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    Plenarprotokoll 13/87 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 87. Sitzung Bonn, Freitag, den 9. Februar 1996 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 7675 B Absetzung von Punkten von der Tagesordnung 7675B, 7678B Zur Geschäftsordnung Joachim Hörster CDU/CSU 7675 D Dr. Peter Struck SPD 7676 B Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7677 A Jörg van Essen F.D.P. 7677 C Dr. Dagmar Enkelmann PDS 7677 D Tagesordnungspunkt 18: Beschlußempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses - zu dem Antrag der Bundesregierung: Deutsche Beteiligung an der Unterstützung für Ostslawonien (United Nations Transitional Administration for Eastern Slavonia, Baranja and Western Sirmium = UNTAES) durch die multinationale Friedenstruppe für Bosnien-Herzegowina (IFOR) - zu dem Antrag der Gruppe der PDS: Kein Einsatz der Bundeswehr in Ostslawonien (Drucksachen 13/3708, 13/3693, 13/3730) 7678 C Volker Rühe, Bundesminister BMVg . . 7678D Karsten D. Voigt (Frankfurt) SPD . . . . 7680B Rudolf Seiters CDU/CSU 7682 B Dr. R. Werner Schuster SPD 7683 C Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7684 A Karsten D. Voigt (Frankfurt) SPD . . . 7685 A Günther Friedrich Nolting F.D.P. . . . . 7685B Heinrich Graf von Einsiedel PDS . . . 7686 C Freimut Duve SPD 7686 D Paul Breuer CDU/CSU 7687 D Walter Kolbow SPD 7688 D Uwe Hiksch SPD 7690 B Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7690 C Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . 7691 C Uwe Hiksch SPD (Erklärung nach § 31 GO) 7692 C Präsidentin Dr. Rita Süssmuth 7693 A Tagesordnungspunkt 19: Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Reform des Rechts der Arbeitslosenhilfe (ArbeitslosenhilfeReformgesetz) (Drucksachen 13/2898, 13/3109, 13/3479, 13/3725, 13/3733) . 7693 C Rudolf Meyer (Winsen) CDU/CSU . . 7693 D Ernst Schwanhold SPD 7695 D Adolf Ostertag SPD 7696 A Karl-Josef Laumann CDU/CSU . . . 7698A Hans Michelbach CDU/CSU 7698 C Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7699 B Dr. Gisela Babel F.D.P 7700 C Dr. Heidi Knake-Werner PDS 7701 D Hans-Eberhard Urbaniak SPD 7702 D Heinz Schemken CDU/CSU 7703 C Peter Dreßen SPD 7704 C, 7708 C Marieluise Beck (Bremen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 7705A Erika Lotz SPD 7705D Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 7707B Namentliche Abstimmung 7709B Ergebnis 7711B Tagesordnungspunkt 20: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (Rentenberechnung Ost) (Drucksache 13/3697) 7709 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Antrag der Gruppe der PDS: Rentenmoratorium 1996 (Drucksache 13/3737) 7709C Manfred Grund CDU/CSU 7709D Dr. Barbara Höll PDS 7710D Ulrike Mascher SPD 7713 C Uwe Lühr F.D.P 7715D Petra Bläss PDS 7716 B Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 7717A Zusatztagesordnungspunkt 12: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung (Drucksache 13/3698) 7718C Werner Lensing CDU/CSU 7718C Doris Odendahl SPD 7719D Franz Thönnes SPD 7720 C Werner Lensing CDU/CSU 7721 C Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7724 C Dr. Karlheinz Guttmacher F.D.P. . . . 7726 A Rosei Neuhäuser PDS 7727 A Josef Hollerith CDU/CSU 7727 D Horst Kubatschka SPD 7728 A Dr. Jürgen Rüttgers, Bundesminister BMBF 7728D Dr. Peter Glotz SPD 7729 A Nächste Sitzung 7730 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 7731* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 20 (Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7731* C Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 7732* C 87. Sitzung Bonn, Freitag, den 9. Februar 1996 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Belle, Meinrad CDU/CSU 9. 2. 96 Böttcher, Maritta PDS 9. 2. 96 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 9. 2. 96 Haack (Extertal), SPD 9. 2. 96 Karl Hermann Hanewinckel, Christel SPD 9. 2. 96 Hasenfratz, Klaus SPD 9. 2. 96 Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 9. 2. 96 Hoffmann (Chemnitz), SPD 9. 2. 96 Jelena Dr. Jork, Rainer CDU/CSU 9. 2. 96 Kastning, Ernst SPD 9. 2. 96 Klemmer, Siegrun SPD 9. 2. 96 Kohn, Roland F.D.P. 9. 2. 96 Kronberg, CDU/CSU 9.2.96 Heinz-Jürgen Dr.-Ing. Krüger, Paul CDU/CSU 9. 2. 96 Dr.-Ing. Laermann, F.D.P. 9. 2. 96 Karl-Hans Leidinger, Robert SPD 9. 2. 96 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 9. 2. 96 Neumann (Berlin), SPD 9. 2. 96 Kurt Dr. Paziorek, Peter CDU/CSU 9. 2. 96 Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 9. 2. 96 Hermann Dr. Reinartz, Bertold CDU/CSU 9. 2. 96 Sauer (Stuttgart), CDU/CSU 9. 2. 96 Roland Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 9. 2. 96 90/DIE GRÜNEN Schultz (Köln), SPD 9. 2. 96 Volkmar Schumann, Ilse SPD 9. 2. 96 Sebastian, CDU/CSU 9.2.96 Wilhelm-Josef Dr. Skarpelis-Sperk, SPD 9. 2. 96 Sigrid Dr. Frhr; von Stetten, CDU/CSU 9. 2. 96 Wolfgang Tappe, Joachim SPD 9. 2. 96 Terbora. Maraitta SPD 9. 2. 96 Teuchner, Jella SPD 9. 2. 96 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 9. 2. 96 Vogt (Duren), CDU/CSU 9. 2. 96 Wolfgang Vosen, Josef SPD 9. 2. 96 Wallow, Hans SPD 9. 2. 96 Dr. Warnke, Jürgen CDU/CSU 9. 2. 96 Wohlleben, SPD 9.2.96 Verena Zierer, Benno CDU/CSU 9. 2. 96 ' für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 20 (Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) Andrea Fischer (Berlin) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung regelt zwei ganz unterschiedliche Fragen der Rentenversicherung. Da ist zum einen die Veränderung des Verfahrens für die Rentenanpassung. Unstrittig ist, daß die Verfahren zwischen Ost und West angeglichen werden müssen und daß mit jedem Jahr der Vereinigung die Angleichung der Regeln der Rentenversicherung immer unabweisbarer wird. Es kann hier deshalb nicht um die grundsätzliche Frage gehen, ob die Verfahren angeglichen werden sollen. Es kann nur darum gehen, ob der Zeitpunkt der richtige ist. Noch ist es zu früh für eine Beantwortung dieser Frage. Wir müssen die verläßlichen Zahlen des Statistischen Bundesamts abwarten, mit denen wir in vier bis sechs Wochen rechnen können. Vor diesem Hintergrund ist es mir unverständlich, warum der Kollege Dreßler sich erneut in die Diskussion über die Renten eingeschaltet hat mit vermeintlich präzisen Zahlenangaben. Über welche Zahlen verfügt die SPD, die allen anderen nicht zugänglich sind? Die Rentenanpassung ist ein sehr sensibles Thema, wir sollten sie daher auch sehr bedachtsam diskutieren, und zwar mit Hilfe der Zahlen und nach einer ausführlichen Erörterung mit Fachleuten in der geplanten Anhörung. Für eine vorsichtige Debatte spricht neben der materiellen Bedeutung, die die Höhe der Rentenanpassung für die Rentnerinnen und Rentner hat, auch die Brisanz der Ost-West-Verteilungsdiskussion. Es ist unsere Aufgabe, die unterschiedliche Lebens- und Einkommenssituation der Rentnerinnen und Rentner in Ost und West zu berücksichtigen und bei jeder Regelung eine sorgfältige Gerechtigkeitserwägung anzustellen: Jede Ungleichbehandlung zwischen Ost und West muß begründbar und vermittelbar sein. Auch beim zweiten Sachverhalt, der hier zur Regelung vorgeschlagen wird, sehe ich die Notwendigkeit zu einer umfassenden Beratung, bevor darüber entschieden wird. Die Bundesregierung möchte mit der Verpflichtung auf die ausschließliche Berücksichtigung der Erwerbsfähigkeit unabhängig von der Arbeitsmarktlage die Rentenversicherung von typischen Arbeitsmarktrisiken befreien. Im Sinne der reinen Lehre ist das ein vernünftiger Vorschlag: Die Rentenversicherung soll nicht überfrachtet werden mit Aufgaben, für die sie nicht zuständig ist. Aber nun wollen wir ja hier im Bundestag nicht einen Preis für das bestgeordnete Sozialsystem gewinnen. Sondern wir müssen nach Wegen suchen, wie das Sozialsystem mit den Folgen der millionenfachen Erwerbslosigkeit fertig wird. Betrachtet man die Sozialversicherungszweige insgesamt, so wird die „Bereinigung" der Rentenversicherung um einen Tatbestand, für den sie nicht zuständig ist, zu Höherbelastungen in der Arbeitslosenversicherung und in der Sozialhilfe führen. Denn was wird geschehen? Die älteren Erwerbslosen, die dann keine Erwerbs- oder Berufsunfähigkeitsrente mehr erhalten, sind auf Arbeitslosengeld angewiesen. Nach den Plänen der Bundesregierung soll der verlängerte Bezug von Arbeitslosengeld für ältere Arbeitslose eingeschränkt werden. Das hätte zur Folge, daß diese früher auf Arbeitslosenhilfe angewiesen sind. Viele der davon Betroffenen haben zuvor keine sehr hohen Einkommen gehabt, so daß sie mit hoher Wahrscheinlichkeit zusätzlich auf Sozialhilfe angewiesen sind. Also werden von dieser Neuordnung des Erwerbsunfähigkeitsrentenrechts einerseits andere Sozialkassen betroffen sein. Andererseits bedeutet sie aber auch schlicht die Absenkung des Leistungsniveaus, auf dem die älteren Erwerbsunfähigen abgesichert werden. Das trifft eine Gruppe von ohnehin nicht sehr einkommensstarken Arbeitslosen. Aus diesem Grund bin ich sehr skeptisch gegenüber dem Vorschlag der Bundesregierung. Ich hoffe, daß die Anhörung noch größere Klarheit über die Folgen dieser Neuregelung bringen wird. Wir sollten alle sehr offen dafür sein, gegebenenfalls das Vorhaben aufzugeben, wenn sich erweisen sollte, daß damit die Lasten der Erwerbslosigkeit nur zwischen den Kassen verschoben würden und die Rentenversicherung auf dem Rücken von relativ schwachen Erwerbsunfähigen entlastet würde. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Rechtsausschuß Drucksachen 12/7177, 13/725 Nr. 36 Drucksachen 12/7489, 13/725 Nr. 37 Ausschuß für Wirtschaft Drucksachen 13/2681, 13/2973 Nr. 4 Drucksachen 13/1660, 13/2790 Nr. 4 Drucksache 13/2489 Ausschuß für Verkehr Drucksachen 13/2682, 13/3092 Nr. 1 Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 13/2306 Nr. 2.45 Drucksache 13/3182 Nr. 1.2 Finanzausschuß Drucksache 13/2804 Nr. 2.3 Drucksache 13/3182 Nr. 1.8 Drucksache 13/3182 Nr. 1.9 Haushaltsausschuß Drucksache 13/2674 Nr. 2.19 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/3117 Nr. 2.7 Drucksache 13/3117 Nr. 2.14 Drucksache 13/3117 Nr. 2.17 Drucksache 13/3117 Nr. 2.18 Drucksache 13/3117 Nr. 2.23 Drucksache 13/3117 Nr. 2.25 Drucksache 13/3117 Nr. 2.29 Drucksache 13/3182 Nr. 1.3 Drucksache 13/3182 Nr. 1.5 Drucksache 13/3182 Nr. 1.6 Drucksache 13/3182 Nr. 1.7 Drucksache 13/3182 Nr. 1.10 Drucksache 13/3182 Nr. 2.1 Drucksache 13/3182 Nr. 2.2 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 13/1614 Nr. 2.19 Drucksache 13/2306 Nr. 2.22 Drucksache 13/2674 Nr. 2.25 Drucksache 13/3117 Nr. 2.28 Ausschuß für Verkehr Drucksache 13/2494 Nr. 1.3 Drucksache 13/2674 Nr. 2.23 Drucksache 13/3117 Nr. 2.26 Drucksache 13/3286 Nr. 2.3 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 13/1338 Nr. 1.1 Ausschuß für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 13/2306 Nr. 2.60 Drucksache 13/2494 Nr. 1.20 Drucksache 13/2988 Nr. 1.3 Drucksache 13/3182 Nr. 1.12 Drucksache 13/3182 Nr. 1.13
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    Rede von Franz Thönnes


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Danke schön.
    Damit Herr Lensing nicht so lange stehenbleiben muß, mache ich das gleiche wie bei Herrn Hinsken und verzichte auf das Recht der Nichtanrechnung auf die Redezeit. Ich baue die Antwort in meine Rede ein, werde also noch darauf eingehen, Herr Kollege.
    Weiter: Sie weigern sich schlichtweg, das Ergebnis des Vermittlungsausschusses anzunehmen. Sachverstand, Konsens und Pragmatismus werden vom Zukunftsminister abgewiesen. Als Krücke für seine Haltung muß nun eine angebliche Verfassungswidrigkeit herhalten.
    Goethe hat uns im „Götz von Berlichingen" ein zu diesem Verhalten treffendes Zitat zur Verfügung gestellt; dabei denke ich jetzt nicht an das allgemein bekannte, sondern an dieses:
    Der Meister eines Baus gräbt den Grund nur desto tiefer, als er hoch und höher die Mauern führen will.
    In der Tat, Herr Rüttgers: Sie graben die Gräben zwischen Land und Bund immer tiefer und bauen immer größere Mauern auf.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Die Sachverständigen haben uns eindeutig beraten und uns ihre Auffassung in den Ausschußberatungen zur Kenntnis gegeben. Wir gemeinsam, alle

    Franz Thönnes
    Berichterstatter, haben den Ausschußbericht unterschrieben. Ich zitiere daraus:
    Es sprachen sich alle Sachverständigen für die Beauftragung der Arbeitsämter mit der Verwaltungsdurchführung des AFBG aus. Gegen die Einrichtung neuer Behörden sprechen nicht nur deren fehlende Fachkompetenz und Erfahrung, sondern auch die damit verbundenen zeitlichen Verzögerungen in der Anlaufphase und nicht zuletzt auch die wahrscheinlich höher anzusetzenden Verwaltungskosten. Zudem müsse sichergestellt sein, daß eine einheitliche Umsetzung des AFBG erfolge. Nach der im AFBG vorgesehenen Regelung sei aber nicht auszuschließen, daß in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedliche Formen der Umsetzung realisiert werden würden.
    Die Sachverständigen waren die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, der Zentralverband des Deutschen Handwerks, die Bundesvereinigung der Deutschen Industrie, der Deutsche Industrie- und Handelstag, die freien Berufsverbände und die Gewerkschaften. Selbst Bayern hat einen Antrag in die Beratungen im Bundesrat eingebracht. Er lautete - ich zitiere -:
    Die Durchführung des Gesetzes zur Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung sollte der Arbeitsverwaltung übertragen werden. Sie kann auf entsprechende Erfahrung zurückgreifen, so daß ein rascher und effektiver Vollzug gewährleistet ist und nicht erst mit großem Aufwand neue Verwaltungsstrukturen aufgebaut oder vorhandene Einrichtungen entsprechend gestärkt werden müssen.
    Der Kompromiß im Bundesrat ist ebenfalls mit der breiten Mehrheit der Länder zustande gekommen. Sind nun sie alle Verfassungsgegner? Kennen sie alle sich in der Verfassung nicht aus?
    Merken Sie, Herr Minister Rüttgers, eigentlich nicht, wie isoliert Sie dastehen? Nehmen Sie den Sachverstand derjenigen, die wir befragt haben, eigentlich nicht zur Kenntnis? Warum ignorieren Sie ihn? Merken Sie eigentlich nicht, daß Sie mit dem Starrsinn, den Sie einbringen, das Verfahren nur verzögern und blockieren?

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Ein Zukunftsminister, der blockiert, konterkariert und ignoriert, bekommt für seine Leistungen und dieses Verhalten keinen Meisterbrief, sondern höchstens den Titel „Blockademeister".

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Hören Sie auch endlich auf, uns den Vorwurf zu machen, wir würden 60 000 Arbeitsplätze gefährden! Umgekehrt ist es richtig: Wenn die Zahl der geförderten Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der Aufstiegsfortbildung nach dem AFG, das durch Sie abgeschafft worden ist, von 139 000 auf 25 000 zurückgegangen ist, dann haben Sie die Arbeitsplätze in den letzten zweieinhalb Jahren gefährdet. Das ist die Realität.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Interessant ist auch, daß in allen Ausführungen des Ministers bis zum 15. Dezember 1995, in der gesamten Debatte im Ausschuß und bei allen Anhörungen das Argument der Verfassungswidrigkeit bei der Regelung mit den Arbeitsämtern nie aufgetaucht ist. Erst bei den weiteren Beratungen kam dann die Krücke des verfassungswidrigen Verhaltens mit in die Begründung hinein.

    (Werner Lensing [CDU/CSU]: Das ist doch keine Krücke!)

    Ich will Ihnen mal die wahre Begründung sagen, die der Minister auch im Bundesrat formuliert hat: Wir wollen ein Bildungsgesetz und kein Arbeitsförderungsgesetz. Deshalb wollen wir einen Vollzug durch die Ämter für Ausbildungsförderung und keinen Vollzug durch die Arbeitsämter.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ja, es soll doch mit dem Studenten-BAföG vergleichbar sein!)

    Wir dürfen unsere zukünftigen Meister nicht zu den Arbeitsämtern schicken. Junge Menschen reagieren auf solche Signale sehr sensibel.

    (Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Wie sollen denn die Arbeitslosen darauf reagieren, wenn sie zum Arbeitsamt gehen sollen?

    (Zustimmung bei der SPD)

    Wie sollen denn die nachfragenden jungen Menschen reagieren, die keinen Ausbildungsplatz bekommen? Das ist eine Diffamierung der Bundesanstalt für Arbeit. Das ist eine Diffamierung derjenigen, die in den Arbeitsämtern arbeiten.
    Mit dieser Begründung wird auch offenbar, was Sie nebenbei noch verwirklichen wollen. Sie wollen die Arbeitsverwaltung zu einer Arbeitslosenverwaltung machen. Das steckt in Wahrheit dahinter.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Leistung, Kompetenz und Bemühungen der vielen tausend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundesanstalt für Arbeit werden diffamiert. Aktive Arbeitsmarktpolitik, die sie machen, wird ignoriert.
    Und es bleibt richtig, und das ist auch die Begründung für die Position der SPD: Die potentiellen Teilnehmerinnen und Teilnehmer kennen die Behörde, die für die Aufstiegsfortbildung zuständig ist. Die Bundesanstalt für Arbeit kann unmittelbar an die Erfahrungen anknüpfen, die mit dem 1993 ausgelaufenen Instrumentarium des AFG verbunden waren. Nur die Bundesanstalt für Arbeit verfügt über ausreichende Erfahrungen im Bereich der qualitativen Prüfung der Maßnahmeträger. Nur die Bundesanstalt für Arbeit - sieht man einmal von den Kammern ab - kann die Teilnehmerinnen und Teilnehmer qualitativ

    Franz Thönnes
    gut beraten. Und nur die Bundesanstalt für Arbeit sichert auch die dringend gebotene einheitliche Durchführung. Es ist völlig falsch, daß Sie hier trennen wollen. Diese Broschüre hier wird von der Bundesanstalt für Arbeit herausgegeben und liegt in den Arbeitsämtern aus: „Beratung für Meisterlehrgänge", Ausgabe 1995.

    (Beifall bei der SPD)

    Wenn Sie einmal einen Blick ins AFG werfen, dann finden Sie dort auch noch die Vorschrift, daß man ein Überbrückungsgeld zur Existenzgründung, zur Begründung einer selbständigen Tätigkeit, erhalten kann. Sie wollen die Meister, die in Vollzeitmaßnahmen gehen und ihren Arbeitsplatz vielleicht aufgeben, erst zu den BAföG-Ämtern schicken, und wenn sie nachher arbeitslos sind und eine Existenz gründen wollen, dann landen sie wieder beim Arbeitsamt und holen sich dort ihr Überbrückungsgeld ab. Was Sie dort betreiben, ist eine Verwirrung der Zustände in dieser Republik, die schon ihresgleichen sucht.

    (Beifall bei der SPD Jörg Tauss [SPD]: Unfug hoch drei!)

    Für die SPD steht daher bei dem ganzen Verfahren Praktikabilität und nicht Ideologie im Vordergrund.
    Nun zu dem, was sich gestern hier im Hause abgespielt hat mit dem „Rechtsgelehrten" Herrn Irmer aus der „Rechtsstaatspartei", die im Deutschen Bundestag sitzt.

    (Zuruf von der F.D.P.: Selbstverständlich!)

    Da geht der Kollege Irmer her und zitiert aus dem Bundesverfassungsgerichtsurteil - er hat nicht gesagt, von welchem - vom 10. Dezember 1980. Da habe ich einmal nachgeguckt, was für ein Urteil das wohl ist. Das war die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Ausbildungsplatzförderungsgesetz der damaligen SPD/F.D.P.-Koalition. Die Opposition ist damals über das Bundesland Bayern zum Bundesverfassungsgericht gegangen. Da ging es um die Frage, ob der Bundesrat zustimmen mußte. Was dabei herausgekommen ist, ist schon ganz, ganz spannend. Denn vorher geht der Kollege Blens hin und gibt dem Kollegen Irmer einen Zettel, und der Kollege Irmer hat nichts Besseres zu tun, als daraus zu zitieren, ohne sich um hinten und vorne zu kümmern. Und der Rechtsausleger aus der Rechtsstaatspartei F.D.P. wird nun zum Rechtsausleger, der Sie selbst treffen wird.
    Es ist nämlich folgendes strittig gewesen: ob man erstens möglicherweise andere Einrichtungen mit der Einziehung der Ausbildungsplatzabgabe beauftragen kann. Im weiteren Verlauf des Verfahrens sind die Berufsgenossenschaften damals dort eingebracht worden. Dies ist vom Bundesverfassungsgericht als zulässig anerkannt worden.
    Der zweite Schritt ist noch viel spannender, Herr Minister Rüttgers. Jetzt bricht Ihr Gemäuer von der Verfassungswidrigkeit in sich zusammen. Der zweite Schritt ist nämlich insofern spannend, als das Bundesverfassungsgericht damals die Zustimmung des Bundesrates für notwendig erklärt hat, weil in dem Gesetz Verwaltungsvorschriften für die Durchführung enthalten waren, die die Zustimmung des Bundesrates erforderlich machen.

    (Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Das ist ja unstreitig!)

    Deswegen wird es sich auch bei Ihrem neuen Gesetzentwurf so verhalten, daß dies der Zustimmung des Bundesrates bedarf

    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist ja interessant!)

    und daß damit nicht die Qualität vorhanden ist, die bewirkt, daß es sich nur um ein Einspruchsgesetz handelt. Schauen Sie sich einmal genau Art. 84 Abs. 1 des Grundgesetzes an, und schauen Sie sich einmal an, wie die Begründung in dem Urteil aussieht. Das hätte vielleicht der Kollege Irmer auch einmal tun sollen.

    (Dr. Peter Glotz [SPD]: Das war ein Irmersches Selbsttor!)

    Wenn es dann auch noch um die Durchführung geht, empfehle ich Ihnen noch eines: Schauen Sie sich einmal die Broschüre aus Ihrem Haus „BAföG 95/96" an und schauen Sie nach, daß darin vorgesehen ist, daß auch das Bundesverwaltungsamt beauftragt wird, etwas durchzuführen und umzusetzen. So verfassungswidrig, wie Sie die Arbeitsamtslösung diffamieren, ist sie nicht. Ihr Gesetzentwurf regelt an mehreren Stellen das Verwaltungsverfahren: Es geht darum, welche Angaben in die Bescheide hinein müssen; es geht darum, wer prüft; es geht darum, wer den Antragstellern die Bescheinigung ausstellt - alles Formulierungen, die mit dazu beitragen, daß dieses Gesetz im Bundesrat ausführlich beraten werden muß. Ich kann nur allen Rechtsausschüssen, die damit befaßt sind, dringend raten, sich sehr, sehr intensiv mit diesem Fragenkomplex auseinanderzusetzen.
    Hören Sie auch endlich mit Ihrer Verdummungskampagne auf, wie Herr Doß es in seiner Pressemitteilung macht, in der er schreibt, die SPD wolle die Durchführung des Gesetzes durch die für Bildung zuständigen Länder nicht akzeptieren, sondern der Arbeitslosenversicherung aufbürden. So einen Quatsch glaubt Ihnen doch draußen kein Mensch. Es geht eindeutig darum, daß natürlich dann, wenn Sie von einem Leistungsgesetz sprechen, auf dessen Leistungen Rechtsansprüche bestehen sollen, die Kosten für die Durchführung von denen zu tragen sind, die sich dafür entscheiden, und das ist in dem Fall der Bund. Das wird dann durch einen Zuschuß an die Bundesanstalt für Arbeit geregelt, und es wird nicht der Arbeitslosenversicherung aufgebürdet.
    Herr Minister, Sie haben sich selbst mit Ihrer Vorgehensweise bei dem gesamten Gesetzgebungsverfahren auf verfassungspolitisches Glatteis begeben, und Sie begeben sich zunehmend in engere Konfliktsituationen mit den Ländern. Die „VDI nachrichten" haben sehr, sehr treffend am 2. Februar, in der letzten Woche, geschrieben:
    Mit drei großen Projekten hat Rüttgers in den
    letzten Monaten versucht, Profil zu gewinnen,

    Franz Thönnes
    mit der Novellierung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes, der Neuformulierung der Aufstiegsfortbildung und dem Vorschlag, ein Multimediagesetz auf den Weg zu bringen. Doch statt die Formulierung solcher Leitprojekte voranzutreiben, sucht Rüttgers, wie kaum ein anderer Forschungsminister vor ihm, den Konflikt mit den Bundesländern und droht sich dabei festzufahren.
    Herr Rüttgers, Zukunftspolitik für den Mittelstand und für das Handwerk und für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gestaltet man zusammen mit den Ländern und nicht gegen sie.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)

    In den Text für die „Meistersinger von Nürnberg" hat Wagner geschrieben: Verachtet mir die Meister nicht und ehrt mir ihre Kunst. - Das sollte für Sie eigentlich ein Leitbild sein: Achten Sie die Meister; geben Sie Ihre Blockadepolitik auf. Diese Bundesrepublik braucht keinen Konflikt- und Blockademinister; diese Bundesrepublik braucht einen Zukunftsminister, der sich wirklich um die Zukunft des Landes kümmert. Die Zukunft unseres Landes, die Zukunft des Handwerks, des Mittelstandes und der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer darf nicht durch ideologische Streitereien des Zukunftsministers im Fingerhakelspiel mit den Ländern aufs Spiel gesetzt werden.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Ich kann abschließen mit den Worten des Präsidenten des niedersächsischen Handwerkstages, Herrn Kurt Rehkopf, der in bezug auf die Kompromißbereit-schaft, die ja von allen angedeutet worden ist, die Sie in den Wind schlagen, formuliert hat:
    Wenn Bundesminister Rüttgers oder der Deutsche Bundestag jetzt nicht zustimmen würden, könnte das Handwerk diese Haltung nur mit Unverständnis zur Kenntnis nehmen. Alle politischen Ankündigungen zur besseren Förderung von Existenzgründungen wären dann als reine Sonntagsreden entlarvt.
    Es wäre schön, wenn Sie diese Aussagen Lügen strafen würden. Allein, bei dem Verfahren, das Sie anstreben, sehe ich, daß Sie fest entschlossen sind, Ihre ideologische Haltung umzusetzen, die Bundesanstalt für Arbeit aus dem Bereich der Ausbildungsförderung voll herauszunehmen, weiter den Konflikt mit den Ländern zu suchen. Das wird mit der Opposition nicht zu machen sein. Wir wollen ein Ausbildungsförderungsgesetz, das im Einklang mit den Interessen der Wirtschaft und des Handwerks steht und das schnell und zügig umgesetzt werden kann. Dies geht über die Bundesanstalt für Arbeit.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS Zuruf von der SPD: Und steht im Einklang mit der Verfassung!)



Rede von Hans Klein
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat die Kollegin Elisabeth Altmann.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Elisabeth Altmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute morgen ist hier der volle Verteilungskampf entbrannt: zuerst beim Arbeitslosenhilfe-Reformgesetz, bei dem es um die Verdrängung der Lasten vom Bund auf die Kommunen und dann auf die Betroffenen ging, und jetzt beim Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz, bei dem es wieder um Lasten geht, die der Bund zu tragen hätte und die er auf die Länder schieben möchte.
    Mehr als zwei Jahre - das wurde eben schon gesagt - liegt die berufliche Aufstiegsfortbildung auf Eis. 1993 hat die Regierung die Förderung gekappt. Bis zu dem Zeitpunkt war das alles im AFG geregelt. Im letzten Jahr endlich hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf vorgelegt. Es gab eine Anhörung im Ausschuß für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie. Sie zeigte die vielen unbefriedigenden Punkte.
    Im Vermittlungsausschuß wurde ein Kompromiß erarbeitet, der - das ist die Pointe der ganzen Geschichte - auch von den CDU- und CSU-regierten Ländern mitgetragen wurde. Die Regierungskoalition hat im Bundestag hingegen keine Kompromißfähigkeit gezeigt. Deshalb reden wir heute zum gleichen Thema wie gestern und kommen auch keinen Schritt weiter.
    Gestern ließ die Koalition das Meister-BAföGGesetz scheitern, weil sie die Arbeitsämter nicht mit der Durchführung der Förderung beauftragen will. Was steckt eigentlich dahinter? Ist das eine , bloße Formalität? Oder geht es wieder um das Zahlen? Muß der Bund zahlen? Die Regierung will die Kosten aber auf die Länder schieben. Herr Thönnes hat dazu eben schon einiges gesagt. Werden die Arbeitsämter zu Arbeitslosenämtern? Das alles steht hier zur Diskussion.
    Die Experten und Expertinnen haben sich durch die Bank für die Arbeitsämter ausgesprochen, weil die eine schnelle Umsetzung gewährleisten und die Sachkompetenz noch dort liegt. Die Arbeitsämter waren ja bis 1992 mit der Durchführung beauftragt. Jedenfalls ist dieser Streitpunkt für die Betroffenen nicht mehr vermittelbar.
    In anderen Punkten hat die Koalition offensichtlich berechtigte Kritik aufgenommen. Immerhin ist die Mindeststundenzahl auf 400 Stunden gesenkt worden, so daß ein Teil der sonst durch das Raster Gefallenen - zumeist Frauen - gefördert wird. Dies ist ein Erfolg der Opposition, also von Bündnis 90/Die Grünen, SPD und PDS. Uns ist es wichtig, daß die Helferinnen, Pflegerinnen und die in kaufmännischen Berufen Tätigen in den Genuß der Förderung kornmen. Das ist hiermit zwar nicht ganz, aber zum Teil gewährleistet.
    Ebenso ist es als Erfolg zu werten, daß auch die Kinderbetreuung in die Förderung aufgenommen wird. Ohne Kinderbetreuung könnten viele Frauen nicht an der Förderung teilnehmen.

    Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn)

    CDU/CSU und F.D.P. hatten sich auf eigenen Antrag bereit erklärt, eine „fraueneinbeziehende Gesetzessprache" - so heißt es in dem Antrag - zu verwenden. Was finde ich nun in dem Gesetzentwurf? Da steht, die Förderung sei für Industriefachwirte, Wirtschaftsinformatiker, Meister der städtischen Hauswirtschaft, Bäckermeister, Feinoptikermeister gedacht. Da frage ich mich schon: Gibt es etwa keine Meisterinnen der städtischen Hauswirtschaft?

    (Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: So heißen die Berufe nun mal! Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Jetzt sind wir am entscheidenden Punkt der Debatte!)

    - Sie selber haben den Antrag doch so gestellt.

    (Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: So ein Quatsch! Schauen Sie nur mal in die Verordnungen, dann reden Sie nicht so einen Unsinn!)

    - Dann brauchen Sie nicht einen solchen Antrag zu stellen, wenn es überhaupt nicht möglich ist.

    (Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Wenn ein Beruf einen Namen hat, können wir ihm hier nicht anders hineinschreiben!)

    - Ja, gut. In Ihrem Antrag steht auch: „Altenpfleger und Altenpflegerinnen".

    (Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Ja, der Beruf heißt so! Das ist nämlich eine neue Verordnung!)

    - Wie dem auch sei:

    (Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU, der F.D.P. und der SPD)

    Wenn Sie sich bemühen wollten, dann könnten Sie auch in diesem Punkt was tun.

    (Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Dafür müßten Sie Dutzende von Verordnungen ändern!)

    - Ja, gut.
    Ich komme zu einem weiteren Punkt: zur Belastung der Länder. Die Belastung der Länder mit 24,9 Prozent der Maßnahmekosten geschieht ja nicht aus Einsicht der Koalition in die schwierige finanzielle Situation der Länder. Vielmehr ist das wieder Taktik. Damit liegt nämlich die Beteiligung genau 0,1 Prozent unter der Grenze, die das Gesetz im Bundesrat zustimmungspflichtig machen würde. Die Länder hatten schon 30 Prozent angeboten. Hiermit schenken Sie den Ländern 20 Millionen DM. Das ist ja gut so; aber ansonsten feilscht die Regierung doch um jede Mark, wenn es zu Lasten der Länder und der Kommunen gehen kann. Aber die Bundesregierung fürchtet, daß sie im Bundesrat noch einmal Federn lassen müßte.

    (Zuruf von der F.D.P.: Wir wollen das Gesetz! Das ist es! Gegenruf von der SPD: Egal, wie!)

    - Okay, aber das könnten Sie mit dem Bundesrat genauso abstimmen.

    (Jörg Tauss [SPD]: Dann hätten sie gestern zustimmen müssen!)

    Für mich. handelt es sich jedenfalls um ein unverständliches Hickhack der Koalition beim Meister-BAföG. Denn hier läuft es nach dem Motto: Wenn ihr nicht so wollt wie wir, dann machen wir das Gesetz eben ohne euch.
    Der F.D.P.-Vorsitzende Gerhardt betonte in einer Pressemitteilung zu Recht, daß die jungen Menschen händeringend auf eine Förderung warten.

    (Uwe Lühr [F.D.P.]: Hat er recht!)

    Ich verstehe nicht, daß die F.D.P. hier einen Zustand bejammert, den sie selbst herbeigeführt hat. Wer regiert denn eigentlich? Sie gehören doch zur Koalition!

    (Dr. Guido Westerwelle [F.D.P.]: Das sagen Sie doch jetzt in jedem Redebeitrag!)

    - Das ist auch richtig so. Das muß hier betont werden. Sie sind doch mit daran schuld, daß es zu einer weiteren Verschleppung des Meister-BAföGs kommt.

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Na, na! Hören Sie auf!)

    Sie fahren mit einem Karussell, das Kapriolen schlägt, und landen dann im März wahrscheinlich sehr unsanft.

    (Zurufe von der CDU/CSU und der F.D.P.)

    - Wir werden es schon sehen.
    Wenn Sie hier dann noch, auch gestern, die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes reklamieren, dann muß man sich schon fragen, welche Auffassung von Recht und Gesetz Sie haben, stimmten doch die Ministerpräsidenten von CDU und CSU dem Gesetz zu. Hier stimme ich ausnahmsweise mit meinem bayerischen Ministerpräsidenten, Herrn Stoiber, überein.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)

    Ich würde Sie, Herr Dr. Mayer, gerne einmal fragen: Was sagen Sie denn zu Hause in Bayern? Die CSU spielt doch hier den „guten Menschen von Sezuan". Sie spielen in dieser Inszenierung gleichzeitig den Guten und den Bösen, Sie vertreten beide Positionen.

    (Zuruf von der SPD: Das machen die immer so!)

    - Ja, das machen die immer so.

    (Dr. Peter Glotz [SPD]: Die von der CSU wissen nicht, was der „gute Mensch von Sezuan" ist, denn Brecht haben die immer abgelehnt!)

    Das Verhalten der Bundesregierung geht j eden-falls zu Lasten der Aufstiegswilligen und Risikobereiten, von denen Sie sonst immer so schwärmen. Diese können jetzt nicht erfahren, ob sie die Förderung

    Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn)

    erhalten. Sie brauchen aber die Förderung jetzt und nicht erst in einigen Monaten.

    (Franz Thönnes [SPD]: Die sollen alle an Herrn Rüttgers schreiben!)