Das haben Sie gesagt; aber Sie haben mehr gesagt, Herr Schäuble.
Ich habe es zwar nicht wörtlich vorliegen, aber ich habe es sehr gut im Kopf, weil es mich überrascht hat, wie offen und in welch brutaler Klarheit Sie im „Focus" gesagt haben, daß nach diesem Steuerpaket für Entlastungen im unteren Bereich nichts mehr drin ist und daß der Schwerpunkt bei der Senkung des Spitzensteuersatzes liegt.
Herr Waigel hat heute morgen von einem Satz von unter 40 Prozent gesprochen. Ich darf Ihnen, auch den Zuhörern, nur einmal sagen, was das heißt: Jeder Punkt der Absenkung des Spitzensteuersatzes, der heute bei 53 Prozent und bei Gewerbetreibenden bei 47 Prozent liegt, kostet 2 Milliarden DM. Sagen Sie uns doch mal, was Sie in diesem Bereich tatsächlich vorhaben.
Ingrid Matthäus-Maier
Der Unterschied ist klar. Wir wollen eine Entlastung vor allem der Durchschnittsverdiener, der Normalverdiener.
Auch der Spitzensteuersatz kann gesenkt werden; aber nur insoweit, als Einkommensmillionäre ihr zu versteuerndes Einkommen durch Sonderabschreibungen nicht länger so weit herunterschleusen können, daß sie einen Wohnberechtigungsschein erhalten. Eines ist in diesem Zusammenhang besonders wichtig: Das Ganze läuft nur, wenn man nicht immer lediglich bei den Steuersubventionen und Sonderregelungen der anderen Seite zupackt. Ein besonders klassisches Beispiel hat Otto Graf Lambsdorff gebracht. Er hat vorgeschlagen, alle Sonderregelungen für Arbeitnehmer abzubauen. Ich kenne das von Otto Graf Lambsdorff schon; deshalb kann ich nur sagen: Wenn er die Taschen von Arbeitnehmern sieht, verhält er sich wie ein Kleptomane - dann packt er einfach zu, meine Damen und Herren.
Werbungskosten wie die Kilometerpauschale abschaffen zu wollen - was er vorschlägt -, aber gleichzeitig Betriebsausgaben für Betriebs-Pkw ohne jede Obergrenze absetzbar machen zu wollen, ist wirklich eine unglaubliche Geschichte.
Unsere Vorschläge liegen auf dem Tisch. Wir wollen die Steuersenkung 1998 und nicht erst 1999.
Bei Ihnen herrscht im Moment noch das blanke Chaos. Der eine sagt hü, der andere sagt hott: 1998, 1999. Die CSU sagt über die F.D.P.: reine Klientelpolitik. - Da haben Sie ausnahmsweise mal recht, Herr Waigel. -
Umgekehrt beschimpft die F.D.P. Herrn Waigel. Wir legen Ihnen einen Antrag vor, damit Sie rechtzeitig mit einem Gesetzentwurf überkommen und 1998 die große Steuerreform kommt, was auch realisierbar ist.
Meine Damen und Herren, ich habe die Alternativen der SPD ausführlich vorgetragen.
Ich weiß aber, daß Sie im Laufe dieser Woche immer wieder behaupten werden, wir hätten keine Alternativen. Das ist falsch. Sie können in der Sache anderer Ansicht sein, aber nicht bestreiten, daß wir ein Alternativkonzept haben. Hier ist es, meine Damen und Herren. Ich erlaube mir, es Herrn Waigel am Schluß meiner Rede zu überreichen.
Niemand hat ein Patentrezept, auch wir nicht. Aber gegen Ihren sozial ungerechten, wirtschaftspolitisch unvernünftigen und finanzpolitisch unseriösen Kurs setzen wir unser Konzept, das zu Recht die Überschrift trägt: „Zukunft sichern - Zusammenhalt stärken".
Das ist unser Beitrag, Wirtschaft und Beschäftigung, sozialen Frieden und stabile Finanzen miteinander zu verbinden.