Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mehr als in den vergangenen Jahren gilt für diesen Haushalt: Vorrang haben Wachstum und Beschäftigung, Vorrang hat die Zukunftssicherung unserer sozialen Systeme, Vorrang haben damit auch die Senkung der Staatsquote, die Stärkung der Eigenverantwortung, der Privatinitiative und die Verbesserung der Investitionsbedingungen. Wir müssen uns auf investive Maßnahmen und auf Hilfen für die sozial wirklich Bedürftigen konzentrieren.
Dies sind die Anforderungen an den Haushalt insgesamt. Es sind auch die Anforderungen an den Haushalt des Bauministeriums. Denn gerade das Bauministerium hat eine große Verantwortung in den Bereichen der wirtschaftlichen, der sozialen und der ökologischen Wirkungen. Wenn man sich nur immer wieder klarmacht, daß über zwei Drittel aller Bruttoinvestitionen in Deutschland Bauinvestitionen sind, daß wir im letzten Jahr ein Bauvolumen von über 500 Millionen DM gehabt haben, dann wird deutlich, welche konjunktur- und strukturpolitischen Wirkungen damit verbunden sind.
Das hat große Auswirkungen auf die sozialen Bezüge. Die Wohnung ist ein Sozialgut und nicht nur
Bundesminister Dr. Klaus Töpfer
ein Wirtschaftsgut. Das hat weiter Auswirkungen auf die Ökologie. Das sieht man, wenn man nur den Energiebedarf in den privaten Haushalten betrachtet: Etwa ein Drittel aller CO2-Emissionen stammen aus diesem Bereich.
Deswegen ist dieser Haushalt in besonderer Weise im Rahmen der strukturellen Maßnahmen, die eingeleitet worden sind, zu sehen. Diese strukturellen Maßnahmen haben wir zu einem guten Teil gemeinsam, fast einstimmig, in diesem Hohen Hause und ebenso im Bundesrat verabschiedet; ich nenne das Eigenheimzulagengesetz und die Verbesserung des Bausparens. Wir haben in der Zwischenzeit den Entwurf der Novellierung des Baugesetzbuches, der Baunutzungsverordnung und des Rechts der Raumordnung vorgelegt; der Entwurf einer Änderung des Altschuldenhilfe-Gesetzes ist in den parlamentarischen Beratungen; der Entwurf des Wohngeldüberleitungsgesetzes und der Entwurf eines Bergarbeiterwohnungsbauänderungsgesetzes sind vom Kabinett verabschiedet worden. Ich glaube, daß wir jetzt wiederum mit dem Ziel, möglichst viel gemeinsam zu verabschieden, an diese Gesetzesvorhaben gehen sollten.
Wenn man gerade auch die gegenwärtig schwierige konjunkturelle Lage am Bau sieht, dann kann mit um so größerem Nachdruck darauf aufmerksam gemacht werden, wie richtig es gewesen ist, daß wir die Wohneigentumsförderung umgestellt haben.
Diese Umstellung ist gesellschaftspolitisch wichtig, und es zeigt sich sehr deutlich, daß sie auch unmittelbare konjunkturelle Wirkungen gehabt hat. Das selbstgenutzte Wohneigentum ist für uns - ich möchte es noch einmal unterstreichen - die sozialste Wohnform. Wir wollen alles daransetzen, daß viele Menschen diese Möglichkeit realisieren können,
auch unter Einbindung der Selbsthilfe und weiterführender genossenschaftlicher Überlegungen. Dies ist ja im Eigenheimzulagengesetz ebenfalls angesprochen und geregelt worden.
Wenn ich heute sehe, daß bei sonst deutlich rückläufigen Bauantragszahlen die Zahlen beim selbstgenutzten Wohneigentum in den letzten sechs Monaten um insgesamt 5,3 Prozent nach oben gegangen sind und in den neuen Bundesländern sogar um über 10 Prozent, dann zeigt mir das, daß wir eine vernünftige Regelung getroffen haben. Auch die Bausparkassen bestätigen uns das sehr deutlich. Die zusätzlichen Abschlüsse machen bei einzelnen Instituten über 45 Prozent aus. Ich hatte die Gelegenheit, am Samstag in Hamburg zu sein. Die LBS in Hamburg hat mir einen Zuwachs bei den Bausparpolicen von über 80 Prozent mitgeteilt. Es zeigt sich, daß wir hier einen richtigen Ansatz, der auch gesamtwirtschaftlich richtig ist, verfolgen.
Wir müssen auch die Situation im Haushalt des Bauministeriums sehen. Die Fakten sind bekannt. 1997 wird das Volumen dieses Haushaltes auf 10,4 Milliarden DM wachsen, also um rund 6,2 Prozent. Wenn auf die Frage, woher das komme, gesagt wird, das sei nur eine Reaktion auf die kommenden Bauinvestitionen in Berlin, dann kann ich zunächst einmal festhalten: Selbst wenn Sie die Baumaßnahmen in Berlin herausrechnen, bleibt der Haushalt mit 9,1 Milliarden DM konstant. Wir haben also denselben Ansatz wie 1996. Ich bin sehr erfreut darüber, daß wir mit den Maßnahmen in Berlin so gut vorankommen. Es ist der erklärte Wille, daß wir in der Zeit zwischen 1998 und 2000 in Berlin arbeitsfähig sind. Ich freue mich, lieber Dietmar Kansy, daß wir in guter Zusammenarbeit mit der Baukommission des Deutschen Bundestages dieses Ziel, wie ich glaube, erreichen können. Es ist sinnvoll eingesetztes Geld, das wir für den Ausbau der Hauptstadt mit klarer Vorgabe von Zeit- und Kostenrahmen veranschlagt haben.
Wenn man sich die Hauptposten dieses Etats ansieht, dann stellt man fest, daß sie sich auf die Wohnungsbauförderung, auf die Städtebauförderung, auf das Wohngeld und nicht zuletzt, was viele vergessen, auf die Zinshilfen beziehen, die wir im Zusammenhang mit dem 60-Milliarden-Programm der KfW für die Modernisierung der Wohnungssubstanz in den neuen Bundesländern ausgeben, immerhin im kommenden Jahr 1,3 Milliarden DM mit zunehmender Tendenz. Es ist der Systematik dieser Haushaltsposition zuzurechnen, daß frühere Verpflichtungsermächtigungen erst hinterher in die Baransätze hineinwachsen, so daß wir zur Zeit steigende Baransätze selbst in Bereichen haben, wo wir gegenwärtig die Verpflichtigungsermächtigungen zurücknehmen mußten. Dies ist die gesamte Systematik. Man sollte sie immer wieder herausarbeiten.
Blicken wir auf den Posten der Städtebauförderung. Wieviel Kritisches ist darüber auch an dieser Stelle schon gesagt worden! Es wurde beispielsweise behauptet, wir würden diesen Posten wahrscheinlich gar nicht mehr halten können. Ich kann heute feststellen, er ist ohne jede Einschränkung auch für 1997 mit 600 Millionen DM im Haushalt enthalten.
Ich glaube - bei aller Einsicht auch in die notwendigen Veränderungen, die wir in den alten Bundesländern haben -, daß es nach wie vor richtig ist, den Schwerpunkt bei den neuen Bundesländern mit den angesetzten 520 Millionen DM zu belassen.
Ich darf nur daran erinnern, daß wir damit städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen zur Behebung städtebaulicher Mißstände finanzieren und diese mit Maßnahmen des städtebaulichen Denkmalschutzes zur Erhaltung bedrohter historischer Stadtkerne verbinden können.
Ich möchte an dieser Stelle der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, in besonderer Weise ihrem Präsidenten, Professor Kiesow, sehr herzlich danken. Was sie pro Jahr an privatem Geld für den Denkmalschutz beisteuert, ist wirklich beispielhaft.
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Dadurch wird vieles mit unterstützt, was wir sonst gar nicht realisieren könnten. Da Herr Kiesow hauptamtlich pensioniert worden ist, denke ich, ich sollte ihn hier einmal erwähnen. Ehrenamtlich wird er natürlich in gleicher Weise weiterarbeiten. Wir können uns an dieser Stelle überhaupt keinen Besseren vorstellen. 12 Millionen DM Spendengelder auch in diesem Jahr - meine Damen und Herren, ich finde, das ist eine großartige Sache.
Natürlich, Frau Eichstädt-Bohlig - lassen Sie mich diesen Punkt aufgreifen -, würde der Bauminister für die neuen und die alten Bundesländer gerne noch mehr tun. Ihr Vorschlag, man solle dies mit Hilfe eines Fonds machen, ist schön und gut. Es ist aber für mich überraschend, daß gerade Sie jetzt fordern, wir sollten dies über Steuererleichterungen ermöglichen. Als hätten fehlende Einnahmen nicht genau dieselben Haushaltskonsequenzen wie veränderte Ausgaben! Außerdem sind wir uns alle eigentlich darüber einig, daß wir den Steuersatz senken und die Bemessungsgrundlage verbreitern möchten. Ihr Vorschlag geht genau in die entgegengesetzte Richtung. Von daher glaube ich, daß wir diesen Weg wohl kaum gehen können.
Meine Damen und Herren, ich bin gern bereit, die Verwaltungsvereinbarung für die Nutzung der Städtebauförderungsmittel weiter zu überarbeiten; wir werden dies mit den Bundesländern machen. Ich möchte dabei in besonderer Weise die Erkenntnisse mit einbringen, die wir von Habitat II mitgebracht haben, also die Verbindung von wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Bedingungen für eine nachhaltige Stadtentwicklung. Es wäre sicherlich sehr sinnvoll, wenn wir das gemeinsam mit den Ländern machen könnten.
Diese Entwicklung erfordert nicht nur Geld, sondern auch den richtigen rechtlichen Rahmen. Deswegen ist es auch sinnvoll, daß wir ein Planungsrecht aus einem Guß schaffen wollen, daß wir in einem Artikelgesetz Baugesetzbuch, Baunutzungsverordnung und Raumordnungsgesetz novellieren wollen. Dies liegt jetzt im Bereich der parlamentarischen Beratungen. Ich hoffe, daß wir die entscheidenden Ziele gemeinsam verfolgen können, nämlich die Bestimmungen übersichtlicher und einfacher zu gestalten.
- Das war ein schöner Zwischenruf, Herr Kollege. Ich habe ihn mit großer Freude erwartet - allerdings nicht in erster Linie von Ihnen, Herr Kollege Fischer; das möchte ich hinzugefügt haben. Aber manchmal werden die eigenen Erwartungen nicht erfüllt. Sie, Herr Fischer, kommen wahrscheinlich wegen Ihrer veränderten Ernährungsform auf solche Dinge.
Aber wieder zurück, meine Damen und Herren: Wir möchten das Planungsrecht insgesamt einfacher, transparenter und für die Gemeinden gestaltungsfreudiger machen. Wir möchten erreichen, daß es wirklich bessere Voraussetzungen für eine Stadt der kurzen Wege gibt. Wir können nicht auf der HabitatKonferenz in Istanbul und anderswo reden und dann hierhinkommen und nichts weiter an unserem eigenen Planungsrecht machen. Ich weiß, wir werden hierüber noch intensive Diskussionen führen. Das ist bei einem solch umfassenden Werk auch mehr als verständlich.
Das Verfahren ist in Gang gesetzt. Ich hoffe, daß wir das neue Recht auf jeden Fall bis zum 1. Januar 1998 werden umsetzen können. Anderenfalls laufen die Übergangsbestimmungen aus dem Prozeß der deutschen Einheit aus, und das wäre sicherlich die schlechteste Regelung. Wir brauchen eine Anschlußregelung für diese Bereiche wie zum Beispiel städtebauliche Verträge.
Lassen Sie mich der Vollständigkeit halber hinzufügen: Ob es wirklich die beste Idee ist, in diesen Prozeß Überlegungen für einen Planungswertausgleich einzubringen, wie es jetzt durch die nordrhein-westfälische Landesregierung geschehen ist, möchte ich mit einem ganz dicken Fragezeichen. versehen. Sehen Sie sich das Gutachten der Experten an! Wir haben mit den städtebaulichen Verträgen und den anderen Regelungen leistungsfähige Instrumente, um auch die Folgekosten zu tragen. Diese sollten wir nutzen; wir sollten nicht nach neuen Instrumenten Ausschau halten. Ich glaube, es wäre sinnvoller, so vorzugehen.
Meine Damen und Herren, im sozialen Wohnungsbau werden wir - das sagte ich bereits - bei den Ausgaben mit 2,93 Milliarden DM sogar noch einen Anstieg haben.
Wir können aber - auch mit Blick auf die mittelfristigen Sparnotwendigkeiten - den Verpflichtungsrahmen nicht mehr in gleicher Weise erhalten, so daß wir ihn um 200 Millionen DM auf nunmehr 2,01 Milliarden DM kürzen, davon 1,2 Milliarden DM für die alten und 810 Millionen DM für die neuen Länder.
Wenn wir das tun, dann müssen wir auch daran arbeiten, diese Mittel möglichst effizienter und besser einzusetzen. Deswegen noch einmal an dieser Stelle der Hinweis darauf, daß wir uns mit der einkommensorientierten Förderung im sozialen Wohnungsbau auf jeden Fall eine gezieltere Verwendung dieser Mittel vorstellen und daß wir deswegen nicht weniger bauen, sondern diese Mittel sozial gezielter und mit einer Kostenobergrenze an den Markt bringen können.
Ich glaube, daß es sinnvoll ist, darüber nachzudenken, ob im Bereich des Bergarbeiterwohnungsbestandes wirklich weiterhin aufgestockt werden muß oder ob die Rückflüsse aus diesem Darlehensvermögen, die in der Größenordnung von etwa 60 bis 70 Millionen DM pro Jahr liegen, nicht in die allgemeine Förderung des sozialen Wohnungsbaus mit hineingenommen werden sollen. Wir schlagen Ihnen das vor. Ich hoffe, daß jedem klar ist: Hier geht es nicht um die Bestände. Wir haben rund 230 000 Wohnungen im Bergarbeiterwohnungsbestand. Damit können die Anforderungen, die vom Bergbau an die Wohnungsfürsorge gestellt werden, wirklich befriedigt werden, und der Zuwachs kann dem allgemeinen sozialen Wohnungsbau hinzugefügt werden.
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Wir werden deswegen das Zweite Wohnungsbaugesetz zu- einem Wohnungsbaugesetzbuch weiterentwickeln. Wir legen den Referentenentwurf in Kürze vor. Ich hoffe, daß wir uns hier in den Zielen klar und einig sind. Wir wollen die stärkere Einkommensorientierung. Wir wollen in diesem Wohnungsbaugesetz die Vermeidung einseitiger Bewohnerstrukturen, die Stärkung der Bereitschaft zur Selbsthilfe und zur Schaffung von Wohneigentum, das kosten- und flächensparende Bauen und nicht zuletzt das umweltgerechte Bauen zusammenfassend besser konzentrieren und damit eine gute Rechtsgrundlage schaffen.
Meine Damen und Herren, ich komme zum letzten Punkt - sicherlich einem sehr wichtigen und ganz bedeutsamen -, nämlich zum Problem des Wohngeldes. Es ist ganz unstrittig, daß wir beim Wohngeld angesichts der aktuellen Haushaltssituation eine generelle Veränderung und Erhöhung nicht erreichen konnten. Ich bin gespannt, wie sich das demnächst bei den Bundesländern darstellen wird. Denn wir haben beschlossen, daß Kollege Waigel mit den Finanzministern der Bundesländer über das Volumen verhandeln wird, das insgesamt für das Wohngeld verfügbar ist. Gegenwärtig kann ich nur festhalten: Das Wohngeld steigt gegenüber dem Finanzplan. Es sinkt nicht, sondern es steigt. Wer also glaubt, hier werde ein sozialer Kahlschlag vorgenommen, muß sich einfach einmal die Zahlen ansehen, damit er weiß, über was er spricht.
Wir sind der Überzeugung, daß wir den Übergangsprozeß in den neuen Bundesländern nach wie vor flankieren müssen - deswegen der Entwurf eines Wohngeldüberleitungsgesetzes, ausgestattet mit Mitteln jeweils in Höhe von 80 Millionen DM bei Bund und Ländern. Wir haben - entgegen der Meinung vieler anderer, die in ganz besonderer Weise laut dagegen protestiert haben - eines zur Kenntnis genommen: Die Kollegen aus den neuen Bundesländern haben mit uns darüber sehr sachlich und, wie ich meine, auch sehr kompetent gesprochen. Sie haben den Weg, den wir gehen, nicht abgelehnt. Sie haben einige Ergänzungen gefordert. Es ist eigentlich das Selbstverständlichste, daß man, wenn man ein Gesetz vorlegt, nicht von vornherein Einmütigkeit hat. Wir werden uns darüber unterhalten müssen, ob die von den neuen Bundesländern vorgeschlagenen drei Punkte aufgearbeitet werden können. Dies ist ein Angebot, das wir von vornherein gemacht haben.
Ich sage noch einmal: Von einem Kahlschlag oder einer 80prozentigen Minderung kann beim besten Willen nicht die Rede sein. Als ich gestern in Berlin war, habe ich die „Berliner Zeitung" gelesen, weil ich glaubte, selbst gemeint zu sein. Ich las dort die große Überschrift „Schröder für weniger Sozialstaat". Dem Mann sollte man sagen, er müßte seine eigene Fraktion einmal darüber unterrichten, daß das, was wir vorlegen, auf keinen Fall ein Kahlschlag ist.
Es wäre gut, wenn er in Niedersachsen entsprechend handeln würde.
Wir werden den Sozialstaat nicht abbauen, sondern ihn auch im Bereich der Wohnungspolitik gezielt weiterentwickeln. Das ist unsere Aufgabe.
Ich danke Ihnen sehr herzlich.