Rede von
Karl-Josef
Laumann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Es gibt ein Sprichwort. Es gibt Dinge, die interessieren mich so viel, als wenn in China ein Sack Reis umfällt. Wenn es Sie juckt, interessiert es mich auch wenig.
Meine Damen und Herren, jetzt zurück zu unserem Thema. Ich glaube, daß wir uns in diesem Haus einen großen Gefallen für die Arbeit der nächsten Zeit tun, wenn wir trotz allem versuchen, die Veränderungen, die in der Rentenpolitik notwendig sind, mit einer breiten parlamentarischen Mehrheit zu verabschieden. Ich halte sehr viel davon, die Rente nicht in den parteipolitischen Streit zu ziehen.
Es ist doch vernünftig, daß Norbert Blüm eine Expertenkommission zusammengerufen hat, um zu überlegen, wie wir die Renten für die jetzt 40jährigen, wenn sie alt werden, sicher machen können.
Ich möchte auch im Interesse des Vertrauens unserer Bevölkerung in ein Sozialversicherungssystem - ich möchte ein Sozialversicherungssystem in diesem Bereich unbedingt erhalten - an die SPD appellieren, daß wir, wenn wir die Vorschläge der Sachverständigen haben, versuchen sollten, auch im Interesse der Stabilität der Rentenversicherung in dieser Frage wieder einen Konsens hinzubekommen.
Für mich ist klar: Wir müssen in Deutschland an der leistungsbezogenen Rente festhalten. Ich halte nichts von Grundsicherungsmodellen.
Ich sage auch ganz deutlich: Ich finde es manchmal etwas schade, daß wir im Bundestag die Rentendebatte zur Zeit immer unter dem Aspekt des Lebensalters führen, das heißt 60, 61, 63 und 65 Jahre. Ich kann als jemand, der mit 15 Jahren in die Lehre gekommen ist, nur sagen: Vielleicht sollten wir auch einmal darüber reden, wann Leute unsere Mitglieder geworden sind. Vielleicht sollten wir denjenigen - ich sage nur einmal, bedenken Sie es bitte -, der mit 15 Jahren Beitragszahler in der Rentenversicherung geworden ist und unter Umständen 45 Jahre treu und brav gezahlt hat,
wenn er 60 oder 61 geworden ist, etwas anders behandeln als denjenigen, der erst mit 30 Jahren unser Beitragszahler geworden ist.
Wir sollten uns das einmal überlegen; denn wir müssen daran denken, was wir hier machen und welche praktischen Auswirkungen das hat. Wollen wir wirklich denjenigen, der mit 15 Jahren Maurer geworden ist, unter Umständen noch mit 65 Jahren auf das Dach schicken? Das müssen wir uns bei diesem Beruf doch überlegen. Das ist etwas anderes als eine Bürotätigkeit. Wir müssen auch sehen, wie früh die Leute
Karl-Josef Laumann
angefangen haben, damit wir vielleicht zu Lösungen kommen, die eine breite Akzeptanz finden.
Ich will ein weiteres Problem ansprechen, was wir uns einmal vernünftig vornehmen sollten. Wir haben im letzten Jahr 192 766 Saisonarbeiter in unser Land geholt. Das sind die Menschen aus Osteuropa, die in den Baumschulen oder in der Weinernte - Sie wissen, was ich meine - arbeiten. In diesem Jahr haben wir bis August bereits 193 190 Menschen hier gehabt, also schon mehr als 1995 im ganzen Jahr. Jeder, der sich ein bißchen in der Landwirtschaft auskennt, weiß, daß die Apfelernte, die Weinernte und die Kohlernte noch bevorstehen. Ich will niemandem zu nahe treten. Aber wir haben 4 Millionen Arbeitslose, eine Million Leute in der Arbeitslosenhilfe und müssen auf der anderen Seite immer mehr Leute aus Osteuropa holen,
um bestimmte Arbeiten geregelt zu bekommen.
Die Bereiche, in denen sie eingesetzt werden, weiten sich übrigens immer mehr aus. Irgend etwas kann da doch nicht stimmen. Machen Sie es sich nicht so einfach und sagen, der Laumann will jetzt die Arbeitslosen aufs Feld schicken. Aber ich sage ganz deutlich: Ich kenne keine Arbeit in der Landwirtschaft, die menschenunwürdig wäre.
In einer Gesellschaft ist etwas nicht in Ordnung, wenn bestimmte Arbeiten nicht mehr gemacht werden.
Wir sollten uns einmal zusammen darüber unterhalten, wie wir dieses Problem lösen.
Ich bin froh, daß wir mit der Regelung bei der Arbeitslosenhilfe und der Sozialhilfereform das mit den 25 DM hinbekommen haben. Es ist vielleicht ein Anreiz. Es sind immerhin im Monat rund 700 DM, die von der staatlichen Unterstützung bleiben.