Rede von
Steffen
Kampeter
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Nein, ich wollte eigentlich erst einmal vortragen, was ich von dem Beitrag der Kollegin Bulmahn halte.
Der Beitrag der Kollegin Bulmahn ist ein Beispiel für die sozialdemokratische Doppelzüngigkeit. Die Kollegin Bulmahn hat am Anfang ihrer Rede mehr Geld für Bildung und Forschung gefordert und viele allgemeine Programmsätze formuliert, die auch in den Reihen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion auf Zustimmung gestoßen sind, weil sie sehr schön allgemein formuliert sind und auch unseren Zielsetzungen entsprechen.
Die Kollegin Bulmahn hat ihren Wahlkreis mitten in Hannover und ist von daher offensichtlich eine führende niedersächsische Sozialdemokratin. Wer hier aber gleichzeitig in seiner Rede so große Klage führt, daß wir im großen und ganzen versagt hätten und daß Bildung und Forschung keinen Stellenwert habe, der muß in Hannover als führende Sozialdemokratin so richtig aufgeräumt haben. Das würde zumindest jeder erwarten.
Ich habe dann aber in Hannover angerufen und festgestellt, daß an den niedersächsischen Hochschulen so drastische Personaleinsparungen wie in keinem anderen Land erfolgen.
1 300 Stellen in Wissenschaft und Forschung sind in Niedersachsen gestrichen worden. Jedes Jahr drückt die Niedersächsische Landesregierung - die von Frau Bulmahn, Wahlkreis mitten in Hannover, unterstützt wird - den Universitäten eine globale Minderausgabe zwischen 30 und 50 Millionen DM auf. Frau Bulmahn, wenn Sie Ihre Rede im Niedersächsischen Landtag gehalten hätten, wären Sie wegen parteischädigenden Verhaltens aus der SPD-Landtagsfraktion ausgeschlossen worden.
Das sind doch Doppelzüngigkeiten. Man kann doch nicht hier anders reden, als in Niedersachsen handeln.
Die Ergebnisse Ihrer Wissenschaftspolitik faßt die Landeshochschulrektorenkonferenz wie folgt zusammen:
Forschung, Lehre und Nachwuchsförderung an
den niedersächsischen Universitäten werden irreparabel geschädigt. Die beabsichtigten Stellen-
Steffen Kampeter
streichungen gefährden den Bestand ganzer Fächer, die Studienzeiten werden sich entsprechend verlängern, und die Qualität der Ausbildung wird sinken. Vermehrt lehnen die Professoren den an sie ergangenen Ruf ab und ziehen die Angebote von Hochschulen anderer Bundesländer vor, weil eine ausreichende Ausstattung ihrer Arbeitsbereiche nicht mehr gewährleistet werden kann.
- O-Ton der niedersächsischen Hochschulrektoren.
Wer die „Welt am Sonntag" am 1. September gelesen hat, der wird das Urteil des Präsidenten der deutschen Hochschulrektorenkonferenz, des Münsteraner Rechtsprofessors Hans Uwe Erichsen, kennen. Er hat Beispiele für gute Hochschulausstattungen gegeben, zum Beispiel Bayern, das sein Tafelbesteck versilbere, um an den Hochschulen exzellente Forschung zu betreiben. Als schlechtes Beispiel hat er Niedersachsen angeführt, das weit hinterherhinke.
Frau Bulmahn, Sie haben gesagt, Minister Rüttgers sei dreist. Dies weise ich empört zurück. Aber ich muß Ihnen sagen: Wer so argumentiert wie Sie und zu Hause keine Ordnung hält, führt eine dreiste politische Argumentation.
Als Haushaltspolitiker verkenne ich gleichwohl nicht, daß der Staat auch notwendige rechtliche Rahmenbedingungen für Bildung und Forschung zu setzen hat. Klare Prioritäten und mehr Effizienz sind auch eine Anforderung an die rechtliche Effizienz. Deswegen gilt die Unterstützung der gesamten Fraktion den Aktivitäten von Bundesminister Rüttgers bei der Steigerung der rechtlichen Effizienz der Hochschulen. Wir können es uns nicht mehr leisten, daß durch hohe Bürokratiekosten viele Forschungs- und Wissenschaftsgelder versickern. Hier brauchen wir größere rechtliche Freiräume. Wir brauchen mehr Wettbewerb zwischen den Hochschulen. Dieser ist nicht nur hochschulpolitisch wichtig, sondern auch haushaltspolitisch notwendig, denn Wettbewerb senkt Kosten. Das ist es doch, worum wir derzeit gemeinsam ringen.
Die Haushaltspolitiker der Union werden in den Beratungen die von Bundesminister Rüttgers im Haushalt neu gesetzten Schwerpunkte überprüfen. An erster Stelle steht die finanzielle Absicherung der von ihm eingeleiteten Neuordnung der Forschungsförderung. Diese grundlegende Neuorientierung der Forschungslandschaft wird eine zentrale Veränderung bewirken. Mit ihr geht einher, daß die finanzielle Ausstattung der Max-Planck-Gesellschaft und der Deutschen Forschungsgemeinschaft von jener der Fraunhofer-Gesellschaft, der Großforschungseinrichtungen und der Blaue-Liste-Institute entkoppelt wird. Es gab im übrigen von Ihnen, Frau Bulmahn, kein Wort zu dieser zentralen Frage. Sie haben offensichtlich auch hier kein Konzept.
Für die Max-Planck-Gesellschaft und die DFG ist ein Zuwachs von 5 Prozent vorgesehen, der von den übrigen Einrichtungen überwälzt wird. Das ist ungewöhnlich. Das ist eine Zielsetzung, die nicht jedem anderen Haushalt gleicht. Wir werden das sehr sorgfältig prüfen. Das ist eine Zielsetzung mit starken Argumenten. Sie muß aber während der Beratungen noch einmal diskutiert werden. Bei den übrigen Einrichtungen wird das zur Anpassung führen. Sie ist notwendig, und wir werden sie einfordern, denn in Zeiten knapper Mittel kann man manches nicht so wie in der Vergangenheit weitergehen.
Ich begrüße nachdrücklich die Ankündigung, daß man mit Großforschungseinrichtungen beispielsweise mehr über Programmbudgets als über Wirtschaftspläne reden will. Wer sich einmal ernsthaft in einer Großforschungseinrichtung umgeschaut hat - das wäre eine Anregung für die Kollegin Bulmahn, die auch zu diesem Thema wenig Sachkundiges vorgetragen hat -,
wird wissen, welche Kosten die Bürokratisierung dieser Wirtschaftspläne in den Großforschungseinrichtungen hervorgerufen hat.
Im übrigen glaube ich, daß die Ausstattung der Großforschung in Deutschland mit derzeit 2,55 Milliarden DM aus einem Plafond von insgesamt 15 Milliarden DM nicht allzu schlecht dasteht. Ich füge hinzu: In den Großforschungseinrichtungen in Deutschland wird hervorragende Arbeit geleistet.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, einen weiteren Beratungsschwerpunkt werden wir bei der Luft- und Raumfahrt setzen. Mit den Entscheidungen der Ministerratskonferenz von Toulouse ist die Zukunft der europäischen Raumfahrt vorgezeichnet. Wir werden uns an der internationalen Raumstation beteiligen. Frau Bulmahn hat hier viele Forderungen dazu aufgestellt. Dies ist ein technologisches Spitzenprojekt, für das ich auch Ihre Unterstützung erwarte. Wir haben in der Vergangenheit in diesem Bereich zumindest im Haushaltsausschuß immer einen breiten Konsens erzielen können. Ich hoffe, daß das auch in Zukunft so sein wird.
Dabei verkenne ich nicht, daß gerade diese Branche unter einem großen Anpassungsdruck steht. Die Kosten müssen auch in diesem Bereich gesenkt werden. Es steht die Frage nach internationaler Kooperation und Kostensenkung im Raum. In diesem Zusammenhang begrüße ich, daß nicht nur die Luft- und Raumfahrtindustrie schlanker wird, sondern auch die aktuelle Forschungsförderung in diesem Bereich.
Die Zusammenlegung von DLR und DARA - auch zu diesem Thema kein Wort von Frau Bulmahn - wird von uns als ein Beitrag zu mehr Effizienz in der Organisation der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie begrüßt. Ob es in diesem Zusammenhang sinnvoll ist, auch zusätzliche Systemkapazitäten in Deutschland aufzubauen, muß sehr sorgfältig geprüft werden. Die Gefahr, die ich hierin sehe, ist, daß vor dem Hintergrund der noch nicht ausreichend erfolgten Kommerzialisierung der Raumfahrt neue
Steffen Kampeter
Systemkapazitäten lediglich zu Lasten der öffentlichen Haushalte gehen werden. Hierfür sehe ich derzeit keine finanziellen Möglichkeiten.
Weiterhin sollten wir das Verhältnis der nationalen Programme zu den europäischen Programmen sorgfältig prüfen. Es kann kein Zweifel bestehen, daß wir auch zukünftig in Deutschland technologische Spitzenleistungen vollbringen werden.
Ein dritter Bereich, der in den Haushaltsberatungen eine Rolle spielen wird, ist unter die Überschrift - -
- Nein, die Meerestechnologie wirst du sicherlich besonders hervorheben, ich wollte mehr über die Datenautobahnen sprechen. Die Kollegin Bulmahn hat es angesprochen: In diesen Tagen werden viele Schulen im Rahmen unseres Modellprojekts an das Internet angeschlossen. Das ist eine ganz hervorragende Sache, weil wir die frühzeitige Heranführung an diese Zukunftstechnologie zu einem Kernanliegen unserer Politik gemacht haben. Die wirtschaftlichen Möglichkeiten dieser Technologie wurden in der Vergangenheit oftmals unterschätzt. Bei manchen werden sie auch noch heute unterschätzt. In den nächsten Jahren werden Mittel in Höhe von 23 Millionen DM für die Initiative „Schulen ans Netz" bereitgestellt. Das ist ein erklecklicher Betrag.