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    Plenarprotokoll 13/120 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 120. Sitzung Bonn, Dienstag, den 10. September 1996 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeordneten Hansjürgen Doss 10701 A Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1997 (Haushaltsgesetz 1997) (Drucksache 13/5201) 10701 B b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 1996 bis 2000 10701 B Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 10701 B Ingrid Matthäus-Maier SPD 10711 A Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 10719 C Hans-Peter Repnik CDU/CSU 10720 C Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10725 B Dr. Wolfgang Weng (Gerungen) F.D.P. . 10729 A Dr. Barbara Höll PDS 10735 B Adolf Roth (Gießen) CDU/CSU 10737 B Detlev von Larcher SPD 10741 C Dankward Buwitt CDU/CSU 10744 B Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 10746 B Wilfried Seibel CDU/CSU 10747 B Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMU 10748 D Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . 10751 C Arnulf Kriedner CDU/CSU 10753 B Ingrid Matthäus-Maier SPD . 10753 D, 10766 D Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10755 B Birgit Homburger F.D.P. 10756 C Eva Bulling-Schröter PDS 10758 B Eckart Kuhlwein SPD 10759 A Matthias Wissmann, Bundesminister BMV 10761 B Horst Kubatschka SPD 10763 B Hans Georg Wagner SPD 10763 D Bartholomäus Kalb CDU/CSU 10766 A Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10767 A Gila Altmann (Aurich) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10769 B Matthias Wissmann CDU/CSU 10770 A, 10776 A Horst Friedrich F.D.P. 10771 B Dr. Winfried Wolf PDS 10772 D Elke Ferner SPD 10773 D Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 10776 D Achim Großmann SPD 10779 C Gert Willner CDU/CSU 10781 C Norbert Formanski SPD 10782 C Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10784 C Jürgen Koppelin F.D.P 10786 B Otto Reschke SPD 10787 D Klaus-Jürgen Warnick PDS 10788 C Dieter Maaß (Herne) SPD 10789 C Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. 10790 D Dr. Wolfgang Bötsch, Bundesminister BMPT 10791 C Hans Martin Bury SPD 10793 A Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein CDU/CSU 10795 A Dr. Manuel Kiper BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10797 B Dr. Max Stadler F.D.P. 10798 C Gerhard Jüttemann PDS 10800 A Eike Hovermann SPD 10801 A Nächste Sitzung 10803 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 10805* 120. Sitzung Bonn, Dienstag, den 10. September 1996 Beginn: 11.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Andres, Gerd SPD 10. 9. 96 Augustin, Anneliese CDU/CSU 10. 9. 96 Beck (Bremen), BÜNDNIS 10. 9. 96 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Behrendt, Wolfgang SPD 10. 9. 96 * Berninger, Matthias BÜNDNIS 10. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Borchert, Jochen CDU/CSU 10. 9. 96 Dr. Däubler-Gmelin, SPD 10. 9. 96 Herta Duve, Freimut SPD 10. 9. 96 Gansel, Norbert SPD 10. 9. 96 Glos, Michael CDU/CSU 10. 9. 96 Dr. Glotz, Peter SPD 10. 9. 96 Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Kanther, Manfred CDU/CSU 10. 9. 96 Kurzhals, Christine SPD 10. 9. 96 Dr. Lucyga, Christine SPD 10. 9. 96 * Matschie, Christoph SPD 10. 9. 96 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 10. 9. 96 Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 10. 9. 96 Hermann Schlauch, Rezzo BÜNDNIS 10. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Verheugen, Günter SPD 10. 9. 96 Voigt (Frankfurt), SPD 10. 9. 96 Karsten D. Wallow, Hans SPD 10. 9. 96 Dr. Zöpel, Christoph SPD 10. 9. 96 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
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    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland wohl ein einmaliger Vorgang, daß ein Bundesminister bei der Haushaltsrede für seinen Einzelplan feststellen kann, muß oder darf, es werde der letzte Haushalt für sein Ressort sein. Sicher hat es auch in der Vergangenheit Auflösungen und Zusammenlegungen von Bundesministerien gegeben, aber nie wurde dies so lange vorher geplant. Und wenn Sie die heutigen Tageszeitungen lesen, dann werden Sie feststellen, daß wohl noch nie ein Erblasser so viele Nachlaßverwalter hatte, wie dies jedenfalls im Augenblick den Anschein hat.

    (Ulrich Irmer [F.D.P.]: Um das Ministerium tut es uns nicht leid, aber um den Minister!)

    - Das ist mir völlig klar. Ich bedanke mich für das Mitgefühl, aber Sie sehen mich guter Laune.
    Die Auflösung des Bundesministeriums für Post und Telekommunikation als eines eigenständigen Ressorts ergibt sich für mich aus sachlicher Notwendigkeit. Es ist die logische Konsequenz unserer Privatisierungs- und Liberalisierungspolitik im Post- und Telekommunikationsbereich. Einzelinteressen, mögen sie subjektiv noch so begründbar sein, müssen in diesem Falle den Interessen der Gesamtheit untergeordnet werden. Dafür habe ich Verständnis.
    Ich möchte zu Beginn meiner Ausführungen an dieser Stelle meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern danken, die nicht gezögert haben, an der Gesetzgebung zur Liberalisierung der Post- und Telekommunikationsmärkte aktiv und engagiert mitzuwirken - dies, obwohl sie wußten, daß die Privatisierung und Liberalisierung im Post- und Telekommunikationsbereich ihre eigene berufliche Zukunft mit manchen Fragezeichen versehen werden. Ich glaube, die Leistungen, die die Mitarbeiter in meinem Hause in den letzten Jahren erbracht haben und jetzt und im nächsten Jahr noch zu erbringen haben, gebieten es, sie in einem geordneten Verfahren in

    Bundesminister Dr. Wolfgang Bötsch
    die künftig zuständigen Bundesministerien und in die neu zu errichtende Regulierungsbehörde überzuleiten.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)

    Meine Damen und Herren, ich möchte mit meinem heutigen Beitrag auch einer gelegentlich in der Öffentlichkeit zu hörenden oder auch zu lesenden Annahme widersprechen, nach der das Bundesministerium für Post und Telekommunikation nach der Postreform II eigentlich keine Aufgaben mehr habe. Dies habe ich schon zu Beginn des Jahres in dem Zusammenhang „Wunderbarer Job - der Postminister ist hochbezahlt und hat nichts zu tun" gelesen. Den Kameraden hätte ich gerne einmal eingeladen, das Programm mit mir 14 Tage lang, von morgens früh bis in die Nacht, durchzumachen. Er wäre wahrscheinlich schnell außer Atem geraten; denn das Gegenteil ist der Fall: Die Fülle der Aufgaben ist so groß, daß auch unser Kollege aus Bayern im ersten halben Jahr aus dem Postausschuß überhaupt nicht mehr herausgekommen ist; jetzt lacht er fröhlich. Wir haben jedenfalls bis zur Auflösung noch alle Hände voll zu tun.
    Auf einige der vor uns liegenden Aufgaben möchte ich besonders eingehen. Am 18. November 1996 wird die Deutsche Telekom AG an die Börse gehen. Dabei handelt es sich um die größte Privatisierung, die Deutschland, ja, ganz Europa bisher gesehen hat. Die Vorbereitungen dafür laufen auf Hochtouren.
    Der Börsengang der Deutschen Telekom ist nicht nur für den Finanzplatz Deutschland von höchster Bedeutung. Von ihr geht ein Signal aus, das auf den gesamten Wirtschaftsstandort Deutschland ausstrahlt.
    Das wichtigste gesetzgeberische Vorhaben, das wir noch bewältigen müssen, stellt das neue Postgesetz dar. Das jetzt gültige Postgesetz ist bis fast zum Ende der Legislaturperiode, zum 31. Dezember 1997, befristet worden; es ist also ein Zeitgesetz. Wir müssen nun die gesetzlichen Rahmenbedingungen festlegen, die nach diesem Termin im Postsektor gelten sollen.
    Einen Entwurf des Postgesetzes habe ich bereits der Öffentlichkeit vorgestellt. In der letzten Woche fand im Postministerium eine Anhörung zu diesem Gesetzentwurf statt. Mir hat diese Anhörung gezeigt, daß unsere Vorstellungen im großen und ganzen sehr positiv aufgenommen werden. Daß es hier wie beim Telekommunikationsgesetz wiederum unterschiedliche Auffassungen zwischen dem bisherigen Monopolisten und den potentiellen zukünftigen Wettbewerbern gibt, halte ich für eine Selbstverständlichkeit. Das muß man werten und gewichten.
    Der Entwurf sieht bereits zum 1. Januar 1998 Marktöffnungen im Postsektor vor. Eine endgültige Liberalisierung des Bereichs soll aber erst zum 1. Januar 2003 erfolgen. Bis zu diesem Datum soll die Deutsche Post AG eine Exklusivlizenz für einen Kernbereich des Briefdienstes erhalten. Darüber wird es noch Diskussionen geben. Darüber müssen wir uns unterhalten. Ich halte dies aber zur Sicherung der Existenz der Post AG für unumgänglich.
    Die Verabschiedung des Postgesetzes durch Bundestag und Bundesrat - das Gesetz ist, ebenso wie das Telekommunikationsgesetz es war, zustimmungsbedürftig - sollte nach meinen Vorstellungen spätestens bis zur Sommerpause 1997 erfolgen.
    Unsere Liberalisierungspolitik in Deutschland muß aber auch von einer Liberalisierungspolitik in Europa begleitet werden. Ich möchte daher gegenüber der Europäischen Kommission und dem Ministerrat darauf dringen, daß auch die anderen EU-Länder ihre Postmärkte zeitgerecht liberalisieren. Ich bin für Wettbewerb - aber der Wettbewerb muß fair sein. Dazu gehört auch, daß die Deutsche Post AG in anderen europäischen Ländern die gleichen Chancen eingeräumt bekommt wie umgekehrt ausländische Postunternehmen in Deutschland.
    Meine Damen und Herren, auch im Telekommunikationsbereich stehen noch einige Aufgaben an, die noch vor der Marktöffnung am 1. Januar 1998 bewältigt werden müssen. Erst am letzten Montag hat das Bundeskabinett drei von mir eingebrachte Rechtsverordnungen, nämlich die Universaldienstleistungs-, die Netzzugangs- und die Entgeltregulierungsverordnung, verabschiedet. Zwei der Verordnungen, die Universaldienstleistungsverordnung und die Netzzugangsverordnung, bedürfen vor ihrem Inkrafttreten noch der Zustimmung durch den Bundesrat. Insofern bin ich etwas erstaunt, wenn ich höre, daß das Land Nordrhein-Westfalen morgen in dem zuständigen Bundesratsausschuß die Absetzung dieser Verordnungen beantragen will. Es soll mir nur niemand mehr kommen und sagen: Es wird nicht zügig genug gearbeitet. - Ich ziehe mir diesen Schuh jedenfalls nicht an,

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    egal von wem der Vorwurf kommt: ob von der Telekom oder von Mitbewerbern, die vor der Verabschiedung im Bundesrat jahre- und monatelang gedrängt haben. Warum man das tut, müssen diejenigen beantworten, die solche Anträge stellen.
    Alle Verordnungen sind darauf ausgerichtet, auf dem deutschen Telekommunikationsmarkt zugunsten der Verbraucher einen funktionsfähigen und chancengleichen Wettbewerb entstehen zu lassen, und zwar in dem Rahmen, den das Telekommunikationsgesetz vorsieht. Ich sage das auch im Hinblick auf die Diskussion, die während der Sommerpause - mehr am Telefon als in der Öffentlichkeit - geführt wurde. Eine Verordnung kann nur so gestaltet werden, wie es der nach Zweck, Ausmaß und Inhalt bestimmten Ermächtigungsnorm im Gesetz entspricht. Das lernt man spätestens im dritten Semester des juristischen Studiums. Manche Äußerungen, die ich gelesen habe, nämlich die Verordnung müsse das ändern, die Verordnung müsse das ergänzen, die Verordnung müsse das Gesetz anders gestalten, sind Blödsinn. Dies wurde von Leuten vorgebracht, die irgendwo tätig sind und während der Sommerpause Pressemitteilungen veröffentlicht haben. Ich meine jetzt nicht die Politik, sondern eher Interessenten.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Ich bin hellhörig geworden!)


    Bundesminister Dr. Wolfgang Bötsch
    - Frau Kollegin Fuchs, Sie, die Kollegen Bury und Rübenkönig und ausnahmsweise auch die anderen sind im Moment nicht gemeint. - Nein, das ist so; da kann man die Verordnung daran messen. Wir haben sie natürlich am Gesetz ausgerichtet.
    Anschließend gilt es dann, Lizenzen für den Bereich der Telekommunikationsinfrastruktur -30 Anträge liegen bereits vor - und ab Frühjahr nächsten Jahres auch bereits Lizenzen für den Telefondienst, die ab 1. Januar 1998 in Kraft treten, zu vergeben. Wenn dann im Herbst nach der Verabschiedung des Postgesetzes auch noch einige Lizenzen für den Postbereich vergeben werden können - mit Wirkung ab 1. Januar 1998 -, dann ist der Zeitpunkt gekommen, daß man die Aufgaben in andere Ministerien bzw. in die Regulierungsbehörde überführen kann.
    Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von Dr. Burkhard Hirsch
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Nun spricht der Abgeordnete Hans Martin Bury.

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    Rede von Hans Martin Bury


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Während Regierungskoalition und SPD gemeinsam ein ganz ordentliches Telekommunikationsgesetz erarbeitet und verabschiedet haben, sieht die Bilanz der Postpolitik dieser Bundesregierung nicht gut aus: weniger Beschäftigte, schlechterer Service, aber höhere Preise. So stellt sich für viele Kunden die Post dar. Postchef Klaus Zumwinkel setzt offenbar nicht nur auf „lean production", sondern auch auf „lean service". Es ist gleichermaßen symptomatisch und alarmierend, wenn sein Vorstandskollege Dieter Seegers-Krückeberg in der Bilanzpressekonferenz der Post AG vor zwei Wochen erklärt: „Wir haben uns für Technik und gegen Mitarbeiter entschieden."
    Diese Aussage ist symptomatisch angesichts hoher Lohnnebenkosten; ein Problem, das die Regierungskoalition mit ihrer falschen und unehrlichen Finanzierung des deutschen Einigungsprozesses massiv verschärft hat; ein Problem, für das die SPD konkrete Lösungsvorschläge präsentiert, die von Ihnen noch immer ignoriert oder bekämpft werden. Sie tragen damit erhebliche Mitverantwortung für den Personalabbau in Deutschland, bei der Post und anderswo.
    Doch die Strategie des Postvorstandes ist auch alarmierend, weil die Post Gefahr läuft, ihre traditionellen Stärken zu verspielen. Warum setzt sie nicht auf das hohe Ansehen der Briefträgerinnen und Briefträger? Warum verkennt die Post die Chancen ihres flächendeckenden Filialnetzes, der einzigartigen Nähe zum Kunden? Es ist doch bezeichnend, wie Bürgerinnen und Bürger allerorten um den Erhalt ihrer Postfiliale kämpfen. Doch die Chancen werden leichtfertig verspielt. Die Post baut nicht auf ihre Stärken auf, sie baut ab.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Das entspricht der Politik dieser Bundesregierung, steht aber nicht im Einklang mit dem grundgesetzlichen Infrastrukturauftrag. Den hat allerdings der Bund, der nach dem Grundgesetz verpflichtet ist, dafür zu sorgen, daß flächendeckend angemessene und ausreichende Postdienstleistungen zur Verfügung stehen.
    Nun räume ich ein, Herr Bötsch, daß es als Bundesminister k.w. nicht leicht ist, die anstehenden Aufgaben zu bewältigen. Aber es wäre nicht nur den Versuch wert, sondern Ihre Aufgabe. Statt dessen haben Sie Ihr Versprechen gebrochen, eine fünfstellige Zahl posteigener Filialen in Deutschland dauerhaft zu sichern. Sie haben gestern im Regulierungsrat erstmals offiziell eingeräumt, Ihre Zusage, die Sie seit 1993 immer wieder gegeben haben, nicht mehr einzuhalten; eine Zusage, auf die sich Arbeitnehmer und Kommunalpolitiker verlassen haben. Aber wer sich auf diese Bundesregierung verläßt, ist halt verlassen.

    (Beifall bei der SPD Parl. Staatssekretärin Irmgard Karwatzki: Das stimmt nicht!)

    Der Bruch Ihres Versprechens wirft kein gutes Licht auf die Glaubwürdigkeit und Verläßlichkeit Ihrer Politik. Man könnte meinen, daß Bundespostminister und Post AG nicht nur im selben Gebäude untergebracht sind, sondern daß sich das Bundespostministerium zunehmend als Filiale der Post AG versteht. Ihr Schicksal ist entsprechend. Auch das Ministerium wird wie viele Postfilialen demnächst aufgelöst und als Postagentur im Bundeswirtschaftsministerium weitergeführt -

    (Dr. Max Stadler [F.D.P.]: Hoffentlich mit dem gleichen Erfolg!)

    wahrscheinlich wegen der von Rexrodt propagierten längeren Öffnungszeiten.
    Auch der Kooperationsvertrag zwischen Post und Postbank - eine entscheidende Voraussetzung für die Sicherung des Filialnetzes, auf die mein Kollege Eike Hovermann noch ausführlich zu sprechen kommen wird - ist noch immer nicht neu abgeschlossen. Seit eineinhalb Jahren behaupten Sie, sich das nicht mehr länger anzusehen und jetzt kräftig auf den Tisch zu hauen. Der Postminister haut auf den Tisch, und der Postchef haut sich vor Lachen auf die Schenkel. So sieht es aus.
    Der Regulierungsrat hat den Bundespostminister am Montag einstimmig aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, daß eine neue Schaltervereinbarung abgeschlossen und umgehend ein Postfilialkonzept vorgelegt wird. Im Beschluß des Regulierungsrates wird weiter gefordert, daß bis zur Entscheidung über das zugesagte Filialkonzept keine ersatzlosen Schließungen von Postfilialen stattfinden dürfen. Ich erwarte, daß sich der Postminister an diesen Beschluß des Regulierungsrates hält.

    (Beifall des Abg. Dr. Manuel Kiper [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Die F.D.P., die mit dem Thema Post und Postbank nur die Farben Gelb und Blau verbindet, hat in der Koalition wieder einmal ein unsinniges Kompromiß-

    Hans Martin Bury
    modell durchgesetzt: eine Beteiligung der Post an der Postbank in Höhe von exakt 25 Prozent. Also typisch F.D.P.: nichts Halbes und nichts Ganzes.

    (Dr. Max Stadler [F.D.P.]: 25 Prozent sind nicht typisch F.D.P.!)

    - Das ist glücklicherweise richtig, Herr Kollege Stadler. Es sollte auch nie typisch werden.
    Die Bankenlobby jedenfalls freut sich. Doch der Infrastrukturauftrag bleibt außen vor. Die Koalition, die von einem Haushaltsloch zum anderen stolpert - wobei man auf großem Fuße leben muß, wenn man bei diesen Haushaltslöchern nur stolpert und nicht hineinfällt -, hat nur den Veräußerungserlös der Postbank im Blick, aber nicht die Sicherung einer flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Das stimmt leider!)

    Entlarvend ist der Satz in Ihren Eckpunkten für die Privatisierung der Postbank: „Zur Kostenreduzierung werden unwirtschaftliche Filialen der Deutschen Post AG abgebaut und/oder in Postagenturen umgewandelt.
    Der Verfassungsauftrag lautet nicht: Der Bund sichert die Versorgung der Bevölkerung mit Postdienstleistungen, wo das wirtschaftlich ist. Demnächst werden Sie findigerweise feststellen, daß die Zustellung eines Briefes in ländlichen Gebieten mit Kosten von rund 2 DM belastet ist - angesichts eines Portos von einer Mark glatt „unwirtschaftlich". Wollen Sie die Briefzustellung dann auf Ballungsräume konzentrieren

    (Gerhard Jüttemann [PDS]: Brieftauben!)

    oder auf dem Land massiv die Portopreise erhöhen? Sie bleiben die Antworten schuldig.
    Einer aus Ihren Reihen, der Sprecher der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion für Post und Telekommunikation, verfolgt diese Debatte nicht einmal hier im Plenum, sondern von der Zuschauertribüne des Hauses - offensichtlich aus Protest gegen diese verfehlte Politik der Bundesregierung und seiner Koalition.

    (Heiterkeit bei der SPD und der PDS)

    Ich darf den Kollegen Müller, der heute offenbar selber nicht zu Wort kommt, deshalb zitieren. Er sagte wörtlich:
    Ein Beteiligungskonzept, das der Deutschen Post AG eine Beteiligung an der Deutschen Postbank AG erst 1999 ermöglichen soll, erscheint kaum geeignet, einen Beitrag zur Lösung der aktuellen Probleme der flächendeckenden Infrastruktursicherung mit einer ausreichenden Anzahl von Postfilialen zu leisten.
    Schade, daß die vernünftigen Leute bei Ihnen heute nicht zu Wort kommen!

    (Beifall bei der SPD)

    Auf europäischer Ebene versuchen Sie, Herr Bötsch, recht trickreich, die Anforderungen an den sogenannten Universaldienst aufzuweichen und runterzuzonen. Denn bisher ist Ihr Postgesetzentwurf, dessen Einbringung sich seit Monaten immer weiter verzögert, nicht einmal EU-konform - geschweige denn eine verläßliche Grundlage für ein hochwertiges, preisgünstiges Angebot von Postdienstleistungen in ganz Deutschland. Ihre Pläne bergen zudem die Gefahr einer weiten Ausbreitung ungeschützter Arbeitsverhältnisse mit allen Nachteilen für die betroffenen Menschen und mit weiteren massiven Belastungen für die öffentlichen Haushalte. Ihre Liberalisierungspolitik läuft nach dem Motto „Kosten und Risiken werden sozialisiert, Gewinne privatisiert". Das entspricht nicht dem Leitbild einer Sozialen Marktwirtschaft.
    Die SPD hat ihre Konzepte für ein neues Postgesetz vorgelegt und im Bundestag eingebracht, Herr Kollege. Da Sie Ihre Vorschläge bisher nicht eingebracht haben, sollten Sie die Zeit nutzen, sie gründlich zu überarbeiten.

    (Beifall bei der SPD) Danach lassen Sie uns hier darüber streiten.

    Unser gemeinsames Telekommunikationsgesetz, das der Vorsitzende des Postausschusses, unser Kollege Arne Börnsen, kürzlich in den USA vorstellte, wurde dort mit der Bemerkung aufgenommen, der U.S. Congress hätte sich ein Beispiel am Deutschen Bundestag nehmen sollen, was - und deshalb erwähne ich diese Geschichte überhaupt - interessanterweise unseren grünen Kollegen dazu veranlaßte, in den USA fortan zu erklären, er sei mit den Grundzügen des Gesetzes schon immer einig gewesen und habe es nur wegen einiger unbedeutender Punkte abgelehnt.

    (Zuruf des Abg. Dr. Manuel Kiper [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Um so interessanter war es dann, lieber Manuel Kiper, parallel dazu in einem deutschen Nachrichtenmagazin zu lesen, daß gleichzeitig in Deutschland erklärt wurde, das TKG sei grundsätzlich abzulehnen. Soviel zum Politikstil der Grünen.
    Liebe Kolleginnen und Kollegen, nachdem ich Sie jetzt alle kritisiert habe, freue ich mich auf die weitere Debatte heute und natürlich später zum Postgesetz. Denn unser Ausschuß hat die von mir in vielen anderen Politikbereichen oft schmerzlich vermißte Eigenschaft, sehr konstruktiv zu streiten und die Argumente der Kontrahenten aufzunehmen.
    In diesem Sinne, vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD)