Rede von
Dr.
Paul
Krüger
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
- um im immer schärfer werdenden internationalen Wettbewerb erfolgreich sein zu können. Das ist in der Debatte auch unter Verweis auf das vorliegende OECD-Gutachten hinreichend deutlich gemacht worden.
Unsere Nachbarn schauen auf uns.
Unsere wirtschaftspolitische Glaubwürdigkeit und vor allem unsere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit stehen auf dem Spiel,
dies insbesondere deshalb, weil wir in Ostdeutschland von dieser wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit abhängen. Aus diesem Grund tragen wir dieses Reformpaket mit.
In den letzten Tagen haben uns Vertreter der SPD unter dem Deckmantel der sozialpolitischen Verantwortung dazu aufgefordert, gegen das Reformpaket zu stimmen.
Seit Ludwig Erhard wissen wir, daß die beste Voraussetzung für eine gute Sozialpolitik eine gute Wirtschaftspolitik ist.
Es ist eine marktwirtschaftliche Binsenweisheit, daß man das, was man für den sozialpolitischen Bereich ausgeben will, vorher erwirtschaften muß.
Deshalb, meine Damen und Herren von der SPD, fordere ich Sie auf, aus wirtschaftspolitischer, aber auch aus sozialpolitischer Verantwortung für die notwendigen Reformen zu stimmen.
Ich halte es nicht für verantwortbar, wenn Brandenburg als SPD-geführtes Land unter den neuen Bundesländern mit deutlichem Abstand Spitzenreiter beim Schuldenmachen ist. Es hat mich mit Befremden erfüllt, als ich hörte, daß Herr Höppner im Kabinett von Sachsen-Anhalt dieser Tage die Nettokreditaufnahme um 40 Prozent erhöht hat, um ebenfalls das Spitzenreiterniveau von Brandenburg zu erreichen.
Wenn ich also an Ihre Verantwortung appelliere, die in dieser Woche zu beratenden Gesetze ebenso wie die Weichenstellungen in der Steuerpolitik zu unterstützen, dann tue ich das auch in Verantwortung für die neuen Bundesländer.
Tragen Sie dazu bei, im Bundesrat die Blockade in der Steuerpolitik aufzuheben! Helfen Sie mit, daß ostdeutsche Unternehmen dauerhaft von der Einführung der anachronistischen Gewerbekapitalsteuer verschont bleiben!
Machen Sie auch den Weg dafür frei, daß die ostdeutschen Kommunen endlich über einen Anteil an den Erträgen aus der Mehrwertsteuer verfügen können!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, nur wenn wir die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Gesamtdeutschland verbessern, schaffen wir die notwendigen Voraussetzungen für einen Aufschwung in Ostdeutschland. Das Gelingen des wirtschaftlichen Aufschwungs in Ostdeutschland bleibt für die nächsten Jahre auf Gedeih und Verderb
ein innenpolitischer Schwerpunkt in Deutschland.
Bei aller Unterschiedlichkeit der Bedingungen haben wir in Deutschland die Ergebnisse unseres Han-
Dr.-Ing. Paul Krüger
deins - dies richte ich insbesondere an Sie auf der linken Seite - gemeinsam zu verantworten und die Konsequenzen dieses Handelns gemeinsam zu tragen.
Wir sitzen gemeinsam in einem Boot und kommen nur gemeinsam voran.
Bei allen aus 40 Jahren Sozialismus übernommenen Defiziten in Ostdeutschland ist die ostdeutsche Wirtschaft keineswegs nur eine Belastung für den Westen. Die wirtschaftliche Entwicklung der letzten sechs Jahre ist auch dem vereinigungsbedingten Wirtschaftswachstum zu verdanken. Vor allem aber gilt es, dabei die spezifischen Stärken Ostdeutschlands für die Entwicklung in ganz Deutschland zu entschließen.
Insgesamt hat sich die westdeutsche Gesellschaft in den letzten Jahrzehnten nicht gerade durch ein überdurchschnittliches Maß an Risikobereitschaft, an Veränderungsbewußtsein und letztlich auch nicht an Innovationsfähigkeit ausgezeichnet. Die Menschen in Ostdeutschland dagegen mußten zwangsläufig enorme Veränderungen verarbeiten. Für kaum jemanden ist die Arbeit die gleiche geblieben wie vor der Wende. Auch im persönlichen Lebensumfeld hat sich Entscheidendes verändert. Für viele waren diese Veränderungen zweifellos mit großen persönlichen Belastungen verbunden.
Die Menschen haben in besonderer Weise Veränderungsbereitschaft bewiesen. Drei von vier Arbeitsplätzen in Ostdeutschland wurden in den letzten Jahren völlig umgestaltet. Fast jeder war von dieser Umstellung betroffen.
Die Risikobereitschaft in Ostdeutschland ist groß. Das haben insbesondere Hunderttausende von Unternehmensneugründungen bewiesen. Wir haben damit gezeigt, daß wir bereit sind, auf die Herausforderungen der Innovationsgesellschaft zu reagieren. Hinzu kommt, daß wir in Ostdeutschland insbesondere im Bereich der Naturwissenschaft und Technik über einen hohen Ausbildungsstand verfügen. Um so bedauernswerter ist es, daß diese Potentiale bisher nur unzureichend in Wirtschaftskraft und vor allem in Arbeitsplätze umgemünzt worden sind. Auch deshalb ist es von besonderer Bedeutung, das Problem der Arbeitslosigkeit in Ostdeutschland zu bekämpfen.
Neben der statistischen Arbeitslosigkeit ist die empfundene Arbeitslosigkeit ein besonderes Problem. Denn die Menschen, die in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen oder auch in Maßnahmen der Fortbildung und Umschulung sind, empfinden sich im Prinzip als Arbeitslose. ABM und auch Fortbildung und Umschulung sind im Empfinden der betroffenen Menschen eigentlich nur eine spezifische Form der Arbeitslosigkeit.
Deshalb ist das oberste Gebot die Schaffung und Erhaltung echter Arbeitsplätze in der Wirtschaft.
Nur durch konsequente Maßnahmen der Wirtschaftsförderung war es möglich, den Anteil an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen seit 1992 kontinuierlich zu reduzieren. Diese Reduzierung wird weitergeführt werden. Allerdings darf das Kriterium dieser Reduzierung nicht irgendein imaginäres oder gewünschtes Einsparpotential sein, sondern die Reduzierung muß sich an der Arbeitslosenzahl in Ostdeutschland orientieren.
Deshalb haben wir schon vor Monaten einen Fraktionsbeschluß gefaßt, im Rahmen des Pakets für mehr Wachstum und Beschäftigung die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen nur entsprechend der Arbeitslosenentwicklung zurückzuführen.
Wer etwas anderes behauptet - das geht besonders an Sie in der linken Hälfte dieses Saales -, der macht ein Geschäft mit der Angst der Menschen in den neuen Bundesländern.