Rede von
Horst
Friedrich
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(F.D.P.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es reizt einen schon, auf so etwas zu antworten, aber ich verkneife es mir heute im Hinblick auf bestimmte sachliche Inhalte. Eines kann ich mir allerdings nicht ganz verkneifen, Herr Kollege Wagner: Vielleicht sollten Sie sich einmal bei Ihrem Fraktionsvorsitzenden erkundigen. Sie haben schließlich den Transrapid ins Gespräch gebracht. Wenn meine Informationen richtig sind, war ein
Fraktionsvorsitzender namens Scharping - ich lasse die Partei einmal offen; Sie können selbst eruieren, wo er ist - letzthin am Versuchsgelände und hat sich lobend a) über die Technik und b) über die Art und Weise des Einsatzes ausgesprochen. Vielleicht ist er sogar der erste, der einen Brief, den er schon einmal geschrieben hat, jetzt auch in andere Fragen umsetzt.
Die Ausgestaltung des Verkehrshaushaltes war in diesem Jahr stärker noch als in vielen vergangenen Jahren von zwei Faktoren bestimmt: Zum einen konnte der Etat des Bundesministers für Verkehr nicht aus den allgemeinen Sparmaßnahmen ausgenommen werden, andererseits - das ist mindestens genauso wichtig - ist der Ausbau des Standortfaktors Verkehrsinfrastruktur auch in Deutschland zu gewährleisten. Wie notwendig das ist, zeigen die Erfolge in den neuen Bundesländern.
Der vorliegende Entwurf für den Einzelplan 12 muß auch deshalb vor diesem Hintergrund betrachtet werden. Insofern ist es wichtig, daß einem Rückgang des Ausgabenvolumens in Höhe von fast 12 Prozent ein nur um 3 Prozent sinkender Investitionsanteil gegenübersteht. Das ist hauptsächlich dadurch eingetreten, daß, durch lange gesetzliche Regelungen vorherbestimmt, 3 Milliarden DM aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz nicht mehr im Verkehrshaushalt, sondern an anderer Stelle etatisiert werden. Sie werden deshalb nicht eingespart, sondern an anderer Stelle über andere Finanzierungshaushalte an die Länder weitergegeben.
Ich hoffe allerdings, daß sie in den Länderhaushalten nicht verschwinden, sondern dem Zweck zugeführt werden, für den sie gezahlt werden, und daß sich nicht die Tendenz fortsetzt, daß die Länder ihre Finanzierungsanteile zur Kofinanzierung einsparen, weil ihnen der Bund mehr Geld zur Verfügung stellt. Das wäre tatsächlich eine Nullnummer. Insofern sind auch die Länder gefordert.
Mit knapp 20 Milliarden DM Investitionen bleibt der Verkehrshaushalt der größte und wichtigste Investitionsetat. Zu den Auswirkungen auf die Konjunktur und die Auftragsbücher in der Bauwirtschaft durch Investitionen in Höhe von 1 Milliarde DM ist schon etwas gesagt worden.
Ich will allerdings nicht verhehlen, daß wir da auf einem sehr schmalen Grat wandeln. Aus der Sicht meiner Fraktion haben wir mit dem jetzigen Niveau der Verkehrsinfrastrukturausgaben das unterste Limit erreicht. Wir haben in den letzten Jahren die Haushaltsregel gehabt, daß 50 Prozent der Ansätze investiv sind. Wir sind mittlerweile von 46 Prozent über 44 Prozent bei 42 Prozent Investitionsanteil angelangt.
Angesichts der prognostizierten Entwicklungen - EU, Öffnung nach Osten, Erweiterung des Wirtschaftsraums, GUS usw. - ist aus unserer Sicht damit die untere Grenze erreicht. Einsparpotentiale, die jetzt noch vermutet werden und die im nichtinvesti-
Horst Friedrich
ven Bereich liegen, sind vielleicht noch vorhanden, aber sie reichen bei weitem nicht aus, um Milliardengrößen zu erreichen. Eine weitere Einsparung zu Lasten von Investitionen ist aus unserer Sicht nicht hinnehmbar.
Was für den Einzelplan 12 insgesamt gilt, gilt natürlich auch für die verschiedenen Einzelansätze der Verkehrsträger. Fangen wir mit dem Straßenbau an. Wir haben seit vielen Jahren unverändert einen Ansatz in Höhe von 10,1 Milliarden DM. Bei Anrechnung bestimmter Preisindizes und Abzug günstiger Ausschreibungsbedingungen ist das real eine Rücknahme und keine Verstetigung der Mittel.
Wir haben das Problem, daß das Bundesfernstraßennetz zu fast zwei Dritteln in den 60er und 70er Jahren, auch noch unter SPD-Verkehrsministern, gebaut worden ist und jetzt langsam in die Jahre kommt. Das heißt: Wir müßten eigentlich den im Haushaltsansatz für die Erhaltung dieser Infrastruktur nötigen und angesetzten Betrag um rund 2 Milliarden DM erhöhen, wenn wir all das machen würden, was gewünscht wird. Wenn wir das tun, können wir uns auf der anderen Seite vom Ausbau der Verkehrsinfrastruktur in den neuen Bundesländern verabschieden. Das kann auch nicht sein. Insofern hat der Vorrang. Aber das sind Bedingungen, über die nachgedacht und seriös und sachlich geredet werden muß.
Dies gilt auch für die Schiene. Dauernd wird hier beklagt, daß die Ansätze für die Schiene gekürzt worden sind. Wir haben jetzt ein Volumen, das tatsächlich verbaut werden kann. Es nützt kein Ansatz von 10 Milliarden DM, wenn nur 7 Milliarden DM umgesetzt werden können. Das ist ein Nullum, weil es der Finanzminister dann wieder kassiert.
- Das ist kein Blödsinn, das ist mehrfach besprochen worden. Jetzt sind wir bei einem Volumen angelangt, das verbaut werden kann.
Ich begrüße ausdrücklich, daß die Bahn bereit ist, aus ihrer Sicht zusätzlich 6,9 Milliarden DM zum Ausbau zur Verfügung zu stellen. Allerdings muß ich sagen, daß die Veräußerung der Liegenschaften etwas schleppend in Gang zu kommen scheint. Um die notwendigen Investitionen nicht zu gefährden, spricht man davon, im nächsten Jahr mit einer Kreditaufnahme bei der Bahn von einigen 100 Millionen DM Geld hereinzubekommen. Sosehr wir das begrüßen, so sehr muß aus Sicht der F.D.P., wenn es um Versäumnisse in der Abwicklung von bestimmten Privatisierungsaufträgen geht, darauf hingewiesen werden, daß das nicht so einfach ohne jede Kritik hingenommen werden kann und darüber mit Sicherheit noch geredet werden muß und Beratungsbedarf besteht. Auch das sollte man einmal in aller Bescheidenheit anmerken.
Zu den sogenannten Privatfinanzierungsmodellen - das Konzessionsmodell ist keine echte Privatfinanzierung, sondern eine private Vorfinanzierung - ist schon einiges gesagt worden. Ich will nur deutlich darauf hinweisen, daß die Koalition und selbstverständlich auch die F.D.P. weiß, daß jede weitere Finanzierung dieser Art die Haushaltsspielräume der Zukunft reduziert. Deshalb haben wir schlauerweise schon gesagt, mehr als 10 Prozent des Gesamtvolumens dürfen sowieso nicht erreicht werden. Das ist mittlerweile erreicht. Damit ist, glaube ich, dieses Thema zu den Akten gelegt. Da sind Sie mir, Herr Wagner, eine Alternative schuldig geblieben. Was wäre denn, wenn wir jetzt aus der Privatfinanzierung, aus dem Konzessionsmodell für die Strecke Nürnberg-Ingolstadt aussteigen würden? Dann hätten wir zunächst einmal Stillstand, weil dann für die Strecke München-Augsburg-Nürnberg erst einmal die Planungsarbeiten beginnen müßten.
Das dauert mindestens fünf Jahre. Auch diesen Zusammenhang müssen Sie sehen, wenn Sie vorhin aus Ihrer und auch aus meiner Sicht richtigerweise auf die Konsequenz von Ausgaben für die Arbeitsplätze hingewiesen haben.
Sie müssen darüber hinaus ehrlicherweise natürlich folgendes beachten. Wenn Sie ein Konzessionsmodell, in dem die Zinsen pro Projekt ausgewiesen sind, mit der Finanzierung über den Bundeshaushalt vergleichen, dann müßten Sie natürlich auch darauf reflektieren, daß auch diese Mittel nicht automatisch vorhanden sind, sondern in aller Regel auf dem Geldmarkt aufgenommen werden, die Zinslast dafür allerdings in einem anderen Haushaltstitel verschwindet. Deswegen muß man, wenn man vergleicht, schon Äpfel mit Äpfeln und nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Vorhin ist schon einmal gesagt worden: Man kann Politik gegen vieles machen, aber nicht gegen Adam Riese. Als Oberfranke weiß ich das.
Deswegen werden wir den Einzelplan 12 sehr kritisch, aber unter diesen Prämissen weiterhin wohlwollend begleiten.
Danke sehr.