Rede von
Karl-Josef
Laumann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Wir sind uns völlig einig, daß ein deutscher Arbeitnehmer von 8 DM Stundenlohn nicht leben kann. Ich sage Ihnen ganz offen: Ich persönlich bin sogar bereit, zu akzeptieren, daß dann der Spargel oder die Erdbeeren etwas mehr kosten, damit die Leute etwas besser bezahlt werden können.
Das ist die Kehrseite der Medaille. Auch das muß man einmal sehen.
Es gibt aber nun einmal diese Arbeiten. Vergessen Sie nicht, daß wir das Instrument haben, daß die Leute am Tag 25 DM Arbeitslosenhilfe behalten können. Wenn Sie dann diese Löhne dazurechnen, kommen Sie immerhin auf Monatslöhne zwischen 1 700 DM und 2 000 DM. Das ist für eine Saisonbeschäftigung durchaus Geld, das etwas wert ist. Auch ist es zumutbar, daß Deutsche solche Arbeiten machen. Wir müssen einfach darüber reden, daß wir das in verstärktem Maße erreichen.
Ich sehe überhaupt nicht ein, diese hohe Arbeitslosigkeit zu akzeptieren und die Arbeit auf der anderen Seite von Osteuropäern erledigen zu lassen. Im übrigen: Wenn 8 DM Stundenlohn für einen Polen unwürdig sind, dann sind sie auch für einen Deutschen unwürdig und umgekehrt. Dann müssen wir uns ohnehin um diese Frage kümmern.
Wenn es keine Zwischenfrage mehr gibt, komme ich zum Schluß meiner Rede. Meine Damen und Herren, überlegen Sie sich eines: Sie beschimpfen die CDU/CSU und die F.D.P. immer wegen unserer Sozialpolitik. Wir haben in den letzten Jahren
riesige Einsparungen durchgesetzt: in der Rentenversicherung 41 Milliarden DM, in der Arbeitslosenversicherung 30 Milliarden DM und bei den Krankenkassen 35 Milliarden DM. Hätten wir diese Einsparungen in all den Jahren seit 1983 nicht gemacht, dann wäre die Sozialquote, also die Beitragsbela-
Karl-Josef Laumann
stung der Menschen, um 7,1 Prozent höher. Was sind wir in all den Jahren von der Opposition beschimpft worden, weil alle Maßnahmen, die zu diesen Einsparungen geführt haben, umstritten waren, weil das Einkassieren von Leistungen immer unangenehmer ist als das Verteilen von Leistungen! Das ist eine ganz natürliche Sache. Aber stellen Sie sich vor, wo wir wären, wenn wir das nicht gemacht hätten und heute diese 7 Prozent noch zu den Lohnkosten addieren müßten.
Wenn man sich das überlegt, muß jeder vernünftige Mensch zugeben: Es ist gut, daß es diese Koalition gibt, die auch unpopuläre Dinge entscheiden kann, und es ist gut, daß es einen Bundesarbeitsminister Norbert Blüm gibt, der diese Dinge letzten Endes auch durchsetzt. Deswegen müssen wir weiter regieren; denn Sie würden die sozialen Sicherungssysteme überfordern, weil Sie sich nie dafür entscheiden können, eine Leistung einzukassieren, und am Ende stünde, daß Sie die soziale Sicherung für die wirklich Bedürftigen auch noch vor die Wand fahren würden. Das wollen wir nicht zulassen. Deswegen müssen wir politisch gestalten, und das werden wir auch morgen tun.
Ich sage es noch einmal: All diese Maßnahmen machen uns nicht Spaß, aber sie sind notwendig, um unser Land in eine vernünftige Zukunft zu bringen. - Danke schön.