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    Plenarprotokoll 13/111 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 111. Sitzung Bonn, Freitag, den 14. Juni 1996 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 9934 C Zusatztagesordnungspunkt 21: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zu den Äußerungen von Bundesminister Dr. Theodor Waigel auf dem Sudetendeutschen Tag zu den deutsch-tschechischen Beziehungen 9875 A Günter Verheugen SPD 9875 B Hans Klein (München) CDU/CSU . . . 9876 D Dr. Antje Vollmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9878 A Ulrich Irmer F.D.P 9879 B Gerhard Zwerenz PDS 9880 B Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . 9881 B Markus Meckel SPD 9882 C Reinhard Freiherr von Schorlemer CDU/ CSU 9883 D Gert Weisskirchen (Wiesloch) SPD . . 9884 C Kurt J. Rossmanith CDU/CSU 9885 C Petra Ernstberger SPD 9886 C Karl Lamers CDU/CSU 9887 D Tagesordnungspunkt 14: a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Jahressteuergesetzes 1997 (Drucksache 13/4839) 9888 D b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Antje Vollmer, Albert Schmidt (Hitzhofen), weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der künstlerischen und kulturellen Vielfalt bei Auftritten von Künstlern und Künstlerinnen, die ihren Wohnsitz im Ausland haben (Einkommensteuer-Änderungsgesetz) (Drucksache 13/4750) . . . . 9888 D c) Antrag der Abgeordneten Christine Scheel, Rita Grießhaber und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Vielfältige Kinderbetreuungseinrichtungen sichern (Drucksache 13/3990) . . . . 9889A d) Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Entwicklung der Finanzhilfen des Bundes und der Steuervergünstigungen gemäß § 12 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (StWG) vom 8. Juni 1967 für die Jahre 1993 bis 1996 (Fünfzehnter Subventionsbericht) (Drucksachen 13/ 2230, 13/4607) 9889 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 22: Erste Beratung des von den Abgeordneten Christine Scheel, Franziska Eichstädt-Bohlig, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der Vermögensteuer und der Erbschaftsteuer (Drucksache 13/4838) 9889 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 23: Antrag der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Uwe-Jens Rössel, weiterer Abgeordneter und der Gruppe der PDS: Den Reichtum teilen - Für eine gerechte Ausgestaltung der Erbschaftsbesteuerung (Drucksache 13/4845) . . . 9889 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 24: Aktionsprogramm gegen Wirtschaftskriminalität und Steuerhinterziehung (Drucksache 13/4859) 9889 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 25: Antrag der Abgeordneten Oswald Metzger, Christine Scheel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Einstieg in eine umfassende Gemeindefinanz- und Unternehmensteuerreform (Drucksache 13/4870) 9889 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 26: Antrag der Abgeordneten Werner Schulz (Berlin), Christine Scheel und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Solidaritätszuschlag weiter notwendig (Drucksache 13/4871) . . . . 9889 D Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 9889 D Oskar Lafontaine, Ministerpräsident (Saarland) 9893 D Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 9900 B Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9906A Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P. . . . 9910 A, 9913 A Dr. Christa Luft PDS 9912D Dr. Gregor Gysi PDS 9915 D Gerda Hasselfeldt CDU/CSU 9916A Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9916 D, 9918 B Dr. Barbara Hendricks SPD 9917 B Dr. Barbara Höll PDS 9919 A Joachim Poß SPD 9920 C Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. . . . 9921 A Hans Michelbach CDU/CSU 9923 B Gisela Frick F.D.P. 9924 A, 9928 A Joachim Poß SPD 9924 B Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 9924 C Dr. Uwe-Jens Rössel PDS . . . . 9927 C, 9932 C Peter Rauen CDU/CSU 9928 B Ingrid Matthäus-Maier SPD 9930 A Johannes Selle CDU/CSU 9933 B Tagesordnungspunkt: Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung: Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Deutschen Bundestages (Drucksache 13/4904) . . 9934 C Tagesordnungspunkt 15: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand (Drucksachen 13/4336, 13/4719, 13/4877, 13/4878) 9934 D b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Antrag der SPD: Solidarität der Arbeitgeber einfordern: Bedingungen für Teilzeitarbeit im Alter und Vorruhestand (Drucksachen 13/3747, 13/4877) 9934 D c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (Vertrauensschutz Rentenalter Frauen) (Drucksache 13/ 4814) 9935 A Dr. Maria Böhmer CDU/CSU 9935 A Ottmar Schreiner SPD 9936 C Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9939 A Uwe Lühr F.D.P. 9939 D Petra Bläss PDS 9940 C Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA . 9941 B Nächste Sitzung 9942 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 9943* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 9943* C 111. Sitzung Bonn, Freitag, den 14. Juni 1996 Beginn: 8.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Beck (Bremen), BÜNDNIS 14. 6. 96 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Bierling, Hans-Dirk CDU/CSU 14. 6. 96 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 14. 6. 96 Ferner, Elke SPD 14. 6. 96 Fuhrmann, Arne SPD 14. 6. 96 Ganseforth, Monika SPD 14. 6. 96 Graf (Friesoythe), Günter SPD 14. 6. 96 Grill, Kurt-Dieter CDU/CSU 14. 6. 96 Gysi, Andrea PDS 14. 6. 96 Hauser (Esslingen), Otto CDU/CSU 14. 6. 96 Köhler (Hainspitz), CDU/CSU 14. 6. 96 Hans-Ulrich Koppelin, Jürgen F.D.P. 14. 6. 96 Kronberg, Heinz-Jürgen CDU/CSU 14. 6. 96 Leidinger, Robert SPD 14. 6. 96 Lummer, Heinrich CDU/CSU 14. 6. 96 * Michels, Meinolf CDU/CSU 14. 6. 96 Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 14. 6. 96 Hermann Dr. Rexrodt, Günter F.D.P. 14. 6. 96 Rühe, Volker CDU/CSU 14. 6. 96 Scharping, Rudolf SPD 14. 6. 96 Schlee, Dietmar CDU/CSU 14. 6. 96 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 14. 6. 96 Hans-Peter Schulte (Hameln), Brigitte SPD 14. 6. 96 Schultz (Everswinkel), SPD 14. 6. 96 Reinhard Dr. Schwall-Düren, SPD 14. 6. 96 Angelica Steen, Antje-Marie SPD 14. 6. 96 Terborg, Margitta SPD 14. 6. 96 Teuchner, Jella SPD 14. 6. 96 Dr. Wieczorek, Norbert SPD 14. 6. 96 * * Zierer, Benno CDU/CSU 14. 6. 96 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Amtliche Mitteilung Der Bundesrat hat in seiner 697. Sitzung am 24. Mai 1996 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: - Viertes Gesetz zur Änderung des SteuerbeamtenAusbildungsgesetzes - Gesetz zu dem Luftverkehrsabkommen vom 2. März 1994 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Arabischen Emiraten - Gesetz zum Inkraftsetzen der 2. Stufe der Pflegeversicherung - Gesetz zu dem Abkommen vom 10. November 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinten Nationen über den Sitz des Freiwilligenprogramms der Vereinten Nationen - Erstes Gesetz zur Änderung des Elften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (Erstes SGB XI-Änderungsgesetz -1. SGB XI-ÄndG) - Erstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland" - Gesetz über den Verkauf von Mauer- und Grenzgrundstücken an die früheren Eigentümer und zur Änderung anderer Vorschriften Zu den beiden letztgenannten Gesetzen hat der Bundesrat folgende Entschließungen gefaßt: Zum Ersten Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland": Der Bundesrat begrüßt, daß nunmehr auch die neuen Länder im Kuratorium der Stiftung „Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland" mit vollem Stimmrecht vertreten sind. Der Bundesrat ist der Ansicht, daß durch das Gesetz zur Errichtung einer Stiftung „Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland" eine spätere Entscheidung zur Rechtsform des „Haus/Archiv der Deutschen Einheit" in Leipzig nicht präjudiziert wird. Er bittet die Bundesregierung sicherzustellen, daß - unabhängig von der jeweiligen Rechtsform - der Leiter der Leipziger Institution im Benehmen mit dem Sitzland berufen wird. Zum Gesetz über den Verkauf von Mauer- und Grenzgrundstücken an die früheren Eigentümer und zur Änderung anderer Vorschriften: Der Deutsche Bundestag hat im Zusammenhang mit der Verabschiedung des Mauergrundstücksgesetzes in einer Entschließung (BT-Drucks. 13/3756) die neuen Länder und Berlin aufgefordert, zu prüfen, ob und inwieweit auch in anderen Enteignungsfällen den ehemaligen Eigentümern die heute landeseigenen und kommunalen Grundstücke zu vergünstigten Konditionen überlassen werden können. Der Bundesrat hat bereits bei der Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Einbeziehung der Mauer- und Grenzgrundstücke in das Vermögensgesetz ausdrücklich auf die Besonderheiten der Mauer- und Grenzgrundstücke hingewiesen. Er hat seine Überzeugung bekundet, daß sich der Staat im Interesse der Glaubwürdigkeit des Rechtsstaates nicht an den zum Zwecke des Baus der 9944* Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 111. Sitzung. Bonn, Freitag den 14. Juni 1996 Berliner Mauer und des Ausbaus des Grenzstreifens quer durch Deutschland enteigneten Grundstücken bereichern dürfe. Er ist dabei davon ausgegangen, daß es sowohl rechtlich als auch politisch möglich ist, diese Grundstücke wegen ihres hohen Symbolcharakters an die früheren Eigentümer zurückzugeben, ohne daß zugleich weitere Enteignungen auf dem Gebiet der ehemaligen DDR, die vom Vermögensgesetz nicht erfaßt werden, gleichbehandelt werden müssen. Der Bundesrat bekräftigt daher seine Auffassung, daß aufgrund einer Regelung für die Mauer- und Grenzgrundstücke keine Ansprüche auf Gleichbehandlung anderer Fälle von Enteignungen entstehen. Die Bundesregierung hat bei den Beratungen des Gesetzentwurfs wiederholt auf die Gefahr hingewiesen, daß bei einer Regelung für die Mauer- und Grenzgrundstücke politisch die Forderung erhoben werden könnte, auch andere Enteignungsfälle gleich zu behandeln. Die Entschließung des Deutschen Bundestages ist geeignet, derartige Forderungen zu provozieren. Der Bundesrat fordert daher die Bundesregierung auf, die neuen Länder und Berlin in ihren Bemühungen zu unterstützen, daß bei den von anderen Enteignungen Betroffenen keine unberechtigten Hoffnungen erweckt werden und daß die Entschließung des Deutschen Bundetages nicht zu einer erneuten Störung des Rechtsfriedens führt. In diesem Zusammenhang verweist der Bundesrat darauf, daß ein Großteil der in der Entschließung des Deutschen Bundestages angesprochenen Enteignungen Grundstücke betrifft, die sich heute im Eigentum des Bundes befinden. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Unterrichtung durch die Bundesregierung Sondergutachten „Altlasten II" des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen - Drucksache 13/380 - Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die künftige Gestaltung der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes " (GAK) hier: Rahmenplan 1996 bis 1999 - Drucksachen 13/2330, 13/2486 Nr. 2 - Ausschuß für Gesundheit Drucksache 13/4514 Nr. 2.1.6 Ausschuß für Verkehr Drucksache 13/4466 Nr. 2.5 Drucksache 13/4514 Nr. 2.20 Drucksache 13/4514 Nr. 2.22 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 13/3529 Nr. 1.2 Drucksache 13/3529 Nr. 1.4 Drucksache 13/3668 Nr. 2.5 Drucksache 13/3668 Nr. 2.47 Drucksache 13/3938 Nr. 2.27 Drucksache 13/3938 Nr. 2.29 Ausschuß für Post und Telekommunikation Drucksache 13/4466 Nr. 2.31 Ausschuß für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 13/3790 Nr. 2.1 Drucksache 13/4137 Nr. 2.36 Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 13/4137 Nr. 2.74 Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 13/2306 Nr. 1.6 Drucksache 13/2306 Nr. 1.7 Drucksache 13/2306 Nr. 1.12 Drucksache 13/3182 Nr. 1.14 Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU- Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuß Drucksache 13/3668 Nr. 1.11 Drucksache 13/3668 Nr. 1.21 Drucksache 13/4137 Nr. 2.1 Innenausschuß Drucksache 13/2674 Nr. 2.36 Drucksache 13/2674 Nr. 2.38 Drucksache 13/3117 Nr. 2.36 Drucksache 13/3938 Nr. 2.14 Drucksache 13/3938 Nr. 2.16 Finanzausschuß Drucksache 13/4466 Nr. 2.29 Drucksache 13/4514 Nr. 2.23 Haushaltsausschuß Drucksache 13/4137 Nr. 2.59 Drucksache 13/4137 Nr. 2.62 Drucksache 13/4137 Nr. 2.69 Drucksache 13/4137 Nr. 2.71 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/2306 Nr. 2.25 Drucksache 13/2674 Nr. 2.33 Drucksache 13/3668 Nr. 2.13 Drucksache 13/3668 Nr. 2.43
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    Rede von Dr. Maria Böhmer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Nach der Anhörung von Sachverständigen am 22. Mai dieses Jahres und intensiven Beratungen, die wir im Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung geführt haben, verabschieden wir heute das neue Altersteilzeitgesetz. Dafür, daß das bereits vier Monate nach dem Konsens, der in dem Gespräch bei Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl am 12. Februar 1996 gefunden wurde, möglich ist, möchte ich dem Bundesarbeitsminister ganz herzlich für seinen intensiven Einsatz danken.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Es ist ein Konsens, der von Arbeitgebern und Gewerkschaften gemeinsam getragen wird. Dies wurde in der Anhörung noch einmal unterstrichen, als der DGB sagte, er steht voll und ganz zu diesem Kompromiß. Ich finde das einen beachtlichen Punkt, den wir festhalten sollten.
    Durch das Altersteilzeitgesetz soll den Fehlentwicklungen im Bereich der Frühverrentung ein Riegel vorgeschoben werden und der gleitende Übergang von älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in den Ruhestand neu gestaltet werden.
    Meine Damen und Herren, es ist klar: Die bisherige Praxis der Frühverrentung konnte so nicht beibehalten werden, und die daraus erwachsenden Belastungen für die Rentenkassen konnten auch nicht länger hingenommen werden, denn damit wäre eine ernsthafte Gefährdung unseres Rentensystems eingetreten.
    Unabhängig von dieser finanziellen Seite halte ich es für wichtig, auch die humane Zielsetzung in den
    Blick zu nehmen. Darüber haben wir im Ausschuß intensiv gesprochen. Ich verkenne nicht, daß es Tätigkeiten gibt, bei denen die Arbeitnehmer nach langen Arbeitsjahren ausgelaugt sind, beispielsweise bei Arbeiten in einer Eisengießerei oder an einer Stanzmaschine.
    Aber das ist nur die eine Seite. Die andere Seite beinhaltet, daß sehr viele gern an ihrem Arbeitsplatz bleiben möchten. Ein Beleg dafür ist, daß zunehmend Rentner eine Arbeit suchen und eine Arbeit aufnehmen. Deshalb kommen wir mit der Flexibilisierung der Arbeitszeit dem Anliegen der Älteren nach. Es ist für viele zukünftig in der Tat eine durchaus attraktive Lösung, wenn - das betone ich - die Rahmenbedingungen stimmen. Wir haben diesen Gesetzentwurf intensiv beraten und an einigen Stellen Verbesserungen für die Arbeitnehmer eingefügt.
    Ich will noch einmal betonen, daß die bisherige Praxis der Frühverrentung unter verschiedenen Gesichtspunkten keine Lösung dargestellt hat. Es war weder für die Arbeitnehmer, die einfach ausgemustert wurden, noch für die Arbeitslosen ein Weg; denn die Praxis hat gezeigt, daß in der Regel keine Arbeitslosen eingestellt worden sind, und auch Auszubildende sind nicht in dem Umfang von den Betrieben übernommen worden, wie es sich mancher gedacht hat.
    Auch war es keine Lösung für die große Zahl der kleinen und mittelständischen Unternehmer; denn diese waren gezwungen, über die Lohnnebenkosten die für die Sozialkasse anfallenden Kosten für die Frühverrentung mitzutragen.
    Die Gewinner waren die Großunternehmen, denn sie konnten die Kosten für den Personalabbau auf die Bundesanstalt für Arbeit und die Rentenkassen abwälzen, und zwar in Höhe von 21,9 Milliarden DM. Das waren immerhin 92 Prozent der Kosten. Nur 8 Prozent der Kosten haben die Unternehmen selbst getragen. Es war ein deutliches Alarmzeichen, daß die Frühverrentungen auf 300 000 Fälle im Jahr 1995 hochgeschnellt sind. Das bedeutet, daß im Jahr 1995 fast jede vierte Versichertenrente wegen Arbeitslosigkeit bewilligt wurde.
    Ich meine, der Weg, den wir heute beschreiten, ist ein Gebot der Vernunft. Auch die Gewerkschaften - das möchte ich noch einmal betonen - sehen das so. In dem jüngsten Papier des DGB lese ich, Teilzeitarbeit und gleitender Übergang in die Rente sind humaner und produktiver als Arbeitslosigkeit und Frühverrentung. Die chemische Industrie hat mit Tarifverträgen schon jetzt eine entsprechende Regelung.
    Wir haben bei den Beratungen im Ausschuß eine Regelung aus diesen Tarifverträgen aufgenommen, nach der die Arbeitszeit über fünf Jahre hinweg gestreckt werden kann. Bei dieser Regelung habe ich durchaus Bedenken gehabt. Ich habe aber zugestimmt, weil ich der Meinung bin, daß wir eine Regelung, die die Tarifparteien getroffen haben, auch gesetzlich abdecken sollten.
    Ich darf an die Adresse der Kolleginnen und Kollegen von der SPD sagen: Es kann nicht sein, daß man

    Dr. Maria Böhmer
    einem Antrag folgt, der eine Ausdehnung auf zehn Jahre vorsieht. Damit hätten wir in der Tat eine Blockbildung von Arbeit, die nichts anderes als die Wiedereinführung der alten Praxis der Frühverrentung durch die Hintertür bedeutete, nämlich daß die Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit en bloc ableisten und dann im Grunde genommen doch in den Ruhestand gehen, auch wenn der Arbeitsvertrag weiter besteht. Deswegen haben wir diesem Antrag der SPD nicht stattgegeben.
    Ich will auch einen kurzen Satz zu dem immer wieder erhobenen Vorwurf sagen, daß der beim Bundeskanzler gefundene Konsens nachher einseitig durch die Bundesregierung aufgekündigt worden sei. Ich habe mir noch einmal sehr genau das 50-Punkte-Programm der Bundesregierung angeschaut: Es wurde wohlgemerkt am 30. Januar vorgelegt, also noch vor diesen Konsensgesprächen und auch vor den Wahlen im März. Diesen Punkt monieren Sie ja sonst immer. Dort ist klar gesagt worden, daß weitere Schritte im Rentenbereich erforderlich sind. Wir haben also schon ganz klar die Signale gesetzt, und es kann von Ihnen nicht immer wieder behauptet werden, daß hier ein Wortbruch stattfinde.
    Bei allen Maßnahmen, die wir in diesem Bereich treffen, sind die Schaffung von wettbewerbsfähigen Arbeitsplätzen und der Abbau der Arbeitslosigkeit das maßgebliche Ziel. Wer heute vielleicht kritisch mit dieser Regelung umgeht, wird morgen froh sein, wenn sein Arbeitsplatz und seine Rente immer noch auf sicherem Grund gebaut sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Deshalb müssen wir alle Kraft daransetzen, daß die Lohnnebenkosten weiter sinken. Das ist auch die Absicht, die wir mit diesem Gesetz verbinden: Die Lohnnebenkosten müssen sinken und dürfen nicht steigen.
    In bezug auf den Antrag der SPD, eine neue Vorruhestandsumlage für Unternehmen zu schaffen, sage ich: Wenn wir diesem Antrag folgen würden, dann würden die Lohnnebenkosten in der Tat ansteigen. Was wäre das anderes, als den Unternehmen neue Belastungen aufzubürden? Das kann nicht der Weg sein, der in die Zukunft führt und den Boden für mehr und sichere Arbeitsplätze bereitet.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU Zuruf der Abg. Dr. Barbara Hendricks [SPD])

    Meine Damen und Herren, die SPD hat in der heutigen Debatte deutlich gemacht, daß sie alten Ideen nach wie vor anhängt und sich gegen Innovationen sperrt. Wir setzen auf flexible Lösungen im Bereich der Arbeitszeit. Ich appelliere noch einmal an Sie, für diesen Gesetzentwurf zu stimmen und einen Weg zu bejahen, der Vorteile für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und für die Arbeitgeberseite bringt und der vor allen Dingen unsere sozialen Sicherungssysteme stützt.
    Ich halte eine Menge davon, jetzt alle Kraft darauf zu verwenden, daß die Unternehmen das Ihre dazu beitragen, alle Möglichkeiten auszuloten, die Altersteilzeit wirklich umzusetzen. Wir haben hier noch ein deutlich ungenutztes Potential zur Flexibilisierung.


Rede von Hans Klein
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Die Redezeit!

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    Rede von Dr. Maria Böhmer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ich appelliere an Arbeitgeber und Arbeitnehmer, diese Chancen wahrzunehmen und das Gesetz mit Leben zu erfüllen.
    Danke.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)