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    Plenarprotokoll 13/121 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 121. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 11. September 1996 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 10807 A Absetzung von Tagesordnungspunkten 10807 B, 10894 A Nachträgliche Ausschußüberweisungen . 10807 C Begrüßung einer Delegation des Sozialausschusses des niederländischen Parlaments 10864 B Tagesordnungspunkt 1: a) Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1997 (Haushaltsgesetz 1997) (Drucksache 13/5200) . . 10807 D b) Fortsetzung der Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 1996 bis 2000 (Drucksache 13/5201) 10808A Rudolf Scharping SPD 10808A, 10865 B Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . 10815 A Otto Schily SPD 10821 C Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10824 D Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P 10831 A Dr. Christa Luft PDS 10834 A Dr. Gregor Gysi PDS 10837A, 10858 B Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . . 10840A Rudolf Scharping SPD 10843 B Oskar Lafontaine, Ministerpräsident (Saarland) 10850 A Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . 10852 A Dr. Heiner Geißler CDU/CSU . 10858C, 10864 D Ingrid Matthäus-Maier SPD 10860 A Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. . . . . . 10863B, C Ingrid Matthäus-Maier SPD 10864 C Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10865 C Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . 10867 C, 10872 B Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10871 D Günter Verheugen SPD 10872 D Ulrich Irmer F.D.P 10878 C Rudolf Seiters CDU/CSU 10879 B Heinrich Graf von Einsiedel PDS . . . 10881 B Dr. Erich Riedl (München) CDU/CSU . 10883 A Ulrich Irmer F.D.P 10884 D Wolfgang Thierse SPD 10886 A Volker Rühe, Bundesminister BMVg . 10887 C Willibald Jacob PDS 10889 D Dr. Carl-Dieter Spranger, Bundesminister BMZ 10890 D, 10893 C Dr. Uschi Eid BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10892 B Dr. R. Werner Schuster SPD 10892 D Manfred Kanther, Bundesminister BMI 10896 C Fritz Rudolf Körper SPD 10899 B Dr. Klaus-Dieter Uelhoff CDU/CSU . . 10902 D Manfred Such BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10905 A Ina Albowitz F.D.P. 10907 C Ulla Jelpke PDS 10910 B Uta Titze-Stecher SPD 10911 D Dr. Rupert Scholz CDU/CSU 10913 D Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD . 10915 B Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Bundesminister BMJ 10916A Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD 10918 A Norbert Geis CDU/CSU 10921 C Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10923 C, 10925 C Dr. Edzard Schmidt-Jortzig 10925 A Detlef Kleinert (Hannover) F.D.P. . . . 10925 D Dr. Uwe-Jens Heuer PDS 10927 A Manfred Kolbe CDU/CSU 10928 C Tagesordnungspunkt 2: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 8. September 1976 über die Ausstellung mehrsprachiger Auszüge aus Personenstandsbüchern (Drucksache 13/4995) 10894 A b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Internationalen Naturkautschuk-Übereinkommen von 1995 (Drucksache 13/5019) 10894 A c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 3. November 1994 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik über die gemeinsame Staatsgrenze (Drucksache 13/5020) . 10894 B d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 13. Juli 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik über den Zusammenschluß der deutschen Autobahn A 6 und der tschechischen Autobahn D 5 an der gemeinsamen Staatsgrenze durch Errichtung einer Grenzbrücke (Drucksache 13/5049) 10894 B e) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Jahressteuergesetzes (JStG) 1997 (Drucksache 13/5359) 10894 B f) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Altschuldenhilfen für Kommunale Wohnungsunternehmen, Wohnungsgenossenschaften und private Vermieter in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (AHG-Änderungs-Gesetz) (Drucksache 13/5417) . 10894 C g) Antrag der Abgeordneten Antje Hermenau, Kristin Heyne, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mögliche zweckwidrige Verwendung von Steuergeldern durch die Förderung eines Berufsbildungsprojektes in Montevideo (Uruguay) (Drucksache 13/5008) 10894 C h) Antrag der Abgeordneten Dr. Gerald Thalheim, Ernst Bahr, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Milchquotenregelung in den neuen Ländern (Drucksache 13/4905) . . . 10894 D i) Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Einwilligung gemäß § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung in die Veräußerung eines Grundstücks in Berlin-Mitte (Drucksache 13/5039) . . 10894 D j) Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung gemäß § 56a der Geschäftsordnung: Technikfolgenabschätzung hier: Umwelttechnik und wirtschaftliche Entwicklung (Drucksache 13/5050) 10895 A Zusatztagesordnungspunkt 1: Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesjagdgesetzes und des Waffengesetzes (Drucksache 13/5493) 10895 A b) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der Vermögensteuer und der Erbschaftsteuer (Drucksache 13/5504) . . . . 10895 B Tagesordnungspunkt 3: Abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit vom 14. Juni 1994 zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits (Drucksachen 13/4174, 13/5031) 10895 C b) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit vom 9. Februar 1995 zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten einerseits und Kirgisistan andererseits (Drucksachen 13/4173, 13/5032) 10895 D c) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit vom 6. März 1995 zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten einerseits und Weißrußland andererseits (Drucksachen 13/4172, 13/5033) 10895 D e) Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses 10896 A - zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Fortschrittsbericht über die Mißbrauchsbekämpfung und Anpassung von öffentlichen Leistungen an veränderte Rahmenbedingungen - zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Fortschrittsbericht über die Mißbrauchsbekämpfung und Anpassung öffentlicher Leistungen an veränderte Rahmenbedingungen (Drucksachen 12/8246, 13/725 Nr. 63, 13/3412, 13/3930 Nr. 1, 13/5294) . . . 10896A Zusatztagesordnungspunkt 2: Weitere abschließende Beratung ohne Aussprache Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Verordnung der Bundesregierung: Zustimmungbedürftige Verordnung zur Einführung des Europäischen Abfallkatalogs (Drucksachen 13/5416, 13/5520) 10896 B Nächste Sitzung 10929 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 10930*A 121. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 11. September 1996 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Augustin, Anneliese CDU/CSU 11. 9. 96 Bachmaier, Hermann SPD 11. 9. 96 Beck (Bremen), BÜNDNIS 11. 9. 96 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Behrendt, Wolfgang SPD 11. 9. 96 * Borchert, Jochen CDU/CSU 11. 9. 96 Duve, Freimut SPD 11. 9. 96 Gansel, Norbert SPD 11. 9. 96 Glos, Michael CDU/CSU 11. 9. 96 Kurzhals, Christine SPD 11. 9. 96 Dr.-Ing. Laermann, F.D.P. 11. 9. 96 Karl-Hans Dr. Lucyga, Christine SPD 11. 9. 96 * Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 11. 9. 96 Hermann Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Regenspurger, Otto CDU/CSU 11. 9. 96 Dr. Schäfer, Hansjörg SPD 11. 9. 96 Schlauch, Rezzo BÜNDNIS 11. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Schönberger, Ursula BÜNDNIS 11. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Thieser, Dietmar SPD 11. 9. 96 Voigt (Frankfurt), SPD 11. 9. 96 Karsten D. Vosen, Josef SPD 11. 9. 96 Wieczorek-Zeul, SPD 11.9.96 Heidemarie Dr. Zöpel, Christoph SPD 11. 9. 96 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Manfred Such


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der Innenpolitik ist das öffentliche Interesse in diesen Wochen auf das Schicksal der bosnischen Kriegsflüchtlinge gerichtet; das haben einige meiner Vorredner schon erwähnt. Der Bundesminister des Innern will die zwangsweise Abschiebung ab dem 1. Oktober durchsetzen, also in den Winter hinein. Man stelle sich die Situation vor, in der sich diese Leute befinden.
    Die Rückkehr der Kriegsflüchtlinge muß freiwillig erfolgen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

    Herr Kanther stellt sich gegenüber wohlbegründeten Bedenken des UNHCR und auch anderer internationaler Organisationen vor Ort sowie späteren Rückführungsplanungen des Landes Schleswig-Holstein stur. Eine massenhafte Rückführung von Flüchtlingen könnte den in Bosnien herrschenden zerbrechlichen „kalten Frieden" weiter destabilisieren und die Gefahr von Kriegshandlungen erhöhen.
    Statt Appelle zur Humanität verhallen zu lassen und zwanghaft Stärke zu demonstrieren, ist den Innenministern zu raten, die Abschiebungen, wenn schon nicht aus humaner Einsicht, dann doch wenigstens aus politischer und ökonomischer Klugheit zu unterlassen.
    Der UNHCR schätzt in Übereinstimmung mit dem Bundesinnenministerium, daß im kommenden Jahr zirka 80 000 Flüchtlinge freiwillig nach Bosnien zurückkehren werden. Sie gilt es zu unterstützen. Eine zwangsweise Abschiebung dürfte erheblich teurer sein, als die freiwillige Rückkehr zu fördern. Es ist kontraproduktiv, die Ansätze des sogenannten REAG-Programms zu kürzen, aus dem die freiwillige
    Rückkehr der Flüchtlinge unterstützt werden soll, wie es die Bundesregierung im Haushaltsentwurf 1997 ausweist.
    In einem anderen innenpolitischen Bereich, dem Ausländer- und Staatsangehörigkeitsrecht, von dem Herr Kanther meint, daß er hier seine Hausaufgaben gemacht habe, demonstriert die Regierungskoalition Realitätsferne und zudem permanente Handlungsunfähigkeit. Der Streit, den Sie, meine Damen und Herren, seit Monaten um die Erleichterung der Einbürgerung von hier lebenden Ausländerinnen und Ausländern führen, ist ein Trauerspiel.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

    Für große Teile der Bevölkerung, erst recht für die Einwanderer und ihre Kinder, ist es nicht mehr nachzuvollziehen. Es wird Zeit, daß alle hier geborenen Kinder die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten. Es wird Zeit, daß Menschen, die seit Jahrzehnten hier leben und arbeiten, einen Anspruch auf Einbürgerung bekommen. Diskutable und umsetzbare Vorschläge für eine Reform sind genügend gemacht worden: von meiner Fraktion, von der Ausländerbeauftragten, ja sogar aus der Fraktion der CDU/CSU selbst.

    (Zuruf von der SPD)

    - Natürlich auch von den Sozialdemokraten; das soll hier nicht vergessen werden. Die Koalition geht statt dessen mit solchen Totgeburten wie der Kinderstaatszugehörigkeit schwanger und schiebt nötige Reformen vor sich her. Während Sie sich bei dringenden Reformen des Ausländer- und Staatsangehörigkeitsrechts Zeit lassen und die Fachdiskussionen geflissentlich ignorieren, werden Verschärfungen mit heißer Nadel gestrickt.
    Was sieht Ihr jüngster Gesetzentwurf vor? Herr Kanther, Sie haben ihn heute kurz umrissen. Sie planen die Regelzwangsausweisung bei Verurteilungen zu mehr als drei Jahren Freiheitsstrafe, ja sogar schon bei zwei Jahren Jugendstrafe auch für hier geborene und aufgewachsene ausländische Jugendliche. Sie wollen den besonderen Ausweisungsschutz, ja selbst das Abschiebeverbot für politisch Verfolgte aufheben. So wird das Ausländerrecht zum zweiten Strafrecht, Herr Minister.

    (Beifall der Abg. Ulla Jelpke [PDS])

    Schlimm ist, was Sie an Verschärfungen nicht nur im Ausländerrecht planen. Schlimm sind auch die Unterlassungen, die Sie begehen, wenn Sie auf die dringend nötigen Liberalisierungen des Ausländerrechts verzichten. Dem Reformstau folgt ein Rückfall in die Gastarbeiterära. Es wird ein Gastrecht für Menschen konstruiert, die schon lange keine Gäste mehr sind.
    Was fehlt, sind deutliche Erleichterungen beim Familiennachzug, ein konsequenter Schutz vor Ausweisung, eine Ausweitung der Rückkehrmöglichkeiten für junge Ausländer und Ausländerinnen sowie großzügige Altfallregelungen.
    Einer der Schwerpunkte, die sich die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode gesetzt hat, ist die

    Manfred Such
    Reform der öffentlichen Verwaltung - sicherlich völlig zu Recht, Herr Kanther -, auch wenn Sie sich vor allem durch den Finanzdruck dazu haben treiben lassen. Wir brauchen in der Tat einen modernen, das heißt vor allem einen bürgernäheren und leistungsfähigeren öffentlichen Dienst als bisher.
    Doch vor einer reinen Kürzungsorgie kann ich nur warnen. Die öffentlichen Verwaltungen erfüllen zahlreiche unersetzliche soziale Funktionen, die sich weder privatisieren noch abschaffen lassen. Ich sage deshalb: Den billigsten Staat können wir uns nicht leisten.
    Durch ihre Verzögerungstaktik bei den Reformvorschlägen für den öffentlichen Dienst trägt die Bundesregierung die Verantwortung für Verunsicherung und Demotivation der Bediensteten in diesen Bereichen.

    (Erwin Marschewski [CDU/CSU]: Das Zeug liegt im Bundesrat, ist hier schon längst beschlossen!)

    Beim Stichwort „Verschlankung der Verwaltung " - das wird besonders Herrn Marschewski freuen - liegt der Gedanke auch an die Geheimdienste nicht fern. Von den Ankündigungen, das Personal bis zum Jahr 2000 um 20 Prozent zu reduzieren, ist nichts mehr übriggeblieben. Herr Waigel ist offenbar aus dem Bundeskanzleramt - Herr Bohl ist ja anwesend - zurückgepfiffen worden. Eine Verringerung des Personals komme nicht in Frage. Somit wird der so variabel zur Schau getragene Reformeifer der Regierungskoalition letztlich an den Diensten vorbeigehen. BND, MAD und Verfassungsschutz haben die allermeisten ihrer klassischen Aufgaben verloren. Sie beschäftigen aber weiterhin knapp 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
    Als erste Fraktion haben wir deshalb - zunächst für den BND - ein geschlossenes Reformkonzept entwikkelt. Wir halten es ohne Sicherheitsverluste für möglich und geboten, auf die meisten dieser Tätigkeiten zu verzichten und bestimmte weiterhin sinnvolle Aufgaben - auch bei der Nachrichtengewinnung - anderen Behörden zur Wahrnehmung zu übertragen. Der Bundesnachrichtendienst ist inzwischen flüssiger als Wasser. Er ist überflüssig geworden.

    (Beifall bei der PDS)

    Meine letzte Anmerkung gilt dem Feld der inneren Sicherheit, vor allem den von der Bundesregierung aktuell vorgeschlagenen Maßnahmen. Herr Kanther hat das soeben erwähnt. Es ist ein Skandal, daß in dem Regierungsentwurf gegen Korruption die steuerliche Absetzbarkeit von im Ausland gezahlten Schmiergeldern nicht gestrichen wird. OECD und andere internationale Organisationen fordern dies seit langem. Ich kann allerdings mit einer gewissen Befriedigung feststellen, daß die Koalition viele Präventionsmaßnahmen aus unserem Antrag vom März 1995 übernommen hat, obwohl sie diesen zuvor in der Ausschußberatung abgelehnt hatte. Es ist allerdings nicht vertretbar, auf das von den Länderfinanzministern seit langem geforderte zentrale Korruptionsregister zu verzichten, mit dessen Hilfe auffällig
    gewordene Unternehmen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgenommen werden könnten.

    (Erwin Marschewski [CDU/CSU]: Das steht im Gesetzentwurf, Herr Kollege!)

    In ihrem Gesetzespaket hat sich die Bundesregierung aber vor allem auf die Befugnis zum großen Lauschangriff festgebissen. Nach Art. 16 Grundgesetz soll damit nun auch die Unverletzlichkeit der Wohnung demontiert werden.
    Nach dem Eckwertepapier der Koalition bestehen die angeblich „eng begrenzten Voraussetzungen" zum Wanzeneinsatz nur aus Worthülsen. Diese angeblich „eng begrenzten Voraussetzungen" erlauben bei Verdacht von zirka 100 Straftatbeständen eine ausufernde praktische Anwendung.
    Herr Kanther hat eben gesagt: Lernen durch Üben bzw. durch Anwendung. Das heißt in anderen Bereichen, daß wir inzwischen zum Beispiel Weltmeister im Telefonabhören geworden sind. Es ist zu erwarten, daß wir auch im Bereich des Verwanzens von Wohnungen Weltmeister werden, wenn durch „Anwendung gelernt" worden ist.
    Der betroffene Personenkreis läßt sich, anders als uns die Bundesregierung glauben machen will, natürlich nicht begrenzen, denn die „Tatverdächtigen" sollen per Wanze ja erst festgestellt werden. Es würden hauptsächlich Unbeteiligte betroffen. Wenn Herr Kanther sagt, er möchte „Gangsterwohnungen abhören" , dann müssen Sie erst einmal definieren, was „Gangsterwohnungen" sind. Und vor allem müssen Sie einmal sagen, wer erklärt, was eine „Gangsterwohnung" ist, damit die Polizei hineingehen kann. Das unterlassen Sie aber immer.
    Nun zu den Sozialdemokraten. Die von der SPD mit großer Geste geforderten Detailänderungen im Anordnungsverfahren für den Lauschangriff existieren bereits im Falle anderer Eingriffsbefugnisse. Sie führen bereits dort zu den bekannten Kontrolldefiziten.
    Gespannt bin ich auch - Herr Kollege Körper hat ja schon die Katze aus dem Sack gelassen - auf das Verhalten der SPD, die ihre Zustimmung zum Wanzeneinsatz um den Preis einer weiteren Grundrechtsaushöhlung anbietet. Sie fordert die Beweislastumkehr. Ihre Idee, daß künftig Eigentümer den legalen Erwerb verdächtigen Vermögens selbst beweisen sollen, ist absurd und rechtsstaatswidrig. Der Gedanke - Sie haben es eben formuliert, Herr Körper -, die kriminellen Gewinne seien die Archillesferse der Kriminellen und die Beuteausschöpfung sozusagen der kriminalpolitische Königsweg, ist lange widerlegt. Die erzielbaren Abschöpfungsquoten machen auch im Ausland dauerhaft nur einige Promille der kriminellen Umsätze aus. Daher stellen auch die ausgefallensten Aufspürungsmaßnahmen nur Kostenfaktoren in der Kalkulation der Täter dar. Diese werden sich daher neue Wege und zusätzliche Deliktsfelder suchen. Die Kriminalität wird also steigen.
    Die F.D.P. dagegen verbucht es schon als Erfolg, den Video-Spähangriff auf Wohnungen zugunsten einer Verwanzung verhindert zu haben. Damit hat

    Manfred Such
    sie sich endgültig von dem ihr zu Unrecht anhaftenden Ruf einer Bürgerrechtspartei verabschiedet.

    (Widerspruch bei der F.D.P.)

    Gefährlichen Kriminalitätsformen ist nicht mit repressivem Aktionismus beizukommen. Das bedeutet nämlich, das Pferd vom Schwanz her aufzuzäumen.
    Erforderlich ist vielmehr, durch weitsichtige soziale und technische Präventionsmaßnahmen - im Bereich der Kfz-Verschiebung wird das deutlich - bereits das Entstehen von Kriminalität und kriminellen Gewinnen zu vermeiden.
    Was wir brauchen, ist eine intelligente Kriminalpolitik, die dem organisierten Verbrechen den Boden entzieht. Unsere Vorschläge etwa zur Drogen-, Korruptions- und Wirtschaftskriminalitätsbekämpfung liegen auf dem Tisch. Gerade die Wirtschaftskriminalität ist ein Bereich, dessen Brisanz und Schadensträchtigkeit die Bundesregierung seit langem geflissentlich ignoriert. Ich erinnere nur an die Fälle Vulkan, Balsam, den Herzklappenskandal usw.


Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Herr Kollege, achten Sie bitte auf die Zeit!

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    Rede von Manfred Such


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Ich komme sofort zum Ende. - Den Tätern im weißen Kragen muß sehr viel mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Aber was macht die Bundesregierung in ihrem Aktionismus? Sie konzentriert sich auf Eierdiebe und Außenseiter dieser Gesellschaft.
    Wer ganzen Bevölkerungsgruppen durch rigide soziale Sparmaßnahmen die Existenzgrundlagen sowie Kindern und Jugendlichen die Zukunftsperspektiven nimmt, der braucht sich über negative Kriminalitätsentwicklungen und -lagen nicht zu wundern. Jede Mark, die Sie dem Sozialbereich und dem Bildungswesen wegnehmen, müssen Sie zehnfach wieder in den Bereich der Kriminalitätsbekämpfung stecken.