Rede von
Rudolf
Meyer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Die Möglichkeit haben Sie dann ja.
Meine Information war bislang so, daß Herr Schwanhold diese 3prozentige Kürzung auf der Habenseite verbucht haben wollte. Mich erstaunt, daß Sie sich in der inhaltlichen Diskussion von den aus meiner Sicht richtigen Feststellungen Ihres Kollegen distanzieren. Er hat die Zusammenhänge zwischen dem Ziel des Bündnisses für Arbeit, 2 Millionen Arbeitsplätze zu schaffen, und der besseren Schulung von Langzeitarbeitslosen, die sich gut ausgebildet wesentlich besser vermitteln lassen, offenbar erkannt.
Ziel der Neuordnung der Arbeitslosenhilfe ist es, durch Arbeitsmarktmaßnahmen die Qualifikation von Arbeitslosenhilfebeziehern zu erhalten und zu verbessern, um ihre Aussichten auf Vermittlung eines Arbeitsplatzes zu steigern. Mit dem gezielten Einsatz vorhandener und der Schaffung neuer arbeitsförderungsrechtlicher Instrumente soll Arbeitslosen geholfen werden, wieder ihren Platz im Arbeitsmarkt zu finden.
Dagegen kann doch wohl wirklich niemand etwas haben.
Nun fällt Ihnen von der Opposition nichts Besseres ein, als zu beklagen, daß sich der Bund wieder einmal entlaste und die Städte, Kreise und Gemeinden mit rund 600 Millionen DM zur Kasse bitte.
Diesen möglichen Mehrbelastungen stehen aber doch Einsparungen der Länder und Gemeinden auf Grund der im Asylberwerberleistungsgesetz vorgesehenen Leistungsabsenkung gegenüber.
- Das haben wir gestern beschlossen.
An die Adresse der Mehrheit im Bundesrat muß ich an dieser Stelle appellieren - das sage ich ganz bewußt als Niedersachse -, diese Entlastung an die Kommunen weiterzugeben.
Es kann doch nicht so sein, daß das Bundesland Niedersachsen seit 1989 eine Steigerung der Bundeszuschüsse um rund 38 Prozent zu verzeichnen hat,
seine Leistungen im kommunalen Finanzausgleich in diesem Jahr, 1996, aber um 2 Prozent geringer sind als 1989.
In diesem Jahr enthalten Ministerpräsident Schröder und sein Finanzminister den Kommunen 1,5 Milliarden DM Bundeszuschüsse vor. Schon längst gilt in Niedersachsen der Satz: Das Geld bleibt
Rudolf Meyer
an den klebrigen Fingern von Schröder und Swieter hängen.
Wir haben in Deutschland ein intaktes soziales Netz, um das uns die ganze Welt beneidet. Wir haben einen Sozialstaat, der aus vielen Bausteinen besteht: Die Rentenversicherung ist einer, die Arbeitslosenhilfe ist ein weiterer. Die Ausgaben des Bundes für die Arbeitslosenhilfe haben sich von 1991 bis 1995 mehr als verdoppelt. Alle Sozialleistungen des Jahres 1994 zusammen beliefen sich - man muß das immer wieder sagen - auf mehr als 1 Billion DM. Da kann vom Abbau des Sozialstaats doch nun wirklich nicht die Rede sein.
Die Propheten, die hier von sozialer Kälte reden, wollen nur Angst verbreiten und im Wahlkampf völlig ungerechtfertigt Punkte sammeln.
Wir wollen den Sozialstaat umbauen und vor allem weiterentwickeln. Die Arbeitslosenhilfe darf sich nicht darauf beschränken, finanzielle Leistungen an Bedürftige auszuzahlen und dann die Hände wohlgefällig in den Schoß zu legen. Vielmehr sind die Bemühungen zur Vermeidung und Überwindung der Abhängigkeit von Arbeitslosenhilfe zu verstärken. Den Empfängern von Arbeitslosenhilfe müssen Anreize geboten werden, den Lebensunterhalt selbst zu verdienen.
Wenn allerdings jemand zumutbare, aber geringer entlohnte Arbeit ablehnt, dann muß er sich auch die Absenkung der sozialen Hilfen gefallen lassen; das ist einfach so. Zu Lasten der Solidargemeinschaft soll sich auch in unserem System niemand ausruhen. Aus diesem Grunde begrüße ich auch die verstärkten Kontrollen, die Minister Blüm bereits veranlaßt hat und die bei der Änderung des Arbeitslosenhilfegesetzes eingefügt sind.
Da ich davon ausgehe, daß Sie in der SPD den Solidarpakt „Bündnis für Arbeit und Beschäftigung" irgendwie mittragen - jedenfalls plakatieren das bereits Ihre Ortsverbände, zum Beispiel in Königswinter -, müssen Sie sich die Frage stellen lassen, ob Sie wirklich gegen die bessere Qualifizierung eines Langzeitarbeitslosen sind. Die verbesserte berufliche Qualifikation ist eine in sich logische Maßnahme in diesem Zusammenhang.
Vor einer Woche, während der Rentendebatte, wurde von der Opposition keine Gelegenheit ausgelassen, die Zukunft unseres Sozialstaates kaputtzureden. Ohne Not und wider besseres Wissen haben Sie den Versuch gemacht, die Bürger in Angst und Schrecken zu versetzen, um daraus Kapital für die im März anstehenden Landtagswahlen zu schlagen.
Nun hätten Sie wirklich Grund, uns zu kritisieren, wenn wir die in der Diskussion befindlichen Entwürfe nicht vorgelegt hätten. Es ist aber schon sehr erstaunlich, daß gerade von der SPD zu diesem Tagesordnungspunkt kein Gesetzesantrag, kein Initiativantrag oder ähnliches vorliegt.
Es wäre Pflicht und Schuldigkeit der Opposition, mitzuhelfen, daß Anreize zur Aufnahme von Arbeit verstärkt und die Vermittlung in niedriger entlohnte Beschäftigung durch Weitergewährung einer pauschalierten Arbeitslosenhilfe erleichtert würden.
In diesem Sinne haben wir die Änderungen eingebracht. Der simple Vorwurf, es handele sich um Kürzungen, ist irreführend.
Meine Damen und Herren, trotz der erfolgreichen Vermittlung von knapp 260 000 Langzeitarbeitslosen im Jahre 1995 durch die Bundesanstalt für Arbeit ist die große Zahl der Menschen, die schon lange Zeit keine Arbeit mehr haben, unbefriedigend. Wir wollen mit diesem Gesetz die Möglichkeiten der Arbeitslosenhilfebezieher erweitern, indem die bestehenden Instrumente verbessert und zusätzliche Möglichkeiten geschaffen werden.
Das Arbeitslosenhilfe-Reformgesetz reduziert sich nicht auf Mittelkürzungen, sondern ist ein in sich schlüssiges Programm, um dessen Verwirklichung wir uns gemeinsam bemühen sollten. Deshalb lade ich Sie, die Opposition, ein: Stimmen Sie unserem Entwurf zu, und beteiligen Sie sich konstruktiv am Bündnis für Arbeit in Deutschland!
Vielen Dank.