Rede von
Friedhelm
Ost
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Frau Fuchs, als ich vor einigen Wochen das „Handelsblatt" las - darin war ein Gespräch mit Ihnen abgedruckt -, fand ich als Überschrift ein wörtliches Zitat von Ihnen. Sie lautete: „Die SPD redet ständig an den Problemen vorbei. " Ich habe mich dabei über Ihre Diagnosekraft gewundert. Heute haben Sie sie aber bestätigt, vor allem bei all den Reden, die Herr Scharping, Herr Lafontaine, aber auch der Kollege Schwanhold und Sie selbst gehalten haben.
Friedhelm Ost
- Ich habe Ihr Programm gelesen. Das werden Sie noch nicht mal am Ramschstand im Sommerschlußverkauf los. Das haben Sie beim DGB abgeschrieben.
- Natürlich! Ich habe die gleichen Papiere schon fünfmal per Fax bekommen; die könnten Porto sparen.
Verehrte Frau Kollegin Fuchs, lieber Herr Kollege Schwanhold, ich glaube, in diesem Punkt liegt der grundsätzliche Dissens: Sie wollen weiterhin mit mehr Staat lenken und leiten; Sie wollen noch mehr Förderprogramme und Kästchen und Formulare und Bürokratie und Lenkung.
Dies ist Ihr Ansatz. Unser Ansatz ist eben anders. Wir haben in Deutschland zuviel Bürokratie, zu hohe Lasten und auch zu hohe Kosten.
Der verehrte Kollege Graf Lambsdorff hat es Ihnen gesagt: Um 50 DM Nettokaufkraft wirklich auf den Markt zu bringen, wovon ein Großteil auch im Ausland wirksam wird, müssen Sie 130 DM bis 150 DM an Kosten verbuchen. Das müssen Sie sich mal ansehen; Sie sind doch auch in einigen Firmen aktiv.
Ich denke aber, wir haben gemeinsam die Pflicht, unsere Wirtschaft zu stärken, Betriebe und Beschäftigung zu sichern und neue Perspektiven für Unternehmer und Arbeitnehmer zu eröffnen, wobei wir die Staatsfinanzen auf allen Ebenen konsolidieren müssen, um die Steuerlasten für alle zu verringern; das ist richtig. Da helfen Aufmärsche und große Proteste nicht.
Ich sage mal ganz offen: Wenn Sie den Haushalt des Bundeswirtschaftsministers schon so heftig kritisieren, hätten Sie auch einen Kommentar zu dem abgeben sollen, was unser Kollege Hans Berger in Dortmund gesagt hat; darüber hätte ich mich sehr gefreut. Zu seinem Aufmarsch sind weniger gekommen als zu meinem Fußballklub. Das habe ich mit Freude vermerkt: Wenn Borussia spielt, kommen Zehntausende mehr.
- Lieber Herr Kollege Struck, das nächste Mal gehen wir hin, dann ist das Stadion wieder ganz ausverkauft.
Was Hans Berger da zur Kohlepolitik gesagt hat, war gewiß nicht hilfreich - das sage ich mal ganz offen -, zumal wir alle wissen, welche Anstrengungen der Bundeskanzler, aber auch Bundesminister Blüm und Bundesminister Rexrodt gerade auch in finanziell schwierigsten Zeiten gemacht haben.
Wenn Sie sich den Haushalt für 1997 ansehen, stellen Sie fest: 9,2 Milliarden DM für den Steinkohlebergbau bei einem Gesamthaushalt von 17 Milliarden DM. Deswegen hätte ich mich gefreut, der Kollege
Berger hätte den Kumpels diese Zahlen richtig genannt.
Wer Schutzmacht der kleinen Leute sein will - Sie nehmen das für sich immer in Anspruch; auch wenn Sie nicht ganz so leben, propagieren Sie das immer -, der muß den Mut zur Wahrheit und Klarheit haben. Mit Polemik und Verbalradikalismus täuschen Sie und auch viele Gewerkschaftsführer bewußt die Öffentlichkeit. Mit Ihren Forderungen schützen Sie nicht die kleinen Leute, sondern Sie gefährden weitere Arbeitsplätze und Betriebe.
Auch mit mexikanischen Wochen, Kuren und Placebos kommen Sie nicht an das Problem heran. Wir müssen, so schmerzlich das hier und da auch sein mag, an Operationen heran. Davor drücken Sie sich dauernd.
Wenn in Niedersachsen, wo die Staatssekretäre der Landesregierung, lieber Kollege Schwanhold, schon lange bei den Finanzen des Ministerpräsidenten Schröder Land unter melden, die Ausgaben für Krankenhäuser, Sozialstationen, Wohnungsbau und andere sozialen Wohltaten rigoros zusammengestrichen werden, hören wir dazu keinen Kommentar, auch nicht von Ihnen, Frau Kollegin Fuchs, die Sie ein großes und vehementes Plädoyer gehalten haben.
- Nein, ich will Sie nur ermuntern, all Ihre Ideen in die Sozialistische Internationale einzubringen.
Lassen Sie sich einmal aufklären. Es gibt den Bundeskanzler Franz Vranitzky. Er ist ein sehr netter Mensch. Lassen Sie sich einmal darüber aufklären, was der in Österreich gemacht hat. Lassen Sie sich einmal von Herrn Persson aus Schweden aufklären. Früher sind Sie doch alle - ich weiß das noch aus meiner Zeit als Journalist, da habe ich Sie immer gesucht - zur Wallfahrt in Schweden unterwegs gewesen. Machen Sie doch jetzt eine Wall- oder Studienfahrt dorthin und gucken Sie sich das an!
Wissen Sie, Frau Kollegin Fuchs, der Hamburger Bürgermeister Henning Voscherau hat Ihnen zugerufen: Die Partei, die SPD, muß zurück zur wirklichen Wirklichkeit. Sie schweben im Wolkenkuckucksheim.