Rede von
Andrea
Fischer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich dem, was die Kollegin Mascher gerade gesagt hat, vorbehaltlos anschließen. Auch ich habe mich darüber geärgert - nein, ich finde es sogar wirklich empörend, daß wir keine Gelegenheit hatten, diesen Gesetzentwurf in der Form zu beraten, die angemessen gewesen wäre. Das ist für uns der wesentliche Grund, ihm nicht zuzustimmen. Beide Vorhaben, die der Gesetzentwurf enthält sind nicht im Grundsatz abzulehnen. Zum einen soll das Verfahren der Rentenanpassung in Ost- und Westdeutschland angeglichen werden. Das ist im Prinzip sinnvoll und auch notwendig, und je länger die Einheit voranschreitet, desto mehr steht das auf der Tagesordnung.
Außerdem haben Sie natürlich auch recht, daß es sinnvoller ist, die Anpassungen auf der Grundlage
Andrea Fischer
von festgestellten Zahlen anstatt von geschätzten Zahlen durchzuführen.
Wir als Abgeordnete - das hat die Kollegin Mascher gerade ausführlich dargelegt - können einem solchen Verfahren nur zustimmen, wenn wir Klarheit über die Konsequenzen haben, und da ist die Frage des Zeitpunktes wirklich entscheidend.
Wir haben in diesem Jahr das Problem, daß mit dem Abschmelzen der Auffüllbeträge begonnen wird, und in diesem Zusammenhang ist die Frage, in welchem Ausmaß die Renten in Ostdeutschland erhöht werden, von Bedeutung dafür, wie viele Personen überhaupt noch eine Rentenerhöhung bekommen werden. Solange wir das nicht abschätzen können, können wir uns auch nicht an einem prinzipiell sinnvollen Vorhaben beteiligen.
Auch der zweite Punkt, um den es in diesem Gesetzentwurf geht, ist grundsätzlich sinnvoll. Dabei geht es nämlich darum, das Risiko der Rente wegen Arbeitslosigkeit vom Risiko der Rente wegen Alters deutlich voneinander abzugrenzen und sie dem jeweils zuständigen System zuzuordnen. Aber in der Anhörung war auch offen, was die Konsequenzen dieser klaren Abgrenzung sind.
Ich möchte in Erinnerung rufen: Wir reden hier über ältere Erwerbstätige, die auf Grund einer Erwerbsminderung nur noch eingeschränkt einsatzfähig sind und ein extrem großes Problem auf dem Arbeitsmarkt haben. Es gibt immer weniger Arbeitsplätze für diese eingeschränkt erwerbsfähigen Personen. Wenn wir die Möglichkeit der Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsrenten verschließen, ergibt sich als Konsequenz, daß diese Menschen auf die Arbeitslosenversicherung verwiesen sind.
Das Zusammentreffen des Vorhabens, die Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsrenten zu verschließen, mit den vorgesehenen Veränderungen bei der Arbeitslosenversicherung erweckt auch bei uns den Verdacht, daß es hier um ein Kürzungsmanöver auf dem Rücken der Betroffenen geht, denn in der Arbeitslosenversicherung sind gleichzeitig Kürzungen geplant, und zwar sowohl, was das Niveau der Arbeitslosenversicherung anbelangt, als insbesondere auch die Dauer des Bezugs des Arbeitslosengeldes. Es war bislang möglich, daß ältere Arbeitslose das Arbeitslosengeld für längere Zeit als üblich bekommen. Es steht gerade zur Diskussion, diese Verlängerungsmöglichkeit für ältere Arbeitslose zu beschneiden.
Beide Effekte zusammen sind hochproblematisch. Außerdem hat die Kollegin Mascher darauf hingewiesen, daß in der Anhörung nicht zu klären war, ob damit nur der Status quo gesichert wird oder ob das nicht weiterreichende Konsequenzen hat. Bei der Geschwindigkeit dieses Verfahrens - die Kollegin Mascher hat ja außerordentlich eindringlich dargestellt, über welchen Parcours wir gejagt worden sind - war es uns nicht mehr möglich, die Konsequenzen unseres Handelns abzuschätzen.
Aus diesem Grund erhalten Sie auch aus den Reihen von Bündnis 90/Die Grünen ein deutliches Nein zu Ihrem Vorschlag.