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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 13/121 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 121. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 11. September 1996 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 10807 A Absetzung von Tagesordnungspunkten 10807 B, 10894 A Nachträgliche Ausschußüberweisungen . 10807 C Begrüßung einer Delegation des Sozialausschusses des niederländischen Parlaments 10864 B Tagesordnungspunkt 1: a) Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1997 (Haushaltsgesetz 1997) (Drucksache 13/5200) . . 10807 D b) Fortsetzung der Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 1996 bis 2000 (Drucksache 13/5201) 10808A Rudolf Scharping SPD 10808A, 10865 B Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . 10815 A Otto Schily SPD 10821 C Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10824 D Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P 10831 A Dr. Christa Luft PDS 10834 A Dr. Gregor Gysi PDS 10837A, 10858 B Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . . 10840A Rudolf Scharping SPD 10843 B Oskar Lafontaine, Ministerpräsident (Saarland) 10850 A Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . 10852 A Dr. Heiner Geißler CDU/CSU . 10858C, 10864 D Ingrid Matthäus-Maier SPD 10860 A Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. . . . . . 10863B, C Ingrid Matthäus-Maier SPD 10864 C Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10865 C Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . 10867 C, 10872 B Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10871 D Günter Verheugen SPD 10872 D Ulrich Irmer F.D.P 10878 C Rudolf Seiters CDU/CSU 10879 B Heinrich Graf von Einsiedel PDS . . . 10881 B Dr. Erich Riedl (München) CDU/CSU . 10883 A Ulrich Irmer F.D.P 10884 D Wolfgang Thierse SPD 10886 A Volker Rühe, Bundesminister BMVg . 10887 C Willibald Jacob PDS 10889 D Dr. Carl-Dieter Spranger, Bundesminister BMZ 10890 D, 10893 C Dr. Uschi Eid BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10892 B Dr. R. Werner Schuster SPD 10892 D Manfred Kanther, Bundesminister BMI 10896 C Fritz Rudolf Körper SPD 10899 B Dr. Klaus-Dieter Uelhoff CDU/CSU . . 10902 D Manfred Such BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10905 A Ina Albowitz F.D.P. 10907 C Ulla Jelpke PDS 10910 B Uta Titze-Stecher SPD 10911 D Dr. Rupert Scholz CDU/CSU 10913 D Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD . 10915 B Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Bundesminister BMJ 10916A Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD 10918 A Norbert Geis CDU/CSU 10921 C Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10923 C, 10925 C Dr. Edzard Schmidt-Jortzig 10925 A Detlef Kleinert (Hannover) F.D.P. . . . 10925 D Dr. Uwe-Jens Heuer PDS 10927 A Manfred Kolbe CDU/CSU 10928 C Tagesordnungspunkt 2: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 8. September 1976 über die Ausstellung mehrsprachiger Auszüge aus Personenstandsbüchern (Drucksache 13/4995) 10894 A b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Internationalen Naturkautschuk-Übereinkommen von 1995 (Drucksache 13/5019) 10894 A c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 3. November 1994 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik über die gemeinsame Staatsgrenze (Drucksache 13/5020) . 10894 B d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 13. Juli 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik über den Zusammenschluß der deutschen Autobahn A 6 und der tschechischen Autobahn D 5 an der gemeinsamen Staatsgrenze durch Errichtung einer Grenzbrücke (Drucksache 13/5049) 10894 B e) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Jahressteuergesetzes (JStG) 1997 (Drucksache 13/5359) 10894 B f) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Altschuldenhilfen für Kommunale Wohnungsunternehmen, Wohnungsgenossenschaften und private Vermieter in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (AHG-Änderungs-Gesetz) (Drucksache 13/5417) . 10894 C g) Antrag der Abgeordneten Antje Hermenau, Kristin Heyne, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mögliche zweckwidrige Verwendung von Steuergeldern durch die Förderung eines Berufsbildungsprojektes in Montevideo (Uruguay) (Drucksache 13/5008) 10894 C h) Antrag der Abgeordneten Dr. Gerald Thalheim, Ernst Bahr, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Milchquotenregelung in den neuen Ländern (Drucksache 13/4905) . . . 10894 D i) Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Einwilligung gemäß § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung in die Veräußerung eines Grundstücks in Berlin-Mitte (Drucksache 13/5039) . . 10894 D j) Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung gemäß § 56a der Geschäftsordnung: Technikfolgenabschätzung hier: Umwelttechnik und wirtschaftliche Entwicklung (Drucksache 13/5050) 10895 A Zusatztagesordnungspunkt 1: Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesjagdgesetzes und des Waffengesetzes (Drucksache 13/5493) 10895 A b) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der Vermögensteuer und der Erbschaftsteuer (Drucksache 13/5504) . . . . 10895 B Tagesordnungspunkt 3: Abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit vom 14. Juni 1994 zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits (Drucksachen 13/4174, 13/5031) 10895 C b) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit vom 9. Februar 1995 zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten einerseits und Kirgisistan andererseits (Drucksachen 13/4173, 13/5032) 10895 D c) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit vom 6. März 1995 zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten einerseits und Weißrußland andererseits (Drucksachen 13/4172, 13/5033) 10895 D e) Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses 10896 A - zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Fortschrittsbericht über die Mißbrauchsbekämpfung und Anpassung von öffentlichen Leistungen an veränderte Rahmenbedingungen - zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Fortschrittsbericht über die Mißbrauchsbekämpfung und Anpassung öffentlicher Leistungen an veränderte Rahmenbedingungen (Drucksachen 12/8246, 13/725 Nr. 63, 13/3412, 13/3930 Nr. 1, 13/5294) . . . 10896A Zusatztagesordnungspunkt 2: Weitere abschließende Beratung ohne Aussprache Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Verordnung der Bundesregierung: Zustimmungbedürftige Verordnung zur Einführung des Europäischen Abfallkatalogs (Drucksachen 13/5416, 13/5520) 10896 B Nächste Sitzung 10929 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 10930*A 121. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 11. September 1996 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Augustin, Anneliese CDU/CSU 11. 9. 96 Bachmaier, Hermann SPD 11. 9. 96 Beck (Bremen), BÜNDNIS 11. 9. 96 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Behrendt, Wolfgang SPD 11. 9. 96 * Borchert, Jochen CDU/CSU 11. 9. 96 Duve, Freimut SPD 11. 9. 96 Gansel, Norbert SPD 11. 9. 96 Glos, Michael CDU/CSU 11. 9. 96 Kurzhals, Christine SPD 11. 9. 96 Dr.-Ing. Laermann, F.D.P. 11. 9. 96 Karl-Hans Dr. Lucyga, Christine SPD 11. 9. 96 * Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 11. 9. 96 Hermann Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Regenspurger, Otto CDU/CSU 11. 9. 96 Dr. Schäfer, Hansjörg SPD 11. 9. 96 Schlauch, Rezzo BÜNDNIS 11. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Schönberger, Ursula BÜNDNIS 11. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Thieser, Dietmar SPD 11. 9. 96 Voigt (Frankfurt), SPD 11. 9. 96 Karsten D. Vosen, Josef SPD 11. 9. 96 Wieczorek-Zeul, SPD 11.9.96 Heidemarie Dr. Zöpel, Christoph SPD 11. 9. 96 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Ulla Jelpke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich beginne mit einem Punkt, zu dem sich der Innenminister gerne ausschweigt. Es geht, Herr Kanther, um die Methode, wie Sie - sei es im Verfassungsschutzbericht oder bei der Beantwortung von Kleinen Anfragen - mit den Gefahren des Rechtsextremismus umgehen, die Sie in der Regel verleugnen und vertuschen. Ich möchte das an dem Beispiel des Brandanschlags von Lübeck deutlich machen.
    Schon frühzeitig führten Spuren offensichtlich ins neofaschistische Lager. Diese wurden jedoch verschlampt oder nicht verfolgt. Die Täter sind bis heute unangetastet geblieben. Das gleiche gilt für die hinter ihnen stehenden Organisationsgeflechte.
    Das Perfide an Lübeck ist jedoch: Systematisch wurden über Monate die Opfer zu Tätern aufgebaut, was zu Recht von der Internationalen Unabhängigen Untersuchungskommission zu Lübeck kritisiert worden ist. Das können wir nur unterstützen.
    Bei der Einordnung offensichtlicher Straftaten bereinigt das BMI willentlich die Statistik, wenn es um rechtsextremistische Straf- oder Mordtaten geht.
    Ich will hier nur das Beispiel eines mutmaßlichen Rechtsextremisten aus Gladbeck nennen, der als unpolitisch eingestuft wird, obwohl er nachweislich einer fest organisierten rechtsextremistischen Szene zuzuordnen ist.
    Der Kollege Körper hat es bereits angesprochen; auch ich möchte auf das Länderspiel Polen gegen Deutschland eingehen. Dort wurden Transparente wie „Schindlers Juden, wir grüßen Euch" oder „Wir sind in Polen, um die Juden zu versohlen" möglich. Wie hier schon von Herrn Körper erwähnt worden ist, wurde vorweg vom nordrhein-westfälischen LKA darauf hingewiesen, daß diese Gefahren existierten.
    Herr Kanther, ich möchte Sie nur daran erinnern, daß im Frühjahr bei den Newroz-Aktivitäten der Kurden jede Fahne, jedes Symbol zum Anlaß genommen wurde, einen Polizeieinsatz durchzuführen, damit solche Symbole nicht gezeigt werden konnten. Offenbar geht das bei den Rechten nicht.
    Beim Rechtsextremismus wird gezielt weggesehen. Herr Dr. Uelhoff, hier geht es um weit mehr als um einzelne Aussagen oder Fehltritte auf den letzten Tagungen der Vertriebenen. Es geht darum, daß in Zeitungen wie dem „Ostpreußenblatt" systematisch rechtsextremistisches Gedankengut verbreitet wird. Die Leugnung des Holocaust kann dort immer wieder erfolgen. Das Schlimmste ist, daß die herausgebenden Verbände Bundesmittel beziehen.
    Im übrigen honoriert die Bundesregierung auch noch den stellvertretenden BdV-Präsidenten Latussek, der inzwischen mit Schönhuber und dem „National-Zeitungs" -Herausgeber Gerhard Frey in neonazistischen Zeitungen • schreibt. Jener Autor des „Ostpreußenblattes", der vor allem durch seine Artikel hervorgetreten ist, in denen die Schuld NS-Deutschlands am Ausbruch des Zweiten Weltkrieges geleugnet wird, wurde zum Presseoffizier des deutschen Kontingents der IFOR-Truppen im ehemaligen Jugoslawien benannt. Ich halte das für einen Skandal.
    Nächstes Stichwort: Bosnien. Das ist das Stichwort, mit dem ich auf die Abschottungspolitik der Bundesregierung gegenüber Flüchtlingen und Migrantinnen und Migranten zu sprechen komme.

    (Wolfgang Zeitlmann [CDU/CSU]: Mein Gott!)

    Mein Kollege Such hat es hier bereits kritisiert: Die Bundesregierung möchte 320 000 bosnische Kriegsflüchtlinge auf dem schnellsten Weg loswerden. Eine Verletzung des Abkommens von Dayton nehmen Sie wie auch manche SPD-geführte Landesregierung kalt lächelnd in Kauf. Dayton sieht nämlich die freiwillige Rückkehr der Flüchtlinge vor, wie hier heute schon gesagt worden ist, und zwar vor allen Dingen nicht in „ethnisch gesäuberte" Regionen, sondern ausdrücklich dorthin, wo ihre Herkunftsorte sind.
    Um diese Massenabschiebung zu gewährleisten, sollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bun-

    Ulla Jelpke
    desamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge sechs Ex-und-hopp-Anhörungen pro Tag durchführen. „Bei Bosniern muß man ja die Situation nicht in aller Breite erörtern" , so erst letzte Woche der stellvertretende Präsident des Bundesamtes, Herr Weickhardt. Mit welchen Methoden der Chef des Bundesamtes, Herr Dusch, seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu entsprechenden Schnellverfahren bewegte, das haben wir bereits im Frühjahr im Innenausschuß ausführlich diskutiert.

    (Erwin Marschewski [CDU/CSU]: Das war gar nichts! Es hat sich alles als Unsinn herausgestellt! Das waren Ullas Dummheiten!)

    Ihre diesbezügliche Devise, Herr Kanther, lautet: rausschmeißen! So benennen Sie in Ihren Haushaltserläuterungen als Jahresziel des Bundesamtes zuallererst die Beschleunigung der Asylverfahren.
    Die Mittel für den Bundesgrenzschutz sollen weiter steigen, um die hermetische Absicherung insbesondere der Ostgrenzen gegenüber Flüchtlingen und Einwanderern voranzutreiben. Wärmebildkameras, Nachtsichtbrillen, Kohlendioxiddetektoren - nichts ist Ihnen zu teuer, um sich abzuschotten. Über 5 000 BGS-Beamte und -Hilfspolizisten sind schon heute an den Ostgrenzen stationiert. Jetzt soll die Zahl noch einmal um 500 aufgestockt werden.
    Bei der Kriminalitätsbekämpfung bietet die Politik der Bundesregierung meiner Meinung nach ein jammervolles Bild. Jedes Jahr wird aufs neue vom BMI versucht, dramatische Steigerungsraten zum Beispiel bei der Drogenkriminalität oder bei der sogenannten Schleuserkriminalität nachzuweisen. Doch über eine ursachenorientierte Lösung dieser Fragen macht sich Herr Kanther, wie er auch heute wieder gezeigt hat, keinerlei Gedanken,

    (Erwin Marschewski [CDU/CSU]: Sie können wohl Gedanken lesen?)

    daß nämlich der Konsum sogenannter harter Drogen ein soziales und ein medizinisches Problem ist und Modelle für eine ärztlich kontrollierte Abgabe dieser Substanzen einen Weg weisen könnten.

    (Beifall bei Abgeordneten der PDS und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Inwieweit die gesamte Schlepper- und Schleuserkriminalität allein auf den Ausbau der Festung Europa zurückgeht, müßte ernsthaft untersucht werden.
    Statt dessen wiederholt die Bundesregierung gebetsmühlenartig ihre Konzepte zur konservativ-autoritären Bekämpfung dieser erst durch ihre Politik erzeugten und verschärften Kriminalitätsformen.
    Den großen Lauschangriff und später auch - im angekündigten Doppel mit der SPD - den Spähangriff will die Regierung einführen. Mein Kollege Such hat dies ebenfalls ausführlich angesprochen.
    Das Abhören von Telefonen soll dem Verfassungsschutz durch eine Änderung des G-10-Gesetzes noch leichter gemacht werden.
    Das Geldwäschegesetz soll verschärft, das BKAGesetz soll novelliert werden, so daß dieser Apparat
    parlamentarisch noch weniger kontrolliert werden kann, als das jetzt überhaupt möglich ist.
    Nehmen Sie das Bundesamt für Verfassungsschutz: In den letzten sieben Jahren hat es elf Prozent mehr Mittel zur Verfügung gestellt bekommen. Im selben Zeitraum wurde der Haushalt des Bundeskriminalamtes um 80 Prozent erhöht und der des BGS um glatte 122 Prozent. Und wenn die Zahl der Einzeldelikte im Bereich der sogenannten organisierten Kriminalität 1995 hinter der des Vorjahres zurückgeblieben ist, dann stecken Sie, Herr Kanther, kurzerhand den Kopf in den Sand.
    Dessenungeachtet soll nämlich der Stammhaushalt des BKA nicht gesenkt, sondern um 1,26 Prozent erhöht und dessen Personalstärke nicht - wie in der restlichen Verwaltung - reduziert, sondern um 77 Planstellen ebenfalls ausgeweitet werden.

    (Wolfgang Zeitlmann [CDU/CSU]: Der muß ja auch die PDS beobachten, da hilft ja nichts!)

    Während Sie dabei sind, den Sozialstaat zu demontieren, rüsten Sie die Polizei nach innen wie nach außen zur repressiven Lösung sozialer Konflikte massiv auf. Ich frage mich, welche gesellschaftliche Perspektive Herr Kanther mit dieser Politik eigentlich verfolgt.

    (Beifall bei der PDS)



Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat jetzt die Kollegin Uta Titze-Stecher.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Uta Titze-Stecher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt 1997 sieht für den Etat des Bundesinnenministers, den Einzelplan 06, ein Volumen - das wurde hier schon öfter gesagt - von rund 8,8 Milliarden DM vor. Dies bedeutet nominell eine leichte Absenkung gegenüber dem Etat des laufenden Jahres um 309 Millionen oder 3,4 Prozent.
    Dieser angebliche leichte Rückgang ist schnell entzaubert, wenn man genau hinschaut. Erste Bemerkung dazu: Der Anteil des Einzelplanes 06 am Bundeshaushaltsvolumen insgesamt - und das ist eigentlich der interessanteste Bezugsrahmen - stieg von 1,6 Prozent im Jahre 1989 auf erstmalig zwei Prozent im laufenden Jahr. Diese Marke wird auch in der mittelfristigen Finanzplanung bis zum Jahr 2000 nicht mehr unterschritten, mit Ausnahme des Haushalts für das nächste Jahr.
    In Zahlen: Der stramme Innenminister - ich meine das jetzt nicht physisch, Herr Innenminister - vermochte seinen Anteil am Steuerkuchen des Bundeshaushalts von 4,7 Milliarden DM im Jahre 1989 auf satte 9,1 Milliarden DM in diesem Jahr zu steigern und wird dieses Niveau in den kommenden Jahren verfestigen. Das ist für mich kein Grund für ein Sonderlob für kräftiges oder kontinuierliches Sparen.
    Zweite Bemerkung: Ganz im Gegenteil, trotz Personalabbau bei drei großen Bundesbehörden - ich nehme an, ich sitze hier vor Fachleuten; deshalb begnüge ich mich mit den Stichpunkten -, nämlich

    Uta Titze-Stecher
    beim BAF1, bei der Gauck-Behörde und beim aufgelösten Bundesverband für den Selbstschutz, bleibt der Etat des Innenministers nahezu unverändert hoch.
    Ich muß auch darauf aufmerksam machen, daß einige Etatabsenkungen, die dem Minister unverschuldet zufallen, ohne daß er den Rotstift ansetzen muß, folgende Bereiche betreffen: Die Entschädigung für ehemalige Kriegsgefangene sinkt erwartungsgemäß im nächsten Jahr um rund 153 Millionen DM, und zwar nur deshalb, weil der Geltungsbereich des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes für politische Häftlinge und Kriegsgefangene ausläuft.
    Ebenso verhält es sich mit den Hilfen für politische Flüchtlinge, die von 70 Millionen DM in diesem Jahr auf rund 45 Millionen DM im nächsten Jahr sinken. Das ist also kein Ergebnis etwaiger Sparbemühungen.
    Dritte Bemerkung - hier bitte ich, genau zuzuhören -: Der Innenminister hat nach dem Prinzip Hoffnung die Mittel für die Finanzierung der 17 500 sogenannten Kontingentflüchtlinge aus Ex-Jugoslawien relativ leichtfertig von rund 40 Millionen DM in diesem Jahr auf nur noch 10 Millionen DM 1997 zusammengestrichen - eine echte Luftbuchung. Oder glauben Sie im Ernst, Herr Kanther, daß der Großteil der 17 500 Bürgerkriegsflüchtlinge im nächsten Jahr Knall auf Fall in die verlassene und zerstörte Heimat zurückgekehrt sein wird?
    Falls dies nicht im erwarteten Umfang geschieht, wollen Sie dann die Länder zwingen, den bisher hälftigen Anteil an den Kosten zu 100 Prozent zu übernehmen? Damit sparen Sie auf dem Rücken von Ländern und Kommunen. Wir Haushälter nennen diese Art des Durchreichens der Kosten von einer Ebene der öffentlichen Hand auf die nächste schlichte Verschiebebahnhoftaktik; wir lehnen dies als unseriös ab, weil es eine Scheinlösung ist.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Die Kollegin Albowitz hat von dieser Stelle aus schon kritisch angemerkt, daß dem Etat des Innenministers eine globale Minderausgabe verpaßt wurde. Ich will dazu nur sagen: Ich teile diese Kritik sehr. Dieses Instrument ist nämlich nicht nur ein Ärgernis für den Minister - seine Sorgen sind nicht die meinen -; es ist eine glatte Aushöhlung des originären parlamentarischen Budgetrechts. Die Arbeit der Berichterstatter und des Parlaments schlechthin wird durch die Verhängung solch eines nicht differenzierenden Instrumentes entwertet, und, wie hier schon betont wurde, Haushaltsklarheit und -wahrheit bleiben auf der Strecke.
    Daß sich die eben genannten Etatabsenkungen, die der Minister sich nicht als Sparbemühungen anrechnen lassen darf, nicht stärker auswirken, liegt daran, daß er die dadurch frei gewordenen Mittel an seine Lieblingskinder verfüttert. Er investiert in die hier bereits genannten zwei Schwerpunkte dieses Einzelplanes.
    Zum einen handelt es sich um den Sicherheitsbereich. Auch das wurde bereits betont: Die Aufwendungen für den BGS steigen durch eine Aufstockung des Personals um 1200 Personen um runde 122 Millionen DM auf über 3 Milliarden DM. Das heißt, der BGS ist der größte Brocken im Etat des Innenministers. So weit, so gut. Die SPD hat dabei meistens mitgemacht. Für mich gilt es in diesem Zusammenhang nur zu kritisieren - diese Kritik bitte ich Sie, Herr Kanther, ernstzunehmen -, daß durch solch eine Praxis Haushaltszwänge geschaffen werden, bevor das sogenannte und hier auch schon erwähnte „BGS-Entscheidungskonzept" im parlamentarischen Raum hinreichend beraten und darüber entschieden worden ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Aber ich muß gestehen: Seit ich mit diesem Einzelplan befaßt bin, ist so etwas häufig vorgekommen. Der Minister für Ordnung und innere Sicherheit hat bereits bei der Reform der zivilen Verteidigung - Stichworte: Auflösung des Bundesverbandes für den Selbstschutz, „THW 2000"-Konzept - bewiesen, wie unbefangen und unbeeindruckt vom erforderlichen parlamentarischen Prozedere er an die Umsetzung von Konzepten geht, ehe diese abschließend beraten sind.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Ein zweiter Schwerpunkt, mit dem ich keine Schwierigkeiten habe - aber da muß man hinter die Kulissen schauen und sich diesen Schwerpunkt genauer angucken -, ist, belegt durch einen Zuwachs, der Bereich Kultur. Daran haben wir natürlich nichts auszusetzen; Kultur ist für uns das zivilisatorische Kleid der Menschen.

    (Erwin Marschewski [CDU/CSU]: Schönes Wort! Das war gut gesagt!)

    Schaut man allerdings genauer hin auf das, was unter der Definition „Kultur" gefördert wird, und darauf, mit jeweils wieviel Steuergeldern und vor allem mit welcher Begründung das geschieht, so gerät man in gelinde Verzweiflung. Allein im Kulturbereich

    (Wolfgang Zeitlmann [CDU/CSU]: Warum Kleid und nicht Hose?)

    - ja, Kleid und Hose; damit Sie sich beruhigen - werden 1997 an 55 Institutionen Zuwendungen in Höhe von knapp 600 Millionen DM geleistet. Um Ihnen die Größenordnung klarzumachen: 83 Prozent der Gelder sind damit institutionell gebunden. Der Spielraum des Ministers für Projektförderungen schrumpft auf 16,6 Prozent. Dieser Spielraum ist extrem eng.
    Wir bieten Ihnen, Herr Minister, Hilfe an, dieses Ungleichgewicht dadurch zu beseitigen, daß man die Zuwenderstruktur, die über Jahrzehnte entstanden ist, die betoniert und nur durch einen Kraftakt auf zu-lösen und neu zu formieren ist, durch eine Verschiebung der Gewichte verändert, nämlich weg von der institutionellen Förderung, hin zur Projektförderung. Das bietet auch die Chance, genauer Einfluß zu nehmen und das Augenmerk genauer auf das zu lenken, was man da eigentlich fördert.

    Uta Titze-Stecher
    In diesem Zusammenhang stellt die SPD die Frage, die meiner Meinung nach mehr als berechtigt ist, warum 50 Jahre nach Kriegsende die institutionelle Förderung von 18 Einrichtungen, die mit der Kulturförderung für Vertriebene und fremde Volksgruppen zu tun hat, noch zeitgemäß ist - abgesehen davon, daß eine behutsame Umstellung von der institutionellen auf die Projektförderung - wie ich eben ausgeführt habe - auch der Sache dienlicher wäre.

    (Vorsitz : Vizepräsident Hans Klein)

    Damit keine falschen Töne hineinkommen: Wir sind durchaus der Meinung, daß landsmannschaftliches Brauchtum und landsmannschaftliche Kultur gepflegt werden müssen. Wir sind allerdings der Meinung, daß durch die Verschiebung von der institutionellen zu der Projektförderung auch kulturelle Aktivitäten, die der Integration der unter uns lebenden Ausländer dienen, eine Chance der Förderung haben sollten.
    Ausgerechnet in der aktuellen Haushaltsdebatte - ich bin sicher, Sie alle haben hier in den ersten sechs Stunden sehr aufmerksam zugehört, entweder live oder über den Hauskanal -, ausgerechnet in dieser Lage, die ich nicht breit auswalzen will, fällt der Regierung nichts Besseres ein, als im Kulturbereich - ich habe speziell diesen Punkt gewählt, weil es in meiner zehnminütigen Redezeit eine Schwerpunktsetzung geben muß - eine Bundesstiftung Otto von Bismarck aufzulegen.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Trotz leerer Staatskassen und trotz des Mottos „Alle müssen den Gürtel enger schnallen" sind bereits 7,5 Millionen DM Steuergelder für den Ausbau des Bahnhofs Friedrichsruh bereitgestellt; so lautet die Antwort des zuständigen Staatssekretärs auf die schriftliche Anfrage aus den Kreisen der SPD-Bundestagsfraktion.
    Beinahe hätte es die konservative Seite geschafft, kurz vor der Sommerpause die zweite und dritte Lesung des Gesetzentwurfs ganz unbemerkt und zu nachtschlafender Zeit, Herr Kollege Marschewski, über die Bühne zu bringen - wäre da nicht durch die Kleine Anfrage der SPD Sand ins Getriebe gekommen.

    (Erwin Marschewski [CDU/CSU]: Ihr seid manchmal ganz schön clever, das muß ich sagen!)

    Die Bundesstiftung scheint Ihrem Geschrei nach zu urteilen ein Herzenswunsch der Konservativen zu sein.
    Selbst der ehemalige Innenminister Zimmermann signalisierte schon damals bei den ersten Kontakten Zustimmung. Nur hat es bis heute gedauert - angesichts des veränderten Wertebewußtseins -, das zu wagen. Der Bund ehrt bisher mit vier Bundesstiftungen vier große politische Staatsmänner,

    (Erwin Marschewski [CDU/CSU]: Das war Bismarck aber auch!)

    und zwar solche, die durchweg demokratisch gewählt worden sind und durchweg an der Spitze
    demokratischer Staatswesen standen. Ich nenne sie für Unkundige: den ersten Reichspräsidenten der Weimarer Republik, Friedrich Ebert, den Bundespräsidenten Theodor Heuss sowie die beiden Bundeskanzler - wohlbekannt - Konrad Adenauer und Willy Brandt.
    Unzweifelhaft war Otto von Bismarck ein großer, ein originärer Staatsmann, der Gründer des Deutschen Reiches.

    (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Und der Sozialversicherung! Sozialgesetzgebung!)

    Ich habe vorhin begründet, warum dieser Staatsmann nicht in die Reihe der bisher mit Bundesstiftungen Gewürdigten hineinpaßt.
    Die Fragen der SPD sind auf keinen Fall erschöpfend und befriedigend beantwortet. Mit welcher Begründung - -