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    Plenarprotokoll 13/121 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 121. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 11. September 1996 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 10807 A Absetzung von Tagesordnungspunkten 10807 B, 10894 A Nachträgliche Ausschußüberweisungen . 10807 C Begrüßung einer Delegation des Sozialausschusses des niederländischen Parlaments 10864 B Tagesordnungspunkt 1: a) Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1997 (Haushaltsgesetz 1997) (Drucksache 13/5200) . . 10807 D b) Fortsetzung der Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 1996 bis 2000 (Drucksache 13/5201) 10808A Rudolf Scharping SPD 10808A, 10865 B Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . 10815 A Otto Schily SPD 10821 C Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10824 D Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P 10831 A Dr. Christa Luft PDS 10834 A Dr. Gregor Gysi PDS 10837A, 10858 B Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . . 10840A Rudolf Scharping SPD 10843 B Oskar Lafontaine, Ministerpräsident (Saarland) 10850 A Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . 10852 A Dr. Heiner Geißler CDU/CSU . 10858C, 10864 D Ingrid Matthäus-Maier SPD 10860 A Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. . . . . . 10863B, C Ingrid Matthäus-Maier SPD 10864 C Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10865 C Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . 10867 C, 10872 B Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10871 D Günter Verheugen SPD 10872 D Ulrich Irmer F.D.P 10878 C Rudolf Seiters CDU/CSU 10879 B Heinrich Graf von Einsiedel PDS . . . 10881 B Dr. Erich Riedl (München) CDU/CSU . 10883 A Ulrich Irmer F.D.P 10884 D Wolfgang Thierse SPD 10886 A Volker Rühe, Bundesminister BMVg . 10887 C Willibald Jacob PDS 10889 D Dr. Carl-Dieter Spranger, Bundesminister BMZ 10890 D, 10893 C Dr. Uschi Eid BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10892 B Dr. R. Werner Schuster SPD 10892 D Manfred Kanther, Bundesminister BMI 10896 C Fritz Rudolf Körper SPD 10899 B Dr. Klaus-Dieter Uelhoff CDU/CSU . . 10902 D Manfred Such BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10905 A Ina Albowitz F.D.P. 10907 C Ulla Jelpke PDS 10910 B Uta Titze-Stecher SPD 10911 D Dr. Rupert Scholz CDU/CSU 10913 D Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD . 10915 B Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Bundesminister BMJ 10916A Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD 10918 A Norbert Geis CDU/CSU 10921 C Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10923 C, 10925 C Dr. Edzard Schmidt-Jortzig 10925 A Detlef Kleinert (Hannover) F.D.P. . . . 10925 D Dr. Uwe-Jens Heuer PDS 10927 A Manfred Kolbe CDU/CSU 10928 C Tagesordnungspunkt 2: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 8. September 1976 über die Ausstellung mehrsprachiger Auszüge aus Personenstandsbüchern (Drucksache 13/4995) 10894 A b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Internationalen Naturkautschuk-Übereinkommen von 1995 (Drucksache 13/5019) 10894 A c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 3. November 1994 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik über die gemeinsame Staatsgrenze (Drucksache 13/5020) . 10894 B d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 13. Juli 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik über den Zusammenschluß der deutschen Autobahn A 6 und der tschechischen Autobahn D 5 an der gemeinsamen Staatsgrenze durch Errichtung einer Grenzbrücke (Drucksache 13/5049) 10894 B e) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Jahressteuergesetzes (JStG) 1997 (Drucksache 13/5359) 10894 B f) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Altschuldenhilfen für Kommunale Wohnungsunternehmen, Wohnungsgenossenschaften und private Vermieter in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (AHG-Änderungs-Gesetz) (Drucksache 13/5417) . 10894 C g) Antrag der Abgeordneten Antje Hermenau, Kristin Heyne, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mögliche zweckwidrige Verwendung von Steuergeldern durch die Förderung eines Berufsbildungsprojektes in Montevideo (Uruguay) (Drucksache 13/5008) 10894 C h) Antrag der Abgeordneten Dr. Gerald Thalheim, Ernst Bahr, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Milchquotenregelung in den neuen Ländern (Drucksache 13/4905) . . . 10894 D i) Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Einwilligung gemäß § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung in die Veräußerung eines Grundstücks in Berlin-Mitte (Drucksache 13/5039) . . 10894 D j) Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung gemäß § 56a der Geschäftsordnung: Technikfolgenabschätzung hier: Umwelttechnik und wirtschaftliche Entwicklung (Drucksache 13/5050) 10895 A Zusatztagesordnungspunkt 1: Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesjagdgesetzes und des Waffengesetzes (Drucksache 13/5493) 10895 A b) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der Vermögensteuer und der Erbschaftsteuer (Drucksache 13/5504) . . . . 10895 B Tagesordnungspunkt 3: Abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit vom 14. Juni 1994 zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits (Drucksachen 13/4174, 13/5031) 10895 C b) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit vom 9. Februar 1995 zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten einerseits und Kirgisistan andererseits (Drucksachen 13/4173, 13/5032) 10895 D c) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit vom 6. März 1995 zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten einerseits und Weißrußland andererseits (Drucksachen 13/4172, 13/5033) 10895 D e) Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses 10896 A - zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Fortschrittsbericht über die Mißbrauchsbekämpfung und Anpassung von öffentlichen Leistungen an veränderte Rahmenbedingungen - zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Fortschrittsbericht über die Mißbrauchsbekämpfung und Anpassung öffentlicher Leistungen an veränderte Rahmenbedingungen (Drucksachen 12/8246, 13/725 Nr. 63, 13/3412, 13/3930 Nr. 1, 13/5294) . . . 10896A Zusatztagesordnungspunkt 2: Weitere abschließende Beratung ohne Aussprache Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Verordnung der Bundesregierung: Zustimmungbedürftige Verordnung zur Einführung des Europäischen Abfallkatalogs (Drucksachen 13/5416, 13/5520) 10896 B Nächste Sitzung 10929 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 10930*A 121. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 11. September 1996 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Augustin, Anneliese CDU/CSU 11. 9. 96 Bachmaier, Hermann SPD 11. 9. 96 Beck (Bremen), BÜNDNIS 11. 9. 96 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Behrendt, Wolfgang SPD 11. 9. 96 * Borchert, Jochen CDU/CSU 11. 9. 96 Duve, Freimut SPD 11. 9. 96 Gansel, Norbert SPD 11. 9. 96 Glos, Michael CDU/CSU 11. 9. 96 Kurzhals, Christine SPD 11. 9. 96 Dr.-Ing. Laermann, F.D.P. 11. 9. 96 Karl-Hans Dr. Lucyga, Christine SPD 11. 9. 96 * Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 11. 9. 96 Hermann Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Regenspurger, Otto CDU/CSU 11. 9. 96 Dr. Schäfer, Hansjörg SPD 11. 9. 96 Schlauch, Rezzo BÜNDNIS 11. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Schönberger, Ursula BÜNDNIS 11. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Thieser, Dietmar SPD 11. 9. 96 Voigt (Frankfurt), SPD 11. 9. 96 Karsten D. Vosen, Josef SPD 11. 9. 96 Wieczorek-Zeul, SPD 11.9.96 Heidemarie Dr. Zöpel, Christoph SPD 11. 9. 96 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


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    Vor Ihrem Hubschrauber stand der schwerkranke Boris Jelzin. Sie sprachen anschließend 35 Minuten mit ihm unter vier Augen und waren fünf Stunden mit ihm zusammen. Sie verzehrten einen Teil der Jagdbeute, die erlegt zu haben dem Kranken immer noch wichtig war.

    (Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl: Das ist nicht wahr, was Sie da erzählen!)

    - Vielen Dank. So berichtet es die Presse, die immer solche Gags braucht.
    Auf uns entstand der Eindruck von Altherrendiplomatie. Das soll, Herr Kanzler, wieder nicht abwertend gemeint sein. Stabile, persönliche Beziehungen sind ein wichtiges Gut in den internationalen Beziehungen. Nur: Es muß doch im Rahmen der russischen und insbesondere im Kontext der deutsch-russischen Beziehungen diskutiert werden. Der Kontrast ist überdeutlich: Während sich Jelzin die Zeit für Sie nahm, bleibt dem Friedensstifter von Tschetschenien, Lebed, der in letzter Minute das Blutbad von Grosny abwendete, seit mehr als drei Wochen die Audienz versagt. Lebed mußte, um überhaupt Handlungsspielraum für Grosny zu haben, die Authentizität der Unterschrift unter der Instruktion des Präsidenten bestreiten. Mit den Worten „Kulikow oder ich" bezeichnete er den Machtkampf, der an der Spitze ausgebrochen war.
    Die Assoziation, daß wir vor dem Ausbruch des Bürgerkriegs standen, war eine weltweite und wohl nicht nur meine. Die Antwort auf Appelle an Sie, Herr Kanzler, bei Ihrem Freund Boris zu intervenieren, war völlig inadäquat. Es mag eine andere Antwort gegeben haben, aber die öffentliche war: Wenn Sie aus dem Urlaub zurückgekehrt seien, dann wür-
    10866 Deutscher Bundestag - 13, Wahlperiode - 121, Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. September 1996
    Dr. Helmut Lippelt
    den Sie Jelzin anrufen. - Dies ist ein merkwürdiges Bewußtsein im Hinblick auf potentielle Katastrophen.
    Damit komme ich auf Ihre Bemerkung zur Friedensbewegung. Natürlich hat die Friedensbewegung deshalb so alarmiert reagiert, weil die Vorstellung, Friedenswahrung durch ein hochbrisantes Gleichgewicht des Schreckens aufrechtzuerhalten, letztlich nicht funktionieren konnte. Dies wird immer wieder gesagt. Ich möchte ganz entschieden zurückweisen, daß Sie diesen Zusammenhang anders darstellen.
    Das Blutbad in Grosny ist vermieden worden. Sie reisten jetzt nicht mehr so sehr wegen Tschetschenien, allerdings auch deshalb. Aber es war auch kein Besuch am Krankenbett. Sie haben das vorhin erklärt: Sie haben dem Kranken den Terminkalender für eine NATO-Osterweiterung nahegebracht.
    Die Antwort Jelzins war versöhnlich. Die alten Konfrontationslinien blieben aber - anders als in Ihrer Schilderung - in der anschließenden Presseerklärung von russischer Seite doch noch deutlich sichtbar, sie wurden jetzt nur in Erwartungen gewendet. Jelzin setzt auf den OSZE-Gipfel im Dezember in Lissabon, Sie auf die NATO-Beratungen im Frühjahr.
    Damit ist der alte Konflikt angedeutet, und wenn wir einen Scherbenhaufen wie im Dezember 1994 vermeiden wollen, verfügt die strategische Phantasie deutscher und westlicher Außenpolitik jetzt über große Zielvorgaben: der Ausbau der OSZE, so wie von Rußland oft gewünscht, gleichzeitig der Eintritt in einen Transformationsprozeß der NATO selbst und aus beiden dann der Aufbau der oft beschworenen europäischen Sicherheitsarchitektur mit Einbindung Rußlands in einer Art und Weise, die es Rußland erlaubt, einer Osterweiterung der NATO zuzustimmen, die aber den Charakter der NATO in Richtung auf ein kollektives Sicherheitsbündnis ändern müßte.
    In Kiew wurde Ihnen darüber hinaus eine Richtung angedeutet, in die die Entwicklung gehen könnte, und ich möchte ganz ernsthaft versuchen, dies unseren Außen- und Sicherheitspolitikern deutlich zu machen.
    In der Ukraine sind Sie darauf hingewiesen warden, daß die Ukraine selbst auf ihre Position als drittstärkste Atommacht verzichtet hat. Von dort ist eine atomwaffenfreie Zone in Mittel- und Osteuropa angeregt worden. Sie haben - so etwas muß ich ja immer Kommuniqués und Pressemeldungen entnehmen - wohlwollend reagiert: So etwas lasse sich wohl machen.
    Hier möchte ich an Sie appellieren: Lassen Sie dies nicht im diplomatischen Small talk versanden! Der Vorschlag zielt natürlich in erster Linie auf die Ukraine und die Beitrittskandidaten. Aber wo endet Mitteleuropa im Westen? Gehört Deutschland nicht auch dazu? Sie werden sagen: Nein, die Teilnahme in der WEU erlaubt das nicht. - Wir sagen: Für eine gute Sicherheitsarchitektur ist es geradezu unerläßlich, daß wir an diesem Punkt unser Schicksal an der
    Seite Polens definieren und den Prozeß einer Denuklearisierung der NATO und damit langfristig der internationalen Beziehungen überhaupt einleiten.
    Wir kennen das Canberra-Gutachten, das die australische Regierung in Auftrag gegeben hat, wir kennen all die Argumente. Ich denke, jenes drohende Scheitern des Atomwaffensperrvertrages könnte genau an diesem Punkt mit einer neuen Dynamik überwunden werden. Das ist eine Frage, die uns hier auch im Zusammenhang mit der Position Deutschlands sehr direkt angeht.
    Etwas anderes wurde deutlich: Das wichtigste Problem, das Europa aus der Hinterlassenschaft der ehemaligen Sowjetunion geerbt hat, wurde in Ihren Gesprächen ausgeblendet. Nach Ihrer Abreise rief Ihnen der ukrainische Außenminister Udowenko nach, noch keinen Pfennig habe Kiew in diesem Jahr für die ihm für die Schließung von Tschernobyl versprochenen Gelder bekommen. Je länger das Geld ausbleibe, desto später könnten die AKWs stillgelegt werden.
    In Rußland sitzt seit fast einem Jahr der Umweltschützer Nikitin in Haft, der zusammen mit der Umweltorganisation Bellona auf die Gefahren der verrottenden nuklearen Hinterlassenschaft der russischen Eismeerflotte, also auf die Gefahren der atomaren Verseuchung der Weltmeere hinweist. In der Tat, die Fragen der ökologischen Sicherheit überschatten längst die Probleme der Bündnisdiplomatie.
    Ich wäre gern auf ein weiteres Handlungsfeld und auf andere Akteure in der Außenpolitik eingegangen. Die Zeit läuft mir aber weg. Ich denke, daß die Aussagen Bani-Sadrs im Mykonos-Prozeß einen ungeheuerlichen Verdacht verstärkt haben. Ich meine nicht, daß wir mit einer Abwertung seiner Glaubwürdigkeit darüber hinweggehen können. Die Frage, ob der sogenannte und ohnehin schon unglaubwürdige kritische Dialog nicht völlig zur Farce wird, ist zu stellen, und wir müssen sie diskutieren. Auffällig ist doch, daß der Verdacht, es könne beim Treffen des obersten Geheimdienstchefs der Bundesrepublik mit Herrn Fallahian im Mai eine Abrede zur Abschiebung der Angeklagten im Mykonos-Prozeß alsbald nach Urteilsspruch gegeben haben, vom Bundeskanzleramt fast schneller dementiert wurde, als er überhaupt ausgesprochen wurde.
    Beginnt man, darüber nachzudenken und sich daran zu erinnern, daß Fallahian schon einmal versucht hat, auf diesen Prozeß einzuwirken, dann kommen in der Tat erhebliche Fragen über einen möglichen Zusammenhang zwischen dem „Rauchvorhang" des kritischen Dialogs und einer dahinter ablaufenden Zusammenarbeit von Geheimdiensten auf, was den amerikanischen Vorwürfen sehr viel Realität verleihen würde.
    Kommen wir nun zum nächsten Gestalter deutscher Außenpolitik: Herr Rühe hat es angekündigt und dem Haus ist es bewußt, daß wir in zwei Monaten vor einer schweren Entscheidung stehen, wenn wir über die Verlängerung des IFOR-Mandats abstimmen müssen. Der Verteidigungsminister hat angekündigt, daß er dann die volle Normalisierung for-

    Dr. Helmut Lippelt
    dem wird und daß deutsche Kampftruppen nach Bosnien gehen sollen.
    Ohne die Entscheidung meiner Fraktion im geringsten vorwegnehmen zu wollen, möchte ich doch auf ein Problem hinweisen. In der militärischen Implementierung von Dayton sind wir sehr gut und sehr effizient gewesen. Die zivile Implementierung ist, wie wir alle wissen, durch schwere Mängel gekennzeichnet. Der schwerste ist, daß am Tag der Übergabe der Vororte von Sarajevo keine europäische Polizei bereit stand, um die Serben, die zum Dableiben entschlossen waren, vor den Gangs aus Pale und später vor den Plünderern aus Sarajevo zu schützen.
    Die Berichte über die Brutalität, mit der Flüchtlinge, die in die inzwischen von der anderen Nationalität majorisierte Heimat zurück wollen, dort verfolgt werden, sind erschreckend. Die Frage drängt sich auf, warum wir einem Verteidigungsminister noch folgen sollen, dessen Phantasie immer nur darauf gerichtet ist, militärisch genauso tüchtig wie Franzosen und Engländer zu sein, während die Regierung offensichtlich nicht in der Lage ist, ein stärkeres und genauso effizientes polizeiliches Stand-by - über die Kompetenzstreitigkeiten mit den Landesinnenministern hinweg - zu schaffen.
    Noch eines: Gewiß ist ein militärischer Sicherheitsrahmen für den Friedensprozeß wichtig. Für die Förderung des Zusammenlebens der verfeindeten Parteien bedarf es aber ziviler Intervention. Es bedarf der Vermittlung, der Mediation, wie sie sich Gruppen zum Ziel gesetzt haben, die hinter dem inzwischen in den Fraktionen beratenen Antrag für einen zivilen Friedensdienst stehen. Die Art und Weise, wie dieser durch die Phantasielosigkeit des Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit abgeblockt wird, muß den Eindruck vermitteln, daß in dieser Bundesregierung das Militär zwar einen starken Lobbyminister hat, Vorstellungen ziviler Konfliktschlichtung jedoch keinen Platz haben.
    Aber eines ist klar: Mit dem Hinweis auf ein besser organisiertes polizeiliches Stand-by in einem zivilen Friedensdienst habe ich wichtige Kriterien genannt, von denen wir uns bestimmen lassen werden, wenn Sie, Herr Rühe, auf dieses Parlament zukommen, um das IFOR-Mandat mit einem Kampfauftrag verlängern zu lassen. Denn wenn Dayton scheitert, dann wird es weniger an der militärischen, wohl aber an der zivilen Implementierung liegen.
    Ich schließe damit. Ich hätte gern noch ein abschließendes Wort über die überproportionalen Kürzungen des Haushalts für das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit gesagt. Ich hätte auch gern noch gesagt, daß dies vor dem Hintergrund der Groteske, Herr Bundeskanzler, wenn Sie dieses Wort erlauben, Ihrer Ablehnung des Entschuldungsprogramms für die armen Länder in der G-7Konferenz geschehen ist. Jetzt muß die IMF-Konferenz Deutschland überstimmen.
    Ich denke, das alles zusammen bietet nicht gerade ein erfreuliches Bild über den Stand deutscher Außenpolitik, aber wir werden jetzt ja Resümee und
    und Konzeptionen von Ihnen, Herr Außenminister, hören können.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat jetzt in der Tat der Herr Minister des Auswärtigen, Dr. Klaus Kinkel.

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    Rede von Dr. Klaus Kinkel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedaure, daß der Herr Ministerpräsident Lafontaine weggegangen ist, denn ich habe mir zwei Antworten vorgenommen, die ich für nicht ganz unwichtig halte. Das eine war die Thematik der Globalisierung, weil ich glaube, Herr Kollege Schäuble, daß Herr Lafontaine gar nicht richtig verstanden hat, was Sie gemeint haben. Daher hätte ich das gerne ausgeführt, weil es ein wichtiges Thema ist.

    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Er versteht vieles nicht! Rudolf Scharping [SPD]: Wir sagen es ohne die Unterstellung weiter!)

    Das zweite kann ich mir nicht verkneifen. Herr Lafontaine hat ausgerechnet über die Zeit der Wiedervereinigung seit dem Jahr 1989 gesprochen. Ich hatte das Glück, bei der inneren Wiedervereinigung ein klein wenig mitwirken zu dürfen. Ich will mich einmal zurückhaltend äußern: Auffassungen und Aussagen von Herrn Lafontaine in dieser Zeit waren so, daß er darüber besser nicht mehr spricht. Sie waren wenig hilfreich.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Das ist wohl wahr!)

    Herr Kollege Lippelt, die Themen, die Sie angeschnitten haben, haben wir im Auswärtigen Ausschuß in extenso besprochen. Ich will versuchen, darauf in meinen Ausführungen einzugehen. Ich will dazu zwei Bemerkungen machen.
    Darüber, daß wir nach schwierigsten Jahrzehnten zu Rußland, zur Ukraine und zu anderen mittel- und osteuropäischen Staaten ein so gutes partnerschaftliches und freundschaftliches Verhältnis bekommen haben, sollten wir alle glücklich sein. Auch darauf, daß dazu ebenso persönliche Beziehungen, auch die des Bundeskanzlers, ganz entscheidend beigetragen haben, sollten wir stolz sein. Darum werden wir von allen anderen beneidet. So etwas hilft ungeheuer.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Zur Außenpolitik. Ich will mit einer ganz erfreulichen Nachricht beginnen, die ein bißchen untergegangen ist. Heute nacht hat die UNO-Vollversammlung in New York die von uns mit eingebrachte Entschließung zum nuklearen Teststoppabkommen mit großer Mehrheit verabschiedet. Wir sind, liebe Kolleginnen und Kollegen - ich sage dies mit einer gewissen Genugtuung -, dem Ziel des Endes aller Kernwaffenversuche näher gekommen. Der atomare

    Bundesminister Dr. Klaus Kinkel
    Geist muß wieder zurück in die Flasche. Das war ein Beginn dafür.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Weniger erfreulich - das will ich gleich zu Beginn sagen - sind die Nachrichten, die uns aus dem Norden des Irak erreichen. Das Vordringen der irakischen Truppen in die kurdische Schutzzone - 1991 eingerichtet - in der vergangenen Woche erinnerte daran, wie gefährlich die Lage im Mittleren Osten nach wie vor ist. Die amerikanische Militäraktion war in dieser Lage ein notwendiges Stoppsignal.

    (Angelika Beer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber völkerrechtswidrig!)

    - Es gibt wohl keine völkerrechtliche Grundlage in einer Sicherheitsratsresolution, insbesondere nicht in der Resolution 688, für diese Maßnahme, aber sie ist aus politischen und humanitären Gründen gerechtfertigt, weil dem Aggressor Saddam Hussein in solchen Situationen, wo er wieder Hunderte von Toten auf dem Gewissen hat, auf die Finger gehauen werden muß.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Die Meldungen, die uns heute aus dem Norden des Irak erreichen, geben zu großer Besorgnis Anlaß. Wieder, wie 1991, sind Hunderttausende auf der Flucht. Ich habe eben gehört, daß die Situation ein bißchen besser geworden ist, aber die schrecklichen Bilder des Flüchtlingselends sind noch in guter Erinnerung. Ich glaube, soweit wir es können - Sie, die Sie hier sitzen, wissen, daß es schwierig ist -, werden wir versuchen müssen zu helfen. Politisch ist es bei der gesamten Kurdenproblematik schwierig. Humanitär werden wir tun, was wir können.
    Im übrigen ist es um so wichtiger, daß wir den Draht zu einem der Hauptakteure in der Region, dem Iran, nicht einfach total abreißen lassen. Ja, die Beziehungen bleiben schwierig; keiner weiß das besser als ich. Aber dieses Land ist wie die Türkei ein strategisch wichtiger Akteur in einer strategisch hochwichtigen Region. Wenn man sich - Sie wissen es - ansieht, wie sich die Länder in Transkaukasien, die Länder in Zentralasien völlig neu auf den Iran und die Türkei hin ausrichten, und wenn man sieht, wie sich andere - vor allem auch Großmächte - in diese Richtung bewegen, dann erkennt man, daß wir gut daran tun, die Beziehungen nicht voll abzubrechen und nicht aus dem Bauch, sondern aus dem Kopf heraus zu reagieren. Ich glaube, daß wir diese Haltung zumindest später einmal richtig einschätzen werden.
    Deshalb werde ich mich bei der anstehenden UNO-Generalversammlung in New York sowohl mit Frau Ciller - die leider Gottes ihren Besuch hier wegen der Ereignisse im Nordirak abbrechen mußte - als auch mit dem iranischen Außenminister Welajati treffen, weil man nicht von einem Dialog sprechen kann, wenn man nicht miteinander redet.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Das will ich tun, und ich will es verbinden mit dem Versuch der aktiven Einwirkung dort - wie das hier im Deutschen Bundestag mitgetragen wurde -, wo wir Staatsterrorismus, Terrorismus, aggressiven Fundamentalismus und manches andere vorfinden, was wir ablehnen.