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    Plenarprotokoll 13/108 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 108. Sitzung Bonn, Freitag, den 24. Mai 1996 Inhalt: Begrüßung des polnischen Außenministers Darusz Rosati 9590 B Tagesordnungspunkt 11: a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Strukturreform in der gesetzlichen Krankenversicherung (Drucksache 13/ 3608) 9541 A Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesundheitsstrukturgesetzes (Drucksachen 13/3607, 13/4691) 9541 B b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Antrag der Abgeordneten Monika Knoche, Marina Steindor, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Umbau und Weiterentwicklung der Gesundheitsstruktur (Drucksachen 13/3612, 13/ 4691) 9541 B c) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Achten Gesetzes zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Mehrkostenregelung Amalgam) (Drucksachen 13/ 3695, 13/4692) 9541 B d) Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung der Krankenhausfinanzierung 199/ (Krankenhaus-Neuordnungsgesetz 1997) (Drucksachen 13/3062, 13/ 3939, 13/4693) 9541 D e) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Arzneimittelfestbeträge) (Drucksachen 13/3217, 13/4407) 9541 D f) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Entlashing der Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung (Drucksache 13/4615) 9542A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 16: Beratung des Antrags der Abgeordneten Monika Knoche, Marina Steindor, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das solidarische Gesundheitswesen für die Zukunft sichern (Drucksache 13/4675) 9542 A Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) CDU/ CSU 9542B Klaus Kirschner SPD . . 9544B, 9556A, 9571 C Monika Knoche BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9544C, 9556B Rudolf Dreßler SPD 9547 B Monika Knoche BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9551 A Jürgen W. Möllemann F.D.P. . . . . . 9553 B Dr. Wolfgang Wodarg SPD 9555 D Dr. Ruth Fuchs PDS 9558 D, 9580 A Horst Seehofer, Bundesminister BMG . 9560 B Petra Bläss PDS 9565 A Klaus Kirschner SPD 9565 C Editha Limbach CDU/CSU 9568 A Wolfgang Zöller CDU/CSU 6569 B Ulf Fink CDU/CSU 9570A Marina Steindor BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9572C Regina Schmidt-Zadel SPD 9575A Eva-Maria Kors CDU/CSU 9576 C Gudrun Schaich-Walch SPD 9578D Petra Ernstberger SPD 9581 A Tagesordnungspunkt 12: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (Drucksache 13/4587) 9583 C b) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten der PDS eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur grundlegenden Korrektur des RentenÜberleitungsgesetzes (Drucksachen 13/216, 13/4009, 13/4022) 9583 C Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Rudolf Dreßler, Wolfgang Thierse, Ottmar Schreiner, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Korrektur des Renten-Überleitungsgesetzes (Drucksache 13/1542, 13/4009, 13/4022) 9583 D c) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung - zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Novellierung des Renten-Überleitungsgesetzes - zu dem Antrag der Abgeordneten Andrea Fischer (Berlin) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Rentenkürzungen in den neuen Bundesländern (Drucksachen 13/20, 13/286, 13/4009) 9584 A d) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung - zu dem Antrag der Abgeordneten Andrea Fischer (Berlin) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sozial verträgliche Abschmelzung der Auffüllbeträge und Rentenzuschläge in Ostdeutschland - zu dem Antrag der Gruppe der PDS: Aussetzen des Abschmelzens der Auffüllbeträge nach dem Rentenüberleitungsgesetz (Drucksachen 13/3141, 13/3043, 13/3960) . . . . 9584 A Rudolf Kraus, Parl. Staatssekretär BMA 9584 B Ulrike Mascher SPD 9585 A Wolfgang Engelmann CDU/CSU . . . 9586 D Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9587 D Uwe Lühr F.D.P 9588 C Petra Bläss PDS 9589 A Tagesordnungspunkt 13: Große Anfragen der Abgeordneten Dr. Uschi Eid, Dr. Angelika Köster-Loßack und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Politik der Bundesregierung und entwicklungspolitische Ansätze zum Schutz der tropischen Wälder unter besonderer Berücksichtigung Brasiliens Teil I und Teil II (Drucksachen 13/1637, 13/1638, 13/ 3338) 9591 A Dr. Angelika Köster-Loßack BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 9591 B Klaus-Jürgen Hedrich, Parl. Staatssekretär BMZ 9593 B Dr. Mathias Schubert SPD 9594 A Roland Kohn F.D.P. 9595 D Eva-Maria Bulling-Schröter PDS . . . 9596 D Dr. Christian Ruck CDU/CSU 9597 B Nächste Sitzung 9599 C Berichtigung 9599 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 9601* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 9601* C 108. Sitzung Bonn, Freitag, den 24. Mai 1996 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 107. Sitzung. Seite 9464 B, 4. Zeile von unten: Statt „überhaupt" ist „dagegen" zu lesen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter, Robert SPD 24. 5. 96 Beer, Angelika BÜNDNIS 24. 5. 96 90/DIE GRÜNEN Behrendt, Wolfgang SPD 24. 5. 96 * Dr. Däubler-Gmelin, SPD 24. 5. 96 Herta Erler, Gernot SPD 24. 5. 96 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 24. 5. 96 * Göllner, Uwe SPD 24. 5. 96 Gysi, Andrea PDS 24. 5. 96 Hempelmann, Rolf SPD 24. 5. 96 Dr. Höll, Barbara PDS 24. 5. 96 Horn, Erwin SPD 24. 5. 96 Köhne, Rolf PDS 24. 5. 96 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 24. 5. 96 Kolbow, Walter SPD 24. 5. 96 Kunick, Konrad SPD 24. 5. 96 Michels, Meinolf CDU/CSU 24. 5. 96 Mosdorf, Siegmar SPD 24. 5. 96 Petzold, Ulrich CDU/CSU 24. 5. 96 Poß, Joachim SPD 24. 5. 96 Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 24. 5. 96 Hermann Reschke, Otto SPD 24. 5. 96 Dr. Rexrodt, Günter F.D.P. 24. 5. 96 Rübenkönig, Gerhard SPD 24. 5. 96 Schlauch, Rezzo BÜNDNIS 24. 5. 96 90/DIE GRÜNEN Schönberger, Ursula BÜNDNIS 24. 5. 96 90/DIE GRÜNEN Steenblock, Rainder BÜNDIS 24. 5. 96 90/DIE GRÜNEN Terborg, Margitta SPD 24. 5. 96 Thieser, Dietmar SPD 24. 5. 96 Vosen, Josef SPD 24. 5. 96 Dr. Waigel, Theodor CDU/CSU 24. 5. 96 Wolf (Frankfurt), BÜNDNIS 24. 5. 96 Margareta 90/DIE GRÜNEN * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Amtliche Mitteilung Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU- Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Finanzausschuß Drucksache 13/4137 Nr. 2.56 Drucksache 13/4137 Nr. 2.60 Drucksache 13/4137 Nr. 2.66 Drucksache 13/4137 Nr. 2.80 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/4137 Nr. 1.1 Drucksache 13/4137 Nr. 2.2 Drucksache 13/4137 Nr. 2.3 Drucksache 13/4137 Nr. 2.4 Drucksache 13/4137 Nr. 2.5 Drucksache 13/4137 Nr. 2.6 Drucksache 13/4137 Nr. 2.7 Drucksache 13/4137 Nr. 2.19 Drucksache 13/4137 Nr. 2.20 Drucksache 13/4137 Nr. 2.30 Drucksache 13/4137 Nr. 2.45 Drucksache 13/4137 Nr. 2.51 Drucksache 13/4137 Nr. 2.73 Drucksache 13/4137 Nr. 2.76 Drucksache 13/4137 Nr. 2.77 Drucksache 13/4137 Nr. 2.78 Drucksache 13/4137 Nr. 2.79 Drucksache 13/4137 Nr. 2.81 Drucksache 13/4137 Nr. 2.82 Drucksache 13/4137 Nr. 2.83 Drucksache 13/4137 Nr. 2.84 Drucksache 13/4137 Nr. 2.88 Drucksache 13/4466 Nr. 2.24 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 13/4137 Nr. 2.18 Drucksache 13/4137 Nr. 2.27 Drucksache 13/4137 Nr. 2.40 Drucksache 13/4137 Nr. 2.54 Drucksache 13/4137 Nr. 2.70 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 13/3668 Nr. 2.7 Drucksache 13/3668 Nr. 2.22 Drucksache 13/4137 Nr. 2.58 Drucksache 13/4137 Nr. 2.89 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 13/4514 Nr. 2.18 Ausschuß für Post und Telekommunikation Drucksache 13/4137 Nr. 2.48 Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 13/4514 Nr. 2.37 Berichtigung: Im Anhang zum Stenographischen Protokoll der 84. Sitzung des Deutschen Bundestages zu EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament ist unter dem Titel Ausschuß für Familie, Senioren, Frauen und Jugend die Drucksachennummer 13/7804 durch 12/7804 zu ersetzen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Wolfgang Lohmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der heutigen gesundheitspolitischen Debatte wird über eine Vielzahl von Gesetzentwürfen beraten, eine ungewöhnliche Vielzahl, muß man sagen. Sie ist, zumindest was das GKV-Weiterentwicklungsgesetz, das Krankenhaus-Neuordnungsgesetz 1997 sowie das Sechste und das Achte SGB-V-Änderungsgesetz betrifft, Ergebnis der Entscheidungen des Vermittlungsausschusses vom 6. März dieses Jahres.
    Ich möchte zu Beginn auf diesen 6. März 1996 eingehen, da sich dort etwas bisher Einmaliges bei einem Beschluß über ein Krankenhausgesetz ereignet hat. Damals ging es um das Krankenhausstabilisierungsgesetz 1996, mit dem die Koalition die Ausgaben der GKV für den Krankenhausbereich ohne jede Ausnahme budgetieren wollte. Die SPD-Ländermehrheit im Bundesrat hatte zu diesem zustimmungsfreien Gesetz den Vermittlungsausschuß angerufen. Wild entschlossen hat die SPD-Bundestagsfraktion die Öffentlichkeit seinerzeit wissen lassen, daß sie über dieses Gesetz die Koalition zu Verhandlungen über alle vorliegenden Gesetze der dritten Reformstufe zwingen wollte. In der ihm eigenen Bestimmtheit hat uns der Kollege Dreßler in der Einbringungsdebatte am 1. Februar 1996

    (Rudolf Dreßler [SPD]: Immer ich! Immer auf die Kleinen!)

    - ja, immer Sie - mitgeteilt - ich darf einmal zitieren -:
    Wir verhandeln über alles, oder wir verhandeln gar nicht.
    Weiterhin haben Sie in dieser Debatte gesagt - dabei haben Sie eine Anleihe bei Egon Erwin Kisch gemacht -:
    Nichts ist erregender als die Wahrheit.

    (Rudolf Dreßler [SPD]: Genau! Katrin Fuchs [Verl] [SPD]: Deswegen kommen Sie mal heraus damit!)

    Nun muß ich allerdings sagen: Der Grad Ihrer Erregtheit, Herr Dreßler, dürfte am 6. März kaum noch steigerungsfähig gewesen sein, als nämlich die Länder im Vermittlungsausschuß mit 16 : 0 die unveränderte Annahme des Koalitionsentwurfs beschlossen.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Der Preis, den die Koalition für diese Zustimmung „gezahlt" hat, bestand lediglich in der Zusage, daß wir vier Gesetzentwürfe gleichzeitig im Bundestag beraten, um sie anschließend gemeinsam dem Bundesrat zuzuleiten. Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Daher haben die Medien folgerichtig das Ergebnis vom 6. März zu einem - ich zitiere wieder - eindeutigen Sieg der Koalition erklärt.
    Meine Damen und Herren, Sie wissen, daß die Koalition bereits bei der Vorstellung der Eckpunkte der dritten Reformstufe erklärt hat, daß es ohne wirksame Reformen im stationären Bereich keine Reform im ambulanten Bereich geben werde.

    (Beifall des Abg. Dr. Dieter Thomae [F.D.P.])

    Mit der unveränderten Verabschiedung des Krankenhausstabilisierungsgesetzes haben wir nicht nur diese Absicht in die Tat umgesetzt, sondern einen psychologisch wichtigen Teilerfolg erzielt. Denn die Gralshüter der Krankenhäuser, nämlich die Länder, die noch beim Gesundheits-Strukturgesetz 1992 durch das Hineinverhandeln zahlreicher Ausnahmetatbestände die Reform im stationären Bereich zum Teil fast bis zur Unwirksamkeit - ich vermeide zu sagen: bis zur Unkenntlichkeit - durchlöchert haben, haben sich angesichts ihrer eigenen Finanzlage erstmals nicht schützend vor die Krankenhäuser gestellt. Es wäre im Interesse der Sache wünschenswert, wenn die Länder beim weiteren Fortgang der Beratungen zum Krankenhaus-Neuordnungsgesetz 1997, das heute zur Verabschiedung ansteht, einen ähnlichen Realitätssinn an den Tag legen würden.
    Die bittere oder - um im Dreßlerschen Jargon zu bleiben - erregende Wahrheit des 6. März 1996

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid)

    bestand insbesondere darin, daß der Wunsch nach einem Lahnstein II nicht in Erfüllung gegangen ist und - ich erlaube mir heute diesen Hinweis - auch in den nächsten Wochen und Monaten aller Wahrscheinlichkeit nach nicht in Erfüllung gehen wird.
    Dieser 6. März hatte aber auch Auswirkungen auf die Dauer und die Intensität der Beratungen im Ausschuß. Das vorgezeichnete Verfahren der Anrufung des Vermittlungsausschusses mit der Einberufung einer Verhandlungskommission hat die Koalition veranlaßt, jetzt zu den Gesetzentwürfen nur einige wenige Änderungsanträge einzubringen und im übrigen die Beratungen zügig zum Abschluß zu bringen. Es genügt zu diesem Zeitpunkt, daß sich die Koalition über die weitere Zielrichtung einig ist und ihre Position in der Verhandlungskommission mit Nachdruck vertreten wird.
    Meine Damen und Herren, eine öffentliche Auseinandersetzung über unsere beiden Reformgesetze findet derzeit leider überhaupt nicht statt. Sie wird überlagert durch den von der Koalition vorgelegten Gesetzentwurf zur Entlastung der Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung. Ohne Prophet sein zu wollen, wage ich die Prognose, daß wir im weiteren Verlauf der heutigen Debatte seitens der Opposition überwiegend Beiträge zu diesem Gesetz hören werden. Obwohl ich Lust hätte, die zum Teil unglaublichen Äußerungen und Stellungnahmen zu diesem Gesetzentwurf, insbesondere seitens einiger Kassenfunktionäre, zu kommentieren, möchte ich es heute unterlassen, weil es der gesundheitspolitischen Bedeutung der anderen Gesetzentwürfe nicht gerecht würde. Der Kollege Fink wird später zum Beitragsentlastungsgesetz und zu den öffentlichen Reaktionen sicherlich das Notwendige sagen.
    Ich möchte mich jetzt darauf beschränken, deutlich zu machen, daß beide Gesetzgebungsvorhaben unabhängig voneinander zu sehen sind. Während das GKV-Weiterentwicklungsgesetz und das Krankenhaus-Neuordnungsgesetz 1997 Strukturgesetze sind, die ihre beitragsentlastende Wirkung erst mittelfristig entfalten, handelt es sich bei dem Beitragsentlastungsgesetz um eine einmalige Sofortmaßnahme zur Reduzierung der Beitragssätze um 0,4 Prozentpunkte. Dies geschieht durch einen Eingriff in den Leistungskatalog der GKV, den nur der Gesetzgeber selbst und niemand anders vornehmen kann. Wir sind während der Entstehungsgeschichte des GKV-Weiterentwicklungsgesetzes von der Selbstverwaltung immer wieder darauf hingewiesen worden, daß die Politik Einschnitte in den Leistungskatalog der GKV selbst verantworten muß.
    Gestern haben wir hier ausführlich über die wachstums- und beschäftigungspolitischen Gesetzentwürfe aus dem Hause Blüm diskutiert und die angesichts von vier Millionen Arbeitslosen wirtschaftspolitische Notwendigkeit auch schmerzhafter Eingriffe festgestellt. Das Beitragsentlastungsgesetz setzt den Beitrag der Gesundheitspolitik zur Senkung der Lohnnebenkosten um. Es dient ausschließlich diesem Zweck.
    Ein völlig anderes Konzept verfolgen dagegen die Gesetzentwürfe zur dritten Reformstufe. Weil es für das weitere Verfahren, insbesondere auch für die Strategie der Koalition in den Verhandlungskommissionen des Vermittlungsausschusses von großer Bedeutung ist, möchte ich noch einmal die den Gesetzentwürfen zugrunde liegende Grundphilosophie der Koalition erläutern.
    Schon bei der Verabschiedung des GesundheitsStrukturgesetzes haben wir zur Überraschung vieler angekündigt, daß wir spätestens im Jahre 1996 über einen weiteren Reformschritt diskutieren werden. Bis Ende 1995 hat die SPD die Notwendigkeit dessen in Abrede gestellt. Die Finanzentwicklung der GKV in den letzten drei Jahren hat uns aber in unserer Einschätzung bestätigt. Ich erspare Ihnen heute, weitere Zahlen in diesem Zusammenhang zu nennen. Die Frage lautet nun: Wie reagiere ich auf diese Entwicklung? Hier lassen sich zwei elementare Unterschiede zwischen Koalition und SPD festmachen.
    In einer Bestandsaufnahme haben wir festgestellt, daß in den vergangenen zwei Jahrzehnten sage und schreibe 46 größere Gesetze mit über 6 800 Einzelbestimmungen in immer kürzer werdenden Abständen mit immer tiefer reglementierenden Maßnahmen in das Gesundheitssystem eingegriffen haben. Ernüchtert mußten wir dabei feststellen, daß alle Kostendämpfungsgesetze die Ausgabenexpansion und den Beitragssatzanstieg bestenfalls unterbrochen, aber nie dauerhaft gebremst haben.
    Zu beobachten war auch, daß mit zunehmendem Abstand zum Inkrafttreten gesetzlicher Neuregelungen die ausgabenbegrenzenden Wirkungen und die Ausgabendisziplin der Beteiligten deutlich nachließen. In Reaktion darauf haben der Gesetzgeber und alle Regierungen durch sogenannte Notoperationen zwar punktuelle Wirkungen erzielen können, aber gleichzeitig dabei auch strukturelle Fehlentwicklungen zementiert oder sogar zusätzlich eingeleitet. Leider mußten solche Erfahrungen auch mit dem Gesundheits-Reformgesetz von 1988 und zum Teil mit dem Gesundheits-Strukturgesetz von 1992 gemacht werden.
    Zum Einstieg in die Diskussion der dritten Stufe der Gesundheitsreform hatte die Koalition daher von Anfang an, das heißt Anfang 1995, für sich selbst die Frage zu beantworten, ob sie entweder den Weg in staatlichen Dirigismus und Zentralismus durch noch dichtere Reglementierung und noch stärkere Kontrollen fortsetzt oder ob sie eine Kehrtwende wagt und sich für einen Weg hin zu mehr Eigenverantwortung und mehr Gestaltungsfreiheit für die Selbstverwaltung in den Krankenversicherungen entscheidet.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Das Ergebnis - der Beifall nimmt das etwas vorweg - ist bekannt.

    (Heiterkeit Rudolf Dreßler [SPD]: Von langer Hand vorbereitet! — Klaus Kirschner [SPD]: Die haben das vorher gelesen!)

    Die Koalition hat sich für ein Konzept entschieden, das der Selbstverwaltung Vorfahrt gewährt.

    (Klaus Kirschner [SPD]: Großartig!)


    Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid)

    Die SPD hält an der alten, verstaubten Ideologie, am sattsam bekannten Gut-und-Böse-Schema fest, nach dem der Staat regelmäßig auftritt, um zu regeln, zu kontrollieren, zu steuern. Das entspricht dem Lieblingsmotto der SPD: Der Staat wird es schon richten.

    (Klaus Kirschner [SPD]: Was machen Sie denn? Rudolf Dreßler [SPD]: Euch fällt nichts Neues ein!)

    Wir glauben das nicht, und wir glauben das seit einigen Jahren immer weniger. Das Gegenteil ist richtig.

    (Zuruf von der SPD: Sie tun nichts, Sie richten überhaupt nichts aus! - Dr. Dieter Thomae [F.D.P.]: Klaus, laß es doch!)

    So hat Minister Seehofer treffend festgestellt, daß möglicherweise der Staat nicht die Lösung des Problems, sondern das Problem selbst ist.

    (Zuruf von der SPD: Sie richten überhaupt nichts aus!)

    Deutlich wird dies, wenn Sie sich eine der Hauptursachen des aktuellen Defizits der gesetzlichen Krankenversicherung anschauen.

    (Zuruf von der SPD: Herr Thomae richtet aus!)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Lohmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Kirschner?

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    Rede von Wolfgang Lohmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Er wird jetzt fragen, ob ich nicht dabei gewesen sei. Ich habe ja deutlich gesagt: Ich war immer dabei.