Herr Kollege, lassen wir einmal diese Dinge beiseite, die Sie zur Illustration anfügen. Wir wollen nicht mit Sekunden hin und her rechnen. Das ist nicht das Thema. Generell geht es darum, daß wir mit diesen Privatfinanzierungsmodellen mehr Investitionsspielraum geschaffen haben. Wir sind uns sehr wohl dessen bewußt, daß wir es letztlich alle miteinander in einer bestimmten Zeit wieder bezahlen müssen. Das ist überhaupt keine Frage. Es ist die Frage: Welche Haushalte und welche Haushaltsjahre werden damit belastet, und was ist auf der anderen Seite als vordringliche Infrastrukturbereitstellung zu leisten? Darum geht es, um nicht mehr und nicht weniger.
Zu Ihrer Sekundenrechnerei darf ich sagen: Ich hatte in der vergangenen Woche die Gelegenheit, mit dem Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bahn AG, Herrn Dürr, über diese Fragen zu sprechen. Er hat mir ausdrücklich von sich aus versichert, daß er mit seinen zuständigen Leuten den Dingen sehr genau nachgehen wird, daß er prüfen wird, ob die Dinge volkswirtschaftlich Sinn machen oder nicht, wieviel Geld man einsetzen muß oder nicht, weil nur minimale Fahrzeitgewinne natürlich nicht in seinem Sinne und unser aller Sinne sein können. Also unterhalten Sie sich öfter mit den zuständigen Leuten, dann erfahren Sie auch das Richtige.
- Ich gehe jetzt nicht mehr auf die Zwischenrufe ein, denn sonst sind wir noch um Mitternacht hier.
Auch bei den Bahninvestitionen ist mit den vorgesehenen Ansätzen die Durchführung notwendiger und realisierbarer Maßnahmen sichergestellt. Durch unternehmerisches Handeln und mehr Flexibilität bei Planung und Durchführung von Maßnahmen hat die Deutsche Bahn AG erreicht, mit den verfügbaren Mitteln mehr Streckenkilometer und einen größeren Teil des Schienennetzes volkswirtschaftlich sinnvoll und dennoch den Anforderungen der Zukunft entsprechend bauen bzw. ausbauen zu können, als das bisher angenommen werden konnte.
Ein so dichtbesiedeltes Land mit einem gleichzeitig so hohen Wohlstandsniveau wie die Bundesrepublik Deutschland braucht dringend eine gute Infrastruktur. Leistungsfähige Verkehrswege sind geradezu Voraussetzung und Rückgrat für das wirtschaftliche, gesellschaftliche und soziale Zusammenleben. Sie dienen den Menschen - ganz im Gegensatz zu den Parolen der Ablehnung und Verteufelung, wie sie mancherorts zu hören sind.
Auch wenn wir gelegentlich noch weitergehende Wünsche haben, was die Realisierung von Ausbauoder Neubauvorhaben betrifft, so dürfen wir doch feststellen, daß das Verkehrswegenetz der Bundesrepublik Deutschland im internationalen Vergleich hervorragend abschneidet. In einer Zeit, in der ständig über die Standortfaktoren der Bundesrepublik Deutschland - wie ich meine, zu oft nur über die negativen Standortfaktoren - gesprochen wird,
will ich feststellen, daß die Verkehrsinfrastruktur neben einer Vielzahl anderer einen hervorragenden, sehr positiven Standortfaktor darstellt. Das sage ich durchaus in Richtung derer, die es angeht, die nicht müde werden, nur negativ über den Standort Deutschland zu reden.
Bartholomäus Kalb
- Ich schaue den Kollegen Wagner nur an, weil er weiß, wen ich meine.
Er meint genauso wie ich Leute in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft.
Daß Wirtschaft und Bevölkerung aus peripheren Gebieten nicht abwandern, daß sich strukturschwache Gebiete und Randregionen entwickeln konnten und daß damit einhergehend ein hohes Maß an sozialer Stabilität und innerer Sicherheit gewährleistet werden kann, ist nicht zuletzt auf die erfolgte Anbindung und Erschließung der Fläche zurückzuführen.
Um das zu illustrieren, kann ich Ihnen - und da wir über den Haushalt sprechen, auch in Zahlen - die Frachtleistungen der Verkehrswege in unserem Land darstellen und sagen, welche Mittel wir dafür aus dem Bundeshaushalt für Investitionen zur Verfügung stellen. Die Personenbeförderung lasse ich einmal außer acht. Auf unseren Fernstraßen und Autobahnen werden 802 Millionen Tonnen an Gütern befördert; im Bundeshaushalt sind jetzt 8,1 Milliarden DM veranschlagt. Auf dem Schienennetz werden 302 Millionen Tonnen transportiert; der Haushalt weist 7,2 Milliarden DM für Investitionen aus. Für die Wasserstraßen sind es bei 243 Millionen Tonnen an Gütern 1,1 Milliarden DM. Hierin spiegelt sich auch die Geschäftstätigkeit unserer Gesellschaft wider. Die besondere Flexibilität des Straßenverkehrs wird dabei offenbar gegenüber der Bahn von den Nutzern bevorzugt.
Die Politik muß Rahmenbedingungen für die Verkehrsströme setzen. Das tun wir. Durch die Privatisierung der Bahn und durch Investitionen in das Wasserstraßennetz wollen wir eine Verlagerung der Verkehrsströme von der Straße weg und damit ein doppeltes Ziel erreichen: eine größere Umweltfreundlichkeit des Verkehrs und die Vermeidung des Verkehrsinfarktes auf der Straße, der uns bei den prognostizierten Zuwachsraten insbesondere des Transitverkehrs sonst unweigerlich drohen würde.
Es ist mir ein großes Anliegen, die Verkehrsprojekte in den neuen Ländern zügig durchführen zu können. Ich habe mich deshalb in der Sommerpause bemüht, mir vor Ort ein Bild vom Stand der Maßnahmen zu verschaffen. Nach meiner festen Überzeugung ist die Verkehrsinfrastruktur - weit mehr als jeder Zuschuß und jede Abschreibungsmöglichkeit - wichtigste Voraussetzung für das Erreichen einer selbsttragenden Wirtschaftsleistung in den neuen Ländern.
Um so schneller dies gelingt, desto mehr ist es zum Nutzen von uns allen. Gott sei Dank gibt es in diesem Zusammenhang bisher keine Ost-West-Diskussion; wir sollten sie auch in Zukunft nicht entstehen lassen.
Die Förderung des Personennahverkehrs erlebt derzeit einen sehr deutlichen Schub. Minister Wissmann hat vorhin sehr deutlich darauf hingewiesen. Mit den nach dem Regionalisierungsgesetz den Ländern pauschal zugewiesenen Mitteln wird zum Teil mit großem Erfolg versucht, das Angebot des öffentlichen Personennahverkehrs auf Schiene und Straße deutlich zu verbessern. Solche erfolgreichen Bemühungen werden von uns ausdrücklich begrüßt. Allerdings hat man auch da und dort das Gefühl - das verschweige ich ebenfalls nicht -, daß es sich nicht immer um vom Bürger nachgefragte und akzeptierte Angebote handelt, sondern daß es auch eine gewisse Neigung zu Steckenpferden von Lokal- und Regionalpolitikern gibt. Sie glaubt man sich angesichts des Umstandes leisten zu können, daß andere, letztlich der Bund, bezahlen. Bei aller Bejahung der Notwendigkeit der Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs scheint es mir wichtig und geboten zu sein, die Aspekte der wirtschaftlichen Vertretbarkeit und der Effizienz des Mitteleinsatzes nicht völlig außer acht zu lassen. Nachdem die Zuweisungen an die Länder gemäß § 5 des Regionalisierungsgesetzes 1997, wie vorhin schon erwähnt, auf 12 Milliarden DM steigen, liegt die Gefahr des etwas großzügigeren Umganges mit dem Geld durchaus auf der Hand.
- Wir sind Haushälter des Bundes.
Meines Erachtens muß auf den effizienten und sinnvollen Mitteleinsatz besonders geachtet werden, und das muß bei der Überprüfung der Haushaltsansätze entsprechend der Revisionsklausel eine entscheidende Rolle spielen.
Die erhöhten Regionalisierungsmittel müssen meines Erachtens die Länder auch in die Lage versetzen, in ihren Haushalten intern Umschichtungen vorzunehmen, damit sie den Mittelbedarf für notwendige kommunale Straßenbaumaßnahmen befriedigen können und sie nicht die Kommunalpolitiker auf die Bundespolitiker loshetzen müssen.
Diese Möglichkeiten gibt es. Ich habe mich erst in der letzten Woche mit dem dafür zuständigen bayerischen Staatsminister unterhalten. Dort ist man dazu bereit. Ich wünsche, daß auch in anderen Ländern die Mittel dann so eingesetzt werden, daß nicht die Kommunen zum Schluß die Leidtragenden sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf noch auf einen Punkt eingehen, der ebenfalls heute morgen bei der Rede von Frau Kollegin MatthäusMaier eine Rolle gespielt hat. Vielleicht schenkt sie mir ja auch die Ehre ihrer Aufmerksamkeit.
- Sie war ja heute früh vergleichsweise milde. Deswegen ist hier eine übertriebene Schärfe auch nicht angebracht.
Sie haben heute morgen davon gesprochen, daß wir, wenn man das Flugbenzin besteuern würde, 6,5 Milliarden DM mehr Steuereinnahmen hätten.
Bartholomäus Kalb
- Oder 6,7; lassen wir die Stellen hinter dem Komma einmal weg.
Das ist natürlich höchst raffiniert, wenn man so etwas vor laufenden Fernsehkameras behauptet. Ich habe mich in meiner Haushaltsrede im letzten Jahr selber mit der Frage der Flugbenzinbesteuerung befaßt. Ich teile insoweit Ihre Auffassung, daß es richtig wäre, Flugbenzin zu besteuern. Aber Sie wissen genauso wie ich, daß es nicht genügt, das national umzusetzen,
daß es eine gesamteuropäische Lösung geben müßte und daß wahrscheinlich auch diese nicht ausreichen würde. Ich habe in meiner letztjährigen Haushaltsrede darauf hingewiesen, daß seinerzeit das GATT - das ist die jetzige WTO - sehr gut daran getan hätte, sich einmal mit dieser Frage auseinanderzusetzen.
Aber wenn wir das nur auf nationaler Ebene regeln wollten - den Eindruck haben Sie ja erweckt -, dann muß ich einwenden: Es ist doch überhaupt kein Problem, den Umlauf der Flugzeuge so zu organisieren, daß man eben in Paris, in Amsterdam oder sonstwo auftankt.
Auch wenn wir das auf europäischer Ebene regeln wollten, sehe ich noch die Gefahr, daß internationale Drehscheiben in Deutschland und auch in Europa teilweise ihre Bedeutung verlieren würden. Dann müssen wir die Folgen für die Standorte Frankfurt, München und Düsseldorf auch den Betroffenen und der Wirtschaft dieser Regionen deutlich vor Augen führen. So einfach, wie Sie es sich gemacht haben, geht es nicht. Ich bin sehr für eine Flugbenzinbesteuerung. Wenn Sie im Kreise Ihrer sozialistischen Brüder auf europäischer oder internationaler Ebene zu entsprechenden Vereinbarungen kommen, würde ich mich sehr freuen. Aber, wie gesagt, es geht nur auf die erwähnte Art und Weise.
Es sollte nicht so sein, daß man dem Zuschauer am Fernsehgerät Sand in die Augen streut und sagt: Waigel versteht es nicht, weitere 6,5 Milliarden DM in die Kassen zu bringen.
Ich darf mich herzlich bedanken.