Herr Metzger, ich möchte auf Ihre Beschwerde bzw. Ihr Informationsbedürfnis eingehen: Das Risiko ist noch größer, wenn Sie die Gesetze, über die wir morgen abstimmen, ablehnen.
Ich mache nicht nur das Kabinett, sondern den ganzen Bundestag darauf aufmerksam: Wenn Sie sich den Sparmaßnahmen verweigern, ist das Risiko unendlich größer; denn das Sparpaket ist ein Arbeitsplatzpaket.
Je mehr Bestandteile wir davon durchsetzen können, desto geringer ist das Risiko.
Das bin ich bei der SPD wirklich leid: Immer sagt sie, es muß gespart werden. Aber keiner macht einen Vorschlag.
Haben Sie einen Vorschlag zur Entlastung der Beitragszahler? Herr Lafontaine sagt immer, der öffentliche Dienst müsse entlastet werden. Das sage auch ich, meine Damen und Herren. Die Beitragszahler aber haben davon nichts. Preisfrage: Wo ist ein konkreter Vorschlag zur Entlastung der Beitragszahler in der Renten-, in der Arbeitslosen-, in der Krankenversicherung? Ich kenne keinen.
Verehrter Herr Kollege Metzger, Ihrem Fraktionsvorsitzenden gebührt für seine fulminante Rede ge-
Bundesminister Dr. Norbert Blüm
stern wirklich großer Respekt. Mir kam er wie in der Rolle eines Feuerwehrmannes vor, der auf den Brand aufmerksam macht, ihn beschreibt, aber auf die Frage, was zu tun sei, sagt: Das weiß ich auch nicht. Hauptsache, wir haben einmal darüber geredet.
- In der Tat! Er hat selber zugegeben, daß er keine Antworten hat. Ich halte das für sehr sympathisch. Aber in der Politik muß man handeln, und zwar auch unter dem Risiko, daß man möglicherweise falsch handelt. Das größte Risiko aber heißt:
nicht handeln. Das ist das größte Risiko!
Es bestreitet doch niemand, daß wir große Veränderungen haben und die alten Lösungen nicht mehr ausreichen. Das trifft auch für den Bereich der Arbeit zu. Wir sind gewohnt, Arbeit in Kolonne zu organisieren. Ich habe den Eindruck, daß Sie noch immer das Fließband im Kopf haben.
- Doch, den Einheitstakt und die Einheitslösung.
Differenzierung war und ist nicht Ihre Stärke. Das verstehe ich auch. Sie haben eine große kollektive Tradition, mit großen Verdiensten.
- Mein Gott, warum denn diese Aufregung? - Doch der neue Name des Fortschritts heißt Differenzierung. Sie aber haben die alten, kollektiven Bremsen im Kopf. Sie verlangen immer eine Patentlösung. In einer komplexen Gesellschaft gibt es aber keine Patentlösung mehr. Wandel ist eine Mischung von Erhalten und Verändern. Ich gehöre nicht zu denen, die Tabula rasa machen wollen; das gilt auch für die Sozialpolitik.
Ein ganz konkretes Beispiel zur Rentenversicherung: Wir wollen die Anerkennung der Ausbildungszeiten reduzieren. Meine Damen und Herren, wer bezahlt denn sieben Jahre beitragsfreie Ausbildungszeiten? Die bezahlt derjenige, der diese nicht vorzuweisen hat. Der Maurer bezahlt dem Bauingenieur sieben beitragsfreie Jahre. - Sie reden doch immer von Fremdleistungen. Dies ist ein klassischer Fall. Hier könnte das Solidaritätsprinzip gestärkt werden.
Zur Rehabilitation: Wir gehen auf den Stand des Jahres 1993 zurück. Sie werden doch nicht sagen wollen, daß 1993 ein rehabilitationsfreies Jahr gewesen sei. Sie suggerieren den Menschen, der Sozialstaat werde abgebaut. Dabei gehen wir im Bereich der Rehabilitation nur auf das Jahr 1993 - nicht auf das Jahr 1893 - zurück. Lassen Sie doch einmal die Kirche im Dorf! Sie machen ja die Leute verrückt.
Zur Altersgrenze: Sie, Herr Schreiner, haben die Veränderung doch mit beschlossen. Wir machen es nur früher.
- Frau Schmidt, Sie haben mit beschlossen, daß für Frauen und Männer die gleiche Altersgrenze gelten soll. Wenn Sie das verheimlichen wollen, muß ich es dem Publikum sagen.
Wir brauchen auch in der Rente Weiterentwicklungen. Ich verteidige die lohnbezogene Rente; sie zeugt von großer Klugheit.
- Das steht nicht zur Diskussion? Ihr großer Wirtschaftsexperte Gerhard Schröder hat vorgestern die beitragsfinanzierte Grundrente gefordert. - Er ist doch Mitglied der SPD, oder? - Die beitragsfinanzierte Grundrente ist ein Unikum, ein Fahrrad mit Propeller. Meine Damen und Herren, es können doch nicht alle Beitrag bezahlen. Also zahlen die einen Beitrag, die anderen nicht. Sie alle aber bekommen später die gleiche Leistung. Wenn das Modell auch noch einkommensproportionale Beiträge vorsieht, werden sogar unterschiedliche Beiträge für die gleiche Leistung gezahlt.
Das sind die originellen Vorschläge aus Ihren Reihen. Ich muß Herrn Schröder vor der Behauptung in Schutz nehmen, er habe bei Ihnen nichts zu sagen. Mein Gott, er ist einer Ihrer Hoffnungsträger! Solch ein Unikum wie die beitragsfinanzierte Grundrente - das sind Ihre Beiträge.
- Auf die Idee einer beitragsfinanzierten Grundrente ist auf unserer Seite noch niemand gekommen. Wenn überhaupt Grundrente, dann nur steuerfinanziert.
- Frau Mascher, ich würde Ihnen gerne das Wort geben, aber ich bin nicht Präsident.