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch . 11089C Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 11089D Rudolf Scharping SPD 11093D Kerstin Müller (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11094 D Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. . . . . 11096B Dr. Gregor Gysi PDS 11098D Ulla Schmidt (Aachen) SPD 11100B Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Anrufung des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz zur Ergänzung des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes (Wachstums- und Beschäftigungsförderungs-Ergänzungsgesetz) (Drucksachen 13/4611, 13/5089, 13/5108, 13/5327, 13/5446, 13/5528, 13/5536) 11102C Zusatztagesordnungspunkt 6: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Anrufung des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz zur Begren- zung der Bezügefortzahlung bei Krankheit (Drucksachen 13/4613, 13/5074, 13/5327, 13/5448, 13/5529, 13/5537) . . 11102C Zusatztagesordnungspunkt 7: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Zurückweisung des Einspruches des Bundesrates gegen das Gesetz zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz) (Drucksache 13/5538) 11102D Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. (Erklärung nach 31 GO) 11103B Namentliche Abstimmung 11104 A Ergebnis 11109B Zusatztagesordnungspunkt 8: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Zurückweisung des Einspruches des Bundesrates gegen das Arbeitsrechtliche Gesetz zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung (Arbeitsrechtliches Beschäftigungsförderungsgesetz) (Drucksache 13/5539) 11102D Namentliche Abstimmung 11106D Ergebnis 11107A Zusatztagesordnungspunkt 9: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Zurückweisung des Einspruches des Bundesrates gegen das Gesetz zur Entlastung der Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung (Beitragsentlastungsgesetz) (Drucksache 13/5540) , 11102D Namentliche Abstimmung 11109C Ergebnis 11109D Zusatztagesordnungspunkt 10: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Zurückweisung des Einspruches des Bundesrates gegen das Achte Gesetz zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Drucksache 13/5541) 11103A Namentliche Abstimmung 11112B Ergebnis 11112C Nächste Sitzung 11115C Berichtigung 11115 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 11117 *A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 11117* B 123. Sitzung Bonn, Freitag, den 13. September 1996 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 120. Sitzung, Seite 10805: In die Liste der entschuldigten Abgeordneten ist einzufügen: „Wieczorek-Zeul, Heidemarie SPD 10. 9. 1996". Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Beck (Bremen), BÜNDNIS 13.9. 96 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Dr. Däubler-Gmelin, SPD 13. 9. 96 Herta Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 13. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Graf von Einsiedel, PDS 13. 9. 96 Heinrich Graf (Friesoythe), SPD 13. 9. 96 Günter Dr. Jacob, Willibald PDS 13. 9. 96 Regenspurger, Otto CDU/CSU 13. 9. 96 Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 701. Sitzung am 12. September 1996 beschlossen, gegen das nachfolgende Gesetz einen Einspruch gemäß Artikel 77 Abs. 3 des Grundgesetzes nicht einzulegen: Siebtes Gesetz zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Siebtes SGB V-Änderungsgesetz - 7. SGB V-ÄndG) Die Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom 11. September 1996 ihren Antrag „Verbesserung des Jugendaustausches zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik" - Drucksache 13/5469 - zurückgezogen. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EUVorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuß Drucksache 13/4137 Nr. 2.15 Drucksache 13/4466 Nr. 2.10 Drucksache 13/4514 Nr. 2.25 Drucksache 13/4514 Nr. 2.47 Anlagen zum Stenographischen Bericht Drucksache 13/4636 Nr. 1.1 Drucksache 13/4678 Nr. 2.12 Innenausschuß Drucksache 13/1614 Nr. 2.14 Drucksache 13/3790 Nr. 2.3 Drucksache 13/3938 Nr. 2.13 Drucksache 13/3938 Nr. 2.17 Finanzausschuß Drucksache 13/4466 Nr. 2.44 Drucksache 13/4678 Nr. 2.42 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/2306 Nr. 2.51 Drucksache 13/3668 Nr. 2.15 Drucksache 13/4137 Nr. 2.91 Drucksache 13/4137 Nr. 2.93 Drucksache 13/4137 Nr. 2.94 Drucksache 13/4137 Nr. 2.95 Drucksache 13/4137 Nr. 2.96 Drucksache 13/4678 Nr. 1.1 Drucksache 13/4678 Nr. 2.6 Drucksache 13/4678 Nr. 2.15 Drucksache 13/4678 Nr. 2.18 Drucksache 13/4678 Nr. 2.22 Drucksache 13/4678 Nr. 2.23 Drucksache 13/4678 Nr. 2.26 Drucksache 13/4678 Nr. 2.29 Drucksache 13/4678 Nr. 2.30 Drucksache 13/4678 Nr. 2.33 Drucksache 13/4678 Nr. 2.35 Drucksache 13/4678 Nr. 2.40 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 13/4137 Nr. 2.85 Drucksache 13/4466 Nr. 2.49 Drucksache 13/4466 Nr. 2.50 Drucksache 13/4514 Nr. 2.12 Drucksache 13/4514 Nr. 2.32 Drucksache 13/4514 Nr. 2.35 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 13/218 Nr. 85 Drucksache 13/218 Nr. 86 Ausschuß für Verkehr Drucksache 13/2674 Nr. 2.21 Drucksache 13/3938 Nr. 2.11 Drucksache 13/3938 Nr. 2.19 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 13/1614 Nr. 1.7 Drucksache 13/3938 Nr. 2.30 Ausschuß für Post und Telekommunikation Drucksache 13/4678 Nr. 2.4 Drucksache 13/4678 Nr. 2.14 Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 13/4466 Nr. 2.36 Drucksache 13/4466 Nr. 2.40 Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 13/1799 Nr. 3.2
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Rudolf Scharping


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! All diese Gesetze tragen einen lügnerischen Titel. Es wird vom Sparen geredet, tatsächlich wird an wirtschaftlicher Kraft, an sozialer Verantwortung gespart. Es wird nicht bei den Unternehmen gespart. Sie sparen an der sozialen Demokratie, und das ist an der falschen Stelle gespart.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Wir reden auch nicht über einzelne Gesetze, sondern über Elemente, über Schritte auf einem langen Weg, von dem Sie sagen, Sie wollten heute Entscheidungen treffen. Ich appelliere an Sie, diese Entscheidungen nicht zu treffen. Ich appelliere an Sie, an Ihr soziales Empfinden, an Ihr Gespür für Gerechtigkeit, an ein Minimum von Anstand.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Die Lohnfortzahlung, die der Gesetzgeber geregelt hat, trifft Menschen, die wir unter keinen Umständen treffen dürfen. Sie trifft langfristig Kranke, sie trifft Behinderte, sie trifft Schwangere. Ich habe hier das Bild eines Mannes, der im Rollstuhl sitzt, 31 Jahre alt ist, der sich mühsam eine Halbtagsstelle besorgt hat, in einem Behindertenprojekt arbeitet, 1 600 DM netto verdient und, weil er im Rollstuhl sitzt und weil er seinen Körper nur eingeschränkt kontrollieren kann, häufig unter Erkältungen, unter Schwierigkeiten mit den Atemwegen und anderem

    Rudolf Scharping
    leidet. Dieser Mann arbeitet. Er kämpft darum, mit seinen eingeschränkten Möglichkeiten die Anerkennung nicht als Almosen zu bekommen, sondern aus eigener Arbeit. Und jetzt kommt eine Christlich-Demokratische Union und wirft ihn mit diesem Gesetz in die Sozialhilfe zurück, in jenes Netz, von dem Sie behaupten, in ihm würden nur die Faulen und die Drückeberger liegen. Das ist Ihre Politik.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS Dr. Heiner Geißler [CDU/CSU]: Sie sagen die Unwahrheit!)

    Ich habe hier den Brief einer schwangeren Mutter, die nichts anderes reklamiert als das, was Sie immer gesagt haben: kinderfreundliches Land, Schutz für das Leben, von dem sogar die CSU versprochen hat, es wird geregelt. Ich sage Ihnen: Wie Sie über Menschen, über soziale Verhältnisse reden, verrät nur eines: Sie wissen nicht mehr, wie es den normalen Menschen in diesem Lande geht. Sie ignorieren es und gehen darüber hinweg.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    War es nicht Herr Schäuble, der uns allen geschrieben hat, daß es bitter und ganz und gar unverantwortlich ist für das ehrenamtliche, das gemeinsame Engagement - auf das wir alle angewiesen sind -, wenn man nach einem Einsatz bei den Feuerwehren, der daraus entstehenden Grippe, den Krankheiten, am Ende mit 80 Prozent nach Hause geht und, wird es etwas schwerwiegender, möglicherweise mit einem geschmälerten Krankengeld? Freilich, jener Herr Schäuble, der das geschrieben hat, ist der Vorsitzende des Verbandes der Feuerwehren in Deutschland, nicht der Vorsitzende der CDU/CSUFraktion.
    Sie wollen den Kündigungsschutz lockern und behaupten, das diene der Beschäftigung. Sie haben dem deutschen Volk gesagt: Beschäftigungsverhältnisse lockern, befristete Arbeitsmöglichkeiten einführen, private Arbeitsvermittlung einführen. Jetzt sagen Sie: Kündigungsschutz lockern. Immer haben Sie behauptet, es diene der Beschäftigung. Nichts hat es geholfen, genauso wenig wie das helfen wird, die wirklichen Probleme des Landes zu lösen.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Sie behaupten, es gebe keine Alternative, jedenfalls sei keine vorgeschlagen worden. Das sagen Sie auch angesichts der Tatsache, daß die Altersgrenze der Frauen in der Rentenversicherung heraufgesetzt werden soll. Ich appelliere erneut an Sie: Sorgen Sie dafür, daß Frauen, die ohne Sozialversicherung arbeiten, endlich die angemessene Sicherheit erhalten, daß die Beiträge für die Rentenversicherung bezahlt werden! Sorgen Sie dafür, daß nicht die Beschäftigungschancen der Jüngeren verschlechtert werden, nur weil Sie glauben, man müsse die sozialen Rechte von Menschen immer weiter schmälern! Das wird Deutschland nicht helfen.

    (Beifall bei der SPD)

    Dann sagen Sie, es gebe ein Angebot zur Kooperation. Darauf kann man nur noch gallig reagieren. Sie haben das Angebot zur Kooperation im Januar ausgeschlagen, Sie haben es im Februar ausgeschlagen, Sie haben es im März ausgeschlagen. Sie haben alle diese Gesetze so zusammengezimmert, daß eine Mitsprache der Sozialdemokratie soweit wie irgend möglich ausgeschlossen wird. Sie wollten nie Kooperation. Deswegen ist es reine Heuchelei, wenn Sie jetzt Kooperation einklagen. Sie wollten sie nie.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Was viel schlimmer ist: In der Zeit, in der Sie Kooperation verweigern und sie hier heuchlerisch neu anbieten, kündigen Sie an, Sie wollten den Weg fortsetzen, Sie wollten ihn verschärfen. Sie kündigen an, daß bei den Beziehern normaler Einkommen Entlastungen nicht möglich seien, wohl aber bei den Millionären. Sie kündigen an, die Familien würden weiter belastet, und die Vermögensbesitzer bekommen von Ihnen Champagner ausgeschenkt. Sie kündigen an, Sie wollten die Rentner stärker zur Kasse bitten. Sie kündigen an, Sie wollten neu und immer tiefer in das Netz zum Schutz gegen die Arbeitslosigkeit einschneiden.
    Dies sind alles Diskussionen, die Sie führen. Die Opposition hat Ihnen mehrfach gesagt: Laßt uns gemeinsam den sozialen Frieden bewahren, laßt uns gemeinsam die Arbeitslosigkeit bekämpfen!

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    Es wird aber nur die Kooperation, zu der Sie von der Verfassung her gezwungen sind, nicht aber die, die aus politischer Einsicht notwendig wäre, stattfinden.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Ich weiß genau, der Appell ist vergeblich. Die Frauen unter Ihnen, die intern protestiert haben, werden nicht die Konsequenzen ziehen, die Ostdeutschen werden nicht die Konsequenzen ziehen, die CDA wird nicht die Konsequenzen ziehen. Aber wir hoffen und wir werden darum kämpfen, daß die Menschen in Deutschland die Konsequenz ziehen, daß endlich Schluß ist mit einer Politik, die den sozialen Zusammenhalt ruiniert.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)



Rede von Hans Klein
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat die Kollegin Kerstin Müller.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Kerstin Müller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zum dritten Mal beschäftigen wir uns heute mit dem Sparpaket - nach einem angeblich gescheiterten Vermittlungsversuch, wie Herr Schäuble gerade wieder berichtet hat. Herr Scharping hat recht, ein ernsthaftes Vermittlungsverfahren hat es doch gar nicht mehr gegeben, denn es gab nichts mehr zu vermitteln, und das ist seit Monaten klar. Dies nicht etwa,

    Kerstin Müller (Köln)

    weil die Opposition eine Blockadehaltung eingenommen hätte, wie Sie so gerne behaupten. Es gab nichts zu vermitteln, weil die Bundesregierung ihre Blockadehaltung nicht aufgegeben hat.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Als die Koalition in der Kanzlerrunde im April den Dialog mit den Gewerkschaften aufgekündigt hat, haben Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, klipp und klar gesagt: Verhandlungen über das Sparpaket wird es mit uns nicht geben. Wir konnten Sie zu solchen Verhandlungen leider nicht zwingen. Sie haben die Gesetze so geschnürt, daß der Bundestag unsere Bedenken und die vieler Menschen in diesem Land einfach niederstimmen kann.
    Aber dann, Herr Schäuble, lassen Sie doch bitte die Heuchelei. Es bringt nichts, immer wieder Dialogangebote zu machen. Der Kanzler hat das erst vorgestern wieder gemacht. Bei Ihnen, Herr Schäuble, gehören die Gesprächsangebote schon zu Ihren Standardfloskeln. Ich schlage Ihnen einfach vor: Lassen Sie es. Es nimmt Ihnen draußen keiner mehr ab.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Der Bundeskanzler hat das „Bündnis für Arbeit" ausgeschlagen. Seitdem geht es für Sie nicht mehr darum, möglichst tragfähige Lösungen für die drängenden Probleme zu finden, Sie sind seitdem für Argumente taub und für die gesellschaftlichen Folgen blind. Nur eines zählt für Sie seit diesem Moment: Es soll Geschlossenheit demonstriert werden, koste es, was es wolle.
    Meine Damen und Herren, welche Chance haben Sie in diesem Jahr vertan! Sie hätten mit den Gewerkschaften, mit den Kirchen, mit der SPD und auch mit uns über Veränderungen reden können: über eine Modernisierung des Sozialstaates, zum Beispiel, der wirklich nach dem Bedarf und nicht mit der Gießkanne verteilt, über eine Modernisierung der Arbeitswelt, die Überstunden abbaut und Teilzeit fördert, und auch über einen Einstieg in eine ökologische Steuerreform.
    Meine Damen und Herren von der Koalition, Herr Blüm hat gestern im Bundesrat noch einmal mit Pathos gefragt, wo denn die Vorschläge der Opposition zur Senkung der Lohnnebenkosten blieben. Wir haben Vorschläge gemacht. Denn mit der Ökosteuer können wir wirklich dauerhaft zu einer Senkung der Lohnnebenkosten kommen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD Dr. Hermann Otto Solms [F.D.P.]: Steuererhöhung!)

    Das Sparpaket bewirkt genau das Gegenteil. Kürzungen bei der Lohnfortzahlung und letztlich auch die Aufweichung beim Kündigungsschutz führen zu
    enormen Einnahmeausfällen bei den Sozialversicherungskassen. Und vor allem: Sie schaffen mit diesem Sparpaket keinen einzigen Arbeitsplatz mehr.
    Herr Schäuble hat in seiner Rede am Mittwoch gesagt:
    Wer es mit dem Gebot der Nachhaltigkeit menschlichen Wirtschaftens oder mit der Verantwortung für kommende Generationen ernst nimmt, der muß heute Entscheidungen treffen.
    Das stimmt. Aber was bieten Sie denn der jungen Generation an? Was passiert denn in Wirklichkeit? Sie haben tatenlos zugesehen, wie die deutsche Wirtschaft in den letzten Jahren die Zahl der Ausbildungsplätze um ein Drittel gesenkt hat. Dann hat der Kanzler Gespräche geführt und ein feierliches Lehrstellenversprechen der deutschen Wirtschaft bekommen: 10 Prozent mehr Lehrstellen innerhalb von zwei Jahren. Dann haben Sie wieder tatenlos zugesehen, wie die Wirtschaft dieses Versprechen gebrochen hat. Und jetzt loben Sie den Kanzler, weil er wieder Gespräche führt.
    Meine Damen und Herren, Sie müssen endlich die Rahmenbedingungen für ausbildende Betriebe verbessern, zum Beispiel durch eine Ausbildungsplatzabgabe. Nicht ausbildende Betriebe müssen belastet, ausbildende entlastet werden.

    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Aber da verweigern Sie sich, und nicht nur da. Wo, bitte schön, sind denn die Initiativen für nachhaltiges Wirtschaften, wo die Förderprogramme für nachhaltige, ressourcenschonende Technologien? Wo ermuntern Sie Unternehmen, die auf Sonnenenergie und Windkraft setzen, am Standort Deutschland zu investieren?
    Ich sage: Sie gestalten nicht die Zukunft, Sie verweigern sie meiner Generation. Zukunftsfähigkeit und Nachhaltigkeit - Herr Schäuble, bei Ihnen gerinnt all das zu einer belanglosen Phrase.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der PDS)

    Apropos Phrase. Herr Eppelmann, Sie als Vorsitzender der CDU-Sozialausschüsse haben noch in der „Bild am Sonntag" am 12. Mai völlig zu Recht geschrieben:
    Die geplanten Einschnitte bei der Lohnfortzahlung radikalisieren die laufenden Arbeitskämpfe.
    Und:
    Das gilt auch für die geplante Verschlechterung des Kündigungsschutzes. Dies schafft keinen einzigen zusätzlichen Arbeitsplatz mehr.
    Und Sie kündigten an:
    Die CDA bleibt bei ihrem Widerstand gegen den sinnlosen Abbau von Arbeitnehmerrechten.

    (Zustimmung bei der SPD)


    Kerstin Müller (Köln)

    Und Ihr Stellvertreter, Herr Keller, hat noch in der „taz" vom 21. Mai gefordert:
    Diese Giftzähne müssen dem Regierungsprogramm gezogen werden.
    Die „Giftzähne" wurden dem Sparpaket nicht gezogen. Ich frage Sie: Wo ist heute Ihr Widerstand gegen den Abbau von Sozialleistungen und Arbeitnehmerrechten?

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS)

    Frau Süssmuth, auch Sie wendeten sich gemeinsam mit dem Kollegen Link im „Kölner Stadtanzeiger" vom 14. Mai gegen die geplante Verschlechterung bei der Lohnfortzahlung für Kranke und beim Kündigungsschutz. Sie forderten, die Familienförderung müsse verbessert werden. Und jetzt? Selbst Schwangere sind von den Kürzungen der Lohnfortzahlung nicht ausgenommen; auch an der Verschiebung der Erhöhung des Kindergeldes wird weiter festgehalten.
    Sie, Frau Süssmuth, und auch Sie, Frau Eichhorn, haben scharfen Widerstand gegen dieses Sparpaket angekündigt. Und der Kollege Fell vom Familienbund der Deutschen Katholiken wollte „bis zum Schluß für Veränderungen in diesem Sparpaket kämpfen."
    Dieses Sparpaket verbessert nicht die konkreten Hilfen für Familien mit Kindern; es verschlechtert sie. Haben Sie heute den Mut, diesen familienfeindlichen Vorhaben nicht zuzustimmen!

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS)

    Zum Schluß: Herr Eppelmann, Herr Link und Herr Keller, Ihre eigene Regierung hat nicht nur den Dialog mit den Gewerkschaften aufgekündigt, sie betrachtet die Arbeitnehmerschaft der Union ganz offensichtlich als zahnlosen Tiger. Wie sagte Herr Link so schön am 8. Mai im Deutschlandfunk: „Fraktionsdisziplin um jeden Preis gibt es sowieso nicht bei uns. "

    (Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Wir werden es heute sehen.
    Die CDA hat noch im Mai gefordert, alle parlamentarischen Mittel gegen die geplanten pauschalen Einschnitte auszuschöpfen. Ich sage Ihnen: Jetzt haben Sie dazu Gelegenheit. Stimmen Sie heute mit Nein!

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS)