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    Plenarprotokoll 13/108 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 108. Sitzung Bonn, Freitag, den 24. Mai 1996 Inhalt: Begrüßung des polnischen Außenministers Darusz Rosati 9590 B Tagesordnungspunkt 11: a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Strukturreform in der gesetzlichen Krankenversicherung (Drucksache 13/ 3608) 9541 A Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesundheitsstrukturgesetzes (Drucksachen 13/3607, 13/4691) 9541 B b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Antrag der Abgeordneten Monika Knoche, Marina Steindor, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Umbau und Weiterentwicklung der Gesundheitsstruktur (Drucksachen 13/3612, 13/ 4691) 9541 B c) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Achten Gesetzes zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Mehrkostenregelung Amalgam) (Drucksachen 13/ 3695, 13/4692) 9541 B d) Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung der Krankenhausfinanzierung 199/ (Krankenhaus-Neuordnungsgesetz 1997) (Drucksachen 13/3062, 13/ 3939, 13/4693) 9541 D e) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Arzneimittelfestbeträge) (Drucksachen 13/3217, 13/4407) 9541 D f) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Entlashing der Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung (Drucksache 13/4615) 9542A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 16: Beratung des Antrags der Abgeordneten Monika Knoche, Marina Steindor, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das solidarische Gesundheitswesen für die Zukunft sichern (Drucksache 13/4675) 9542 A Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) CDU/ CSU 9542B Klaus Kirschner SPD . . 9544B, 9556A, 9571 C Monika Knoche BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9544C, 9556B Rudolf Dreßler SPD 9547 B Monika Knoche BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9551 A Jürgen W. Möllemann F.D.P. . . . . . 9553 B Dr. Wolfgang Wodarg SPD 9555 D Dr. Ruth Fuchs PDS 9558 D, 9580 A Horst Seehofer, Bundesminister BMG . 9560 B Petra Bläss PDS 9565 A Klaus Kirschner SPD 9565 C Editha Limbach CDU/CSU 9568 A Wolfgang Zöller CDU/CSU 6569 B Ulf Fink CDU/CSU 9570A Marina Steindor BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9572C Regina Schmidt-Zadel SPD 9575A Eva-Maria Kors CDU/CSU 9576 C Gudrun Schaich-Walch SPD 9578D Petra Ernstberger SPD 9581 A Tagesordnungspunkt 12: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (Drucksache 13/4587) 9583 C b) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten der PDS eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur grundlegenden Korrektur des RentenÜberleitungsgesetzes (Drucksachen 13/216, 13/4009, 13/4022) 9583 C Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Rudolf Dreßler, Wolfgang Thierse, Ottmar Schreiner, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Korrektur des Renten-Überleitungsgesetzes (Drucksache 13/1542, 13/4009, 13/4022) 9583 D c) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung - zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Novellierung des Renten-Überleitungsgesetzes - zu dem Antrag der Abgeordneten Andrea Fischer (Berlin) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Rentenkürzungen in den neuen Bundesländern (Drucksachen 13/20, 13/286, 13/4009) 9584 A d) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung - zu dem Antrag der Abgeordneten Andrea Fischer (Berlin) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sozial verträgliche Abschmelzung der Auffüllbeträge und Rentenzuschläge in Ostdeutschland - zu dem Antrag der Gruppe der PDS: Aussetzen des Abschmelzens der Auffüllbeträge nach dem Rentenüberleitungsgesetz (Drucksachen 13/3141, 13/3043, 13/3960) . . . . 9584 A Rudolf Kraus, Parl. Staatssekretär BMA 9584 B Ulrike Mascher SPD 9585 A Wolfgang Engelmann CDU/CSU . . . 9586 D Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9587 D Uwe Lühr F.D.P 9588 C Petra Bläss PDS 9589 A Tagesordnungspunkt 13: Große Anfragen der Abgeordneten Dr. Uschi Eid, Dr. Angelika Köster-Loßack und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Politik der Bundesregierung und entwicklungspolitische Ansätze zum Schutz der tropischen Wälder unter besonderer Berücksichtigung Brasiliens Teil I und Teil II (Drucksachen 13/1637, 13/1638, 13/ 3338) 9591 A Dr. Angelika Köster-Loßack BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 9591 B Klaus-Jürgen Hedrich, Parl. Staatssekretär BMZ 9593 B Dr. Mathias Schubert SPD 9594 A Roland Kohn F.D.P. 9595 D Eva-Maria Bulling-Schröter PDS . . . 9596 D Dr. Christian Ruck CDU/CSU 9597 B Nächste Sitzung 9599 C Berichtigung 9599 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 9601* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 9601* C 108. Sitzung Bonn, Freitag, den 24. Mai 1996 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 107. Sitzung. Seite 9464 B, 4. Zeile von unten: Statt „überhaupt" ist „dagegen" zu lesen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter, Robert SPD 24. 5. 96 Beer, Angelika BÜNDNIS 24. 5. 96 90/DIE GRÜNEN Behrendt, Wolfgang SPD 24. 5. 96 * Dr. Däubler-Gmelin, SPD 24. 5. 96 Herta Erler, Gernot SPD 24. 5. 96 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 24. 5. 96 * Göllner, Uwe SPD 24. 5. 96 Gysi, Andrea PDS 24. 5. 96 Hempelmann, Rolf SPD 24. 5. 96 Dr. Höll, Barbara PDS 24. 5. 96 Horn, Erwin SPD 24. 5. 96 Köhne, Rolf PDS 24. 5. 96 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 24. 5. 96 Kolbow, Walter SPD 24. 5. 96 Kunick, Konrad SPD 24. 5. 96 Michels, Meinolf CDU/CSU 24. 5. 96 Mosdorf, Siegmar SPD 24. 5. 96 Petzold, Ulrich CDU/CSU 24. 5. 96 Poß, Joachim SPD 24. 5. 96 Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 24. 5. 96 Hermann Reschke, Otto SPD 24. 5. 96 Dr. Rexrodt, Günter F.D.P. 24. 5. 96 Rübenkönig, Gerhard SPD 24. 5. 96 Schlauch, Rezzo BÜNDNIS 24. 5. 96 90/DIE GRÜNEN Schönberger, Ursula BÜNDNIS 24. 5. 96 90/DIE GRÜNEN Steenblock, Rainder BÜNDIS 24. 5. 96 90/DIE GRÜNEN Terborg, Margitta SPD 24. 5. 96 Thieser, Dietmar SPD 24. 5. 96 Vosen, Josef SPD 24. 5. 96 Dr. Waigel, Theodor CDU/CSU 24. 5. 96 Wolf (Frankfurt), BÜNDNIS 24. 5. 96 Margareta 90/DIE GRÜNEN * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Amtliche Mitteilung Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU- Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Finanzausschuß Drucksache 13/4137 Nr. 2.56 Drucksache 13/4137 Nr. 2.60 Drucksache 13/4137 Nr. 2.66 Drucksache 13/4137 Nr. 2.80 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/4137 Nr. 1.1 Drucksache 13/4137 Nr. 2.2 Drucksache 13/4137 Nr. 2.3 Drucksache 13/4137 Nr. 2.4 Drucksache 13/4137 Nr. 2.5 Drucksache 13/4137 Nr. 2.6 Drucksache 13/4137 Nr. 2.7 Drucksache 13/4137 Nr. 2.19 Drucksache 13/4137 Nr. 2.20 Drucksache 13/4137 Nr. 2.30 Drucksache 13/4137 Nr. 2.45 Drucksache 13/4137 Nr. 2.51 Drucksache 13/4137 Nr. 2.73 Drucksache 13/4137 Nr. 2.76 Drucksache 13/4137 Nr. 2.77 Drucksache 13/4137 Nr. 2.78 Drucksache 13/4137 Nr. 2.79 Drucksache 13/4137 Nr. 2.81 Drucksache 13/4137 Nr. 2.82 Drucksache 13/4137 Nr. 2.83 Drucksache 13/4137 Nr. 2.84 Drucksache 13/4137 Nr. 2.88 Drucksache 13/4466 Nr. 2.24 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 13/4137 Nr. 2.18 Drucksache 13/4137 Nr. 2.27 Drucksache 13/4137 Nr. 2.40 Drucksache 13/4137 Nr. 2.54 Drucksache 13/4137 Nr. 2.70 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 13/3668 Nr. 2.7 Drucksache 13/3668 Nr. 2.22 Drucksache 13/4137 Nr. 2.58 Drucksache 13/4137 Nr. 2.89 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 13/4514 Nr. 2.18 Ausschuß für Post und Telekommunikation Drucksache 13/4137 Nr. 2.48 Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 13/4514 Nr. 2.37 Berichtigung: Im Anhang zum Stenographischen Protokoll der 84. Sitzung des Deutschen Bundestages zu EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament ist unter dem Titel Ausschuß für Familie, Senioren, Frauen und Jugend die Drucksachennummer 13/7804 durch 12/7804 zu ersetzen.
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    Rede von Wolfgang Lohmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Monologe meinen Sie!


Rede von Monika Knoche
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)
- die die Öffentlichkeit auf jeden Fall hätte hören sollen.
Meine Frage an Sie, Herr Kollege Lohmann: Sie haben gerade Ihre Rede mit einer sehr tiefgehenden Darstellung Ihres politischen Selbstverständnisses begonnen.

(Dr. Dieter Thomae [F.D.P.]: Das war auch gut!)

Würden Sie bitte einmal sagen, wie Sie sich die Sozialstaatsgarantien für das Gesundheitswesen und seine Struktur vorstellen, wenn Sie das gesamte Steuerungsinstrumentarium den Wettbewerbsprinzipien des Marktes überlassen?

(Beifall bei Abgeordneten der PDS Dr. Dieter Thomae [F.D.P.]: Das ist nicht unser Konzept!)


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    Rede von Wolfgang Lohmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Nirgendwo in unseren Vorlagen, auch nicht in den Diskussionsbeiträgen, haben wir gesagt, daß wir das gesamte Steuerungs- und Rahmensetzungsvermögen des Staates abschaffen wollen. Wir sagen nur - um das Stichwort „Rahmensetzung" zu betonen -: Der Staat soll überall da, wo die Beteiligten vor Ort, die in der Regel auch mehr davon verstehen, das selbst machen können, es ihnen überlassen und nur den Rahmen dafür setzen, daß der Prozeß fair, gerecht und sozial verträglich abläuft.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Abg. Monika Knoche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer weiteren Zwischenfrage Dr. Dieter Thomae [F.D.P.]: Frau Knoche, wir haben noch Ausschußsitzungen! )


    Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid)

    - Ich möchte jetzt gerne fortsetzen, Frau Knoche; denn wir kennen ja diese Dialoge, die unsere Zeit zu sehr in Anspruch nehmen würden.
    Meine Damen und Herren, die Koalition hat auf Grund einer weiteren Erfahrung der letzten Jahre die Konsequenzen gezogen: Wer die gesetzliche Krankenversicherung auch im Jahre 2000 und danach auf eine tragfähige, solide finanzielle Grundlage stellen will, wird dauerhaft keinen Erfolg haben, wenn er auf Lösungen setzt, die gegen die Beteiligten durchgesetzt werden müssen.
    Konkret heißt das für uns: Wir werden nur mit den Patienten, den Ärzten, den Zahnärzten, der Pharmaindustrie, den Apothekern und den Vertretern der Krankenhauslandschaft und nicht durch ein Handeln gegen sie bei dieser Gesundheitsreform wirklich Erfolg haben. Nur eine Partnerschaftslösung, die auf Konsensfindung in den wesentlichen Punkten aufbaut, kann auf Dauer erfolgreich sein. Eine Partnerschaftslösung, die alle Wünsche zu 100 Prozent erfüllt, gibt es natürlich nicht. Entscheidend ist, daß wir in den Kernfragen mit den Beteiligten weitgehend übereinstimmen.
    Für die Gesetze der dritten Reformstufe können wir feststellen, daß wir mit Ausnahme der Deutschen Krankenhausgesellschaft mit allen anderen Beteiligten des deutschen Gesundheitswesens weitgehende Übereinstimmung erzielt haben. Das ist der zweite gravierende Unterschied zwischen Koalition und SPD. Dies wird deutlich, wenn Sie sich vor Augen halten, welche Reaktionen Ihr Gesetzentwurf, Herr Dreßler, in der Öffentlichkeit ausgelöst hat.
    Die Koalition hat sich für eine Grundphilosophie entschieden, die das eben Dargestellte umsetzt und die mehr Freiheit und Verantwortung für die Selbstverwaltung bei stabilen Beitragssätzen anstrebt.

    (Zuruf des Abg. Rudolf Dreßler [SPD])

    Ein solches selbststeuerndes System in der gesetzlichen Krankenversicherung

    (Zuruf des Abg. Rudolf Dreßler [SPD])

    - zum Glück habe ich den Lautsprecher -, das der Selbstverwaltung einerseits die notwendigen Gestaltungsspielräume eröffnet und andererseits Beitragssatzsteigerungen verhindert, die nicht zur Realisierung des medizinischen Fortschritts erforderlich sind, sondern auf Unwirtschaftlichkeit und Verschwendung zurückzuführen sind, gibt es bisher nicht.
    Mit unserem Gesetzentwurf lösen wir staatlichen Interventionismus durch Verantwortung der Selbstverwaltung ab, schaffen im Vertrags- und Leistungsbereich Gestaltungsspielraum und versperren gleichzeitig den bequemen Weg, durch das Drehen an der Beitragssatzschraube expandierende Ausgaben durch zusätzliche Einnahmequellen zu finanzieren.

    (Beifall des Abg. Wolfgang Zöller [CDU/ CSU])

    Nur zur Klarstellung: Das eben Gesagte gilt für die Gesetze der dritten Stufe und nicht, wie eben schon erwähnt, für den Sonderfall Beitragsentlastungsgesetz.
    Mit der Organisationsreform und der Kassenwahlfreiheit des Gesundheits-Strukturgesetzes haben wir, übrigens gemeinsam, die Fundamente für eine neue Solidarordnung gelegt. Um mehr Bewegungsmöglichkeiten innerhalb der staatlich vorgegebenen Ordnung zu schaffen, geben wir jetzt der Selbstverwaltung die notwendige Gestaltungsfreiheit.
    Von wesentlicher Bedeutung sind die zusätzlichen Gestaltungsmöglichkeiten, die die Krankenkassen über die Satzung erhalten. Ich denke dabei insbesondere an die freiwilligen Leistungserweiterungen, die die Versicherten der einzelnen Krankenkassen ohne Beteiligung der Arbeitgeber zu finanzieren haben.
    Hierzu haben wir mit einem Änderungsantrag den § 54 vor dem Hintergrund der Streichung der Gesundheitsförderung und Prävention um den § 20 SGB V ergänzt. Wir räumen den Krankenkassen die Möglichkeit ein, Leistungen zur Gesundheitsförderung und Krankheitsverhütung als Gestaltungsleistungen in der Satzung vorzusehen. Damit können alle Maßnahmen zur Gesundheitsförderung und Krankheitsverhütung im bisherigen Umfang angeboten werden. - Sie kennen ja die Diskussion, die zur Zeit geführt wird.
    Auch wenn die Krankenkassen die Streichung von § 20 nicht zum Anlaß nehmen sollten, sich künftig beim Thema Gesundheitsförderung auf sinnvolle und notwendige Projekte zu beschränken, und sämtlichen Wildwuchs unverändert beibehielten, käme man für die Versicherten auf einen rechnerischen Betrag von etwa 1,40 DM monatlich. Wenn sie dies also gemeinsam wollen, sollen sie dies auch können dürfen. Dann sollte eben von den Versicherten ein Betrag von 1,40 DM - oder welcher Betrag rechnerisch auch herauskommt - bezahlt werden.
    Meine Damen und Herren, ich bin mir natürlich völlig darüber im klaren, daß es hier nicht allein auf den konkreten DM-Betrag ankommt, sondern auf eine grundsätzliche Entscheidung der Koalition, welche zukunftsweisenden Lösungen auf die Herausforderungen in den Sozialversicherungssystemen anzubieten sind. Natürlich löst ein solcher Vorschlag bei den Anhängern der Grundüberzeugung, keine Veränderung an der hälftigen Finanzierung der Gesundheitskosten vorzunehmen, die bekannten Abwehrreaktionen aus. Es müßte aber doch eigentlich einleuchtend sein, daß unseren arbeitsmarktpolitischen Problemen mit den alten Antworten nicht beizukommen ist.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Jürgen W. Möllemann [F.D.P.])

    Wenn wir in Zukunft Hochleistungsmedizin mit allen medizinischen und technischen Möglichkeiten für die Gesamtheit der Versicherten bis ins hohe Alter zur Verfügung stellen wollen, müssen wir den Mut haben, in vertretbarem Rahmen neue Finanzierungsformen anzuwenden;

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Wollgang Lohmann (Lüdenscheid)

    denn Beitragssatzsteigerungen - das ist ja inzwischen anscheinend doch Allgemeingut geworden - sind nicht mehr akzeptabel.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es! Klaus Kirschner [SPD]: Die haben Sie doch selber zu verantworten!)

    Doch was geschieht? Es werden uns Totschlagargumente entgegengeschleudert, auch von Ihnen, Herr Kirschner: Weg in die Zweiklassenmedizin, Grund- und Wahlleistung.
    Wenn Sie sich, Herr Dreßler, zum Beispiel angesichts der dramatischen Finanzprobleme bei der Rentenversicherung an junge Berufsanfänger mit dem Hinweis wenden, sie sollten sich zusätzlich privat eine Altersversorgung aufbauen, dann frage ich Sie: Wo ist denn da eigentlich der fundamentale Unterschied zu unserem Vorschlag? Umgekehrt könnte ich Ihnen jetzt doch entgegenhalten, daß dies der Weg in die Zweiklassenrentengesellschaft ist, da einige sich die Zusatzversicherung möglicherweise leisten können und andere nicht.
    Sie selbst haben auf dem Verbandstag der Betriebskrankenkassen am 26. März dieses Jahres in Bonn gefordert, nicht notwendige Leistungen, die nicht mehr solidarisch abgesichert werden sollen, aus dem Leistungskatalog auszugrenzen, und haben dies mit der Aufforderung verbunden, sich gegebenenfalls auf privater Basis außerhalb des Systems abzusichern.

    (Jürgen W. Möllemann [F.D.P.]: Sehr vernünftig!)

    Ich frage Sie deshalb: Warum soll es nicht möglich sein, auch innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung über rein versichertenfinanzierte Satzungsleistungen Veränderungen vorzunehmen?

    (Rudolf Dreßler [SPD]: Sie verstehen das nicht, Herr Lohmann!)

    Da wir dies im Bereich der Gesundheitsförderung und -prävention zum erstenmal praktizieren, werden wir nun von allen Seiten unter Beschuß genommen. Vor allen Dingen wird mit Tabellen nachgewiesen, welch große und segensreiche Wirkung beispielsweise die Maßnahmen der Gesundheitsförderung gehabt haben. Das mag ja alles sein. Ich muß aber gegenfragen: Warum haben wir, wenn die Prävention so erfolgreich ist, wie es jetzt dargestellt wird, eine steigende Zahl von Krankenhauseinweisungen? Warum haben wir immer mehr Behandlungsfälle bei niedergelassenen Ärzten?

    (Zuruf von der SPD)

    Warum haben wir dann innerhalb von drei Jahren bei den stationären Vorsorge- und Reha-Kuren einen Zuwachs von über 50 Prozent? Warum ist die Krankheitsrate der Bevölkerung nicht drastisch gesunken?

    (Zuruf von der SPD)

    Das heißt, wenn das so erfolgreich gewesen wäre, hätten die Erfolge ja längst sichtbar werden müssen.

    (Zuruf von der SPD)

    Grundsätzliche Einigung zwischen Opposition und Koalition besteht in der Überzeugung, daß wir den ambulanten und den stationären Bereich stärker als bisher verzahnen müssen. Wir tun dies, indem wir hochspezialisierte fachärztliche Versorgung im Krankenhaus für den ambulanten Behandlungsfall erschließen. Dabei kann ich mir in der Diskussion über Einzelheiten durchaus noch Varianten vorstellen.
    Nicht vorstellbar und somit nicht verhandelbar ist der SPD-Ansatz der institutionellen Öffnung der Krankenhäuser für die fachärztliche Versorgung. Nachdem der entsprechende SPD-Vorschlag einen Sturm der Entrüstung ausgelöst hat, wurden anschließend einander diametral entgegenstehende Interpretationen von hochangesehenen Persönlichkeiten - in der SPD hochangesehen; ob dies in der Bevölkerung der Fall ist, weiß ich nicht - veröffentlicht. Während der eine von einem Mißverständnis sprach und davon, daß das alles gar nicht so gemeint sei, bestätigte ein anderer die Kriegserklärung an die niedergelassenen Ärzte.
    Die Uneinigkeit wird auch an einem Brief des Gesundheitsministers von Rheinland-Pfalz an die Kassenärztliche Vereinigung Rheinhessen deutlich. Der Brief - übrigens rechtzeitig vor dem 24. März zugestellt - enthält folgende Passage:
    Ich möchte Ihnen ausdrücklich erklären, daß ich es mir nicht vorstellen kann, daß die Landesregierung von Rheinland-Pfalz im Gesetzgebungsverfahren einer solchen Regelung
    - gemeint ist der SPD-Vorschlag -
    zustimmen kann. Genauso wie Sie sehe ich eine Gefährdung der bisherigen Strukturen und der Versorgung durch die niedergelassenen Ärzte. Ich möchte Sie bitten, die Damen und Herren Vorsitzenden der anderen Kassenärztlichen Vereinigungen über die Haltung der Landesregierung zu informieren.

    (Beifall bei der CDU/CSU Jürgen W. Möllemann [F.D.P.]: Vernünftige Landesregierung! Das ist der Einfluß der F.D.P.!)

    - Rechtzeitig vor der Landtagswahl zugestellt!
    Es steht - wie ich eben gesagt habe - eine ganze Reihe anderer Gesetzentwürfe auf der Tagesordnung, die heute noch eine Würdigung erfahren werden. Wir nehmen Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen, die nach dem 31. Dezember 1995 zugelassen werden, von der Festbetragsregelung aus. Auch das ist - vereinfacht gesagt - ein Beitrag, den Standort Deutschland für Forschung und für wirtschaftliches Wachstum zu verbessern.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir hatten sogar geglaubt, wir erfüllten damit eine Forderung des Kollegen Dreßler, der auf der Hauptversammlung des VFA am 30. November verkündet hat, er wolle etwas gegen die Arzneimittelreimporte

    Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid)

    unternehmen. Ich möchte Sie, Herr Dreßler, noch einmal zitieren:
    Etwas völlig anderes ist es, wenn dieser niedrigere Preis auf administrativem Weg durch ausländische Behörden erzwungen wird. Dies hat nichts mit freiem Handel zu tun und ist auch nicht das Risiko des Unternehmers. Hier ist der Reimport betriebswirtschaftlich schädlich und standortpolitisch fragwürdig.
    So ist es.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Deswegen stimmt er unserem Gesetz zu!)

    Wir haben Sie dann beim Wort genommen. Inzwischen befinden Sie sich, was die Richtung betrifft, aber schon wieder auf einem anderen Dampfer.