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ID1312004200

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    Plenarprotokoll 13/120 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 120. Sitzung Bonn, Dienstag, den 10. September 1996 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeordneten Hansjürgen Doss 10701 A Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1997 (Haushaltsgesetz 1997) (Drucksache 13/5201) 10701 B b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 1996 bis 2000 10701 B Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 10701 B Ingrid Matthäus-Maier SPD 10711 A Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 10719 C Hans-Peter Repnik CDU/CSU 10720 C Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10725 B Dr. Wolfgang Weng (Gerungen) F.D.P. . 10729 A Dr. Barbara Höll PDS 10735 B Adolf Roth (Gießen) CDU/CSU 10737 B Detlev von Larcher SPD 10741 C Dankward Buwitt CDU/CSU 10744 B Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 10746 B Wilfried Seibel CDU/CSU 10747 B Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMU 10748 D Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . 10751 C Arnulf Kriedner CDU/CSU 10753 B Ingrid Matthäus-Maier SPD . 10753 D, 10766 D Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10755 B Birgit Homburger F.D.P. 10756 C Eva Bulling-Schröter PDS 10758 B Eckart Kuhlwein SPD 10759 A Matthias Wissmann, Bundesminister BMV 10761 B Horst Kubatschka SPD 10763 B Hans Georg Wagner SPD 10763 D Bartholomäus Kalb CDU/CSU 10766 A Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10767 A Gila Altmann (Aurich) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10769 B Matthias Wissmann CDU/CSU 10770 A, 10776 A Horst Friedrich F.D.P. 10771 B Dr. Winfried Wolf PDS 10772 D Elke Ferner SPD 10773 D Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 10776 D Achim Großmann SPD 10779 C Gert Willner CDU/CSU 10781 C Norbert Formanski SPD 10782 C Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10784 C Jürgen Koppelin F.D.P 10786 B Otto Reschke SPD 10787 D Klaus-Jürgen Warnick PDS 10788 C Dieter Maaß (Herne) SPD 10789 C Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. 10790 D Dr. Wolfgang Bötsch, Bundesminister BMPT 10791 C Hans Martin Bury SPD 10793 A Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein CDU/CSU 10795 A Dr. Manuel Kiper BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10797 B Dr. Max Stadler F.D.P. 10798 C Gerhard Jüttemann PDS 10800 A Eike Hovermann SPD 10801 A Nächste Sitzung 10803 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 10805* 120. Sitzung Bonn, Dienstag, den 10. September 1996 Beginn: 11.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Andres, Gerd SPD 10. 9. 96 Augustin, Anneliese CDU/CSU 10. 9. 96 Beck (Bremen), BÜNDNIS 10. 9. 96 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Behrendt, Wolfgang SPD 10. 9. 96 * Berninger, Matthias BÜNDNIS 10. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Borchert, Jochen CDU/CSU 10. 9. 96 Dr. Däubler-Gmelin, SPD 10. 9. 96 Herta Duve, Freimut SPD 10. 9. 96 Gansel, Norbert SPD 10. 9. 96 Glos, Michael CDU/CSU 10. 9. 96 Dr. Glotz, Peter SPD 10. 9. 96 Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Kanther, Manfred CDU/CSU 10. 9. 96 Kurzhals, Christine SPD 10. 9. 96 Dr. Lucyga, Christine SPD 10. 9. 96 * Matschie, Christoph SPD 10. 9. 96 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 10. 9. 96 Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 10. 9. 96 Hermann Schlauch, Rezzo BÜNDNIS 10. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Verheugen, Günter SPD 10. 9. 96 Voigt (Frankfurt), SPD 10. 9. 96 Karsten D. Wallow, Hans SPD 10. 9. 96 Dr. Zöpel, Christoph SPD 10. 9. 96 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
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    Rede von Arnulf Kriedner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Sehr geehrte Frau Kollegin Matthäus-Maier, ich möchte meine Redezeit nicht dazu gebrauchen, um noch einmal das vorzutragen, was Sie von Herrn Müller soeben gehört haben.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Die Zeit dafür wird nicht angerechnet!)


    Arnulf Kriedner
    - Nein. Aber warum soll ich das doppelt vortragen? Er hat sich ja selbst mit seiner Rede diskreditiert.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Lachen und Widerspruch bei der SPD)

    Das wäre nun wirklich zuviel verlangt. Ich will Ihnen nur sagen, daß die von Ihnen angepeilte ökologische Steuerreform vielleicht das einzige Stichwort in der ganzen Rede war, über das man sprechen könnte; bloß, darauf lag nur der Nebenakzent und nicht der Hauptakzent.
    Jetzt will ich aber etwas zum Haushalt selbst sagen: Meine Damen und Herren, natürlich sind alle Haushaltsteile dem Zwang zum Sparen unterlegen. Ich stelle mich nicht hierhin und sage: Bloß weil unter dem Strich bei diesem Haushalt ein Plus von etwa 0,3 Prozent herausgekommen ist, hat die Regierung nicht gespart. Das ist nicht der Fall. Hier ist kein echtes Plus vorhanden. Das stelle ich fest. Ich sage, um einigem zu begegnen, was gleich vorgetragen werden wird: Einige Haushaltsansätze in diesem Haushalt passen mir noch nicht; aber wir stehen ja erst am Beginn der Beratung.
    Ich sage Ihnen nun, wo mir etwas nicht paßt. Das ist der Fall bei den von der Frau Ministerin hervorgehobenen Ansätzen im Bereich des Naturschutzes, auch bei den Naturschutzgroßprojekten, wo wir einen gemeinsamen Kampf gekämpft haben, um wenigstens die Ansätze zu halten. Das ist auch bei den Möglichkeiten der Wirtschaft zur Investition in Umweltprojekte so. Dort, meine ich, ist die Absenkung um gut 7 Millionen DM nicht verträglich.
    Es gibt aber natürlich schon ein Signal in diesem Haushalt, nämlich das Signal, daß genau in den Haushaltsteilen, die wir mit Blick auf umweltpolitische Ansätze für wichtig halten, keine Sparmaßnahmen vorgenommen werden. Es gibt ein weiteres Signal bei dem Kreditförderungsprogramm des Bundes, das eben von der Frau Ministerin vorgetragen wurde. Da wird mit zinsgünstigen Krediten ein Riesenvolumen von rund 15 Milliarden DM in Gang gesetzt. Meine Damen und Herren, auch da sage ich: Angesichts solcher Tatsachen muß ich Herrn Müller vorwerfen, daß er nicht Zeitung liest, denn sonst wüßte er es besser.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Er ignoriert die Fakten! Zuruf von der SPD)

    - Herr Kollege, das Volumen der Banken ist in diesem Bereich um 35 Prozent erhöht worden. Die Zahl der Beschäftigten in Umweltindustrien, die ich Ihnen eben genannt habe, zeigt ja, daß dieses Programm zieht. Warum sind denn diese Programme ausgebucht? Das wären sie nicht, wenn all das stimmen würde, was Sie hier erzählen. Mit anderen Worten: Natürlich ist das der richtige Weg.
    Dann, so finde ich, ist es geradezu unglaublich, daß Sie immer mit spitzen Fingern auf den jeweiligen Umweltminister - das haben Sie früher bei Herrn Minister Töpfer genauso gemacht, wie Sie es jetzt bei der Frau Ministerin Merkel tun - zeigen und immer so tun, als ob der Bund bei der Umweltpolitik alleine in der Pflicht sei. Da sehe ich auch die Mitte dieses
    Hauses, nämlich die Grünen, an. Inzwischen gibt es mehr Umweltminister der SPD und der Grünen als solche von CDU und CSU in diesem Land. Machen Sie also dort die Politik, die Sie hier lauthals fordern; denn der große Teil der Ausführungspolitik - das wissen Sie genauso gut wie ich - wird in den Ländern und nicht vom Bund gemacht. Ich wäre sehr dankbar, wenn Sie sich das einmal überlegen würden und dort Dampf machen würden, wo es angebracht ist. Aber statt dessen ist es so, daß in den rotgrünen Koalitionen in der Umweltpolitik mehr Streit und Gezerre herrscht als hier in diesem Hause. Das ist bemerkenswert. Sehen Sie sich einmal NordrheinWestfalen an! Ich prophezeie Ihnen dieselben Auseinandersetzungen auch in Schleswig-Holstein. Darüber werden wir alle miteinander noch zu diskutieren haben.
    Meine Damen und Herren, ich will noch einige Punkte ansprechen, und - daran liegt mir -, einen besonderen Schwerpunkt herausarbeiten.

    (Zuruf von der SPD)

    - Das war sehr qualifiziert, Herr Kollege. Dafür sollten Sie sich einen Orden bei Ihrer Fraktionsführung abholen.
    In dieser Wahlperiode haben wir ein wichtiges Vorhaben, und zwar soll das Umweltbundesamt von Berlin nach Dessau verlagert werden. Wir alle wissen, daß ein Behördenumzug für die Beschäftigten nicht mit besonderer Freude verbunden ist. Das merken wir auch beim Umzug von Bonn nach Berlin. Aber, meine Damen und Herren, ich möchte als Abgeordneter aus einem der neuen Bundesländer sagen: Dies ist ein Vorgang, der Signalwirkung hat. Ich möchte, Frau Ministerin - sie sitzt unter den Abgeordneten -, begrüßen, daß es gelungen ist, 3 Millionen DM für den Grunderwerb in den Haushalt einzustellen. Aber das genügt mir nicht. Mir genügt auch nicht die Tatsache, daß wir in Zukunft zwei Stellen im Umweltbundesamt haben werden, die den Umzug befördern. Ich meine, es muß ein bißchen mehr getan werden.
    Wir müssen in dieser Wahlperiode dem Versprechen Rechnung tragen, daß der Umzug mit sichtbaren Zeichen begonnen wird. Ich glaube, daß wir diesen Umzug auch durch richtige Schwerpunktsetzung
    - auch in der Nähe von Dessau; ich habe eben über ein anderes Projekt in dieser Gegend gesprochen - beschleunigen müssen. Ich muß Ihnen sagen: Was dort gelegentlich in der Verwaltung gelaufen ist, befriedigt mich nicht. Ich möchte Sie motivieren, da weiter dranzubleiben, damit wir den Umzug möglichst bald vollziehen können - wenigstens noch in diesem Jahrhundert.

    (Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    - In diesem Jahrhundert. Das Jahrhundert hat noch knapp vier Jahre. In denen wird, so hoffe ich, der Umzug vollzogen sein.

    (Zuruf des Abg. Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    - „Im nächsten" habe ich nicht gesagt.

    Arnulf Kriedner
    Das Thema Umweltschutz im Bund

    (Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sagen Sie noch einmal etwas zu diesem Umzug! Wie war das damit?)

    habe ich hier so charakterisiert, daß die Ausführung nicht Sache des Bundes, sondern Sache der Länder ist. Umweltschutz beim Bund heißt: Es müssen die richtigen Signale gesetzt werden. Es ist ein Signalhaushalt, der verabschiedet werden soll. Denn wenn es kein solcher wäre, müßte er viele Milliarden - -

    (Zuruf des Abg. Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    - Sie können reden, soviel Sie wollen, ich antworte Ihnen nicht, wenn Sie sich nicht melden. - Es müssen also die richtigen Signale gesetzt werden. Ich glaube, daß diese Signale mit diesem Haushalt mit Blick auf die besondere Situation des Jahres 1997 gesetzt werden.
    Dieser Haushalt ist insgesamt knapp bemessen; wir wissen, daß er insgesamt gekürzt wird. In den wichtigen Bereichen des Natur- und Umweltschutzes sind solche Kürzungen mit Augenmaß vorgenommen worden. Ich gehe davon aus, daß wir im Rahmen des Haushaltsvollzugs noch einiges ändern können. Mit dieser Prämisse gehen wir jetzt an die Arbeit. Ich möchte für mich sagen, daß wir die Politik, Frau Merkel, die Sie hier vorgetragen haben, voll unterstützen.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Das überrascht uns aber!)

    - Das überrascht Sie. Aber wir tun es trotz allem. - Ich hoffe, daß wir guten Mutes in die künftigen Jahre gehen.
    Ich bedanke mich sehr für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Eckart Kuhlwein [SPD]: Das war beinahe Vulgär-Maoismus!)



Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Michaele Hustedt.

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    Rede von Michaele Hustedt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Dieser „Signalhaushalt" Umwelt macht ungefähr 2,9 Prozent des Haushaltes für Verkehr, ungefähr 2,8 Prozent des Einzelplanes Verteidigung und ungefähr 1,5 Prozent des Schuldendienstes insgesamt aus. Damit zeigt sich ganz deutlich, daß dieser Haushalt, der Einzelplan Umwelt, tatsächlich nur eine Portokasse und nichts weiter ist.
    Das ist ein Grund, bei der Diskussion nicht nur bei diesem Haushalt zu bleiben. Vielmehr muß man deutlich machen, daß sich Umweltpolitik insgesamt eben nicht auf dieses Ressort reduzieren lassen darf. Das gilt auch und gerade für den Umweltschutz. Denn wenn man über eine zukunftsfähige Gesellschaft spricht, die nicht permanent ihre Lebensgrundlagen zerstört, auf die wir angewiesen sind, dann muß man als Umweltpolitiker über Finanzpolitik, über Steuerpolitik, über Wirtschaftspolitik, über
    Energie- und Verkehrspolitik und über Landwirtschaftspolitik reden.
    Von Frau Merkel kamen am Anfang - später dann nicht mehr - sehr vorsichtige Worte in diese Richtung. Aber wenn es dann konkret wird,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Werden Sie doch mal konkret!)

    wenn sie tatsächlich die einzelnen anstehenden Projekte in diesem Bereich ansprechen müßte, dann kommt erst einmal nichts. Dann läßt sie sich wieder mit den Brosamen, die vom immer noch reich gedeckten Tisch abfallen, abspeisen und hockt wie ein Aschenputtel am Herd.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    - Ich werde gleich Beispiele dazu bringen.
    Hilfsweise versucht sie es dann - quasi mit „Bitte, bitte!" - bei der Industrie mit sogenannten Selbstverpflichtungen, aber ohne ihren Aufforderungen Gewicht verleihen zu können, weil sie eben in diesem Kabinett auf das Abstellgleis geschoben ist.
    Die Umweltpolitiker von heute müssen endlich heraus aus dieser Aschenputtelrolle; sie müssen hinein in die „harte" Politik. Wir müssen uns in unserem Lande dort einmischen, wo tatsächlich etwas passiert und wo auch jetzt schon etwas entschieden wird. Ich möchte dazu einige Beispiele nennen, Beispiele, zu denen Frau Merkel kein einziges Wort gesagt hat.
    Erstes Beispiel: Am 25. September soll im Kabinett die Novelle zum Energiewirtschaftsgesetz beschlossen werden. Wie die Wirtschaft und eine Gesellschaft mit Energie umgehen, ist außerordentlich wichtig. Das zeigt, welches Verhältnis die Gesellschaft zur Umwelt und zum Umweltschutz hat. Rexrodts einziges Ziel ist die Senkung der Energiepreise für die Industrie. Bei der längst überfälligen Neuordnung der Energieversorgungsstruktur, so wie sie jetzt geplant ist, fällt der Umweltschutz völlig hinten herunter. Die Grünen haben ein Gegenmodell vorgeschlagen. In ihm wird dargelegt, wie man Umweltschutz und Wettbewerb zusammen zum Erfolg führen kann. Ich weiß, daß im Umweltministerium in eine ähnliche Richtung gedacht wird und daß dort verschiedene Gutachten auf dem Tisch liegen. Ich frage: Habe ich heute dazu ein einziges Wort von der Umweltministerin gehört? Hat sie gesagt, daß dann, wenn wir uns an die Neustrukturierung der Energiewirtschaft machen, die Umweltpolitiker und das Umweltministerium ein Wort mitreden? Nein, sie schweigt, wieder einmal.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Ähnlich verhält es sich - das ist heute mehrmals erwähnt worden - mit der Ökosteuer. Wenn sich Waigel hinstellt und heute, aber auch in seinem „Heute"-Interview sagt, daß die entscheidende Frage eben nicht die Senkung der Einkommensteuer ist, sondern die, ob wir die Finanzierung des Sozialsystems von den direkten auf die indirekten Steuern verlagern, dann müssen doch die Umweltpolitiker aufstehen und sagen: Wir lassen uns von der F.D.P.

    Michaele Hustedt
    nicht mehr diese populistische Debatte über eine Senkung der Steuersätze aufzwingen.

    (Walter Hirche [F.D.P.]: Arbeitsplätze sind nicht populistisch; sie sind die Basis für alles andere!)

    Genau das ist die Frage. Es gibt zwei Varianten, nämlich die Erhöhung der Mehrwertsteuer, wie die CDU es will, oder die ökologische Steuerreform. Auch da werden indirekte Steuern tangiert. Dies muß eine Umweltpolitikerin - das sagen wir; das hat Frau Matthäus-Maier gesagt; das hat Oswald Metzger gesagt; das betone auch ich hier noch einmal ganz deutlich - in dieser Zeit klarstellen. Wenn man das nicht tut, ist der oftmals erhobene Anspruch, daß Nachhaltigkeit eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft sei, nicht mehr das Papier wert, auf dem er geschrieben steht.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der PDS)

    Wenn man über Verkehr redet, muß man als Umweltpolitiker doch einmal Bilanz ziehen.

    (Zuruf von der F.D.P.: Das kommt anschließend!)

    - Das kommt eben nicht anschließend. Das Prinzip unserer Umweltpolitik ist nämlich ein anderes: Wir lassen uns nicht auf das Ressort des Umweltministeriums, auf die Aschenputtelrolle reduzieren; wir geben uns nicht mit den Brosamen zufrieden.
    Bei einer solchen Bilanz muß man feststellen: 1995 wurden für die Bahn noch 9,9 Milliarden DM eingeplant, für den Straßenbau auch 9,9 Milliarden. 1996 waren es 7,7 Milliarden für die Bahn, für den Straßenbau 10,1 Milliarden. 1997 werden es 7,2 Milliarden für die Bahn und für den Straßenbau immer noch 10,1 Milliarden sein. Da muß man als Umweltpolitiker deutlich sagen: Diese Verschiebung - wieder einmal - zugunsten der Straße und zu Lasten der Bahn machen wir nicht mit. Wir brauchen die Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD - Zuruf von der F.D.P.: Vielleicht hat das etwas mit komplizierten Planungsprozessen zu tun!)

    Das alles sind nur einige Beispiele für das, was man hier ansprechen muß und wozu man nicht schweigen darf. Aschenputtel wartet, wie gesagt, auf die Fee und auf den Prinzen. Vielleicht wird für Frau Merkel ja ein solcher Prinz kommen und sie in ein anderes Ressort versetzen. Für die Umweltpolitik aber wird es keine Fee geben, die güldene Gewänder, glänzende Schuhe und prächtige Kutschen anbietet. Ebenfalls wird kein Prinz kommen, der sie holt und in das Schloß entführt. Wenn sich Umweltpolitik auf die Aschenputtelrolle reduzieren läßt und sich mit Brosamen begnügt, wird sie nichts bewegen. Denn in der Realität geht es nicht so aus wie im Märchen, wo gilt: Ende gut, alles gut. Aschenputtel Umweltschutz muß endlich die Kraft finden, sich in die „harten" Ressorts einzumischen und dort die nachhaltige Wirtschaftsweise durchsetzen.
    Danke.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der PDS)