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ID1312224400

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    Plenarprotokoll 13/122 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 122. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 12. September 1996 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Bundeswirtschaftsministers Dr. Günter Rexrodt 10931 B Begrüßung des Präsidenten der Handwerkskammer Budapest und des stellvertretenden Fraktionsführers der sozialistischen Partei im ungarischen Parlament 11008 B Tagesordnungspunkt 1: a) Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1997 (Haushaltsgesetz 1997) (Drucksache 13/5200) . . 10931 A b) Fortsetzung der Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 1996 bis 2000 (Drucksache 13/5201) 10931 A Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 10931 B Hans Büttner (Ingolstadt) SPD . . . . 10932 D Hans-Eberhard Urbaniak SPD . . . . 10933 A Ernst Schwanhold SPD . . . . 10934B, 10958 C Kurt J. Rossmanith CDU/CSU 10937 D Margareta Wolf (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10939 D Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. . 10942B, 109558 Rolf Kutzmutz PDS 10944 B Dr.-Ing. Paul Krüger CDU/CSU . 10945D, 10949A, 10950B Eckart Kuhlwein SPD 10947 D Rolf Schwanitz SPD 10948 C Dr. Christa Luft PDS 10949D Anke Fuchs (Köln) SPD . . . . 10951A, 10956B Ulrich Petzold CDU/CSU 10953 A Dr. Heiner Geißler CDU/CSU 10953D, 10954 B Friedhelm Ost CDU/CSU . . . 10956D, 10959A Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA . 10959 D Ingrid Matthäus-Maier SPD . 10960D, 10981A Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10961C Ulrike Mascher SPD 10963 A Ottmar Schreiner SPD 10964 C Dr. Gisela Babel F.D.P 10965 C Hans-Joachim Fuchtel CDU/CSU . . . 10967 D Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10970B Dr. Barbara Hendricks SPD . 10970D, 10983 B Dr. Barbara Höll PDS 10971 A Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10971 C Dr. Gisela Babel F.D.P 10973C, 10976A Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10975 D Petra Bläss PDS 10976 B Dr. Konstanze Wegner SPD 10978 B Karl-Josef Laumann CDU/CSU 10979 D Ottmar Schreiner SPD . . . . 10980C, 10982 B Volker Kauder CDU/CSU 10982 B Leyla Onur SPD 10984 B Dr. Jürgen Rüttgers, Bundesminister BMBF 10986A Edelgard Bulmahn SPD . . . 10987C, 11006C Edelgard Bulmahn SPD 10990 B Steffen Kampeter CDU/CSU 10993 D Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10996 B Franz Thönnes SPD 10996 D Simone Probst BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10997 C Jürgen Koppelin F.D.P 10998 D Dr. Ludwig Elm PDS 11001A Günter Rixe SPD 11002 C Dr. Jürgen Rüttgers CDU/CSU 11003D, 11004A Werner Lensing CDU/CSU 11004 B Dr. Gerhard Friedrich CDU/CSU . . . 11006A Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11008 C Jörg Tauss SPD 11009D Jürgen Koppelin F.D.P 11010B Claudia Nolte, Bundesministerin BMFSFJ 11011D Heidemarie Lüth PDS 11013A Christel Hanewinckel SPD 11014 D Johannes Singhammer CDU/CSU . 11015C Peter Jacoby CDU/CSU 11017A Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11018C Sabine Leutheusser-Schnarrenberger F.D.P 11020A, 11021C Rita Grießhaber BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11021B Rosel Neuhäuser PDS 11021 D Maria Eichhorn CDU/CSU 11022 D Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11023 C Siegrun Klemmer SPD 11024 C Horst Seehofer, Bundesminister BMG . 11026C Klaus Kirschner SPD 11030 D Horst Seehofer CDU/CSU . . 11033A, 11033 C Hubert Hüppe CDU/CSU . . . 11036B, 11038D Waltraud Lehn SPD 11036 C Dr. Wolfgang Wodarg SPD 11037 A Editha Limbach CDU/CSU 11037 C Monika Knoche BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11038B Marina Steindor BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11039A Dr. Dieter Thomae F.D.P 11040C Klaus Kirschner SPD . . . . 11041D, 11044 D Dr. Ruth Fuchs PDS 11042 B Editha Limbach CDU/CSU 11043A Monika Knoche BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11043C Waltraud Lehn SPD 11045 B Wolfgang Gröbl, Parl. Staatssekretär BML 11046A Horst Sielaff SPD 11048 B Bartholomäus Kalb CDU/CSU 11050 D Peter Harry Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 11051B Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11053D Wolfgang Gröbl CDU/CSU 11054 D Ulrich Heinrich F D P. 11055 C Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . . 11056B Dr. Günther Maleuda PDS 11056 D Ilse Janz SPD 11057 D Peter Harry Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 11059B Nächste Sitzung 11059 D Berichtigung 11059 Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 11060 * A 122. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 12. September 1996 Beginn: 9.02 Uhr
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    Berichtigung 121. Sitzung, Seite 10886D, vorletzter Absatz, Zeile 9: Das Wort „nicht" ist durch das Wort „doch" zu ersetzen. Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Augustin, Anneliese CDU/CSU 12. 9. 96 Beck (Bremen), BÜNDNIS 12. 9. 96 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Borchert, Jochen CDU/CSU 12. 9. 96 Graf von Einsiedel, PDS 12. 9. 96 Heinrich Glos, Michael CDU/CSU 12. 9. 96 Dr. Jacob, Willibald PDS 12. 9. 96 Kurzhals, Christine SPD 12. 9. 96 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 12. 9. 96 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Nitsch (Rendsburg), BÜNDNIS 12. 9. 96 Egbert 90/DIE GRÜNEN Regenspurger, Otto CDU/CSU 12. 9. 96 Schlauch, Rezzo BÜNDNIS 12. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Schütz (Oldenburg), SPD 12. 9. 96 Dietmar Thieser, Dietmar SPD 12. 9. 96 Voigt (Frankfurt), SPD 12. 9. 96 Karsten D. Dr. Zöpel, Christoph SPD 12. 9. 96
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    Rede von Irmingard Schewe-Gerigk


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Herr Präsident! Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen! Frau Nolte, hätten Sie eigentlich dieses Ergebnis erwartet? Rund zwei Drittel der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger sind unzufrieden mit dem Stand der Gleichberechtigung. Was machen Sie nun, Frau Nolte, die Sie dieses Ergebnis zur Kenntnis genommen und die Sie diese Studie selbst vor einigen Tagen veröffentlicht haben? Sie wollen tatsächlich für Maßnahmen der Gleichberechtigung und für die Frauen im Haushalt 1997 ganze zwei Promille Ihres gesamten Haushalts einsetzen. In Ihrem „Haus der Generationen" ist offensichtlich für die Frauen kein Platz.
    Auch die Familienpolitik, die in Ihrem Hause stattfindet, richtet sich insbesondere gegen die Frauen. Frau Hanewinckel hat gerade schon darauf hingewiesen: Seit zehn Jahren haben Sie die Einkommensgrenzen für das Erziehungsgeld nicht angepaßt. Das führt dazu, daß Mütter immer weniger Erziehungsgeld bekommen. So sparen Sie in jedem Jahr mehrere hundert Millionen DM; in diesem Jahr sind es 400 Millionen DM.
    Herr Jacoby, ich habe den Eindruck, Sie haben dieses System nicht verstanden. Diese 400 Millionen DM werden weniger ausgegeben; Sie sparen sie zu Lasten der Frauen ein.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der PDS)

    Bei den Männern sind Sie allerdings weniger knauserig, im Gegenteil: Da wird sogar subventioniert. 830 Millionen DM strecken Sie im nächsten Jahr für Väter vor, die den Kindesunterhalt nicht zahlen wollen oder ihn nicht zahlen können. Das sind 50 Millionen DM mehr als im Vorjahr. Und bemerkenswert großzügig zeigen Sie sich trotz leerer Kassen, wenn es um die Rückzahlung dieser Forderungen geht. Nahezu ein Drittel der zahlungsfähigen Väter kann sich erfolgreich vor dem Zahlen drücken. Das macht weit über 200 Millionen DM aus, die Sie den Vätern einfach erlassen. Ich finde, das ist ein gigantisches Männersubventionsprogramm, dem wir ganz schnell ein Ende setzen sollten.

    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Es ist doch nicht zu fassen, daß jedes Parkvergehen verfolgt wird, während sich Väter durch einen einfachen Umzug ihrer Unterhaltspflichten entledigen können.
    Es ist ein Trauerspiel, was „Vater" Staat für die Kinder übrig hat. Ihr Vorhaben, die beschlossene

    Irmingard Schewe-Gerigk
    Kindergelderhöhung 1997 nicht durchzuführen, ist ein offener Verfassungsbruch.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS)

    Was ist von einer Regierung zu halten, die Familienpolitik als Schönwetterpolitik betreibt und den Familien und Kindern noch nicht einmal das Existenzminimum sichert?
    Was ist von einer Regierung zu halten, die in Kauf nimmt, daß für viele Familien - wie die Wohlfahrtsverbände es unlängst belegt haben - bereits mit dem zweiten Kind der soziale Abstieg beginnt?
    Was ist von einer Regierung zu halten, die ihre Politik auf Kosten der nächsten Generation macht? Im Jahre 1996 kommt jedes Neugeborene mit einem öffentlichen Schuldenberg von bereits 25 000 DM auf die Welt.

    (Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Haben Sie die vorige Rede nicht gehört?)

    Der Kanzler bezeichnet die Familienpolitik gern als eine der wichtigsten Aufgaben. Daß er und sein Kabinett dieser Aufgabe nicht gerecht werden, kritisiert nicht nur die Opposition, zu deren Aufgaben das gehört, sondern auch alle Familienverbände. Das gipfelt darin, daß einige CDU-Parlamentarier sogar erwägen, eine eigene Familienpolizei

    (Heiterkeit Zuruf von der SPD: Das hätte aber auch sein können!)

    - Entschuldigung, eine eigene „Familienpartei" zu gründen, weil sie unzufrieden sind mit dem, was Sie machen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Zurück zu den Frauen. Frau Nolte, die Frauen der Republik sind maßlos enttäuscht von Ihnen. Sie verschweigen beharrlich, wie sehr das Sparpaket vor allen Dingen Frauen belastet. In Ihrer Rede haben Sie gerade noch mal darauf hingewiesen: Sie verteidigen dieses Sparpaket.
    Wissen Sie nicht, daß Frauen meist in kleineren und mittleren Unternehmen arbeiten, daß die Lockerung des Kündigungsschutzes für 4,8 Millionen Frauen bedeutet, daß sie ohne Kündigungsschutz dastehen, daß sie jederzeit gefeuert werden können?
    Wissen Sie nicht, daß bei der Kürzung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall die Krankheit für Frauen zu einem Luxusgut wird, das sie sich nicht mehr leisten können? Denn fast die Hälfte der erwerbstätigen Frauen hatte 1994 ein Nettoeinkommen, das unterhalb des Existenzminimums lag. Wenn Sie das noch um 20 Prozent kürzen wollen, ist das eine soziale Ungeheuerlichkeit.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der PDS)

    Minister Blüm schlägt vor, man könne sich dafür doch die Urlaubstage anrechnen lassen. Frau Nolte, warum sagen Sie Ihrem Kollegen eigentlich nicht, wie viele Frauen ihren Urlaub opfern, um die Ferienzeit der Kindergärten zu überbrücken? Sind Ihnen die Probleme, insbesondere der Alleinerziehenden, wirklich nicht bekannt?
    Wissen Sie auch nicht, daß Frauen besonders von der Kürzung des Krankengeldes auf jetzt 70 Prozent betroffen sind, weil es nicht nur um Ihre eigene Krankheit geht, sondern auch um die der Kinder? Die Frauen sind es, die zu Hause bleiben, wenn die Kinder krank sind.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Welchen Sinn es für Frauen macht, das Renteneintrittsalter vorzeitig auf 65 Jahre anzuheben, bleibt Ihr Geheimnis. Die Arbeitsmarktsituation rechtfertigt es keineswegs, daß ältere Frauen fünf Jahre länger arbeiten und junge Menschen überhaupt nicht in den Erwerbsprozeß hineinkommen.
    Die Anhebung des Renteneintrittsalters um fünf Jahre bedeutet für die Frauen eine faktische Rentenkürzung um 18 Prozent. Bei einer Durchschnittsrente von weniger als 800 DM - und das nach 45 Jahren Erwerbstätigkeit -

    (Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Die Zahlen stimmen doch hinten und vorne nicht!)

    reduziert sich die Rente damit auf 656 DM. Das ist wohlgemerkt eine Durchschnittsrente. Das ist zuwenig zum Leben und zuviel zum Sterben.
    Eine besonders schmerzliche Erfahrung, Frau Nolte, machen derzeit die Frauen im Osten, mit deren Problemen die Bundesregierung offensichtlich nichts zu tun haben will. Die Kürzung der ABM-Stellen, die zu 65 Prozent von Frauen besetzt sind, stellt die materielle Existenz vieler Frauen in Frage.
    An wen sollen sich diese Frauen wenden, wenn noch nicht mal an eine Frauenministerin, die aus dem Osten kommt und ihre Probleme kennt? Nicht nur, daß die ohnehin schon hohe Arbeitslosigkeit zusätzlich verstärkt wird - auch werden Einrichtungen wie Frauenhäuser, Altenclubs, Jugendzentren ohne diese Stellen künftig nicht mehr existieren können. Sie werden von Schließung bedroht sein.
    Frau Nolte, ich frage Sie allen Ernstes: Wo waren Sie, als diese Maßnahmen im Kabinett beschlossen wurden? Warum haben Sie sich versteckt? Ich will es einfach nicht glauben, daß Sie sich als Ministerin darauf reduzieren lassen, wissenschaftliche Studien zu vergeben, deren Ergebnisse Sie dann doch nicht umsetzen. Ich nenne da beispielhaft den Familienbericht oder auch den Jugendbericht, die Untersuchung zur Gewalt gegen ältere Menschen oder die Studie zur sozialen und rechtlichen Diskriminierung von Prostituierten.
    All diesen Studien ist eines gemein: Sie beschreiben treffend die Situation, zeigen Wege zur Lösung des Problems auf und verschwinden dann als Hochglanzbroschüre in den Schubladen der Ministerien. Frau Nolte, diese Politik haben die Frauen nicht verdient. Nehmen Sie Ihre Verantwortung, die Sie über-

    Irmingard Schewe-Gerigk
    nommen haben, endlich ernst! Handeln Sie, und kämpfen Sie gegen frauenfeindliche Beschlüsse!

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der PDS)



Rede von Hans Klein
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Ich erteile der Kollegin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Sehr geehrte Herren! In der heutigen Debatte ist schon mehrfach darüber geredet und beklagt worden, daß auch der Haushalt des Bundesfamilienministeriums von unabweisbar notwendigen Kürzungen und Einsparmaßnahmen betroffen ist und nicht verschont werden konnte. Man sollte aber auch hervorheben, daß 11,7 Milliarden DM bei einer Kürzung von 800 Millionen DM für Familien-, Frauen-, Jugend- und Seniorenpolitik zur Verfügung stehen.

    (Zuruf von der SPD: Nein, das stimmt ja nicht! Das sind 93 Prozent gesetzliche Leistungen!)

    - Ja, meine sehr verehrte Kollegin von der Opposition, ich glaube, daß es wohl richtig ist, daß wir die gesetzlichen Leistungen und Ansprüche auch mit dem Haushalt erfüllen. Ich rechne nichts schön, sondern ich glaube, daß ich diejenige bin, die einen Blick für die Realität hat, und das ist in dieser Debatte ganz wichtig.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Ich bin froh, daß es einen Mittelansatz für Unterhaltssicherungsleistungen gibt; denn das sind Leistungen für Frauen und Mütter. Wir beklagen doch alle gemeinsam, daß der Staat einspringen muß, aber ich finde es gut und richtig, daß wir diese Leistungen haben und dafür Mittel im Haushalt angesetzt worden sind.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU Irmingard ScheweGerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum holt sich der Staat das nicht bei den säumigen Vätern zurück?)

    Ich habe bei einer sachlich richtigen Darstellung vermißt, daß erwähnt wurde, daß schließlich zu Beginn dieses Jahres zur Entlastung der Familien mit zirka 7 Milliarden DM ein ganz erheblicher familienpolitischer Beitrag von der Koalition geleistet worden ist.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Ich möchte nicht alle Argumente für und wider, die wir seit Dienstag zu den Sparmaßnahmen austauschen, wiederholen. Ich möchte einen Punkt kritisch anmerken. Man kann natürlich darüber streiten, ob die Absenkung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ein angemessener Beitrag zur Lösung der schwierigen Arbeitsmarktsituation ist. Wenn man aber zu der Auffassung kommt - wie die Bayerische Staatsregierung -, daß die damit verbundene finanzielle Entlastung der Arbeitgeber zu zusätzlichen Arbeitsplätzen führen kann, dann riecht die Forderung, wenn sie aus Bayern kommt, schwangere Frauen von der Lohnabsenkung auszunehmen, doch etwas stark nach Populismus.
    Genau das ist es, wenn zur Begründung dieser Forderung angeführt wird, daß die rechtliche Sonderbehandlung schwangerer Frauen ein Gebot des besonderen Schutzes des Grundgesetzes für das ungeborene Leben sei. Hier wird den Schwangeren offensichtlich unterstellt, sie würden die Gesundheit ihres ungeborenen Kindes für ein paar Urlaubstage aufs Spiel setzen. Das finde ich nicht richtig.

    (Beifall bei der F.D.P. Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist abenteuerlich!)

    - Nein, genau das ist es. Sehen Sie sich den Antrag, der heute im Bundesrat behandelt wurde, an und lesen Sie die Begründung.
    Wenn man sich für die Absenkung der Lohnfortzahlung ausspricht und diesen Weg beschreitet, dann kann man hier in der Form nicht Politik aus Bayern machen, das ist wirklich etwas für den Stammtisch.
    Eine Haushaltsdebatte verleitet dazu, Familienpolitik auf Transferleistungen des Staates zu reduzieren. Das, meine Damen und Herren, ist nicht gut;

    (Beifall des Abg. Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.])

    denn es gibt in der Familienpolitik, die heute besser Lebensgemeinschaftspolitik genannt werden sollte und in der Kinder eine überragende Rolle spielen, deutlichen Reformbedarf, dem wir noch in dieser Legislaturperiode nachkommen müssen.
    Mit einer stark steigenden Tendenz leben derzeit über 3,2 Millionen Menschen in Gemeinschaften, die dem traditionellen Bild von Ehe und Familie nicht mehr entsprechen. Dort wachsen eine halbe Million Kinder auf. Von jeder geschiedenen Ehe - 170 000 Ehen werden pro Jahr geschieden - ist durchschnittlich ein Kind betroffen. Kurzum: Die traditionelle Familie verschwindet nicht - das sagt auch niemand -, aber anscheinend verliert sie das Monopol, das sie lange besaß.
    Egal, wie man diese Entwicklung sieht, ob als den Beleg für den Verfall konventioneller Wert- und Moralvorstellungen oder als Ausdruck zunehmender Pluralisierung und Selbstbestimmung individueller Lebensentwürfe, man muß dennoch die Verantwortung, die gerade die Politiker haben, übernehmen und ihr gerecht werden.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Denn das Leben ist bunter und vielfältiger als die Gesetzeslage.
    Deshalb möchte ich nur ganz kurz erwähnen, wo außerhalb der materiellen Sicherung meiner Meinung nach Handlungsbedarf in der Familienpolitik besteht: Erstens bei dem Reformvorhaben zum Kindschaftsrecht, weil nämlich die rechtlichen Benachteiligungen gerade für nichteheliche Kinder beseitigt werden. Es ist Zeit, daß wir mit der Beratung dieses Vorhabens in den Ausschüssen und auch mit den

    Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
    Anhörungen in diesem Jahr beginnen und diese Reform in dieser Legislaturperiode abschließen.
    Zweitens müssen wir Kinder in Zivil- und Strafprozessen mit dem Anwalt des Kindes in ihrer Stellung stärken, sie schützen und eine schonende Vernehmungspraxis haben. Wir müssen die Strafverfolgung wegen Kindesmißbrauchs im Ausland intensivieren. Sie alle haben recht, die hier konkretes Handeln einfordern. Da werden wir Sie, Frau Ministerin Nolte, bei Ihrem Wort nehmen und Sie in einiger Zeit auffordern, im Ausschuß zu berichten, wieweit Sie den jetzigen Ankündigungen zusammen mit Ihrem Kabinettskollegen Kanther Taten haben folgen lassen können.

    (Beifall bei der F.D.P. und der SPD)

    Wir haben einen weiteren Punkt, der uns vor große Herausforderungen stellt: Wir müssen uns mit dem vom Bundesverfassungsgericht aufgegebenen Problem beschäftigen, wie die rentenrechtliche Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten so gestaltet werden kann, daß sie dem Gebot der Gleichbehandlung aller Versicherten gerecht wird, unabhängig davon, ob während der Kindererziehungszeit Versicherungsbeiträge entrichtet worden sind oder nicht. Da, Frau Ministerin, werden wir bestimmt auch den Vorschlag von Professor Ruland ausführlich diskutieren, daß wir diesen Ausgleich - das ist auch meine Auffassung - nicht in erster Linie über Rentenversicherungsbeiträge regeln können, sondern gesamtgesellschaftlich regeln und dann natürlich auch finanzieren müssen.
    Wir sehen, daß es neben dem, was in Umsetzung des Haushalts getan werden muß, in der Gesetzgebung großen Handlungsbedarf gibt. Insofern, Frau Nolte, haben Sie mit Sicherheit die Unterstützung der F.D.P.-Fraktion. Haben Sie Mut, und packen Sie das an!
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)