Ja, ich möchte gerne antworten. Möglicherweise verfüge ich über eine mangelnde Kenntnis der deutschen Sprache. Das ist mir zwar bisher noch nie vorgeworfen worden,
aber ich habe aus dem, was Sie gesagt und jetzt wiederholt haben - man dürfe das nicht stigmatisieren -, folgendes gehört. Für mich heißt das: Man darf nicht das Etikett daran hängen, das sei eine Droge, die schaden könne.
Was soll ich denn sonst unter Stigmatisierung verstehen? Insofern bin ich froh, wenn Sie jetzt erklären,
Editha Limbach
Sie wollten das nicht propagieren. Das ist schon ein Fortschritt. Aber das Wort „stigmatisieren" , das im gängigen Verständnis so wie von mir interpretiert wird, haben Sie wiederholt.
Sie haben auch wiederholt, daß die Droge zur DiscoKultur gehöre. Ich behaupte: Es gibt eine Disco-Kultur, die sehr gut ohne sie auskommt, bei der junge Leute viel Spaß und Freude haben können und miteinander oder für sich alleine ihren Abend vernünftig verbringen können.
Daß es mir, in meinem Alter, an solchen Stätten im allgemeinen oft zu laut wäre, steht auf einem anderen Blatt.
Eigentlich müßte man in einer solchen Debatte über sehr viel mehr sprechen, als Zeit bleibt, weil zu dem Gebiet der Gesundheit auch die gesundheitliche Aufklärung gehört: Vorsorgemaßnahmen, gesunde Ernährung und der gesamte vorbeugende gesundheitliche Verbraucherschutz. Aber nach dem, was hier in der Diskussion gesagt wurde, muß ich das alles weglassen und auf ein paar Dinge eingehen, die vorhin vorgetragen wurden.
Eines ist mir dabei ganz deutlich geworden: Jedenfalls die Redner, die hier gesprochen haben, gehen von einem ganz anderen Menschenbild aus als wir. Sie gehen davon aus, daß unsere Bürgerinnen und Bürger nicht in der Lage sind, wichtige Entscheidungen für sich selbst eigenverantwortlich zu treffen, daß wir zwar Rahmenbedingungen schaffen müssen, damit sie nicht ausgebeutet oder auf andere Weise schlecht behandelt werden. Aus dem, was gesagt wurde, klang heraus: Die Menschen sind zu dumm, die richtige Krankenkasse zu wählen, zu dumm, für ihre eigene Gesundheit Vorsorge zu treffen,
zu dumm, den richtigen Arzt auszusuchen, zu dumm, das richtige Krankenhaus zu wählen. Das ist doch alles indirekt und direkt vorgetragen worden.
Ich kann Ihnen nur sagen: Ich habe ein ganz anderes Bild. Wenn ich mit den Menschen spreche, ob in meinem Wahlkreis oder andernorts, dann stelle ich fest, daß sie sehr wohl wissen, was sie wollen. Sie wissen sehr wohl, wie sie sich entscheiden wollen. Sie sind vor allen Dingen bereit, Verantwortung zu übernehmen. Auch das gehört zu einem freien und selbständigen Bürger.
Die soziale Krankenversicherung - es ist schon gesagt worden, aber offenbar muß man es wie in der Schule wiederholen, damit es behalten wird - ist dafür da, Risiken bezüglich einer Erkrankung oder Gesundheitsprobleme, die ein einzelner nicht tragen kann, solidarisch abzusichern. Wenn es aber so ist, dann muß man fragen: Muß alles und jedes solidarisch abgesichert werden? Oder ist es nicht auch im Sinne der christlichen Soziallehre richtig, zu sagen:
Das, was auf jeden Fall solidarisch abgesichert werden muß, muß sein; sprich: die Operation im Krankenhaus, die schwere Erkrankung. Das muß solidarisch abgesichert werden. Das kann der einzelne nicht tragen.
Manche Dinge kann er aber sehr wohl tragen. Ich darf darauf hinweisen - das darf nicht vergessen werden -, daß zu der Zeit, als die Krankenversicherung geschaffen wurde, die Menschen nicht einmal in der Lage waren, einen Arzt zu rufen, weil sie ihn nicht bezahlen konnten. Auch waren sie nicht in der Lage, sich einen Verband zu kaufen, um ihn auf eine offene Wunde zu legen, weil sie es sich nicht leisten konnten. Gott sei Dank können sich die Menschen das heute leisten. Das ist ein Verdienst auch der Arbeiterbewegung und der Gewerkschaften.
- Herr Dr. Thomae sagt es: Es ist gleichzeitig das Verdienst der sozialen Marktwirtschaft, die durch eine vernünftige Wirtschaftspolitik dazu beigetragen hat, daß die Menschen heute Gott sei Dank viel mehr selbstverantwortlich tun können und wollen, als das früher der Fall war. Trotzdem müssen die großen Risiken alle solidarisch abgesichert werden. Das ist klar.
Lassen Sie mich noch etwas zur Positivliste sagen, Herr Kirschner. Ich habe nachgelesen, was die Vertreterinnen und Vertreter Ihrer Fraktion dazu gesagt haben. Sie sollte nicht dazu dienen, die Therapiefreiheit einzuschränken. Sie sollte nicht dazu dienen, die Kosten zu senken. Sie sollte auch nicht Mengen steuern. Nein, sie sollte dazu dienen, die Qualität zu verbessern. Dann frage ich mich: Wozu haben wir ein kompliziertes Anerkennungsverfahren für Medikamente? Ich hoffe doch sehr, daß Sie mit mir übereinstimmen, daß nur solche Medikamente in den Verkehr gelangen dürfen, die das, was sie versprechen, nämlich Krankheiten zu bekämpfen oder zu besiegen, tatsächlich leisten können.