Rede von
Hans-Peter
Repnik
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe 48 Minuten darauf gewartet, daß Frau Kollegin Matthäus-Maier ein tragfähiges Konzept vorlegt. Sie hat es nicht getan. Sie hat dem Finanzminister statt dessen ein Papier überreicht, über dessen Inhalte wir nachher noch diskutieren können.
Frau Kollegin Matthäus-Maier, wenn es Ihnen ernst damit wäre, die Herausforderungen, die wir in der Bundesrepublik Deutschland gemeinsam zu bestehen haben, zu bewältigen, dann hätten Sie in den vergangenen Monaten und im letzten Jahr Konzepte vorgelegt, die nicht in irgendwelchen Parteipapieren stehen, sondern Gegenstand der parlamentarischen Beratung sind.
Unser Konzept ist der Haushalt 1997 des Bundesfinanzministers. Unser Konzept, um die Probleme zu bewältigen, ist das 50-Punkte-Papier. Unser Konzept sind das Jahressteuergesetz 1996 und das Jahressteuergesetz 1997. Unser Konzept ist das „Programm für mehr Wachstum und Beschäftigung". So reagieren wir auf die großen Herausforderungen in dieser Zeit.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir verfolgen - das ist mit dem Vortrag des Bundesfinanzministers deutlich geworden - mit dem Haushalt 1997 erneut ehrgeizige Ziele. Es ist ein Haushalt der Verantwortung und, wie ich noch einmal hervorheben möchte, ein Haushalt der ökonomischen Vernunft. Beim staatlichen Konsum und bei den Transferausgaben nach wie vor aus dem vollen zu schöpfen, wie es die SPD auch am heutigen Vormittag wieder gefordert hat, kreditfinanziert selbstverständlich, ist in der Zukunft nicht mehr möglich.
Ich möchte gern ein Wort an die SPD richten. Sehr verehrte Frau Kollegin Matthäus-Maier, der Bürger
Hans-Peter Repnik
hat - im Gegensatz zu Ihnen und zu Ihrem Beitrag - begriffen, daß es so nicht weitergehen kann. Der Bürger begreift die Herausforderung.
Anstatt daß Sie mit uns gemeinsam die Erkenntnis der Bürger, die Bereitschaft der Bürger zur Veränderung aufgreifen, halten Sie hier dagegen und machen zusätzlich Angst.
Daß Sie die Zeichen der Zeit noch nicht begriffen haben, zeigen die Forderungen, die die SPD-Haushaltsgruppe am Ende ihrer Haushaltsklausurtagung in der vergangenen Woche formuliert hat. Selten, verehrter Kollege Diller, habe ich so viele Widersprüche in einer einzigen Presseerklärung gelesen. Sie führen auf der einen Seite Klage über angebliche Haushaltslöcher. Statt dann konsequenterweise auf der anderen Seite Einsparvorschläge vorzulegen, satteln Sie noch einmal drauf.
Sie, Frau Kollegin Matthäus-Maier, haben ebenfalls die Chance, uns eine Alternative darzustellen, heute früh nicht genutzt. Ich habe sie zumindest nicht erkennen können.
Ihre Rede - ich bedaure dies angesichts des Ernstes der Situation - troff vor Polemik. Sie haben einmal mehr Sozialneid geschürt.
Lassen Sie es mich an einem Punkt deutlich machen.
- Hören Sie mir bitte zu!
- Ich habe sehr gut zugehört. - Ich möchte es an einem Beispiel deutlich machen, das sich zum Schluß in der Frage meines Fraktionsvorsitzenden Dr. Wolfgang Schäuble fokussiert hat. Sie haben hier - und nicht nur heute - den Eindruck erweckt, als ob es möglich sei, durch eine große Steuerreform nachhaltig nicht zuletzt auch die unteren Einkommensschichten zu entlasten.
- Und jetzt sagen Sie „Ja" . Frau Matthäus-Maier, Sie sind sachkundig, und ich möchte jetzt gern einmal Ihre Sachkunde in Anspruch nehmen. Sie wissen ganz genau, daß rund 31 Prozent der Steuerpflichtigen auf Grund von Freibeträgen - Kinderfreibeträge, Existenzminima und dergleichen mehr - überhaupt nicht zur Steuer herangezogen werden. Sie vermitteln aber mit Ihren Ausführungen den Eindruck, daß alle von dieser Steuerreform profitieren könnten. Wer heute keine Steuer zahlt, diese 31 Prozent, wird sie auch in Zukunft nicht zahlen müssen. Dies darzustellen ist, glaube ich, wichtig.
Nein, dies ist ein klassisches Beispiel der Volksverdummung.
Darum habe ich vorhin Sozialneid als Stichwort genannt.
Sie stehlen sich aus der Verantwortung. Sie gaukeln den Bürgern vor, es gehe auch ohne nachhaltige Einsparungen. Dies wird nicht gehen.
Theo Waigel hat darauf hingewiesen: Die zunehmende Globalisierung der Wirtschaft und der damit einhergehende, schneller werdende Strukturwandel verunsichern die Menschen bei uns in Deutschland. Sie fragen sich zu Recht, ob Deutschland diesem zunehmenden internationalen Standortwettbewerb gewachsen ist oder ob wir eine weiter steigende Arbeitslosigkeit zu befürchten haben.