Rede von
Dr.
Wolfgang
Weng
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(F.D.P.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zum Abschluß der Haushaltswoche gilt es, eine erste Bilanz zu ziehen. Erwartungsgemäß hat die Opposition ihr übliches Rollenspiel auch in dieser schwierigen Lage Deutschlands weitergespielt. Erwartungsgemäß ist sie ehrliche Alternativen schuldig geblieben.
Meine Damen und Herren, wir kritisieren weiterhin zu Recht die Blockaden der Opposition, weil es schlimm ist, daß man dort aus Angst vor den Erfolgen der Koalition zum Schaden der Bürger die Bundesratsmehrheit parteipolitisch mißbraucht.
Ein Weiteres ist in dieser Woche deutlich geworden; es ist wichtig, das herauszuarbeiten. Zwischen der Koalition und den drei Oppositionsparteien gibt es einen ganz grundsätzlichen Unterschied: bei der PDS, bei der SPD und eindeutig auch bei den Grilnen gibt es einen Drang nach staatlichem Dirigismus,
der nach aller Erfahrung aber Zukunftspessimismus ausdrückt;
bei der Union und bei den Freien Demokraten gibt es den Willen, nach freiheitlichen Lösungen zu suchen, und damit echte Zukunftsfähigkeit.
Dies zeigt sich übrigens auch bei dem Thema Steuern. Auf der Oppositionsseite will man Erhöhungen von Steuern oder Umverteilungen, dies auch im Zusammenhang mit der geplanten Steuerreform. Wir wollen eine Senkung der Tarife und öffentliche Sparsamkeit.
Die grundsätzliche Auseinandersetzung wird noch härter werden, und gerade dieser Auseinandersetzung werden wir uns zu stellen wissen. Die Bürger können sicher sein, daß die Liberalen ihren klaren Kurs fortsetzen.
Neben Blockade hat die Opposition Zwiespältiges, manchmal auch Doppelzüngiges zu bieten. Sie erinnern sich: Gestern hat die Fraktionssprecherin der
Dr. Wolfgang Weng
Grünen hier im Deutschen Bundestag erklärt, auch die Grünen wollten aus der Steinkohle aussteigen; sie hielten sie „ökologisch und ökonomisch für unverantwortlich" . Gerade im größten Kohleland, Nordrhein-Westfalen, wo die Grünen in der Regierung sind, haben sie als Koalitionspartei einen politisch-populistischen Trick angewandt, als es um die Steinkohle ging. Der Abbau der Subventionen dort ist nämlich auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben. Aber die Bürger durchschauen solches Doppelspiel.
Da helfen auch hier im Deutschen Bundestag griffig vorgetragene Analysen von Joseph Fischer von den Grünen überhaupt nichts.
Meine Damen und Herren, die Opposition hat Angst davor, daß die Koalition mit ihrer Politik Erfolg haben könnte.
Auch das Verhalten der SPD ist deshalb populistisch. Es ist aber leicht durchschaubar.
Man nimmt aus dem riesigen Paket unterschiedlichster Positionen im Haushalt Einnahme- oder Ausgabepositionen, die man gegenüberstellt, und argumentiert dann nicht in der Sache, sondern rein emotional, nach dem Motto: Nicht genug Geld für die Schwachen der Gesellschaft, aber Panzer kaufen.
Die Erfahrung zeigt aber, daß die Bürger in unserem Land viel zu klug sind, um auf solch billigen Leim zu gehen.
Wir werden, meine Damen und Herren von der Opposition, alles tun, um die konsequente Aufklärung der Bürger in diesem Bereich zu betreiben, um dieses jämmerliche Rollenspiel der Opposition bloßzustellen.
Worum geht es? In der Wachstumsgesellschaft der alten Bundesrepublik sind alle öffentlichen Haushalte, auch die Sozialhaushalte, auf ständiges Wachstum und damit auf überproportionales Wachstum der öffentlichen Kassen angelegt gewesen. Nach der Wiedervereinigung, in einer neuen inneren und äußeren Situation der Bundesrepublik Deutschland, müssen wir eine neue Basis für die öffentlichen Ausgaben, damit auch für öffentliche Aufgaben, finden.
In diesem Prozeß sind wir jetzt an einer Stelle, wo vielfältige Strukturänderungen erforderlich sind - Strukturänderungen in den Sozialhaushalten, auch Strukturänderungen in den öffentlichen Haushalten.
Wenn die Opposition kraft ihrer Mehrheit im Bundesrat diese Strukturänderungen blockiert oder zumindest stark erschwert, dann werden sie schwieriger. Sie werden vielleicht verzögert, aber sie werden kommen, weil sie kommen müssen. Wir müssen solche Strukturänderungen vornehmen, meine Damen und Herren, um das zu erreichen, was in Deutschland im Augenblick am wichtigsten ist und was erstes Ziel der Freien Demokraten ist: neue und zukunftssichere Arbeitsplätze.
Sie von der Opposition werden lernen müssen, daß man gegen Tatsachen auf längere Sicht keine Politik machen kann. Das weiß die SPD natürlich auch. Deshalb versucht sie, den Bürgern Sand in die Augen zu streuen, indem sie Versprechungen macht, die nicht einzuhalten sind.
Ein Beispiel. Gefordert wird die Steigerung der Massenkaufkraft. Dies soll den Bürgern draußen suggerieren, daß alle Menschen mehr Geld bekommen müssen, und dann ist alles in Ordnung. Die Frage, woher dieses Geld kommen soll, beantwortet die SPD natürlich nicht.
Meine Damen und Herren, mit solchen Schlagworten fängt .die Sozialdemokratische Partei vielleicht ein paar Dumme. Wir, die Freien Demokraten, setzen auf Zukunft. Wir setzen auf Stärkung der Investitionskraft. Wir setzen auf Stärkung der Leistungsbereitschaft.
Jeder weiß, daß ein härteres Anziehen der Steuer- und Abgabenschraube die Situation der Wirtschaft hier in Deutschland weiter erschweren würde. Aber der SPD ist ja selten etwas anderes eingefallen als unbezahlbare Versprechungen, als Verteilen, Verteilen auch dann, wenn nichts mehr zum Verteilen da ist.
Meine Damen und Herren, wir stehen in diesem Jahr unter besonderem Druck, weil unser politischer Wille, den notwendigen weiteren Zusammenschluß Europas zur Europäischen Währungsunion voranzubringen, zusätzliche Anstrengungen erfordert. Es sind beileibe nicht allein die wirtschaftlichen Gründe, die uns das intensive Miteinander mit unseren Nachbarn in Europa suchen lassen. Nach der Wiedervereinigung ist die enge Verflechtung noch dringender geworden, um den Rückfall in europäische Kleinstaaterei der Vergangenheit sicher zu verhindern.
Die F.D.P. nimmt die Warnungen der Deutschen Bundesbank ernst. Sie haben heute morgen in den Nachrichten sicherlich gehört, daß die Deutsche Bundesbank in ihrem Monatsbericht darauf hinweist, mit einer Neuverschuldung gegen 4 Prozent des Bruttosozialproduktes aus allen öffentlichen Haushalten würden die Maastricht-Kriterien verfehlt. Das Erreichen dieser Stabilitätskriterien wäre leichter, wenn sich die Gewinner des Steuerpokers beim damaligen sogenannten Föderalen Konsolidierungskonzept, nämlich die Länder im Westen, nach 1990 stärker beschränkt hätten. Leider haben sie das nicht getan.
Dr. Wolfgang Weng
Das macht unsere Anstrengungen jetzt um so schwieriger. Aber, wie gesagt, wir leisten diese Anstrengungen.
Meine Damen und Herren, es ist bekannt, daß dem Herrn Bundeskanzler die europäische Einigung und die gemeinsame europäische Währung ein ganz besonderes Anliegen sind. Hier unterstützt ihn die F.D.P.-Fraktion vorbehaltlos.
- Auch hier, natürlich, Herr Blüm! Deswegen wollen wir alle Hürden auf dem Weg dorthin beseitigen. Eine Inflationspolitik zu Lasten der Sparer kommt mit uns nicht in Frage. Deshalb ist das Sparpaket der Koalition ein richtiges Signal. Es führt in die richtige Richtung.
Ich will mich auf Grund einer Pressemeldung im gestrigen „Handelsblatt" an den Bundesarbeitsminister Norbert Blüm wenden. Herr Blüm, wenn diese Zeitung richtig zitiert, dann haben Sie erklärt, es würde Ihnen nichts mehr einfallen, um die Finanzierungslücke bei der Bundesanstalt für Arbeit zu schließen. Sie haben aber an der Kabinettsberatung Anfang Juli persönlich mitgewirkt; Sie haben dort einen Haushalt akzeptiert, nach dem die Bundesanstalt ohne Zuschuß auskommen soll. Sie haben auch bei der Entscheidung über das Sparpaket der Koalition mitgewirkt. Zusätzlich sind Sie bekanntlich derjenige, der den Etat der Bundesanstalt für Arbeit genehmigen muß. Die Einschätzungen haben sich seit Juli nicht nachhaltig geändert. Deswegen geht meine dringende Bitte, geht mein persönlicher Appell an Sie, an dem auch von Finanzminister Theo Waigel zu Recht für notwendig gehaltenen weiteren Sparpaket konstruktiv mitzuwirken. Herr Kollege Blüm, gerade Sie dürfen sich hier nicht verweigern. Sie spielen eine ganz wichtige, eine entscheidende Rolle.
Meine Damen und Herren, es geht auch eine Bitte an die Koalitionsspitze: Wer das normale Haushaltsverfahren, wer die beweglichen Teile des Haushalts, wer die vom Haushaltsausschuß direkt beeinflußbaren Sparvolumina kennt, der weiß, daß die im Augenblick geschätzte Deckungslücke, über die man hin und her spekulieren kann - es ist noch zu früh, um abschließende Zahlen zu nennen -, aber die ja unbestritten ist, auch von Bundesministern unbestritten ist, durch das Haushaltsgesetz allein kaum zu schließen sein wird. Die weitere Beratung flankierender Spargesetze scheint notwendig, um die vom Kabinett beschlossene und vom Finanzminister vertretene Schuldenhöhe 1997 nicht zu überschreiten. Hierfür ist, wie gesagt, begleitende Gesetzgebung zum Haushaltsverfahren meines Erachtens notwendig. Die dafür erforderlichen Beratungen müssen beginnen, die politischen Entscheidungen müssen schnellstens getroffen werden, sonst gerät der Zeitplan ins Wanken.
Die Bürger draußen müssen erkennen, daß die Koalition notwendige Sparentscheidungen zu treffen in
der Lage ist, daß sie nicht - wie die Opposition - Steuern und Abgaben erhöhen will. Wir von der F.D.P.-Fraktion sind zu weiteren Anstrengungen bereit.
Meine Damen und Herren, der Etat 1997 geht jetzt nach dieser ersten Beratungswoche im Deutschen Bundestag zur Detailarbeit in den Haushaltsausschuß. Die Bevölkerung erwartet von uns zu Recht, daß wir dort und dann hier im Deutschen Bundestag einen ehrlichen Haushalt auf gesicherter Grundlage für 1997 verabschieden. Dafür brauchen wir die Ergebnisse des Sparpakets, dafür brauchen wir die Ergebnisse des Jahressteuergesetzes ebenso wie die zusätzlichen möglichen Einsparungen. Die Koalition wird heute nachmittag bei der Abstimmung über die Spargesetze ihre Handlungsfähigkeit unter Beweis stellen. Unsere schwierige, für die Zukunft unseres Landes aber notwendige Arbeit geht danach nahtlos weiter.
Die F.D.P.-Fraktion im Deutschen Bundestag kennt die Herausforderung. Sie leistet ihre Arbeit so, wie sie es den Bürgern zur Bundestagswahl 1994 versprochen hat.
Vielen Dank.