Rede von
Günther
Bredehorn
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(F.D.P.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Gruppe der PDS zur Privatisierung von Wald in Naturschutzgebieten, der am 7. November 1995 eingebracht worden ist, war von Anfang an obsolet. Er wurde in den Deutschen Bundestag zu einer Zeit eingebracht, als die Verhandlungen zur Verordnung über den Erwerb land- und forstwirtschaftlicher Flächen, das Verfahren sowie den Beirat nach dem Ausgleichsleistungsgesetz so gut wie abgeschlossen waren.
Erinnern wir uns: Ende 1994 lag bereits der erste Entwurf vor; am 4. Mai 1995 erfolgte der Beschluß des Kabinetts. Nach ausführlichen Beratungen debattierte der Bundesrat am 22. September 1995 über die Verordnung und verlangte 26 weitere Änderungen, von denen das Bundeskabinett 22 Änderungswünsche akzeptierte. Anschließend sind bis zum 15. Dezember 1995, dem zweiten Durchgang im Bundeskabinett, weitere intensive Gespräche mit den Ländern geführt worden. Die endgültige Verabschiedung der Flächenerwerbsverordnung erfolgte am 18. Dezember 1995 durch den Bundesrat.
Die Chronologie der Ereignisse zeigt deutlich, daß die PDS hier den rechten Zeitpunkt verschlafen hat. Der alte Gorbatschow-Grundsatz - Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben - gilt auch hier.
Es ist gut für Ostdeutschland, daß sich die PDS-Vorstellungen von Ausschluß der Privatisierung von Wald in Naturschutzgebieten nicht haben durchsetzen können. Sie sind Ausfluß planwirtschaftlichen Denkens, das noch in den Köpfen derjenigen geistert, die die wirtschaftliche, politische und geistige Verwüstung zu Zeiten der DDR betrieben haben und jetzt meinen, dies fortsetzen zu müssen.
Die Bundesregierung hat sich durchgesetzt und der Forderung nach einem generellen Verbot der Privatisierung nicht entsprochen, auch wenn dazu erhebliche Anstrengungen notwendig waren, da leider die Vertreter einiger ostdeutscher Länder im Bundesrat in den schwierigen Verhandlungen des Jahres 1995 dies ebenfalls so wollten.
Unter dem Deckmantel der Umweltpolitik versucht die PDS hier abermals, alte Strukturen zu verfestigen. 40 Jahre sozialistische Mißwirtschaft werden nicht zur Kenntnis genommen. Dabei geht es darum, das heruntergewirtschaftete Potential der ostdeutschen Forstwirtschaft auf nachhaltige Weise zu erneuern. Entwicklungschancen sowie Entfaltungsmöglichkeiten müssen auch sechs Jahre nach der Vereinigung weiter verbessert und konsequent genutzt werden.
Bei den treuhänderisch verwalteten Forsten in der ehemaligen DDR - das sind zur Zeit immerhin noch 720 000 Hektar - liegt der vom Bund zu tragende Verlust jährlich bei 400 DM je Hektar Waldfläche, während wir im Privatwald Gott sei Dank noch Gewinne zu verzeichnen haben. Von daher brauchen wir eine klare Privatisierungspolitik, die eigenverantwortliches Handeln zur Selbstverständlichkeit werden läßt. Der Begrenzung der Freiräume wirtschaftlichen Handelns der Bürgerinnen und Bürger in den neuen Ländern muß ein Riegel vorgeschoben werden.
Mit der Flächenerwerbsverordnung eröffnen wir Chancen. Die F.D.P. begrüßt dies. Ich sage aber auch ganz klar und deutlich meine persönliche Meinung: Ich bin ganz dezidiert anderer Auffassung, denn solange nicht über die Verfassungsbeschwerden gegen das Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz entschieden ist - dieses Gesetz war ja die Grundlage für die Flächenerwerbsverordnung -, sollten wir nicht schon vorher vollendete Tatsachen schaffen.
Herr Bahr, die Eile im Zusammenhang mit der Pacht mag bei Waldflächen ja nicht so entscheidend sein. Aber bei landwirtschaftlichen Nutzflächen ist sie nun wirklich nicht angebracht. Fast 90 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzflächen sind langfristig verpachtet. In den neuen Bundesländern gibt es Pachtverträge mit einer Laufzeit von 12 bis 18 Jahren. Bei uns in Westdeutschland, wo auch über die Hälfte der landwirtschaftlichen Flächen verpachtet ist, haben wir Pachtverträge, die zum Teil Jahr für Jahr verlängert werden oder die eine sechsjährige Laufzeit haben. Wir haben in diesem Bereich etwas getan; somit ist durchaus eine gewisse Sicherheit dafür gegeben, daß nicht schon jetzt in allen Bereichen entschieden werden muß.
Auch im Hinblick auf die zum Teil äußerst sensible Situation der Wälder in Ostdeutschland ist die Verordnung durchaus ausgewogen. Sie gibt ausreichend Raum für eine Privatisierung forst- und landwirtschaftlicher Nutzflächen, schränkt die Bewirtschaftung aber dort ein bzw. untersagt sie dort, wo es sinnvoll und vernünftig erscheint. So ist zum Beispiel in Totalreservaten, die im übrigen nur einen Bruchteil der Waldflächen ausmachen, keine Privatisierung und damit auch keine privatwirtschaftliche Nutzung möglich.
Aber dort, wo unter strenger Beachtung des Naturschutzgesetzes eine extensive land- und forstwirtschaftliche Nutzung Sinn macht, muß weiterhin privatisiert werden. Denn damit wird die Basis für Neuinvestitionen geschaffen. Ohne den Anreiz, Eigentum zu bilden und zu erwerben, ohne die Verfügbarkeit des Produktionsfaktors Grund und Boden gibt es keine Investitionen und keine Arbeitsplätze.
Schönen Dank.