Rede von
Karl-Josef
Laumann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Matthäus-Maier, es ist nach meiner Überzeugung völlig klar, daß wir mit den Sozialversicherungen, insbesondere mit der Rentenversicherung und der Arbeitslosenversicherung, beitragsfinanziert eine gesamtstaatliche Aufgabe zu erfüllen haben. Man kann jetzt darüber streiten, was gesamtstaatliche Aufgaben sind. Da gibt es sehr unterschiedliche Meinungen. Darüber, wie man das überhaupt definiert, sollten wir uns auch einmal in den Fraktionen unterhalten. Dann wären wir schon einen Schritt weiter.
Wenn jemand sagt, die beitragsfreie Mitversicherung der Mutter, die zu Hause bei den Kindern ist, in der Krankenkasse sei eine beitragsfremde Leistung, dann bin ich da anderer Meinung. Es gibt Leute, die das durchaus auch als gesamtstaatliche Aufgabe sehen. Das müssen wir also erst einmal klar ordnen.
Natürlich gehört zu dieser Diskussion auch, daß wir - Gott sei Dank - bei der Rentenreform 1992 vereinbart haben, daß 20 Prozent der Rentenzahlungen aus dem Bundeshaushalt kommen. Es sind rund 76 Milliarden DM, die aus dem Bundeshaushalt in die Rentenkasse transferiert werden. Diese Zahl gehört ebenfalls mit zur Wahrheit dazu.
Ich bin schon der Meinung, daß es auch Dinge gibt, die wir Schritt für Schritt in einer staatlichen Finanzierung ausbauen müssen und die wir nicht dem Beitragszahler auferlegen können, weil dadurch menschliche Arbeit immer teurer wird.
Das müssen wir Schritt für Schritt tun.
Wir stehen in dieser Frage ja nicht im luftleeren Raum. Unser Bundeshaushalt - wie überhaupt alle öffentlichen Haushalte - ist allein schon durch eine riesige Veränderung in der Weltwirtschaft, die uns trifft, sehr angespannt. Natürlich belastet uns auch die Wiedervereinigung finanzpolitisch. Das wissen wir alle, darüber kann man nicht hinwegreden. Das ist eine riesige finanzielle Aufgabe, die wir dort gern leisten und leisten müssen. Dadurch ist natürlich der Spielraum für den Bundeshaushalt, selbst wenn wir das jetzt Schritt für Schritt machen, äußerst begrenzt.
Von Ihrem Vorschlag, das über eine Energiesteuer zu regeln - das sage ich Ihnen ganz offen -, halte ich überhaupt nichts,
weil der Preis für Energie genauso wie menschliche Arbeit ein Produktionsfaktor ist. In meinem Wahlkreis spielt die Textilindustrie eine große Rolle. Da stellen für manche Webereien und Spinnereien die Stromkosten einen größeren Kostenfaktor dar als die Lohnkosten. Wenn dann 30 Kilometer weiter in Holland der Strompreis wesentlich niedriger ist als bei uns im Münsterland, so müssen wir gut bedenken, wohin das führt.
Ich werbe dafür, daß wir im Bundestag eine Politik der Vorfahrt für menschliche Arbeit in allen Bereichen machen. Dazu brauchen wir eine Entrümpelung im Planungsrecht. Ich behaupte auch, wir können die Umweltauflagen nicht immer weiter erhöhen. Ich denke manchmal, daß es doch eine verrückte Welt ist, wenn eine Tonne Müll mehr kostet als eine Tonne Weizen. So weit sind wir in einigen Bereichen in Deutschland. Das ist doch eine verrückte Welt. Dann müssen wir einmal überlegen: Darf das denn so teuer sein? Die Tonne Weizen bekommen Sie heute schon für 300 DM. Dafür werden Sie nicht einmal eine Tonne Müll los. Da paßt doch etwas in unserem Land nicht.