Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ergreifen Sie endlich die ausgestreckte Hand!
Doch zurück zum zentralen Thema. Die Finanzierungslüge der Einheit führt direkt zum Sparpaket. Das ist die Konsequenz. Denn damals wollte man die Einnahmen des Staates nicht erhöhen, obwohl der
Joseph Fischer
Bedarf zur Finanzierung der deutschen Einheit gewaltig angestiegen ist. Man hat über Schulden finanziert, damit geriet man in die Zinsfalle, man hat die Einheit über die Sozialversicherungskassen finanziert, damit geriet man in die Falle zu hoher Lohnnebenkosten, und jetzt kommt als Konsequenz das Sparpaket. Jetzt soll die Masse der abhängig Beschäftigten plötzlich für eine völlig verfehlte Politik der Finanzierung der inneren Einheit, für diese Steuerlüge von damals, einstehen.
Wir bestreiten überhaupt nicht, daß es Sanierungsbedarf gibt. Wer könnte das bestreiten? Wer könnte das bestreiten, der in den Kommunen Verantwortung trägt, der in den Ländern Verantwortung trägt? Nur, was wir nicht begreifen, beim besten Willen nicht, Herr Geißler, Herr Blüm: Wie oft wollen Sie diese Reden noch halten? Denn wenn es so weitergeht mit dieser Koalition, mit dieser Partei des organisierten Egoismus, dann werden Sie im Halbjahresrhythmus Sparpakete zu diskutieren haben, und im Halbjahresrhythmus wird dann die Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft erklären müssen, warum sie zähneknirschend den letzten sozialen Sauereien immer noch zustimmt, weil irgendwelche Säulen nicht erhalten sind. Wie lange wollen Sie diese Reden eigentlich noch halten?
Wir werfen diesem Sparpaket - das für sich genommen nicht das Ende des Sozialstaates bedeutet; aber dabei bleibt es ja nicht, weil der Sanierungsbedarf mit dem, was in diesem Sparpaket drinsteckt, natürlich bei weitem nicht befriedigt ist - vor, daß die nächsten Hundertgrammportionen in Richtung Abbau des Sozialstaates selbstverständlich folgen werden, wenn diese Truppe dranbleibt. Das ist so klar wie nur etwas.
Ich frage Sie: Warum diese soziale Ungerechtigkeit in diesem Sparpaket? Nehmen Sie das Beispiel Kindergeld. Wir haben einen Vorschlag gemacht und gesagt: Haltet an der Finanzierung fest und nehmt als Gegenfinanzierung - wir haben es Ihrem Fraktionsvorsitzenden und auch dem Bundeskanzler geschrieben - die Besteuerung von Gewinnen bei der Veräußerung von Aktienpaketen, wie das im Mutterland des Kapitalismus, in Amerika, selbstverständlich ist! Das wäre eine Kleinigkeit, die aber mit der F.D.P. nicht zu machen ist; das ist völlig klar.
Schauen Sie sich die Lohnfortzahlung für Schwangere an; CDU und CSU haben dies zum Bestandteil des Sparpakets gemacht, Sie dürften sich bei Ihren Positionen morgens eigentlich nicht mehr im Spiegel betrachten;
denn Sie wissen doch so gut wie ich, was das bei einer jungen Familie, bei dem knappen Einkommen
bedeutet. Eine Frau wird sich nämlich, wenn sie in
der Schwangerschaft Beschwerden hat, zweimal, dreimal überlegen, ob sie zum Arzt geht oder nicht.
- Ja, die nimmt einen Tag frei. Sie sind mir ein schöner Christ, wirklich wahr!
- Was ist daran Heuchelei? Ich sage Ihnen: Wir können uns in Zukunft die Lebensschützerdebatten sparen, Sie können sich die 218-Debatten sparen!
Unbeschadet davon, wo wir stehen, und ohne diesen Standpunkt zu teilen, sage ich: Ich habe großen Respekt vor den Kolleginnen und Kollegen, die aus tiefster Überzeugung in der Frage der Abtreibung anderer Meinung sind als ich, aber ich dachte, daß wir wiederum in dem Punkt einig sind, eine kinderfreundliche Gesellschaft zu wollen. Zum Ja zum Kind gehört auch, daß man in der Schwangerschaft auf ärztliche Fürsorge zurückgreifen kann, ohne dafür Lohnabzüge in Kauf nehmen zu müssen, daß wir eine entsprechende Ausstattung mit Kindergärten in diesem Lande haben und insgesamt eine kinderfreundliche Gesellschaft schaffen. Ich dachte, zumindest dieses positive Ergebnis der ansonsten unsäglichen 218-Debatten gäbe es. Genau davon, meine Damen und Herren, verabschieden Sie sich mit dem, was Sie hier tun.
Höhepunkt des Ganzen ist jetzt die Steuerdebatte. Sie ist bei dieser Koalition nur noch chaostheoretisch zu begreifen. Der Bundesfinanzminister hat für teures Geld eine Kommission von hochmögenden Finanzexperten einberufen. Er bekam das Ergebnis; er las es, bekam einen cholerischen Ausbruch und warf es angewidert in den Papierkorb. Ich meine das Gutachten der Bareis-Kommission.
- Nein, ich hätte das nicht gemacht, in der Tat. Wenn ich ein Gutachten in Auftrag gebe, dann versuche ich, daraus etwas zu lernen.
Bei Ihnen war das ja anders. Sie mußten mit dem Kopf in den Papierkorb eintauchen und mit den Zähnen das Gutachten wieder herausfischen, nicht wahr?
Kaum hatte er es nämlich weggeworfen - zack! -, gab es einen Politikwechsel, und die Ergebnisse der Bareis-Kommission waren plötzlich wieder angesagt; eine Steuerreform war angesagt, bei der F.D.P. vorne-
Joseph Fischer
weg. - Herr Westerwelle freut sich, strahlt; ein Bild - wirklich wunderbar.
- Ich bin im Moment alles andere als verkniffen, mein Lieber; das können Sie mir glauben. Wir werden überhaupt in eine ganz neue Ebene der politischen Beziehung eintreten; das verspreche ich Ihnen.
Lassen Sie mich über die F.D.P. etwas Gutes sagen. Die F.D.P. forderte nämlich vorneweg - das Steuerthema ist das Thema - eine Senkung der Steuern. Da reagieren Sie von der F.D.P. ja fast wie ein Hund, der den Futtertrog sieht. Das Senken von Steuern ist das Programm der F.D.P., und das wird es bleiben - insofern handelt es sich bei ihr um eine „one issue"-Partei -; das gönne ich Ihnen.
- Sehen Sie, da oben klatschen sie sogar noch; es ist wunderbar. Hoffentlich haben die Leute an ihren Fernsehgeräten das gesehen.
Sie haben ja durchaus noch einen nachdenklichen Flügel, der die Sommerpause zum Nachdenken nutzte, nämlich den Abgeordneten Solms. Der Abgeordnete Sohns hat nachgedacht und gesagt: Au Backe, wenn wir das durch eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage gegenfinanzieren wollten, dann träfe das unsere Klientel. Am Ende wählen die uns gar nicht mehr!
Daraufhin meinte der Kollege Solms: Wir sollten doch lieber erst nach 1998 die Steuerreform machen. Es gab kluge Leute im F.D.P.-Präsidium, vorneweg den Generalsekretär
- bitte -, die daraufhin sagten: Nein, nein, das muß das Wahlkampfthema werden, mein lieber Solms. Eine gar zu große Nachdenklichkeit können wir uns in der Situation, in der wir sind, nicht erlauben.
Die Konsequenz ist: Die F.D.P. möchte jetzt, daß die Steuerentlastung vor dem Wahltag kommt, die Gegenfinanzierung nach dem Wahltag.
Dem Finanzminister schwant darob Schreckliches, zu Recht. Die CSU ist empört; Theo Waigel ist empört. Da hinein kam dann noch aus dem obersten Olymp, zwischen dem Streicheln von Kühen und
dem Plätschern im See, die Äußerung des Bundeskanzlers: Die Mehrwertsteuer muß erhöht werden. Damit war das Chaos perfekt.
Also, meine Damen und Herren: Wat wollen Sie denn nu? Das ist die entscheidende Frage; das müssen Sie den Bürgerinnen und Bürgern sagen. Daraus werden wir Sie nicht entlassen. Wenn Sie verantwortliche Politik machen wollen, Herr Bundeskanzler, und nicht nur einen Koalitionspartner wieder einmal mit Hilfe eines Sauerstoffzeltes über Wahlhürden retten wollen, dann müssen Sie den Menschen sagen, daß eine Steuerentlastung, eine Nettoentlastung, angesichts der Haushaltslage, der Aufgaben der Einheit und der benötigten Zukunftsinvestitionen nicht drin ist.
Wir müssen eine Steuerreform machen, weil unser heutiges Steuersystem im Grunde genommen diejenigen bevorteilt, die nominal einem hohen Spitzensteuersatz unterliegen. Wenn ich das sage, so hat das nichts mit einer Neidkampagne zu tun. Die Hauptlast tragen diejenigen, die in die Progression hineingeraten; das ist der entscheidende Punkt.
Gut organisierte Vermögen können völlig legal ihre Steuerlast tendenziell gegen null bringen; ich gönne das den Leuten. Ich sage Ihnen aber: Wir sind für einen abgesenkten Steuersatz, sowohl unten als auch oben, und für einen linear-progressiven Tarif; etwas anderes ist mit uns nicht zu machen. Zu finanzieren wäre das ausschließlich über eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage, über den Wegfall von Umgehungstatbeständen legaler Art und von Steuersubventionen und ähnlichem. Das ist mit uns zu machen.
Aber wenn Sie den Leuten erzählen, wir könnten bei diesen Haushaltsschulden, die wir haben, bei diesen Aufgaben - Aufbau Ost, Zukunftsinvestitionen - zu einer Nettoentlastung kommen, dann heißt das, diesen Staat, diese Gesellschaft weiter in die Krise zu führen, die Zukunft nicht zu gestalten, sondern sie zu vertun.
Ich komme noch zu Ihren internationalen Beispielen. Natürlich wird in diesem Zusammenhang immer Amerika angeführt. Schauen Sie sich doch einmal den Zustand der Infrastruktur, des Bildungssystems, der Kriminalität in diesem Lande an.
Ich möchte Amerika nicht schlechtmachen. Die Frage ist nur: Wollen wir eine solche Gesellschaft? Oder wollen wir eine andere Gesellschaft, die diese Konflikte nicht so verursacht, wie wir das in Amerika erleben, sondern die am solidarischen Grundcharak-
Joseph Fischer
ter der Sozialen Marktwirtschaft festhält, von der Sie sich verabschiedet haben.
Deswegen: keine Nettoentlastung; Steuergerechtigkeit durch Steuervereinfachung; Senkung der Steuersätze linear-progressiv durch Streichung von Subventionen und Steuergeschenken; keine Gegenfinanzierung durch Einkommensteuersenkung, durch Mehrwertsteuererhöhung, denn das wäre wirklich dem sozialen Faß den Boden ausgeschlagen.
Daß die kleinen Leute die Steuersenkung für die Millionäre zu bezahlen haben, wäre nun wirklich das allerletzte.
Wir müssen die Vermögensteuer beibehalten und ausschöpfen. Da können Sie mir erzählen, was Sie wollen. Ihre Sorgen, Herr Kollege Schäuble, um die Kosten der Steuervereinnahmung hätten Sie sich meiner Meinung nach auch an anderer Stelle machen sollen; dann wären Sie glaubwürdiger. Die KfzSteuer ist unglaublich aufwendig einzunehmen.
Die Umstellung auf die Emissionsteuer - auf die Abgasemission - wird noch viel, viel teurer. Unseren Vorschlag, sie in die Mineralölsteuer zu integrieren, sollten Sie einfach übernehmen; dann hätten Sie einen Glaubwürdigkeitsgewinn, wenn Sie in so großer Sorge sind.
Wir sind für die Beibehaltung der Vermögensteuer.
Ich will es noch mal ganz deutlich sagen, damit das klar wird: Wir wollen, daß gerade unter den Bedingungen der Krise, unter den Bedingungen struktureller Veränderungen, die vermutlich alle treffen, vielleicht sogar schwer treffen werden, die besitzenden Schichten in diesem Land bereit sind, gemäß dem, was sie tragen können, die Lasten zu schultern und zu übernehmen. Wir dürfen die Lasten nicht dauernd bei den am schlechtesten Organisierten, bei den Schwächsten der Schwachen abladen. Nur dann wird das funktionieren; nur dann wird dieses Land demokratisch zusammenhalten.
Wenn das nicht der Fall ist, dann gebe ich eine ganz pessimistische Prognose für die Zukunft dieses Landes, egal unter welcher Regierung.
Lassen Sie mich noch einen weiteren Punkt ansprechen. Bei all diesen Debatten frage ich mich, ob wir nicht alle miteinander zu kurz springen. Was ist denn, wenn wir nie mehr Vollbeschäftigung bekommen? Von Norbert Blüm habe ich ein schönes Zitat gelesen. Er sagte: „Unsere Rentenversicherungsträger haben kein Problem, wenn wir wieder Beschäftigungszuwachs haben. " Aber was ist denn, wenn wir die Vollbeschäftigung auf Grund von internationalen Entwicklungen, auf Grund einer Produktivitätsrevolution, bei der immer weniger Arbeitnehmer immer mehr produzieren, nicht mehr bekommen? Müssen wir dann nicht über grundsätzliche Reformen nachdenken?
Was heißt „Abschied von der Arbeitsgesellschaft" für Lebenszeit, für Arbeitszeit? Bei aller Notwendigkeit der Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit wird sehr schnell ein Grenzwert erreicht werden, ab dem es nicht weitergeht.
Was heißt das: Das Wichtigste sind Bildung und Ausbildung? Müssen wir die nicht in die gesamte Lebensarbeitszeit integrieren?
Was heißt es, daß neues Lebensalter enstanden ist? Gott sei Dank leben alte Menschen 30 Jahre und noch mehr jenseits ihres Arbeitslebens weiter. Das hält unser Rentensystem so nicht aus. Müssen wir nicht über ein neues Verhältnis von Arbeitszeit und Lebenszeit, in der neue Familien gegründet werden, in der auf allen Hierarchieebenen mit voller Kraft malocht werden muß, zur Lebensarbeitszeit nachdenken?
Was heißt das für Teilzeit auf allen Ebenen? Ich kann Ihnen noch keine richtig operativen Antworten geben; das gebe ich ganz offen zu. Das wäre eine Überforderung. Die Fragen müssen aber gestellt werden. Ich werde den Verdacht nicht los, daß Globalisierung bedeuten wird, daß unsere traditionelle Arbeitsgesellschaft fundamental in die Krise geraten wird und wir nur die Alternative haben werden, diese Krise zu individualisieren; das heißt, ein Teil wird Globalisierungsgewinner, der andere Teil Globalisierungsverlierer sein mit all den fatalen Folgen für den Bestand unserer Demokratie.
In der Konsequenz heißt das für mich, daß wir eine andere Vision entwickeln und im Widerstreit - nur so kommen die besten Ergebnisse heraus - in unserem Land gemeinsam durchsetzen müssen. Diese Vision möchte ich ansprechen. Ich will Ihnen gleich die Antwort geben. Seien Sie etwas geduldig! Ich möchte jetzt noch ein wenig in der Analyse bleiben.
Überall - auch Kollege Schäuble hat es gerade wieder gesagt - gibt es Überbevölkerung, Umweltzerstörung und Unterentwicklung. Das sind die drei Geißeln des 21. Jahrhunderts. Wir als eine der führenden Industrienationen werden zur Lösung dieser Probleme beitragen müssen oder wir werden sie mit allen fatalen Folgen verschärfen.
Wir müssen dann auch den Mut haben, unserer Bevölkerung zu sagen, daß es die Zuwächse der Vergangenheit vielleicht nicht mehr geben wird. Das heißt aber nicht nur quantitativ weniger; denn wir bewegen uns dann in einem neuen Dreieck, Kollege Schäuble. Wir haben dann die Grenzen des Wachstums auf der einen Seite, die Fragen der sozialen Gerechtigkeit auf der anderen Seite, und drittens haben
Joseph Fischer
wir die Zukunft unserer Demokratie. Sie muß mehrheitsfähig und rechtsstaatlich, nicht autoritär organisiert sein.
Dieses Dreieck muß im Widerstreit der Parteien gestaltet werden. Das setzt voraus, daß man den Mut hat, der Bevölkerung entschlossene Reformen zuzumuten.
- Nein, das wollen Sie eben nicht. Sie wollen Ihre Klientel abfüttern, das ist das Gegenteil von entschlossenen Reformen.
Ich will Ihnen einmal etwas von einem klugen Kritiker der F.D.P. vorlesen. Ich zitiere aus der „FAZ":
Die Globalisierung wird bisher überwiegend von ökonomischen Interessen vorangetrieben. Die F.D.P. verweigert eine politische und geistige Flankierung, die der wirtschaftlichen Leistung humane und soziale Ziele zur Seite stellt. Dabei kann es nicht im Interesse der Menschen dieser Welt sein, von einer verselbständigten Weltökonomie regiert zu werden. Wettbewerb ist erwünscht, aber menschliche Gesellschaften, die nur durch Gewinnstreben und Konkurrenz zusammengehalten werden, können auf Dauer nicht bestehen.
Ich finde, das ist eine hervorragende Kritik an Ihrer Position,
und ich danke dem Forschungsminister Rüttgers für diese treffende Analyse seines Koalitionspartners. Vielen Dank.
Sie nutzen auch die Chance der Krise der Umwelt nicht. Lassen Sie mich noch einen Punkt, der mir wichtig ist, ansprechen. Wenn es so ist - vieles spricht dafür -, daß nationale Wirtschafts- und Finanzpolitik, anders als noch in den 70er Jahren, mehr und mehr ins Hintertreffen gerät - das heißt, kaum noch zu machen ist -, dann müssen wir, wenn wir an einem solidarischen Gesellschaftsentwurf namens Soziale Marktwirtschaft festhalten, über die Beteiligung der abhängig Beschäftigten am Produktivvermögen neu nachdenken. Das erhält meines Erachtens eine völlig neue Qualität.
Wenn es in der internationalen Konkurrenz rückwärts geht und die Lasten gemeinsam getragen werden sollen und müssen, dann müssen auch die Erfolge, wenn es wieder aufwärtsgeht, gemeinsam getragen werden, und zwar dauerhaft. Das setzt meines Erachtens eine völlig neue Diskussion der Beteiligung der Masse der abhängig Beschäftigten auch mit Blick auf unser soziales System am Produktivvermögen voraus. Auch hier wäre eine notwendige Reformdebatte endlich zu beginnen.
Ich möchte die Oppositionsparteien dazu aufrufen, das zu tun. Man sollte sich nicht davon irremachen lassen, daß das Thema von vorgestern sei. Es ist ein modernes Thema, das neu auf die Tagesordnung der Geschichte im Prozeß der Globalisierung gesetzt wird, und so sollte es auch diskutiert und entsprechend umgesetzt werden.
Nein, meine Damen und Herren, was Sie bei der Umweltpolitik versäumt haben, möchte ich im einzelnen gar nicht aufzählen. Sie haben die Chancen, mit der Energiesteuer endlich ein Absenken der Lohnnebenkosten herbeizuführen, völlig vertan. Das hätten Sie schon längst machen können. Das wissen auch Sie.
Ein neues Energiesystem und eine Verkehrswende wären auch im Hinblick auf die damit zusammenhängenden Arbeitsplätze sinnvoll.
- Ach was, alles Sprüche. Eine Opposition muß, mein lieber verehrter Herr Schäuble, Vorschläge machen. Ich freue mich auf 1998, wenn aus den Sprüchen Taten werden und Sie Ihre Sprüchlein weiter aufsagen dürfen. Das sage ich Ihnen.
Nein, wir brauchen den Mut, und es gibt überhaupt keinen Grund für oppositionelle Verzagtheit. Damit sollte endlich einmal Schluß sein.
Ich habe mir Ihre Halbzeitbilanz angesehen. Es gibt überhaupt keinen Grund für oppositionelle Verzagtheit.
Wir sollten diesen Marktradikalen - man kann doch die Ergebnisse in den USA unter Gingrich und Reagan und in Großbritannien unter Maggie Thatcher betrachten - unsere Vision entgegenhalten. Wir haben die Vision einer sozialen Bürgergesellschaft, die demokratisch und gerecht zusammenhält und gleichzeitig der Verantwortung für eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung auf dieser unserer Erde gerecht wird.
Joseph Fischer
Bis 1998 wird es eine Auseinandersetzung um die Frage geben: Gehen wir den marktradikalen wirtschaftsliberalen Weg, von dem ich weiß, daß viele in der Union ihn nicht wollen -, oder gehen wir den Weg hin zu einer sozialen zivilen Bürgergesellschaft? Diese entscheidende Frage wird sich in den kommenden zwei Jahren verstärkt stellen.