Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich begrüße es für unsere Fraktion, daß wir uns nach der schwerpunktmäßig am Abfallbereich orientierten Debatte der vergangenen Woche heute mit dem neuen Rechtsbereich des Bodenschutzes beschäftigen. Es bedarf wohl noch der einen und anderen Anregung, um anzustoßen, daß neben dem Immissionsschutz, dem Gewässerschutz und dem Abfallrecht mit dem Bodenschutz ein neuer, sich gerade in der Entwicklung befindlicher Rechtsbereich nun in das Umweltschutzrecht eingegliedert wird, dem auch ein hoher Stellenwert eingeräumt werden muß. Von daher ist es auch Anliegen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, daß wir dem Element Bodenschutz in unserer integrierten Umweltschutzpolitik entsprechende Geltung verschaffen.
Wir wissen alle, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Boden ist in vielfältiger Weise durch Vergiftung, Verdichtung, Erosion und Versiegelung bedroht. Politisches Gegensteuern ist in noch stärkerem Maße als in der Vergangenheit gefordert. Aber wir müssen uns auch nichts vormachen: Der Bodenschutz in Deutschland und auch anderswo fängt nicht mit dem Bodenschutzgesetz an, sondern wir haben hier in den vergangenen Jahren viel erreicht, insbesondere dadurch, daß wir das Verwaltungshandeln auch im Hinblick auf die Gefährdung von Böden sensibilisiert haben.
Etwa 11,5 Prozent des Bundesgebietes werden als Siedlungs- und Verkehrsflächen genutzt. Im Vergleich zur Landwirtschaft, die rund 50 Prozent der Fläche beansprucht - zu dem Themenbereich wird der Kollege Straubinger gleich noch ausführlich Stellung nehmen -, und zur Waldfläche mit knapp 30 Prozent scheint dieser Anteil sehr gering zu sein. Es bestehen jedoch starke regionale Unterschiede im Siedlungsflächenanteil. So müssen wir zur Kenntnis nehmen, daß etwa in den Großstadtregionen und Ballungsräumen der alten Bundesländer Verdichtungen von über 50 Prozent, in Großstädten teilweise von deutlich über 70 Prozent, anzutreffen sind.
In den neuen Ländern bestehen hohe Verdichtungen um Berlin und um Dresden sowie entlang der Siedlungsachse von Magdeburg über Leipzig bis Chemnitz. In dichtbesiedelten Räumen konzentrieren sich die Belastungen des Bodens. Es findet ein stetiger Eintrag von Schadstoffen in den Boden, der zu einer Anreicherung führt, statt. Die Folge sind negative Veränderungen der physikalischen, chemischen und biologischen Bodeneigenschaften. Darüber hinaus treten Grundwasserabsenkungen, Verminderung der Pflanzendecke und die Reduzierung biologisch aktiver Bodenflächen sowie eine starke Versiegelung auf.
In den Verdichtungsräumen sind Bodenschutzmaßnahmen somit vordringlich durchzuführen. Herr
Steffen Kampeter
Kollege Matschie, Sie wissen, daß vieles von dem im allgemeinen Verwaltungshandeln schon integriert ist. Ich habe darauf hingewiesen. Wir können nicht einfach so tun, als stünden wir beim Bodenschutz bei Null. Es geht dabei im Kern um eine Vereinheitlichungsstrategie.
Darüber hinaus sind im gesamten Bundesgebiet zur Zeit rund 140 000 Altlastenverdachtsflächen erfaßt, in den neuen wie in den alten Bundesländern jeweils etwa 70 000. Die Lösung der Altlastenproblematik ist für die zukünftige wirtschaftliche Bedeutung im Hinblick auf Investitionen in diesem Land von herausragender Bedeutung.
Daher - das gestehe ich ohne weiteres ein - hat der Wissenschaftliche Beirat in seinem Jahresgutachten, das wir heute debattieren, zahlreiche Anregungen gegeben, wie der Schutz des Bodens noch zu verbessern ist. Wissenschaftliche Beiräte und Gutachten wären ja sinnlos, wenn sie nicht auch Verbesserungsvorschläge machen würden. Viele dieser Anregungen wird die CDU/CSU-Bundestagsfraktion aufgreifen und im Rahmen des jetzt versandten Entwurfs zu einem Bundesbodenschutzgesetz diskutieren. Wir wollen mit dem Bundesbodenschutzgesetz auf nationaler Ebene die Voraussetzungen dafür schaffen, sowohl Vorsorge als auch Sanierung gesetzlich zu regeln.
Zu der Einschätzung, daß dieses Gesetz in die richtige Richtung zeigt, ermutigen mich die ersten Reaktionen von Umweltschutzverbänden. So hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland Unterstützung für das Gesetzgebungsverfahren signalisiert. Frau Kollegin Schwall-Düren, sollten Sie den Text dieses Gesetzentwurfs vom BUND oder von anderen Verbänden noch nicht erhalten haben - er ist ja an einige Dutzend Verbände verschickt worden -, bin ich gerne bereit, zur Verbesserung und Intensivierung des Dialogs Ihnen den Gesetzestext informell zur Verfügung zu stellen.
Das Bodenschutzgesetz ist die Antwort auf die Forderung des Sachverständigenrats für Umweltfragen und des Wissenschaftlichen Beirats für globale Umweltveränderungen. Wir von der CDU/CSU streben an, daß das Gesetz in einem breiten Konsens getragen wird. Ich glaube, in kaum einem anderen Bereich sind sich Regierung, Opposition und Verbände so einig wie bei der Einführung dieses einheitlichen Bundesbodenrechts. Ich appelliere daher an die Kolleginnen und Kollegen der Opposition, aber auch an die Länder, sich aktiv an diesem Gestaltungsprozeß zu beteiligen.
Ich erinnere an die guten Gespräche im Zusammenhang mit dem Kreislaufwirtschaftsgesetz. Von diesem hat die Kollegin Caspers-Merk hier vor einer Woche behauptet, es sei ein Meilenstein.
Jetzt gilt es, einen weiteren Meilenstein des Umweltrechts zu formulieren, nämlich das Bundesbodenschutzgesetz.
Ich glaube, daß wir in den ersten Gesprächen, die auf die Bodenschutzpolitik abzielen, beispielsweise bei der Anhörung zum Hochwasserschutz, diesen Konsens und die gemeinsame Verantwortung von Ländervollzugsbehörden und Rahmengesetzgeber Bund deutlich gemacht haben. Dies werden wir weiter vorantreiben.
Mit dem Bundesbodenschutzgesetz soll der Boden in seiner Funktionsvielfalt erhalten bleiben. Damit dient das Gesetz dem Vorsorgegedanken. Der Boden muß vor weiteren Schadstoffeinträgen geschützt werden. - In dem Antrag der SPD ist das der Grundsatz eines Verschlechterungsverbots. - Wir müssen uns konkret darüber unterhalten, wie entsprechende Regelungen auszugestalten sein werden.
Im Bereich der Sanierung müssen wir die vielfältigen Erfordernisse, die die Altlastenproblematik, beispielsweise das Altlasten-Il-Gutachten der vergangenen Woche, aufgezeigt hat, durch eine entsprechend differenzierte Antwort bei der feinen Ausgestaltung des bodenschutzrechtlichen Handlungsinstrumentariums berücksichtigen. Ganz wichtig ist in diesem Zusammenhang der Hinweis darauf, daß nicht mehr genutzte Flächen einer angemessenen neuen Nutzung zugeführt werden. Den ausdrücklichen Bezug auf die Nutzung einer Fläche gilt es auch im Rahmen von eventuellen Sanierungen zu berücksichtigen. So weise ich darauf hin, daß wir unterschiedliche Sanierungserfordernisse ins Auge fassen sollten, je nachdem, ob es sich um einen Kinderspielplatz mit hoher Sensibilität oder um eine neue Industrieansiedlung auf einer bisher industriell genutzten Fläche handelt.
Ich freue mich, daß der Wissenschaftliche Beirat in seinem Gutachten auch sehr stark auf die ökonomischen Aspekte des Bodenschutzrechtes hingewiesen hat. Von vielen wird in diesem Bereich immer behauptet, es handele sich nur um eine zusätzliche Kostenbelastung. Nein, der Beirat legt sehr klar dar, daß eventuellen Sanierungen auch entsprechende Erträge oder Nutzen gegenüberstehen, daß unterbliebene Sanierungsmaßnahmen dauerhaft zu sehr viel höheren Kosten führen und daß das Bodenschutzgesetz auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu einem Impuls für die Bundesrepublik Deutschland führt.
Ein weiterer wichtiger Punkt, den wir im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens erörtern müssen, ist die Sorge der Unternehmen über den Umfang zukünftiger Sanierungen. Die Einheitlichkeit des Rechts und die Tatsache, daß teilweise von Regierungspräsident zu Regierungspräsident im Vollzug des allgemeinen Polizeirechts recht unterschiedlich vorgegangen wird, ist hier schon mehrfach angesprochen worden. Wir müssen den investitionsbereiten Unternehmen klar sagen, in welchem Maß sie mit Belastungen oder Sanierungsauflagen zu tun haben werden, wenn sie auf Verdachtsflächen investieren. Gerade in dem Bereich werden wir, meine ich, relativ rasch zu vernünftigen Ergebnissen kommen.
Steffen Kampeter
Konzeptionell steht damit der Gesetzentwurf für das Bodenschutzgesetz auf zwei Beinen: Das eine Bein ist die Vorsorge, und das andere Bein ist die Altlastensanierung. Beides muß ineinandergreifen und sollte nicht isoliert voneinander betrachtet werden. Es gibt hier ja noch einige Diskussionspunkte mit den Ländern. All diejenigen, die meinen, daß unser Gesetzentwurf hier nicht weit genug gehe, sollten sich einmal ansehen, wer denn die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen hat, daß die Länder mehr Regelungskompetenzen erhalten. Hier gilt es, einen Konflikt zu vermeiden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt erste Anregungen aus der Wirtschaft an ein entsprechendes Bundesbodenschutzgesetz. Insbesondere gibt es Sorgen von mittelständischen Unternehmen, daß der Bodenschutz zu einer zusätzlichen wirtschaftlichen Belastung führt. Diese Sorge ist ernst zu nehmen, und deswegen begrüße ich das Vorhaben der Bundesregierung, Sanierungsauflagen nicht nur nutzungs-, sondern auch verkehrswertabhängig zu begrenzen, außerordentlich. Trotzdem bleibt ein privatwirtschaftliches Risiko bei Investitionen auf Verdachtsflächen. Hier weise ich ausdrücklich auf die Möglichkeiten hin, im Rahmen von Versicherungen Vorsorge zu betreiben. Der Staat kann nicht alle Risiken zu seinen Lasten umwidmen.
Auch werden wir im Gesetzgebungsverfahren Anregungen prüfen, ob - und wenn ja, in welchem Maße - steuerliche Rückstellungen geltend gemacht werden können. Das ist ein ganz großes Problem, insbesondere bei Altlastflächen. Hier müssen wir zu funktionsfähigen Regelungen kommen.
Bodenschutz ist Querschnittsaufgabe. Darauf weisen sowohl der Sachverständigenrat als auch die Zielsetzung des jetzt versandten Gesetzentwurfs hin. Deswegen ist es wichtig, daß wir uns auch im Rahmen der Beratung des Bundesbodenschutzgesetzes darüber unterhalten, welche anderen Fachregelungen wir in artverwandten Regelungsbereichen treffen werden, beispielsweise im Bereich der Landwirtschaft, aber auch im Bereich des Baurechts. Das Entsiegelungsgebot ist ja schon erwähnt worden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich meine, daß der jetzt vorliegende Gesetzentwurf und die Anregungen der Wissenschaftler des Wissenschaftlichen Beirats sowie des Sachverständigenrats für Umweltfragen genug Material für die Gesetzesberatung des Bundesbodenschutzgesetzes liefern. Ich bitte die Bundesregierung, relativ rasch mit dem Anhörungsverfahren zuwege zu kommen und dem Bundestag eine Kabinettsvorlage zuzuleiten. Wir werden dann - Frau Kollegin Schwall-Düren, ich nehme an, daß Sie die Berichterstattung übernehmen - unmittelbar in die Fach- und Detailberatungen eintreten mit dem Ziel, zu einem möglichst frühen Zeitpunkt einen Meilenstein der Umweltgesetzgebung vorzulegen.
Herzlichen Dank.