Rede von
Ilse
Janz
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich möchte jetzt fortfahren. Ich wollte nämlich noch ein bißchen zum Feiern, weil mein Land Bremen heute Butenbremer-Fest hat. Wenn Sie so gnädig sind, erlauben Sie mir fortzufahren.
- Ihr seid auch alle eingeladen.
In die Kategorien Pleiten, Pech und Pannen gehört auch der Beschluß der Bundesregierung zur Abschaffung der Vorsteuerpauschale für buchhaltungspflichtige Landwirte vom Juli dieses Jahres. Das ist wie ein Spiel: raus aus den Kartoffeln, rein in die Kartoffeln. Man könnte es auch auf plattdeutsch „Rut ut de Kartüffeln, rin in de Kartüffeln" sagen; denn im September erfolgte nun die Rücknahme.
Ich bin froh, Herr Staatssekretär, daß Sie heute einmal deutlich erklärt haben, daß es kein Geschenk an die Landwirte ist. Ich wäre froh gewesen, Sie hätten diese Erklärung gegenüber den Medien auch so deutlich abgegeben, damit bei vielen Bauern nicht das Gefühl aufkommt, jetzt haben sie ein neues Geschenk; denn es ist schon total richtig, was Sie gesagt haben: Etwas, was sie haben, kann man ihnen nicht schenken. Geschenke verstehen wir wohl doch immer noch ein bißchen anders.
Grundsätzlich ist meine Fraktion für eine solche Abschaffung, um eine ordentliche Rückführung zum Nachweis der Einkommensverhältnisse und der Wirtschaftlichkeit der Betriebe in der Landwirtschaft zu realisieren. Aber wir verkennen auch nicht die besonders schwierige Lage und die Probleme der Landwirte. Deshalb ist vernünftiges Handeln angesagt.
Meine Fraktion wird zu diesem Thema eine Anhörung im Agrarausschuß beantragen, damit das Für und Wider durchleuchtet wird, damit eine sachgerechte Entscheidung getroffen werden kann und nach dem 1. Januar 1999 - wenn das Datum wirklich bleibt - eine vernünftige Reform erfolgen kann.
Fragwürdig ist allerdings die jetzt getroffene Entscheidung zur Verlängerung der bisher gewährten Subventionen auch deshalb, da sie die BSE-geschädigten Betriebe zur Grundlage hat. Hier scheint uns - und da will ich noch einmal auf meinen Kollegen Sielaff hinweisen - der gleiche Fehler gemacht zu werden wie beim Währungsausgleich: Begünstigte sind Betroffene wie Nichtbetroffene. Das scheint uns keine gerechte Regelung zu sein.
Außerdem sind eine ganze Menge Fragen noch nicht beantwortet: Wie errechnen sich die 1,2 Milliarden DM als BSE-Hilfe? Oder waren es zufällig gerade diese zweimal 600 Millionen DM, und hat man sie zusammengerechnet? Ist diese Hilfe mit den Ländern abgestimmt, die die andere Hälfte tragen sollen?
- Du kannst dich doch nächste Woche mit mir streiten. - Und dann muß man mir als Haushälterin einmal erklären, woher denn die 300 Millionen DM für 1997 genommen werden sollen. In diesem ausgequetschten Haushalt sehe ich dafür jedenfalls keine Möglichkeit mehr.
Um es noch einmal ganz deutlich zu machen: Wir Sozialdemokraten wollen den Bauern helfen. Aber bei einer so unseriösen Finanzpolitik müssen wir doch viele Fragezeichen setzen. Deshalb wollen wir in diesem Punkt eine Anhörung, um Klarheit zu erhalten.
Ein weiteres Beispiel: Da hat es für den Haushalt 1996 im Berichterstattergespräch und im Haushaltsausschuß einen einstimmigen Beschluß zum Ersatzbau der Fischereischutzboote „Frithjof" und „Warnemünde" gegeben. Um Geld zu sparen, wurde auf eine Ausschreibung für beide Schiffe gleichzeitig ge-
Ilse Janz
drängt. Kosten in Höhe von 110 Millionen DM wurden kalkuliert. Es wurde eine Verpflichtungsermächtigung eingestellt, für das Jahr 1997 in Höhe von 46 Millionen DM. Aber wer glaubt, daß diese Summe als Baransatz im Haushalt wieder auftaucht, der hat sich getäuscht. Hier tobt anscheinend ein Kampf zwischen BML und BMF, wobei doch ziemlich erstaunlich ist - das sage ich deutlich in Richtung BMF -, daß einstimmige Beschlüsse des Haushaltsausschusses ignoriert werden. So kann von seiten der SPD-Fraktion kein Vertrauen in Richtung Finanzressort entstehen.
Es wird hierzu, Frau Staatssekretärin, sicherlich auch noch einige „freundliche" Worte im Berichterstattergespräch geben. Das sind nur zwei Beispiele. Es könnten noch eine ganze Menge folgen. Mein Kollege Sielaff hat schon auf die 55prozentige Steigerung im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit hingewiesen. Wer glaubt, schlechte Politik durch mehr Hochglanzbroschüren besser verkaufen zu können, irrt. Diesen Irrweg wird die SPD nicht mitgehen.
Die Beratungen in den nächsten Wochen werden zeigen, ob Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, den Haushalt schlicht und einfach abnicken oder ob Sie zu Änderungen bereit sind. Ein neuer Weg in der Agrarpolitik ist dringend erforderlich. Ihr Verharren in verkrusteten Strukturen ist schädlich für die deutsche Agrarpolitik. Bewegen Sie sich! Wir werden Sie fordern.