Rede von
Markus
Meckel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Verehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Zuerst möchte ich Dank sagen, Dank den beiden großen Parteien in der Tschechischen Republik, daß es ihnen gelungen ist - das wurde schon angesprochen, es war nicht einfach für sie -, dieses Thema aus dem Wahlkampf herauszuhalten. Ich denke, das ist eine große Leistung, die gewürdigt werden muß.
Dies ist um so mehr zu würdigen, als eben wenige Tage vor der Wahl die hier zur Debatte stehenden Reden in Nürnberg gehalten worden sind. Von denen ist eben doch nicht nur zu sagen, daß es das gleiche war wie immer - wobei das, ehrlich gesagt, manchmal ja schon schlimm genug sein kann -, sondern es sind dann doch ein paar Dinge zur Sprache gekommen, die ich für ausgesprochen problematisch halte.
- Ich komme gleich darauf.
Ich glaube, daß genau so den Republikanern und Kommunisten in die Hände gespielt wird, und genau das wollen wir nun wahrhaftig alle nicht. Auch das haben Sie selbst und Herr Stoiber zum Ausdruck gebracht.
Sie fragen, was ich zitiere. Ich möchte auf den Punkt zu sprechen kommen, den dankenswerterweise der Kollege Irmer zuletzt angesprochen hat. Es geht um die Frage Europa. Wenn Herr Waigel fragt, „kann Europa entstehen ohne Gerechtigkeit für alle Europäer?",
dann ist ja die Frage, was damit gemeint ist. Ich vermute, er meint damit, daß das zum Beispiel nicht geschehen kann, ohne daß endlich die nationalsozialistischen Opfer in der Tschechischen Republik von Deutschland entschädigt werden; denn das steht nun wahrhaftig schon seit langem an, und hier haben wir versagt und niemand anderes.
Markus Meckel
Aber es ist durch den Zusammenhang deutlich, daß dies genau nicht gemeint ist. Hier kann man die Rede von Herrn Stoiber dazunehmen, der es an dieser Stelle sehr deutlich macht, wenn er sagt, daß diese Fragen offensichtlich bei den Verhandlungen über den Beitritt zur Europäischen Union auf die Tagesordnung kommen sollen. Soll denn der EU-Beitritt mit diesen offenen Fragen belastet werden? So fragt er an dieser Stelle.
Ich möchte dann doch sagen, das klingt wie eine Erpressung der Tschechischen Republik bei den Verhandlungen über den Beitritt zur Europäischen Union.
Dies halte ich nun wirklich für nicht verträglich. Die Tschechische Republik ist ein demokratischer Staat, ein Rechtsstaat, auch wenn die Rechtsprechung der Verfassungsorgane manchmal nicht gefällt, weder manchen Tschechen noch uns selbst.
Wir haben diese Schwierigkeit ja auch in Deutschland, und, ich glaube, gerade in Bayern kann man dies sagen. Da hatten wir in der letzten Zeit so manche Diskussion über das Verhältnis Bayerns zu dem, was Bundesorgane und auch das Bundesverfassungsgericht beschließen. Darüber wird offensichtlich gestritten. Ich möchte die alten Debatten in Deutschland und zu Bayern hier nicht aufheben.
Die Frage der Beněs-Dekrete kann jedenfalls offensichtlich nicht gemeint sein;
denn es ist angesprochen worden, daß auch schon heute klar ist, aus den Beneš-Dekreten folgen keine aktuellen Rechtsakte mehr. Hier gibt es eine ganz klare Vergleichbarkeit mit dem Münchener Abkommen, das wir ja auch nicht von Anfang an für null und nichtig erklären können, weil es eine Frage der sich darauf gründenden Rechtsakte ist. Genauso ist das für die Teschechen. Darauf müssen wir uns einstellen, und ich denke, darauf können wir uns einstellen.
Dann ist natürlich die Frage, was Heimatrecht heißt, egal, ob man es möglich machen kann. Da gibt es ja durchaus eine tschechische Bereitschaft, hier auf manches einzugehen. Die Frage des Heimatrechtes darf jedenfalls kein Hindernis für den Beitritt zur Europäischen Union sein. Denn daß dann gegenseitig die Niederlassungsfreiheit bestehen wird, ist auch ohne Frage.
Ich denke, es ist wichtig, von diesem Hause das klare Signal ausgehen zu lassen, daß wirklich gilt, was Anfang der 90er Jahre sehr deutlich gesagt wurde und auch sonst immer von uns beschworen wird: Die Deutschen treten dafür ein, und zwar vorbehaltlos, daß die Tschechen um die Jahrtausendwende zur Europäischen Union gehören sollen.
Das jedenfalls ist unsere feste Meinung.
Die Reden, in denen gesagt wird, wir sind weitergekommen, haben wir schon vor Monaten gehört. Es wird immer gesagt: Wir kommen voran, und wir hoffen, bald zum Abschluß zu kommen. Ich erwarte, daß die Dinge endlich so zum Abschluß gebracht werden, auch wenn wir alle wissen, daß die Probleme damit nicht aufhören werden. Mit einer solchen Erklärung wird keine Heilserwartung zu verbinden sein.
Zu der Einbeziehung in die Verhandlungen möchte ich noch einmal bestätigen, daß auch jetzt schon eine Einbeziehung da ist. Man kann nicht einfach den Anschein erwecken, daß zusätzlich etwas geschehen muß. Der Außenminister hat bestätigt, daß die Gespräche ständig stattfinden.
Man muß fragen, ob aus der Art, wie einbezogen wird, in der Vergangenheit eher eine Blockade erwachsen ist. Deshalb ist es mein deutlicher Wille, daß wir mit der Erklärung vorankommen und daß endlich das, was in der Bevölkerung im Wachsen ist, von uns, von Regierung und Parlament, weiter vorangetrieben wird.
Ich danke Ihnen.