Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wenn man wie ich jetzt drei Tage dieser Haushaltsdebatte zugehört hat, stellt man sich natürlich die Frage: Was war jetzt eigentlich spannend, was war interessant, was war wichtig für die Zukunft?
Und es gab - neben der Tatsache natürlich, daß wir gelernt haben, daß unser neuer Maßstab jetzt in Mexiko liegt - immerhin Beiträge, über die es sich nachzudenken lohnt.
Einer der interessantesten Beiträge war der des Kollegen Joseph Fischer. Er hat sich gestern in seiner Rede zum Thema Globalisierung geäußert und die Befürchtung deutlich gemacht, daß dieser Trend zur Globalisierung dazu führen könnte, daß unsere traditionelle Arbeitsgesellschaft in eine Krise gerät und daß ein Teil unserer Bevölkerung im Anschluß daran zu den Globalisierungsgewinnern und ein anderer Teil zu den Globalisierungsverlierern gehört.
Ich bin mit ihm der Auffassung, daß es in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zwei große Megatrends gibt. Der eine ist die Globalisierung, der andere ist der Trend zur Wissensgesellschaft.
Deshalb ist es ja auch richtig und wichtig, daß wir in dieser Woche darüber reden, wie wir Deutschland für das nächste Jahrhundert wettbewerbsfähig halten. Und deshalb ist es richtig und wichtig, daß wir darüber diskutieren, wie wir mit den Kostenfragen, mit den Überregulierungsfragen, mit der zu hohen Steuerlast fertig werden.
Dennoch will ich sagen: Ich glaube nicht, daß wir diese Herausforderung allein über die Kosten werden bewältigen können;
ich glaube nicht, daß wir so viel sparen können, daß wir internationale Wettbewerbsfähigkeit allein über die Kosten erreichen werden. Wir können gar nicht soviel sparen, um mit Malaysia, mit Taiwan, mit Korea oder anderen allein über die Kosten konkurrieren zu können.
Wenn dies richtig ist, meine Damen und Herren - und bevor Sie schreien, denken Sie immer daran: Vorher Gehirn einschalten und vielleicht vorher auch ein Stück weit die Ohren aufmachen -, wenn dies richtig ist, dann werden wir uns im internationalen Wettbewerb nur behaupten können, wenn wir die besten Produkte liefern. Denn nur für die besten Produkte kann man auch hohe Preise nehmen. Das heißt im Klartext, wir müssen neben dem Versuch, die Kosten im Griff zu halten, konsequent auf Innovation und damit auf Bildung, Ausbildung, Forschung und. Technologie setzen.
Auch die zweite große Herausforderung, der Trend zur Wissensgesellschaft, führt zu derselben Erkenntnis.
Wer weiß, daß in den nächsten vier Jahren bis zur Jahrhundertwende genauso viele Forscher auf der Welt arbeiten werden wie in den gesamten 2 500 Jahren Menschheitsgeschichte zuvor, wer weiß, daß jeden Tag 20 000 wissenschaftliche Aufsätze erscheinen, wer weiß, daß sich das Wissen der Menschheit alle fünf Jahre verdoppelt, der weiß, daß man in einer solchen Situation nur klarkommen kann, daß man nur gewinnen kann, daß man das, was wir jetzt in Deutschland haben, nur erhalten kann, wenn es uns gelingt, auf Bildung, Wissen und Innovation zu setzen.
Nun war ich insofern froh - das war etwas Neues im Vergleich zu früheren Haushaltsberatungen -, daß auch andere Kolleginnen und Kollegen, auch in der Generaldebatte, das Thema Forschungs- und Bildungspolitik angesprochen haben. Das ist wirklich etwas Neues. Dafür bin ich - wahrscheinlich genauso wie Sie, werte Kolleginnen und Kollegen - dankbar.
Ich habe natürlich auch die eine oder andere kritische Bemerkung gehört. Aber interessant war, daß niemand, weder Frau Matthäus-Maier noch Herr Scharping, noch Herr Lafontaine oder wer es denn
Bundesminister Dr. Jürgen Rüttgers
war, irgendein kritisches Wort zu meiner Forschungs- und Bildungspolitik gesagt hat.
Sie haben sich ausschließlich zu Zahlen geäußert, ausschließlich dazu, daß der Forschungshaushalt, der Einzelplan 30, niedriger ist als im vergangenen Jahr.
Das ist wahr. Aber kein einziges kritisches Wort zu den strategischen Zielsetzungen! Ich stelle das mit Befriedigung fest.
Ich frage mich dann allerdings auch - zu den Zahlen werde ich gleich noch etwas sagen -, mit welcher Berechtigung und welcher inneren Konsistenz Sie das machen. Es paßt nämlich nicht zusammen, wenn Sie sich auf der einen Seite hier hinstellen und über die zu hohe Staatsverschuldung klagen und wenn Sie auf der anderen Seite den Vorwurf machen, daß die Bundesregierung versucht, zu sparen und den Haushalt im Griff zu behalten.
Es paßt überhaupt nicht, Frau Bulmahn, wenn man sich hier hinstellt und das große Klagelied anstimmt und wenn man da, wo man selber Verantwortung trägt, nämlich in den Ländern, viel stärker und viel undifferenzierter spart, als wir das mit diesem Haushaltsplanentwurf machen.
Nehmen wir einmal das Beispiel des Großen Vorsitzenden Oskar aus dem Saarland. Vor vier Jahren wurden der Universität Saarbrücken 170 Stellen gestrichen; jetzt sollen erneut 137 Millionen DM eingespart werden. Die Universität des Saarlands weiß nicht mehr, wohin und woher. Nehmen wir das Beispiel Schröder, Niedersachsen. 1 300 Stellen sollen an den niedersächsischen Hochschulen gestrichen werden. Das mag aus Haushaltsgründen notwendig sein. Das mag schwierig sein. Ich kritisiere es nicht.
Was ich kritisiere, ist, daß Sie sich hier hinstellen, uns angreifen und zu Hause dasselbe tun. Das ist unglaubwürdig, und das weise ich zurück.