Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mir ist es während der Vorrede nicht gelungen, irgendwelche grünen oder allgemeinen Konzepte zu entdecken. Es war vielleicht unterhaltsam. Wenn man aber weiß, daß Kollege Metzger auch in den eigenen Reihen für das, was er vor der Sommerpause angekündigt hat, überhaupt keine Unterstützung gefunden hat, braucht man sich nicht darüber zu wundern, daß er auch heute nicht mit konkreten Vorschlägen seiner Fraktion angetreten ist.
Die Beratung des Bundeshaushalts ist die Stunde des Parlaments.
Sie sollte eigentlich auch Stunde der Opposition sein. Die Opposition hat dies seit vielen Jahren nicht geleistet. Sie wird es auch heute nicht leisten, wie man an den seitherigen Reden feststellen kann.
Am Ende der Woche wird es zusätzlich darum gehen, daß die Koalition mit ihrer hier im Deutschen Bundestag leider knappen Mehrheit wesentliche Weichen für eine notwendige Zukunftspolitik stellt.
- Die F.D.P.-Fraktion, Herr Kollege Fischer, ist sich hier ihrer Verantwortung bewußt. Sie wird dieser Verantwortung gerecht werden.
Die SPD hat einen Antrag bezüglich einer Vertagung der Beratungen des Haushaltes vorgelegt und heute angesprochen, aber eigentlich nicht zur Diskussion gestellt. Wenn sie es mit diesem Antrag ernst meinen würde, hätten sie ihn hier eigentlich ernsthaft diskutieren müssen. Ihn am Freitag zu diskutieren, wenn die erste Lesung abgeschlossen ist, ist unsinnig.
Der Antrag ist aber auch sonst unnötig, weil wir ja im laufenden Haushaltsverfahren in der Lage sein werden, veränderten Rahmenbedingungen, die sich seit Erstellung des Regierungsentwurfs ergeben haben, Rechnung zu tragen. Deswegen reicht es aus, wenn wir das im Haushaltsverfahren tun. Wir werden diesen Antrag am kommenden Freitag ablehnen.
Meine Damen und Herren, die Bedeutung der Haushaltsdebatte wird durch eine gegenüber dem Zeitpunkt des Kabinettsbeschlusses veränderte Situation vergrößert. Sie wissen, daß sich die Wirtschafts- und Arbeitsmarktprognosen anders darstellen, als das vor der Sommerpause zu sehen war.
Die Arbeit des Parlaments wird durch ein gesamtpolitisches Verhalten der Sozialdemokraten erschwert, das auf Obstruktion ausgelegt ist. Mit dieser Meinung sind wir als F.D.P. nicht allein. Sie ist von anderen Rednern angesprochen worden. Wir werden die SPD und auch die Grünen aus dieser Verantwortung nicht entlassen. Wir werden sie mit dieser Verantwortung und Obstruktion konfrontieren, weil unsere Bürger das wissen müssen. Sie müssen es wissen, damit hier nicht wohlfeil mit der Verhaltensweise, die wir bei der Opposition erleben, ein Erfolg erzielt wird.
Anfang September hat das „Handelsblatt" unter der Schlagzeile „Obstruktionspolitik" geschrieben: Der SPD-Hinweis, Waigel habe bei den Sparvorschlägen eine Bringschuld, sei nur noch als grotesk zu bezeichnen. Die SPD beklage Etatlöcher, die sie selbst im laufenden Jahr ebenso wie mit Blick auf 1997 mit ihrer eigenen Blockadepolitik verursacht. - Gleichzeitig ist sie, wie wir wissen, bei weiteren Einsparungen nicht zur Mitwirkung bereit. Sie fordert wie immer Steuererhöhungen und Mehrausgaben. Ich bin sicher, das Papier, das Frau Matthäus-Maier dem Finanzminister überreicht hat, wird bei kurzer Prüfung zeigen, daß überhaupt nichts Neues, überhaupt nichts anderes drinsteht, daß es noch nicht einmal für die Ablage geeignet ist.
- Nicht einmal ein schönes Rot. Ein bißchen Gelb war drin. Das könnte man farblich positiv bewerten, aber inhaltlich wird es nicht so sein. Die Sozialisten denken einfach, wenn die Kuh keine Milch mehr gibt, muß man stärker am Euter zerren. Wir wollen der Kuh Futter geben.
Selbst die „Süddeutsche Zeitung" erklärt, daß die Risiken, die die SPD präsentiert, zwar nicht völlig aus
Dr. Wolfgang Weng
der Luft gegriffen seien, daß aber hierbei erneut die innere Zerrissenheit der Sozialdemokraten widergespiegelt werde. So ist also im Sinne eigener klarer Vorstellungen zur Lösung der Probleme von seiten der Opposition auch bei dieser Etatberatung leider nichts zu erwarten. Die Stunde der Opposition findet erneut nicht statt.
Ich sage das auch mit Blick auf die Grünen. Oswald Metzger hat massive Sparvorschläge seiner Fraktion angekündigt. Er wird in seiner Fraktion schon mit dem Beinamen „Oswald Graf Lambsdorff" bezeichnet. Aber von diesen Vorschlägen ist überhaupt nichts erschienen. Nach einigen unflätigen Bemerkungen aus den eigenen Reihen ist er abgetaucht und liegt wie der Hase mit angezogenen Ohren in der Furche.
Bei der Auseinandersetzung um die dritte politische Kraft in Deutschland erklärt der Sprecher der Grünen, Joseph Fischer, es werde beinhart zugehen. Seine Partei ist überhaupt keine politische Kraft. Seine Partei ist in wesentlichen inhaltlichen Punkten total gespalten. Die Grünen leben davon, daß ihre unterschiedlichen Positionen von einem Teil ihrer Wähler noch nicht erkannt werden. Dieses werden wir aber in der politischen Auseinandersetzung der nächsten Monate und Jahre weiter verdeutlichen.
Meine Damen und Herren, es kann natürlich nicht überraschen, daß die Mehrheit der Koalition im Deutschen Bundestag keine Unterstützung durch die Oppositionsfraktionen findet. Daß aber gegen die Interessen der Bundesrepublik Deutschland und auch gegen die Interessen ihrer eigenen Bürger SPD-Ministerpräsidenten über den Bundesrat diese Blockadepolitik mitmachen, ist bestürzend. Ich wundere mich nicht über ein Land wie das Saarland, das unter einer SPD-Regierung, unter der Führung von Oskar Lafontaine total herabgewirtschaftet und konkursreif ist. Hier gilt das alte Motto: Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich's gänzlich ungeniert. Was kümmert die dortige SPD die eigene Zahlungsunfähigkeit, wenn letztendlich der Bund nachher eintreten muß und ständig den saarländischen Haushalt finanzieren muß.
- Leider geht es nicht nur um den Länderfinanzausgleich, sondern in diesem Falle noch um zusätzliche Sonderzahlungen in erheblicher Höhe. Wahrscheinlich wäre selbst das Gehalt des Ministerpräsidenten des Saarlandes nicht zu bezahlen, wenn nicht der Bund in die Kasse greifen würde.
Wir nehmen, meine Damen und Herren, die Verhaltensweise der SPD-geführten Länder nicht mehr hin. Die F.D.P.-Fraktion ist entschlossen, mit der Sperrung eines erheblichen Anteils bei den sogenannten Gemeinschaftsaufgaben zu signalisieren, daß wir bei der Fortführung solcher Konfrontationen nicht ohne Waffen dastehen. Wir werden über dieses Instrument dafür sorgen, daß solche Länder erst dann Geld bekommen, wenn sie ihre Obstruktionspolitik gegen den Bund einstellen.
- Ich sage dies auch, Herr Kollege Poß, mit Blick auf den Zeitablauf. Über die Spargesetze, die im Bundesrat oder im Vermittlungsausschuß liegenbleiben, muß entschieden werden. Selbst Ihr Parteikollege Gerhard Schröder hat angekündigt, daß das zustimmungspflichtige Sparpaket und das Jahressteuergesetz in ein großes Paket gepackt werden sollen, darüber also insgesamt entschieden werden soll. Ich fordere die Sozialdemokraten nochmals ausdrücklich dazu auf, dies in einem zeitlich hinnehmbaren Rahmen zu tun. Blockade wird Ihnen nichts nützen; sie schadet vielen Bürgern in unserem Land.
Der Entwurf der Bundesregierung für den Haushalt 1997 hat eine ganze Reihe positiver Aspekte. Diese gehören an den Anfang unserer Haushaltsdebatte. Erneut gehen die öffentlichen Ausgaben beim Bund zurück: 440 Milliarden DM gegenüber dem Ansatz des laufenden Jahres von 451 Milliarden DM. Ein solcher Rückgang im Konzept zeigt, daß wir es mit Sparpolitik auf der Ausgabenseite ernst meinen. Auch der geplante Ausgabenanstieg in der mittelfristigen Finanzplanung ist gemessen am Ausgabenwachstum früherer Jahre akzeptabel.
Die Frage, ob er so zu halten sein wird, ist natürlich eine Frage politischer Rahmenbedingungen, an denen wir alle mitwirken müssen. Sie ist aber auch eine Frage der wirtschaftlichen Entwicklung. Bei weiterer Stagnation werden wir im Bereich der konsumtiven und der Transferausgaben weiter bremsen müssen, denn die Investitionen können wir nicht weiter zurückfahren. Die Investitionen als Impuls in weiten Bereichen der Wirtschaft bleiben notwendig.
Der Entwurf zeigt, daß die Anstrengungen der Koalition mit den Gesetzen zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung begründet und notwendig waren. Man darf sich überhaupt nicht vorstellen, wie die Situation aussehen würde, wenn wir die Anstrengungen der vergangenen Monate nicht geleistet hätten und nicht Notwendiges auf den Weg gebracht hätten. Aus heutiger Sicht müßte das Sparvolumen sogar noch größer sein, als es ursprünglich konzipiert war.
Der Bundesfinanzminister war in Einschätzung dieser Entwicklung gut beraten, bereits im März seine Haushaltssperre einzusetzen. Stellen Sie sich vor, wie es wäre, wenn er das unterlassen hätte - die heutige Situation wäre noch schwieriger. In diesem Punkt hat Theo Waigel vorausschauend und richtig gehandelt.
Wir müssen aber mit aller Nüchternheit erkennen, daß wir nach 1990 in der mittelfristigen Vorausschau die Entwicklung zu positiv gesehen und erwartet haben, daß wir die wirtschaftliche Entwicklung
Dr. Wolfgang Weng
Deutschlands überschätzt haben und daß hieraus zum jetzigen Zeitpunkt die Notwendigkeit erwächst, weiterhin sparsam zu agieren.
Die Wachstumsimpulse, die der Haushalt setzen kann und die benötigt werden, die setzt der Staat, die setzt dieser Haushalt. Aber wir müssen vor allem darauf setzen, daß unser marktwirtschaftliches System eine neue Dynamik bekommt. Genau deshalb haben wir den Kraftakt der Standortgesetze in Angriff genommen, die in dieser Woche dem Deutschen Bundestag in Teilen zur abschließenden Beratung vorliegen.
Die Globalisierung der Märkte, ein weiterer Schritt verstärkten Wettbewerbs nach der Gründung der Europäischen Wirtschaftsunion, macht eine Verbesserung solcher staatlichen Rahmenbedingungen erforderlich. Wer sich die Investitionszahlen ausländischen Kapitals in der Bundesrepublik ansieht und damit vergleicht, wieviel Geld aus Deutschland in anderen Ländern investiert wird, der sieht, daß eine Umkehr unserer Politik in diesem Bereich dringend erforderlich ist.
Ich beklage damit ausdrücklich nicht die Investitionen, die aus Deutschland in andere Länder gehen. Viele dieser Investitionen schaffen auch bei uns zusätzliche Arbeitsplätze. Wir haben uns bei unserer Fraktionsklausur ein sehr plausibles Beispiel der Bayerischen Motoren-Werke darstellen lassen. Die Ausweitung des Marktes durch die Investition in Amerika sorgte auch für zusätzliche Arbeitsplätze in der Bundesrepublik Deutschland. Dieses ist natürlich positiv zu bewerten. Aber die Bilanz insgesamt und die Tatsache, daß eine ganze Zahl von Firmen - zunehmend auch mittelständische Firmen - tatsächliche Arbeitsplatzverlagerungen aus Deutschland heraus betreiben, zeigen, daß wir die Rahmenbedingungen verbessern müssen.
Es ist deswegen lächerlich, wenn Frau MatthäusMaier heute morgen hier erklärt, daß die Einnahmen aus der Gewerbesteuer nicht im gleichen Umfang gewachsen seien wie aus anderen Steuerarten, sei ein Zeichen dafür, daß man in diesem Bereich stärker besteuern müßte. Das ist ein Zeichen dafür, daß die Ertragskraft nicht ausreichend ist
und daß wir genau da ansetzen müssen. Aber sie weiß ja wohl, warum sie zu den Sozialdemokraten gegangen ist.
Die F.D.P.-Fraktion jedenfalls hat die Probleme rechtzeitig erkannt; sie drängt zu dieser richtigen Politik: Es müssen Belastungen gesenkt, es müssen Strukturen verändert werden, wenn wir die Zukunft für unser Land gewinnen wollen.
Zurück zum Haushalt. Der Ernst der Situation wird durch einen Blick auf den Ablauf des laufenden Haushaltsjahres verdeutlicht. Mit Schreiben vom 6. September - Theo Waigel hat ja heute morgen darauf hingewiesen - erbat das Finanzministerium vom Haushaltsausschuß die Einwilligung in eine überplanmäßige Ausgabe von 7 Milliarden DM an die
Bundesanstalt für Arbeit und in eine ebensolche Ausgabe in Höhe von 5,5 Milliarden DM bei der Arbeitslosenhilfe. Dies zeigt, daß trotz leichter wirtschaftlicher Erholung, trotz Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmendaten die Prognosen der Bundesanstalt für Arbeit und des Arbeitsministers aus der ersten Jahreshälfte nicht eintreten und daß die direkten Kosten der Arbeitslosigkeit höher liegen werden, als sie veranschlagt und von uns bei der Verabschiedung zugrunde gelegt worden sind. Leider hilft es nichts, daß der Bundesfinanzminister schon zu Beginn des Jahres gerade diese Zahlen kritisch hinterfragt hat
und sie nicht recht glauben wollte. Nach der Genehmigung hat der Deutsche Bundestag auf den Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit, wie Sie wissen, keinen Einfluß mehr. Deswegen muß jetzt entsprechend der Gesetzeslage der Bund dieses Defizit übernehmen. Das macht uns große finanzielle Probleme, weil dadurch der Schuldenberg erhöht wird.
Für den weiteren Verlauf des Haushaltsjahres 1996 bedeutet das eine schwierige Situation, weil die Verschuldung in einer seither nicht dagewesenen Weise davonzulaufen droht. Eine solche Situation wäre für 1997 nicht tragbar, wenn sich diese Entwicklung fortsetzt. Wir werden im Zuge der Etatberatungen - damit beantworte ich auch die von der Opposition an die F.D.P. gestellten Fragen - im Lichte neuerer Daten, die wir ja vor Abschluß der Beratungen erwarten können, zu entscheiden haben, in welchem Umfang zusätzliche Einsparungen erforderlich sind. Wir werden bereit sein, solche Einsparungen auch zu leisten.
Jeder weiß, daß die hier im Raum stehenden Finanzvolumina nicht in einem normalen Haushaltsverfahren einzusparen oder zu erwirtschaften sind. Die Bundesregierung hat ja entsprechend dem Wunsch der Koalitionsfraktionen in ihrem Haushalt mit der 7-Milliarden-Kürzung im Rahmen des Sparpakets Ernst gemacht. Das muß hier ausdrücklich lobend festgehalten werden. Was im weiteren Verlaufe noch erforderlich werden könnte, sind weitere Veränderungen bei Leistungsgesetzen. Da wird sich die Opposition fragen lassen müssen, ob sie in gesamtstaatlicher Verantwortung mit Blick auf Maastricht und auf Art. 115 Grundgesetz bereit ist, die notwendigen Schritte mit zu vollziehen.
Zurück zum laufenden Jahr 1996. Als Parlamentarier muß ich auch etwas Kritisches in Richtung Bundesregierung äußern. In der Sondersituation des vergangenen Jahres, an die wir uns erinnern, haben wir - das war von der F.D.P. unter ordnungspolitischen Gesichtspunkten erwünscht - ein aufgetretenes Haushaltsloch, das die Regierung offenlegte und zu dessen Schließung sie uns Vorschläge machte, in Teilen mit einer großvolumigen Privatisierung in einer Größenordnung von rund 9 Milliarden DM, die auf der Einnahmeseite des Bundeshaushalts zu Buche schlugen, geschlossen. Wir hätten diese Einnahme-
Dr. Wolfgang Weng
lücke nicht geschlossen, wenn wir nicht der Versicherung geglaubt hätten, daß eine Privatisierung in dieser Höhe tatsächlich möglich sein würde. Ich sage es unter Haushaltsaspekten ebenso wie unter ordnungspolitischen: Ich bin enttäuscht, daß das in diesem Jahr in einem solch großen Umfang nicht der Fall sein wird. Das sage ich, auch wenn noch keine abschließenden Zahlen festliegen.
Die Privatisierung bleibt ein wichtiges ordnungspolitisches Anliegen der F.D.P. Wir freuen uns über symbolische Akte, wie zum Beispiel den Fortschritt bei der Privatisierung des Petersbergs. Es ist dort zu sehen, daß die Mühlen, auch wenn sie langsam mahlen, doch ihr Werk tun. Über Rheinhäfen, Herr Kollege Thiele, will ich mich heute nicht verbreiten. Auch darauf hat ja der eine oder andere aus unserer Fraktion ein aufmerksames Auge.
Ich möchte aber festhalten: Wir bleiben ordnungspolitisch auf dieser Linie. Die Freien Demokraten sind für alle Schritte zu gewinnen; aber realistisch müssen sie sein. Sie müssen stimmen und konsequent vollzogen werden. Die Bundesregierung bleibt aufgefordert, die entsprechenden Zusagen einzuhalten.
Da wir keinen geschönten, sondern einen ehrlichen Haushalt beraten und verabschieden wollen, wollen wir Erlöse, die nicht erzielt worden sind, in künftigen Haushalten auch nicht als Einnahmen verzeichnen. Wir würden uns unglaubwürdig machen, wenn wir Jahr für Jahr die gleichen Einnahmen fortschreiben, die es eigentlich gar nicht gibt. Ich sage das der guten Ordnung halber. In einem Fall ist uns das mal passiert. Da war es auch nicht zu ändern. Inzwischen haben wir darauf aber ein waches Auge.
Weitere Einsparungen werden aus unserer Sicht auch dadurch erforderlich, daß die Bundesregierung in der Finanzplanung zunächst mal eher buchhalterisch die Nettoneuverschuldung der Folgejahre erhöht hat. Wir wollen, daß hierbei eine Absenkung erfolgt.
In der besonderen Situation der Jahre 1992/93 haben wir akzeptiert, die geplante Verschuldung zu erhöhen. Damals war in der Wirtschaft eine überhaupt nicht vorhersehbare Situation entstanden. Jetzt aber wissen wir, daß das Niveau der wirtschaftlichen Entwicklung anders ist als erwartet. Wir können natürlich nicht dauerhaft zwar erwünschte, aber nicht eingehende Steuereinnahmen durch Erhöhung der staatlichen Verschuldung ausgleichen.
Ich sage dies ausdrücklich auch mit Blick auf den vorhin erwähnten Art. 115, nach dem die Investitionen höher sein müssen als die Nettoneuverschuldung des Bundes. Das ist Verfassungsgebot.
Ich sage es noch mehr mit Blick auf unsere internationalen Verpflichtungen, auf unseren Wunsch, die Kriterien für die Europäische Währungsunion im
Laufe des Jahres 1997 zu erfüllen, um ein Mitmachen zu ermöglichen. Dieses ist wichtig. Diese Kriterien nicht zu erreichen wäre katastrophal für die Bundesregierung, für die Bundesrepublik. Es wäre katastrophal für die europäische Entwicklung. Die F.D.P. wird all ihre Kraft einsetzen, um über Verringerung der Schulden, über Sparsamkeit die europäische Währung zu erreichen.
Mit unserer Politik beschreiten wir den einzig möglichen Weg zur Besserung der Situation auf dem Arbeitsmarkt.
Nur um die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze zu ermöglichen, nur um die Rahmenbedingungen zu verbessern, um vorhandene Arbeitsplätze zu sichern, müssen wir vielen Bürgern in Deutschland die Lasten dieser Sparpakete auferlegen.
Meine Damen und Herren, wenn bei der Opposition gelacht wird, dann zeigt das,
daß die Opposition die Problematik überhaupt nicht begreift, überhaupt nicht durchblickt
und noch immer genau an der falschen Stelle ansetzt
- der Oberlacher Herr von Larcher insbesondere.
Natürlich werden Sparmaßnahmen von Betroffenen üblicherweise abgelehnt. Naheliegend ist, daß für die Opposition ein Reiz entsteht, aus populistischer Ablehnung politisches Kapital zu schlagen. Wir haben heute morgen wieder solche Beispiele gehört: daß man bestimmte Einnahmen oder bestimmte steuerliche Aspekte einzelnen in der öffentlichen Meinung negativ besetzten Ausgaben zuordnet und damit versucht, Stimmung zu machen. Das kennen wir.
Frau Matthäus-Maier hat am Schluß ihrer Rede wieder heftig mit dem Jäger 90 zugeschlagen. Meine Damen und Herren, die SPD kann eine Marine ohne Schiffe, eine Luftwaffe ohne Flugzeuge natürlich fordern; aber ein wenig lächerlich macht sie sich dabei schon.
SPD-Politiker sind es doch auch, die aus den Ländern signalisieren, daß die Entscheidung für die Beschaffung dieses Flugzeugs fallen soll. Zwar hat Herr Spöri die Unterstützung seiner Partei und der Wähler nicht gefunden; aber Herr Schröder ist noch immer im Amt, der mit gleichen Forderungen aufwartet.
Dr. Wolfgang Weng
Ich bin auf das Verhalten insbesondere der Abgeordneten auf Ihrer Seite gespannt, die unter der Hand überall signalisieren, das sei notwendig, und, wenn hier abgestimmt wird, auf der anderen Seite stehen.
Meine Damen und Herren, um überhaupt den Haushalt des kommenden Jahres abschließend bewerten zu können, brauchen wir auch eine realistische Einschätzung der Einnahmesituation. Dies ist ohne Verabschiedung des Jahressteuergesetzes, der bereits im Bundestag beschlossenen Spargesetze und möglicher weiterer den Haushalt begleitenden Gesetze nicht möglich.
Wenn der Haushalt 1997 also mit Jahresbeginn in Kraft treten soll, dann müssen Bundesrat und Vermittlungsausschuß in einem geordneten Verfahren daran mitwirken, daß alle wesentlichen Entscheidungen vor Ende des Jahres getroffen oder wenigstens gesichert sind.
- Herr Kollege, der Bundeshaushalt wird in diesem Jahr genauso eingebracht wie in all den Jahren, in denen die Koalition hier an der Regierung ist - ordnungsgemäß, zeitlich im richtigen Rahmen -,
und auch in der Weise in Kraft treten, die die Bürger von einer geordneten Koalition, einer geordneten Regierung erwarten können. Sie haben in der Vergangenheit an vielen Stellen versucht zu verzögern. Es wird Ihnen auch hier nicht gelingen.
Sie sind auf Grund Ihrer Verantwortung in den Bundesländern in der Pflicht. Dem können Sie sich nicht entziehen, auch wenn Sie hier mit Zwischenrufen agieren. Wir werden Sie aus dieser Pflicht nicht entlassen. Wir werden die Bürger über diese Pflicht massiv aufklären.
Jede Scheinheiligkeit der Opposition in diesem Zusammenhang wird von uns gnadenlos entlarvt.
- Ja, ich hatte noch eine kleine Steigerung.
Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie müssen sich selbst verhandlungsfähig machen. Sie müssen bis zum Oktober Ihre eigenen Kompromißlinien eingebracht haben. Es muß Ihnen klar sein: Die Koalition kann nicht um jeden Preis auf Sie zukommen. Die Entwicklung unseres Landes ist wichtiger als parteipolitische Erfolge der SPD oder der Grünen.
Herr des Haushaltsverfahrens ist jetzt der Deutsche Bundestag, für ihn der Haushaltsausschuß. Jeder, der das politische Geschäft kennt, weiß, daß notwendige Maßnahmen im weiteren Verfahren, wenn sie gesetzliche Maßnahmen sind, durch den Finanzminister angeregt, in der Koalition beschlossen werden müssen, daß das der Ausschuß alleine nicht schultern kann. Daß hier gegebenenfalls wahrscheinlich die Sozialpolitiker und Norbert Blüm besonders in die Pflicht kommen, notwendige gesetzliche Maßnahmen zu formulieren, will ich heute erwähnen, gerade deshalb, weil Norbert Blüm von diesem Platz vor nicht allzu langer Zeit in einer Debatte geäußert hat, wer zu spät spare, der müsse im weiteren Verlauf um so härtere Maßnahmen ergreifen. Hier hat er - das sage ich ausdrücklich - recht.
Besondere Pflicht entsteht auch für den Bundesinnenminister. Schon viel zu lange läßt der Versorgungsbericht der Regierung auf sich warten.
Das wissen wir alle aus unserer politischen Tagesarbeit: Mancher Bericht ist schon das Papier derer nicht wert, die die Anforderung des Berichtes geschrieben haben, und dann ist die Antwort häufig entsprechend.
Dies ist aber kein Bericht wie jeder andere. Deswegen kann man nicht auf ihn verzichten. Er wird die Notwendigkeit von Reformen verdeutlichen, weil er auch künftige Haushaltsbelastungen und künftige Haushaltsrisiken aufzeigen wird, weil er mit hoher Wahrscheinlichkeit zwingenden Reformbedarf aufzeigen wird. Auch hier gilt: Je später die erforderliche Änderung erfolgen würde, um so schwieriger, um so härter würden die notwendigen Maßnahmen ausfallen. Deswegen ist der Innenminister in der Pflicht. Die F.D.P.-Fraktion - ich bin sicher, auch die Unionsfraktion - ist hier zum notwendigen Handeln bereit.
Ich will eine Reihe haushaltsmäßiger Einzelfragen ansprechen, zu der ich die Positionen der Freien Demokraten verdeutlichen will, weil hier im Haushaltsverfahren noch Änderungen und Ergänzungen, möglichst auch eine Verbesserung der Haushaltssituation angestrebt werden.
Ich beginne mit dem Subventionsbereich, hier mit einer gewissen Entwarnung: Wir sind weiterhin der festen Überzeugung, daß die Unterstützung des Aufbaus in den neuen Bundesländern notwendig ist und notwendig bleibt. Hier gibt es beim Infrastruktur- und Wirtschaftsaufbau keine Einschränkung der Notwendigkeiten, keine Einschränkung der Erkenntnis, daß der Bund hier in der Pflicht bleibt.
Dr. Wolfgang Weng
Meine Damen und Herren, ich sage dies auch mit Blick auf die Europäische Union. Sie kennen die Auseinandersetzung in der Frage der Subventionierung des VW-Werkes in Sachsen. Wenn die Bundesrepublik Deutschland aus guten Gründen ihr tatsächliches Recht beansprucht, die Folgen der Teilung durch Unterstützung des Wirtschaftsaufbaus in Ostdeutschland zu mildern, dann ist die Europäische Union auch in der Pflicht, den guten Partner Deutschland hierbei nicht unnötig einzuschränken. Bei allem Verständnis für die Sorgen der europäischen Freunde sage ich, sie mögen sich die heutige Situation, sie mögen sich die Entwicklung nach 1990 vor Augen führen, und sie mögen mehr Verständnis für uns aufbringen.
Das begründet keine Gewaltakte, das begründet schon gar nicht einen Rechtsbruch. Aber, meine Damen und Herren, wer sagt, nach sieben Jahren dürfe man nicht mehr von teilungsbedingten Problemen reden, wie es von manchen Europäern zu hören war, der hat tatsächlich keine Ahnung.
Für die F.D.P.-Fraktion bleibt die verfassungsmäßig vorgeschriebene, aber auch von uns politisch gewünschte Anpassung der Lebensverhältnisse in Ostdeutschland ganz vorn im politischen Forderungskatalog.
Daß bei dem sogenannten zweiten Arbeitsmarkt, bei den Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, vom Bund Schritte erforderlich sind, die die Störungen des ersten Arbeitsmarkts so weit wie möglich beseitigen, steht außer Frage. Dies gilt zunehmend natürlich auch im Sinne einer Normalisierung für die neuen Bundesländer. In diesem Bereich muß auch mit Blick auf die Situation im Westen Zug um Zug Normalisierung angestrebt werden. Das heißt vor allem, daß die dauerhafte Einrichtung von ABM-finanzierten Betrieben, die die tatsächliche Entwicklung der Wirtschaft, vor allem der mittelständischen Wirtschaft, nachhaltig behindert, unmöglich gemacht werden muß. Das muß ein Ende haben.
Beim Stichwort Subventionen fällt der Blick immer gern auf die westdeutsche Steinkohle. Die jahrzehntelang geschulten Lobbyisten der deutschen Steinkohle haben ganz schnell nach der Wiedervereinigung ihre Schäfchen ins Trockene gebracht. Aber auch wegen des Wegfalls des Kohlepfennigs, wegen der notwendigen Haushaltsfinanzierung steigt der Druck. Die auf Dauer angelegte Förderung der deutschen Steinkohle zum dreifachen Weltmarktpreis ist nicht tragbar.
Wer davon träumt, wie es die Grünen und Teile der SPD machen, die Energie in Deutschland so teuer zu machen, daß sich die Förderung der deutschen Steinkohle im seitherigen Umfang wieder lohnt, begeht volkswirtschaftlichen Schwachsinn ohne Grenzen.
Wir wollen Signale zum weiteren Abbau auch dieser Subventionen im Haushalt setzen. Daß der energiepolitische Sprecher der SPD in einem Namensartikel im Juli in einem Magazin mitgeteilt hat, die verabredeten Kohlehilfen sollten uneingeschränkt bis zum Jahr 2000 bezahlt werden, zeigt die Wirklichkeitsferne der SPD. Er führte weiter aus, daß dann eine leichte Degression ermöglicht werden soll. Wenn man jedoch weiß, wie die Kohlelobbyisten in Wirklichkeit verfahren, dann ahnt man, daß die SPD andere Pläne hat. Ferner macht dies das engstirnige Klienteldenken der Sozialdemokraten deutlich, die höchste Subventionen fortführen wollen.
Auch die Grünen verfolgen bei der Steinkohle eine Politik der Vergangenheit und des Rückschritts. Es ist interessant, wie still bestimmte Politiker der Grünen zu diesem Thema sind, seit man in NordrheinWestfalen mit in der Regierung ist.
Die preiswerte Braunkohle will man nicht, die überteuerte Steinkohle, deren Subventionierung der Bund bezahlt, will man. Das kennzeichnet, daß die Grünen keine politischen Strategien haben, die ernst zu nehmen und akzeptabel wären.
Unsere Fraktion, Herr Kollege Metzger, setzt auf zukunftsgerichtete Produktion, nicht auf überkommene.
Wir setzen auf moderne Arbeitsplätze, wir setzen auf hohe Wertschöpfung.
- Leider kann ich Ihnen den „Vulkan" nicht vorhalten, weil die Redezeit davonläuft.
- Herr Kollege Fischer, von Rübezahlen mögen Sie in Ihrer Truppe mehr verstehen. Bei uns werden sie solche vergeblich suchen.
Bei allem Sparzwang möchte ich noch ein Wort zur Verteidigung verlieren. Die Frage, wie es mit der Finanzierung bestimmter Vorhaben wird, interessiert natürlich den Haushaltsausschuß. Hier muß die Bundesregierung noch einiges aufzeigen. Wir hören
Dr. Wolfgang Weng
zwar mit Freude, daß der Verteidigungsminister dem Finanzminister erklärt habe, daß die noch notwendigen Maßnahmen aus seinem Etat zu finanzieren seien, Aber dies wollen wir erst sehen. Wir wollen nicht Beschaffungsmaßnahmen, die nachher die gesamte übrige Beschaffung nachhaltig einschränken. Wir wollen - das sage ich ganz ausdrücklich - nach den langen Jahren der Umstrukturierung, der riesigen Umwälzungen bei der Bundeswehr in der Zukunft eine ausgewogene Struktur, in der für die Menschen, für die Soldaten in gleicher Weise etwas getan wird wie für die Beschaffungsseite. Deswegen werden wir hier erst entscheiden können, wenn wir die notwendigen Vorlagen haben. Unsere Verteidigungspolitiker arbeiten an der Planung einer ausgewogenen Finanzierung von Menschen und Material engagiert mit.
Ich will, meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang den Angehörigen der Bundeswehr, ganz besonders natürlich denjenigen, die in fernen Ländern für den Frieden Dienst tun, ausdrücklich und herzlich für diesen Dienst danken.