Rede von
Oswald
Metzger
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Herr Kollege Pützhofen, diese Argumentationsschiene, die von Ihnen gefahren wird, entspricht einfach nicht der Wirklichkeit. Im letzten Jahr hat die Opposition - auch die Grünen - für die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer durchaus Verständnis anklingen lassen.
Aber wir haben leidvolle Erfahrungen mit dem Bund bei der Kostenverlagerung von Aufgaben ohne Finanzausgleich an die Kommunen gemacht. Siehe Rechtsanspruch auf Kinderbetreuungseinrichtungen, für die die Kommunen in den letzten Jahren zig Milliarden DM aufgewandt haben und die auch zig
Oswald Metzger
Milliarden DM in den nächsten Jahren an Unterhalt kosten werden.
Weil die Gewerbesteuer in den letzten 14 Jahren systematisch in ihrer Einnahmestruktur für die Gemeinden durch bundesgesetzliche Maßnahmen zurückgefahren wurde und weil die Gemeinden durch eine Kostenverlagerung im Bereich der Arbeitsmarktpolitik - Absenken der Sätze für Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe - über ein Jahrzehnt hinweg mit zweistelligen Wachstumsraten bei der Sozialhilfe zu kämpfen hatten - die strategische Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben hat sich ständig geöffnet -, haben die Gemeinden gegenüber den Ländern, aber auch gegenüber dem Bund das Recht, eine Bestandsgarantie für den Rest, für die Gewerbeertragsteuer, zu verlangen. Die übrigbleibende Gewerbeertragsteuer ist immerhin mit Abstand der größte Block der noch selbstbestimmten kommunalen Einnahmen.
Diese verfassungsrechtliche Verankerung der Restgewerbeertragsteuer werden wir wegen des Koalitionsvertrags, den diese Regierung auf Druck des F.D.P.-Partners eingegangen ist, einklagen. Die Stimme der Grünen im Vermittlungsverfahren zum Jahressteuergesetz wird davon abhängen, ob wir die verfassungsrechtliche Absicherung der Gewerbeertragsteuer für die Gemeinden durchsetzen können. Nur dann kann es ein Ja zur Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer geben.
Zu Recht sagen Sie, Herr Kollege Pützhofen - ich zitiere hier den Städtetagspräsidenten Seiler aus Karlsruhe -, daß an den klebrigen Händen der Länderfinanzminister durchaus Gelder hängenbleiben, die der Bund im Rahmen der Steuerverteilung an die Länder gegeben hat. Das ist eine Tatsache. Aber wer selber im Glashaus sitzt, darf nicht mit Steinen auf andere werfen, sondern muß sich in dieser Auseinandersetzung warm anziehen.
Die Kommunen in Deutschland haben den größten Investitionshaushalt dieser Republik. Wer Wirtschaftswachstum will, kann nicht den Gemeinden in einem Zangengriff von Ländern und Bund das Geld entziehen, so daß sie keine Luft mehr zum Atmen haben. Auch das würgt nämlich die Konjunktur, die Sie doch ankurbeln wollen, ab und schafft keine Arbeitsplätze.