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    Plenarprotokoll 13/86 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 86. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 8. Februar 1996 Inhalt: Nachruf auf den Abgeordneten Dr. Ulrich Böhme 7479A Gedenkworte für die Opfer des Flugzeugunglücks in der Dominikanischen Republik 7479B Anerkennung für das Wirken von Hans Koschnick in Mostar 7479 D Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abgeordneten Gertrud Dempwolf und Wolfgang Krause (Dessau) 7479 D Eintritt des Abgeordneten Dr. Guido Westerwelle in den Deutschen Bundestag . 7479 D Bestimmung der Abgeordneten Kerstin Müller (Köln) als ordentliches Mitglied und Oswald Metzger als stellvertretendes Mitglied im Vermittlungsausschuß ... 7480 A Bestimmung des Abgeordneten Dr. Max Stadler als Mitglied des Gremiums gemäß § 9 Abs. 1 des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses und des Gremiums nach § 41 des Außenwirtschaftsgesetzes 7480A Erweiterung der Tagesordnung 7480 B Nachträgliche und geänderte Ausschußüberweisungen . . . . . . . . . . . . 74 80 C Tagesordnungspunkt 4: a) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Jahreswirtschaftsbericht 1996 der Bundesregierung „Vorrang für Beschäftigung" (Drucksache 13/3601) . . 7480D b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Aktionsprogramm für Investitionen und Arbeitsplätze (Drucksache 13/3629) 7481 A c) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Jahresgutachten 1995/96 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Drucksache 13/3016) . . . 7481 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zum Jahreswirtschaftsbericht 1996 und zu dem Bericht der Bundesregierung Aktionsprogramm für Investitionen und Arbeitsplätze 7481 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Margareta Wolf (Frankfurt), Marieluise Beck (Bremen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Reformblockaden überwinden: Die ökologische, wirtschaftliche und soziale Erneuerung einleiten (Drucksache 13/3713) 7481 B Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 7481 C Rudolf Scharping SPD 7488A Michael Glos CDU/CSU 7491 D Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 7495 D Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. . . . . . 7498C Jürgen Koppelin F.D.P 7499 C Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P 7500 B Dr. Gregor Gysi PDS 7503 D Erwin Teufel, Ministerpräsident (BadenWürttemberg) 7507 B Anke Fuchs (Köln) SPD 7508 B Heide Simonis, Ministerpräsidentin (Schleswig-Holstein) 7512 C Dr. Norbert Blüm CDU/CSU . . . . 7515 C Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . 7516D Jürgen Koppelin F.D.P 7520 C Dr. Dieter Spöri, Minister (Baden-Württemberg) 7521B Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . , 7521C Dr. Renate Hellwig CDU/CSU . . . 7522 B Margareta Wolf (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 7523B Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. . . 7525C, 7550C Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . 7528 A Oskar Lafontaine, Ministerpräsident (Saarland) 7535 A Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. . 7538D, 7547 C Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 7541 A Ottmar Schreiner SPD 7545 D Dr. Christa Luft PDS 7549A, 7550 D Jürgen Türk F.D.P. . . . . . . . . . 7551 A Ernst Schwanhold CDU/CSU 7552 A Tagesordnungspunkt 5: a) Antrag der Fraktion der SPD: Neuregelung des Staatsangehörigkeitsrechts (Drucksache 13/2833) 7554 B b) Antrag der Abgeordneten Cern Özdemir, Kerstin Müller (Köln) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mindestkriterien für eine Reform des Staatsangehörigkeitsrechts (Drucksache 13/3657) 7554 C c) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Cern Özdemir, Kerstin Müller (Köln), weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts (Drucksache 13/ 423, 13/3472) 7554 C Fritz Rudolf Körper SPD 7554 D Erwin Marschewski CDU/CSU . . 7556A, 7559A Cern Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7557 A Dr. Burkhard Hirsch F D P. 7558C Cern Özdemir BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . 7559B, 7561B, 7564C, 7566A Peter Altmaier CDU/CSU 7560 D Cornelia Schmalz-Jacobsen F.D.P. . . . 7561 D Ulla Jelpke PDS 7563 C Wolfgang Zeitlmann CDU/CSU . 7564D, 7566 B Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD . . 7566 C Namentliche Abstimmung 7569 A Ergebnis 7575 C Tagesordnungspunkt 6: Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung (Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz) (Drucksachen 13/2490, 13/3023, 13/3070, 13/3225, 13/3363, 13/3662) 7569B in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 7: Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz über zwingende Arbeitsbedingungen bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen (Arbeitnehmer-Entsendegesetz) (Drucksachen 13/2414, 13/2839, 13/3155, 13/3364, 13/3663) 7569 B Dr. Heribert Blens CDU/CSU 7569 C Dr. Peter Struck SPD 7570 C Kerstin Müller (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7572 B Ulrich Irmer F.D.P 7573 B Dr. Heidi Knake-Werner PDS 7544 B Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA . 7575B Namentliche Abstimmungen 7578 A Ergebnisse 7581D, 7584 B Zusatztagesordnungspunkt 5: Wahl der Mitglieder für den Verwaltungsrat der Filmförderungsanstalt (Drucksache 13/3694) 7578B Tagesordnungspunkt 25: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umstellung der Steinkohleverstromung ab 1996 (Drucksache 13/3105) . 7578C b) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Rechts der be- schränkten persönlichen Dienstbarkeiten (Drucksache 13/3604) . . . . . . 7578C c) Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Klaus-Dieter Uelhoff, Michael von Schmude, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Ina Albowitz, Jürgen Koppelin und der Fraktion der F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung einer Otto-vonBismarck-Stiftung (Drucksache 13/ 3639) 7578 D d) Antrag des Abgeordneten Dr. Friedbert Pflüger und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Ulrich Irmer, Dr. Helmut Haussmann und der Fraktion der F.D.P.: Den KSE-Vertrag achten, die Rüstungskontrolle in Europa neuen Herausforderungen anpassen (Drucksache 13/3711) 7578D e) Antrag der Abgeordneten Manfred Such, Cern Özdemir und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Erkennbarkeit von Polizeibeamten durch Namensschilder oder Dienstnummern (Drucksache 13/2002) . . . . . . . . 7579 A f) Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Einwilligung gemäß § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung zur Veräußerung der ehemaligen Boehn-Kaserne in Hamburg-Rahlstedt (Drucksache 13/3615) 7579A Zusatztagesordnungspunkt 6: Weitere Uberweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Sicherheitsanforderungen an Produkte und zum Schutz der CE-Kennzeichnung (Produktsicherheitsgesetz) (Drucksache 13/ 3130) 7579A b) Erste Beratung des von der Abgeordneten Vera Lengsfeld und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung der fortgeltenden Rechtsvorschriften des Berggesetzes der Deutschen Demokratischen Republik (Drucksache 13/3489) . . . . . . . 7579 B c) Erste Beratung des von den Abgeordneten Rolf Schwanitz, Jelena Hoffmann (Chemnitz), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Vereinheitlichung des Bergrechts nach der deutschen Einheit (Drucksache 13/ 3625) 7579B Tagesordnungspunkt 26: a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Asylverfahrensgesetzes (Drucksache 13/2577, 13/ 3471) 7579C b) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Internationalen Kakao-Übereinkommen von 1993 (Drucksache 13/ 2481, 13/3563) 7579D c) Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Aktionsprogramm für das gemeinschaftliche Zollwesen („Zoll 2000") 7579D d) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 91/439/ EWG über den Führerschein (Drucksachen 13/2306 Nr. 2.49, 13/3556) . . . 7579D e) Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang Bierstedt, Dr. Christa Luft und der Gruppe der PDS: Wiedereinführung einer Investitionszulage für den kleinen und mittelständischen Einzelhandel (Drucksachen 13/859, 13/3644) 7580A f) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Entschließungsantrag der Gruppe der PDS zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Jahreswirtschaftsbericht 1995 der Bundesregierung (Drucksachen 13/370, 13/420, 13/1804) . . . . 7580 A g) 4. Beschlußempfehlung und Bericht des Wahlprüfungsausschusses zu 101 gegen die Gültigkeit der Wahl zum 13. Deutschen Bundestag eingegangenen Wahleinsprüchen (Drucksache 13/3532) . . . . . . . . . . . . . 7580 B h) Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses: Übersicht 3 über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht (Drucksache 13/3653) . . 7580B i-k) Beschlußempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelübersichten 98, 99 und 100 zu Petitionen (Drucksachen 13/3640, 13/3641, 13/3642) . . 7580B, C Zusatztagesordnungspunkt 7: Weitere abschließende Beratungen ohne Aussprache Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 29. Juni 1994 über die Zusammenarbeit zum Schutz und zur verträglichen Nutzung der Donau (Donauschutzübereinkommen) (Drucksachen 13/1884, 13/3573) . 7580C Tagesordnungspunkt 8: Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes und anderer Gesetze (Drucksachen 13/2746, 13/3475, 13/3720, 13/3728, 13/3721) 7586C Ulf Fink CDU/CSU 7586 D Hans-Eberhard Urbaniak SPD 7588A Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7589 B Ulf Fink CDU/CSU . . . . . . . . 7590A Cornelia Schmalz-Jacobsen F.D.P. . . 7590 C Dr. Heidi Knake-Werner PDS 7591 C Namentliche Abstimmungen . . . 7592C, 7595 B Ergebnisse 7592D, 7602 C Tagesordnungspunkt 9: a) Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 59 zu Petitionen (Nachteilsausgleich für erlittenes SED-Unrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung bzw. Ausgleich in Form einer Entschädigungszahlung) (Drucksache 13/2274) 7595 C b) Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 61 zu Petitionen (Entschädigung für erlittenes SED-Unrecht) (Drucksache 13/2381) . 7595C c) Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 75 zu Petitionen (Rehabilitierung und Entschädigung der nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges vornehmlich in sibirische Lager verschleppten Männer und Frauen) (Drucksache 13/2767) . . . 7595 C Wolfgang Dehnel CDU/CSU 7595 D Reinhold Hiller (Lübeck) SPD 7596D Gerald Häfner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7597 D Karlheinz Guttmacher F.D.P. . . . . . . 7600 A Christa Nickels BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7600D Dr. Uwe-Jens Heuer PDS 7601 B Tagesordnungspunkt 10: a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (Drucksachen 13/ 2745, 13/3722) . . . . . . . . . . . 7605 B b) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Achten Gesetzes zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Achtes SGB V-Änderungsgesetz) (Mehrkostenregelung Amalgam) (Drucksache 13/3695) 7605 C Wolfgang Zöller CDU/CSU . . . 7605C, 7608 D Petra Ernstberger SPD 7607 A Monika Knoche BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7609A Dr. Dieter Thomae F.D.P 7609D Klaus Kirchner SPD 7610B Petra Ernstberger SPD 7611A Monika Knoche BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7611B Dr. Ruth Fuchs PDS 7611C Waltraud Lehn SPD 7612B Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) CDU/CSU 7613B Tagesordnungspunkt 11: Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einbeziehung der Mauer- und Grenzgrundstücke in das Vermögensgesetz (Drucksachen 13/ 120, 13/3734, 13/3735) 7614 B Dr. Dagmar Enkelmann PDS (zur GO) . . 7614 D Hans-Joachim Hacker SPD . . . 7614D, 7630 D Dr. Dietrich Mahlo CDU/CSU . . 7617B, 7629C Hans-Joachim Hacker SPD . . 7618C, 7626 A Gerald Häfner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7619B, 7630B Dr. Michael Luther CDU/CSU . . . 7620B, D Reiner Krziskewitz CDU/CSU . . . 7621 B Norbert Geis CDU/CSU 7622A Detlef Kleinert (Hannover) F.D.P. . . . 7623 D Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 7624 B Dr. Uwe-Jens Heuer PDS 7625 A Dr. Lore Maria Peschel-Gutzeit, Senatorin (Berlin) 7626C, 7631B Norbert Geis CDU/CSU 7629B Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD 7629D Dr. Michael Luther CDU/CSU 7632B Gerald Häfner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7634 C Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Bundesmini- ster BMJ 7635 C Klaus-Jürgen Warnick PDS (Erklärung nach § 31 GO) 7637 C Tagesordnungspunkt 12: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Betäubungsmittelgesetzes (Drucksachen 13/ 3216, 13/3652) 7638 C Siegfried Hornung CDU/CSU . . . . 7638D Heidi Wright SPD . . . . . . . . . . 7640 A Steffi Lemke BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7641 D Lisa Peters F.D.P. 7642 C Ulla Jelpke PDS 7644 A Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Parl. Staatssekretärin BMG 7644 C Tagesordnungspunkt 13: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung eines Umweltbundesamtes (Drucksachen 13/ 2687, 13/3358, 13/3366) 7644 D Tagesordnungspunkt 14: Antrag der Abgeordneten Brunhilde Irber, Susanne Kastner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Förderung eines Modellprojekts für Umwelt und Verkehr im Tourismus (Drucksache 13/3554) 7645 B Tagesordnungspunkt 15: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Elften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (Pflegefachkräfte) (Drucksache 13/3696) . . . 7645 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Finanzierung der Investitionskosten der Pflegeeinrichtungen (Drucksache 13/3699) 7645 C Johannes Singhammer CDU/CSU 7645 D Gerd Andres SPD . . . . . . . . . . 7647 A Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7649A Dr. Gisela Babel F.D.P 7650 B Petra Bläss PDS 7651 C Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 7652 C Tagesordnungspunkt 16: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der EG-Rahmenrichtlinie Arbeitsschutz und weiterer Arbeitsschutz-Richtlinien (Drucksache 13/3540) 7654 B Tagesordnungspunkt 17: Antrag der Abgeordneten Dr. Winfried Wolf, Dr. Dagmar Enkelmann und der Gruppe der PDS: Grundsicherung des Öffentlichen Personennahverkehrs (Drucksache 13/3253) 7654 C Dr. Winfried Wolf PDS 7654 C Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . 7655 C Nächste Sitzung 7656 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 7657 A Anlage 2 Koordination von Außen- und Entwicklungspolitik; Einrichtung eines Referats für Katastrophenhilfe im BMZ MdlAnfr 4 - Drs 13/3666 Hans Wallow SPD SchrAntw PStSekr Klaus-Jürgen Hedrich BMZ 7657* B Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 12 (Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Betäubungsmittelgesetzes) Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Parl. Staatssekretärin BMG 7657* D Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 13 (Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung eines Umweltamtes) Wilma Glücklich CDU/CSU 7658* C Eckart Kuhlwein SPD 7659* B Birgit Homburger F D P. 7660* A Steffi Lemke BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7660* C Eva Bulling-Schröter PDS 7661* B Walter Hirche, Parl. Staatssekretär BMU 7661* D Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 14 (Antrag: Förderung eines Modellprojekts für Umwelt und Verkehr im Tourismus) Brunhilde Irber SPD 7662* C Klaus Brähmig CDU/CSU 7664* B Dr. Olaf Feldmann F.D.P 7665* B Halo Saibold BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7665* B Dr. Dagmar Enkelmann PDS 7666* C Dr. Heinrich L. Kolb, Parl. Staatssekretär BMWi 7666* D Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 16 (Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der EG-Rahmenrichtlinie Arbeitsschutz und weitere Arbeitsschutz-Richtlinien) Dr. Peter Ramsauer CDU/CSU 7667* C Konrad Gilges SPD 7668* C Dr. Gisela Babel F.D.P 7669* B Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7669* D Manfred Müller (Berlin) PDS 7670* B Horst Günther, Parl. Staatssekretär BMA 7670* D Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 17 (Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Elften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze - Pflegefachkräfte -) Peter Letzgus CDU/CSU 7671* D Heide Mattischeck SPD 7672*' A Horst Friedrich F.D.P. 7673* A 86. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 8. Februar 1996 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter, Robert SPD 8. 2. 96 * Belle, Meinrad CDU/CSU 8. 2. 96 Berger, Hans SPD 8. 2. 96 Böttcher, Maritta PDS 8. 2. 96 Dr. Höll, Barbara PDS 8. 2. 96 Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 8. 2. 96 Kohn, Roland F.D.P. 8. 2. 96 Kronberg, Heinz-Jürgen CDU/CSU 8. 2. 96 Leidinger, Robert SPD 8. 2. 96 Neumann (Berlin), Kurt SPD 8. 2. 96 Dr. Paziorek, Peter CDU/CSU 8. 2. 96 Sauer (Stuttgart), Roland CDU/CSU 8. 2. 96 Schloten, Dieter SPD 8. 2. 96 ' Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 8. 2. 96 Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 8. 2. 96 90/DIE GRÜNEN Schumann, Ilse SPD 8. 2. 96 Sebastian, Wilhelm-Josef CDU/CSU 8. 2. 96 Dr. Skarpelis-Sperk, SPD 8. 2. 96 Sigrid Dr. Frhr. von Stetten, CDU/CSU 8. 2. 96 Wolfgang Terborg, Margitta SPD 8. 2. 96 Tippach, Steffen PDS 8. 2. 96 Vogt (Duren), Wolfgang CDU/CSU 8. 2. 96 Vosen, Josef SPD 8. 2. 96 Wallow, Hans SPD 8. 2. 96 Wohlleben, Verena SPD 8. 2. 96 Zierer, Benno CDU/CSU 8. 2. 96 ' * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Klaus-Jürgen Hedrich auf die Fragen des Abgeordneten Hans Wallow (SPD) (Drucksache 13/3666 Fragen 4 und 5): Betrachtet die Bundesregierung die Entwicklungspolitik entsprechend jüngsten Äußerungen des Bundesministers des Auswärtigen nunmehr als untergeordneten Bestandteil der Außen- Anlagen zum Stenographischen Bericht politik, und was versteht die Bundesregierung in diesem Zusammenhang unter der „zentralen Koordinationsfunktion" des Auswärtigen Amtes, welches dieses nach den Worten des Bundesministers des Auswärtigen im Verhältnis von Außen- und Entwicklungspolitik in Zukunft übernehmen soll? An welchen konkreten Punkten der deutschen Entwicklungspolitik will die Bundesregierung entsprechend öffentlichen Ankündigungen des Bundesministers des Auswärtigen für „mehr Effizienz und bessere Verzahnung" („Frankfurter Rundschau" vom 23. Januar 1996) sorgen, und wie begründet die Bundesregierung in diesem Zusammenhang den Umstand, daß nach dem Auswärtigen Amt nun auch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ein Referat für Katastrophenhilfe eingerichtet hat? Zu Frage 4: Die Entwicklungspolitik ist ein wichtiger Bestandteil der auswärtigen Beziehungen. Auswärtiges Amt und BMZ sind selbständige Ressorts, die auf der Grundlage der Geschäftsordnung der Bundesregierung sowie des einschlägigen Organisationserlasses des Bundeskanzlers vom 23. Dezember 1964 eng und vertrauensvoll zusammenwirken und sich abstimmen. So findet eine regelmäßige Abstimmung etwa bei der jährlichen Rahmenplanung über die länderbezogenen FZ-/TZ-Quoten und bei Einzelmaßnahmen statt. Die Zusammenarbeit zwischen dem Auswärtigen Amt und dem BMZ verläuft reibungslos. Zu Frage 5: Auswärtiges Amt, BMZ und andere Ressorts wirken im Sinne einer globalen Strukturpolitik zusammen, um den neuen globalen Herausforderungen zu begegnen. Die einzelnen Elemente dieser Gesamtpolitik müssen möglichst eng verzahnt und aufeinander abgestimmt werden, um widerspruchsfrei zu sein und größtmögliche Wirkung zu erzielen. Das Referat Not- und Flüchtlingshilfe im BMZ besteht seit vielen Jahren. Entwicklungspolitische Nothilfemaßnahmen unterscheiden sich in ihrem Charakter von den Soforthilfemaßnahmen, die das Auswärtige Amt im Rahmen der Humanitären Hilfe leistet. Die einzelnen Hilfsmaßnahmen in diesen Bereichen werden im Koordinationsausschuß Humanitäre Hilfe unter der Federführung des Auswärtigen Amtes abgestimmt. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 12 (Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Betäubungsmittelgesetzes) Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Sie wissen, daß der Hanfanbau 1982 in der Bundesrepublik Deutschland verboten worden ist, weil zum einen bei den damals verfügbaren Pflanzen ein Mißbrauch nicht aus- geschlossen werden konnte und zum anderen die Landwirte kaum noch Interesse am Anbau von Hanf hatten. Inzwischen hat sich die Situation geändert: Neue Hanfsorten, die nicht mehr als Rauschmittel genutzt werden können, und eine ökologische und ökonomische Neubewertung der Nutzpflanze Hanf machen eine Neuregelung notwendig. Das sagen uns nicht nur die Experten. Das zeigen uns auch die Erfahrungen in anderen europäischen Ländern, in denen seit vielen Jahren Nutzhanf angebaut wird. Die Bundesregierung will deshalb den kontrollierten Anbau von Nutzhanf wieder zulassen. Wir wollen, daß Landwirte in Deutschland das Marktpotential für die Hanfpflanze und ihre vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten zur industriellen Nutzung und möglicherweise sogar zur Energiegewinnung erschließen können. Wir wollen diese Möglichkeiten nutzen, weil das Hauptargument für ein umfassendes Verbot des Hanfanbaus, nämlich der hohe Gehalt von THC (Tetrahydrocannabinol), weggefallen ist. Nun hat es in den letzten Tagen immer wieder Meldungen gegeben, wonach überhaupt nicht genug Saatgut für diesen Hanfanbau zur Verfügung steht. Solche Meldungen sind falsch. Wir haben von dem französischen Hauptlieferanten die Mitteilung erhalten, daß noch 600 Tonnen von einer Überschußproduktion zur Verfügung stehen. Deshalb gibt es nach unserer Auffassung auch keinen Grund, zusätzliche Nutzhanfsorten für die Aussaat in Deutschland zuzulassen. Der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf setzt das um, was der Sachverständigenausschuß für Betäubungsmittel in einem einstimmigen Votum beschlossen hat. Dieser Entwurf entspricht auch einer Entschließung des Bundesrates vom 13. Oktober 1995. Selbstverständlich werden wir alles dafür tun, um Mißbrauch zu verhindern. Deswegen ist eine wirksame Kontrolle des Anbaus von THC-armem Nutzhanf notwendig. Wir halten es deshalb für erforderlich, daß der Anbau von Nutzhanf der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung gegenüber angezeigt werden muß. Ein Verstoß gegen diese Anzeigepflicht ist eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße geahndet werden kann. Diese Anzeigen sind im übrigen auch gleichzeitig Bestandteil der Anträge zur Gewährung der EU-Flächenbeihilfen, für deren Bearbeitung die Bundesanstalt ohnehin zuständig ist. Der Gesetzentwurf sieht deshalb vor, daß die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung auch als zuständige Behörde zur Überwachung des Hanfanbaus eingesetzt wird. Es ist ihre Aufgabe, die Kontrolle der Aussaat, der Anbauflächen, der angebauten Sorten und der Ernte zu übernehmen. Das schließt auch die Verpflichtung ein, Pflanzenproben zu ziehen, um den THC-Gehalt zu überprüfen. Das Gemeinschaftsrecht sieht vor, daß mindestens 5 Prozent der angebauten Hanfflächen auf diese Weise kontrolliert werden. Wir wollen, daß dieser Kontrollumfang auf mindestens 20 Prozent ausgeweitet wird. Damit wird das Risiko der Entdeckung für eventuelle illegale Hanfanbauer deutlich erhöht. Darüber hinaus wollen wir auch, daß der Anbau von Hanf nur solchen landwirtschaftlichen Betrieben gestattet wird, die eine bestimmte Mindestgröße erreichen. Damit soll der Anbau von Nutzhanf auf wirtschaftlich sinnvolle Betriebsgrößen beschränkt bleiben und eine wirksame Kontrolle des Anbaus ermöglicht werden. Sie sehen, die Bundesregierung kommt ihrer Sorgfaltspflicht nach. Wir haben weitreichende Kontrollmöglichkeiten vorgesehen, um den Mißbrauch der Nutzpflanze Hanf zu verhindern. Ich hoffe deshalb auf Ihre Zustimmung zu diesem Gesetz, mit dem der Nutzhanf eine neue Chance erhalten soll. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 13 (Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung eines Umweltbundesamtes) Wilma Glücklich (CDU/CSU): Die Verlagerung des Umweltbundesamtes von Berlin nach Dessau schmerzt mich nicht weniger als die Verlagerung sehr viel älterer Reichs- und heutiger Bundesinstitutionen, die seit dem vergangenen Jahrhundert mit Berlin verbunden sind. Die Gründung des UBA 1974 stand in engem Zusammenhang mit dem 1971 abgeschlossenen VierMächte-Abkommen. Vor dessen Inkrafttreten 1972 hatte bereits eine Reihe anderer Bundesbehörden ihren Sitz in Berlin. Zwischen den Vertragspartnern bestand keine Einigkeit darüber, ob die Errichtung einer neuen Bundesbehörde durch das Abkommen gedeckt war oder ob diese sich nur auf die Entwicklung bereits bestehender Einrichtungen bezog. Die Errichtung des UBA war für die westliche Seite insofern ein politischer Test der Tragfähigkeit des Abkommens. Proteste der Sowjetunion und der DDR erfolgten. Angehörigen des UBA wurde vorübergehend die Durchreise auf den Transitstrecken verboten. Bis zur Vereinigung wurde in Berlin keine weitere Bundesbehörde errichtet. Insofern hat das UBA eine besondere Bedeutung für Berlin. Die Standortwahl ist Dokument des Lebens- und Freiheitswillens der Stadt Berlin. Die Aufgaben der Behörde selbst sind ein Dokument des aufkeimenden Umweltschutzgedankens Anfang der 70er Jahre. Wir geben das UBA nicht gerne her. Das UBA unterhält heute ein zweites Dienstgebäude in der Mauerstraße 52 im Bezirk Berlin-Mitte, in der sich jetzt auch die zentralen Einrichtungen zur Information der Bevölkerung in Umweltfragen befinden. Durch seine zentrale Lage inmitten der ökologischen Problembereiche wurde das UBA rasch Anlaufstelle für zahlreiche Besucher und Informati- onspool für Anfragen sowohl aus den kommunalen Verwaltungen als auch aus den Industriebetrieben. Schwierigkeiten sind keineswegs immer ausgeblieben. Dennoch ist es gelungen, Berlin zu einem geradezu idealen Standort des Amtes zu machen — trotz damaliger Kommunikationsprobleme über die lange Entfernung, die in den siebziger Jahren naturgemäß noch groß waren. Vor allem die Einbettung des Amtes in die Berliner Wissenschaftslandschaft war sicher ein Glücksfall. Die Mitarbeiter, die das neue Amt aufbauten, hatten nicht nur Mut zu einem fachlichen Abenteuer, sondern begaben sich auch in eine Stadt, die zwar nicht mehr gefährdet war, aber doch nur ein mit vielen Mißlichkeiten verbundenes Insulanerdasein bot. Ich habe Verständnis dafür, daß die Emotionen im Amt nun, wo die Mitarbeiter die Hauptstadt verlassen sollen, während diese gerade ihre Funktionen erhält, besonders stark sind. Natürlich schmerzt die Entscheidung ganz Berlin. Das UBA zieht um nach Dessau. Dies ist Bestandteil der am 27. Mai 1992 veröffentlichten, mit Zweidrittelmehrheit beschlossenen Empfehlung der unabhängigen Föderalismuskommission. Der Umzug gehört zur ausgeglichenen Verteilung von Bundesbehörden unter besonderer Berücksichtigung der neuen Länder im Zuge der deutschen Einheit. Der Umzug des Umweltbundesamtes wird notwendig und unvermeidbar im Gesamtzusammenhang aller Beschlüsse über die Verlagerung der Hauptstadtfunktionen nach Berlin. Meine Fraktion und die der F.D.P. tragen die Entscheidung der Unabhängigen Föderalismus-Kommission mit. Jetzt kommt es auf eine gute Zusammenarbeit des Landes Sachsen-Anhalt, der Stadt Dessau und des Arbeitsstabes für die Verlagerung des Umweltbundesamtes an. Wir werden ein Auge darauf werfen. Diese konstruktive Zusammenarbeit muß sich bei dem schwierigen Prozeß der Verlagerung im Interesse der Sozialverträglichkeit und der Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Umweltbundesamtes bewähren. Das Umweltbundesamt hat in Berlin große Leistungen erbracht. Die dynamische Entwicklung der Umweltschutzpolitik in den siebziger Jahren wäre sicher ohne das UBA nicht möglich gewesen. Genauso sicher bin ich, daß das Amt vom Einsatzwillen seiner Mitarbeiter her seine guten Leistungen in Sachsen-Anhalt fortsetzen wird. Eckart Kuhlwein (SPD): Der Deutsche Bundestag hat heute über eine Änderung des Gesetzes über die Errichtung eines Umweltbundesamtes zu entscheiden, mit der der Sitz des Amtes von Berlin nach Dessau verlegt werden soll. Die Entscheidung dafür geht zurück auf den Hauptstadt-Beschluß des Bundestages vom 20. Juni 1991, in dem u. a, das Ziel festgelegt wurde, zur Stärkung des Föderalismus zu einer gerechteren Verteilung von Institutionen des Bundes in Deutschland zu kommen. Die von der Bundestagspräsidentin daraufhin eingerichtete Unabhängige Föderalismus-Kommission aus Vertretern des Bundestages und der Länderregierungen stand vor der schwierigen Aufgabe, Bundesinstitutionen nicht etwa neu zu schaffen, sondern Vorschläge für die Verlagerung von Standorten zu machen, die über Jahrzehnte gewachsen waren. Dabei war der Föderalismus-Kommission durchaus klar, daß dies nicht ohne soziale und möglicherweise auch fachliche Probleme abgehen würde. Es sollten Einrichtungen von politischer und wirtschaftlicher Bedeutung sein. Der 1992 abgestimmte Katalog der Verlagerungen von Bundesinstitutionen in die neuen Länder enthält z. B. Oberste Bundesgerichte, Teile der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, die Verwaltungen von Berufsgenossenschaften, das Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie, einen Teil des Deutschen Patentamtes, einen Teil einer Biologischen Bundesanstalt und eben auch das Umweltbundesamt. Daß Berlin mehrere Einrichtungen abgeben sollte, hängt mit dem zu erwartenden Zuwachs durch Bundestag und Bundesregierung in der deutschen Bundeshauptstadt zusammen. Daß das Umweltbundesamt nach Sachsen-Anhalt gehen sollte, hat die Föderalismus-Kommission beschlossen. Daß unter mehreren Bewerbungen Dessau den Zuschlag erhielt, hat die Bundesregierung mit der damaligen Landesregierung von Sachsen-Anhalt ausgehandelt. Soweit zur Vorgeschichte des heute zur Verabschiedung vorliegenden Gesetzentwurfs. Der Bundestag ist im Wort. Wenn wir jetzt darüber debattieren, kann es nicht mehr um das Ob, sondern nur noch um das Wie des Standortwechsels gehen. Angesichts der besonderen Probleme, die die Verlagerung eines Amtes mit sich bringt, das gleichzeitig von dem wissenschaftlichen Engagement seiner Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen lebt, ist ein hohes Maß an Behutsamkeit angesagt. Das betrifft sowohl die Behandlung des Personals, als auch die wissenschaftliche Vernetzung mit anderen Institutionen am jetzigen Standort Berlin. Die Bundesregierung hat im Ausschuß zugesagt, alles dafür zu tun, daß das Umweltbundesamt auch an seinem neuen Standort voll arbeitsfähig bleibt. Dabei scheint es mir wichtig zu sein, die Begründung im Gesetzentwurf der Bundesregierung in Erinnerung zu rufen: Danach kann der eigentliche Umzug erst erfolgen, wenn die Voraussetzungen dafür geschaffen sind, wenn nämlich die zur Herstellung der Arbeitsfähigkeit benötigten Neubauten und/oder Altbauten fertiggestellt sind, wenn ausreichender Wohnraum für die vom Umzug Betroffenen vorhanden ist, wenn dienst- und wohnungsrechtliche und personalwirtschaftliche Maßnahmen für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen getroffen sind. Wir erwarten von der Bundesregierung, daß sie bei der Umzugsplanung beide Seiten sorgfältig beachtet: die berechtigten sozialen Interessen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und die Kontinuität der wissenschaftlichen Arbeit. Die Leistungsfähigkeit des Amtes als wissenschaftliche Oberbehörde muß vor und während des Umzugs erhalten und nach dem Umzug dauerhaft sichergestellt werden. Dazu gehört auch die Suche nach Wegen, wie die Vorteile der Berliner Wissenschaftslandschaft für die wissenschaftliche Qualität der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gesichert werden können. Die modernen Telekommunikationstechniken werden dafür nicht ganz ausreichen. Vielleicht ist es am Ende hilfreich, daß das Umweltbundesamt mit dem Institut für Wasser-, Boden- und Lufthygiene „noch einen Koffer in Berlin" behält. Vielleicht läßt sich dort auch eine in die Berliner Szene integrierte Anlaufstelle für die übrigen Abteilungen schaffen. Die Bundesumweltministerin möchte ich bitten, dieses Amt, das für eine weitsichtige deutsche Umweltpolitik unentbehrlich ist, weder zu gängeln noch zu vernachlässigen. Der Erfolg ihrer eigenen Umweltpolitik hängt wesentlich davon ab, welche Anstöße aus dem Umweltbundesamt kommen und wie ihre Gesetze dort vorbereitet werden. Andere Länder beneiden uns um diese hochqualifizierte Einrichtung. Es liegt an Ihnen, Frau Merkel, und am Bundestag, ob man das auch nach dem Umzug nach Dessau noch sagen kann. Birgit Homburger (F.D.P.): Mit der Änderung des Gesetzes über die Errichtung eines Umweltbundesamtes wird ein Beschluß der Unabhängigen Föderalismuskommission vollzogen. Es war der übereinstimmende politische Wille, in Folge der Vereinigung für eine ausgeglichene Verteilung von Bundesbehörden unter besonderer Berücksichtigung der neuen Länder zu sorgen. In diesem Zusammenhang wurde beschlossen, das Umweltbundesamt nach Sachsen-Anhalt zu verlagern. Die konkrete Standortentscheidung wurde durch einen Arbeitsstab unter Vorsitz des Bundesumweltministeriums und unter Beteiligung von Vertretern des Umweltbundesamtes, des Landes Berlin und des Landes Sachsen-Anhalt sowie der Personalvertretungen erarbeitet. Diese Entscheidung vollziehen wir jetzt, und ich halte dies für richtig. Natürlich gibt es bei jeder der vielen Dienstsitzverlagerungen, die mit dem Umzug Bonn/Berlin und mit der Neuverteilung von Bundesbehörden verbunden sind, Gewinner und Verlierer. Aber im Sinne einer wirklichen und sichtbaren Integration der neuen Länder soll dies nicht die Umstrukturierung verhindern. Mit dem geplanten dienstrechtlichen Begleitgesetz werden den betroffenen Mitarbeitern die angemessenen Hilfen gegeben. Die Argumentation, das Umweltbundesamt müßte deshalb nach Sachsen-Anhalt, weil dort Umweltprobleme in besonderer Massierung zu lösen seien, halte ich allerdings nicht für stichhaltig. Die Umzugsentscheidung ist sicher nach anderen, politischen Kriterien gefällt worden. Das Umweltbundesamt ist nämlich keine Bundesvollzugsbehörde im Umweltschutz, es ist eine wissenschaftliche Behörde, die ihre Arbeit mehr oder weniger unabhängig vom Standort ausführen kann. Praktisches Anschauungsmaterial über die Altlasten aus DDR-Zeiten hat das UBA auch von Berlin aus ohne weiteres im benachbarten Land Brandenburg. Bei den Beratungen im Umweltausschuß sind Bedenken laut geworden, durch den Umzug verliere das Amt qualifizierte wissenschaftliche Mitarbeiter und damit seine Kompetenz. Ich halte diese Sorge für unberechtigt. Sicher wird es eine Fluktuation geben und damit auch vielleicht Brüche in der fachlichen Arbeit. Aber jede Veränderung bringt auch Chancen mit sich. Neue Mitarbeiter können auch neue Ideen, neue Ansätze und neue Schwerpunkte einbringen. Für eine wissenschaftliche Institution kann das befruchtend sein. Vermutlich wird sich der Anteil der Mitarbeiter aus Sachsen-Anhalt und anderen neuen Ländern im Umweltbundesamt durch diese Verlagerung erhöhen. Ich halte diese Entwicklung für wünschenswert und nicht etwa für einen Nachteil. Darüber hinaus gilt das Argument der personellen Fluktuation für alle von der Umzugsentscheidung betroffenen Behörden und Ministerien. Dies haben die unabhängige Föderalismuskommission und der Deutsche Bundestag bei ihren Entscheidungen gewußt und berücksichtigt. Es ist müßig, jetzt im nachhinein als Bedenkenträger darauf hinzuweisen. Die F.D.P. stimmt dem Gesetzentwurf zu. Steffi Lemke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Bündnis 90/Die Grünen begrüßt den vorliegenden Gesetzentwurf mit dem nun endlich die rechtliche Grundlage für die Umsetzung der Beschlüsse der Föderalismuskommission geschaffen wird. Wir unterstützen die Vorschläge der Unabhängigen Föderalismuskommission, weil mit der Verlagerung von Bundesinstitutionen in die neuen Bundesländer das föderalistische Prinzip im neuen Deutschland mehr Akzeptanz erhält und damit ein Beitrag zum Zusammenwachsen der beiden deutschen Staaten geleistet werden kann. Ich sehe zwar auch die Gefahr, daß der Umzug des UBA zum Ausschalten kritischer Stimmen im Umweltschutzbereich instrumentalisiert werden könnte. Einen - erfreulicherweise mißglückten - Versuch der Postenschieberei haben wir in diesem Bereich ja bereits hinter uns. Es liegen aber möglicherweise noch mehr Füchse auf der Lauer. Wir werden deshalb den Umzug des UBA auch weiterhin mit größter Aufmerksamkeit verfolgen. Wir fordern die Bundesregierung auf, das UBA nicht in den Vollzugsbereich abzuschieben, sondern Freiräume für eine sachliche Auseinandersetzung im Umweltbereich auch innerhalb des Ministeriums zu schaffen. Wenn ich in der Öffentlichkeit jedoch Äußerungen aus dem UBA wie „Die verantwortlichen Politiker haben sich das zwischen einem Glas Bier am Abend und dem Sektfrühstück am Morgen überlegt, nämlich überhaupt nicht" zur Kenntnis nehmen muß, dann scheint bei Teilen des Personals das Interesse an einer sachlichen Diskussion nicht allzu groß zu sein. Der Personalratschef geht ja sogar noch einen Schritt weiter: „Ich bin ja bereits von West- nach Ostberlin umgezogen, habe also den Abstieg aufs Ostniveau schon hinter mir." Da hören für mich der Spaß und das Verständnis auf. Der Umzug wird mit solcher Art Mauerbildung hoffentlich aufräumen. Ich erwarte von den Beschäftigten und darunter vor allem von den Beamten einen Bruchteil der Flexibili- tät, wie sie Zehntausende von Menschen in den neuen Ländern in den vergangenen Jahren abverlangt wurde. Aber vielleicht schaffen wir es, den Frust der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter produktiv umzusetzen - z. B. in bessere Zuganbindungen nach Dessau oder eine kreativere Kulturszene vor Ort. Ich freue mich jedenfalls auf das Engagement der Neu-Dessauer für eine bessere Wohn- und Lebensqualität. Mit der Verlagerung des UBA in die Korrespondenzregion Dessau-Wittenberg-Bitterfeld der EXPO 2000 könnten durchaus umweltpolitisch wichtige und richtige Akzente gesetzt werden. Der unverstellte Blick in diese Krisenregion könnte die Arbeit des UBA jedenfalls eher befruchten als behindern. Und mit der fehlenden Wissenschaftslandschaft in der Region zu argumentieren mutet in den Zeiten von Internet und Online-Diensten reichlich anachronistisch an - auch da könnte die Verlagerung wohl eher positive Impulse als Hemmnisse entwickeln. Die Bundesregierung ist nun gefordert, den Umzugsbeschluß zügig umzusetzen. Dazu sind vor allem ausreichend Planungsmittel in den Bundeshaushalt einzustellen und die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in die Umzugsplanungen einzubeziehen. Lassen Sie uns für ein leistungsfähiges Umweltbundesamt sorgen, damit auch die nächste Bundesregierung noch auf diesen Sachverstand bauen kann. Eva Bulling-Schröter (PDS): Dem Umzug des Umweltbundesamtes nach Dessau werden wir zustimmen. Dies fällt der Gruppe der PDS nicht leicht, denn die Gründe, die dafür sprechen, können unserer Ansicht nach kaum die Bedenken - vor allem über die Art und Weise der Verlagerung - entkräften. Ohne Zweifel benötigen die neuen Bundesländer als die größte geschlossene Krisenregion innerhalb der Europäischen Union unter anderem das Wiederentstehen einer weitgehend zerschlagenen Forschungslandschaft. So verfügt beispielsweise allein der Siemens-Konzern über ein größeres Entwicklungs- und Forschungspotential als die gesamte Industrie Ostdeutschlands. Die neuen Bundesländer produzieren lediglich 8,6 Prozent des Bruttoinlandproduktes bei 20 Prozent Wohnbevölkerung der Bundesrepublik. Dabei ist die ökologisch arg gebeutetelte Region Dessau/Wolfen/ Bitterfeld zusätzlich von einem überdurchschnittlichen Arbeitsplatzabbau betroffen. Ein Impuls im Dienstleistungsbereich wäre hier also nur wünschenswert. Die Verknüpfung der Tätigkeit des Umweltbundesamtes mit der des traditionsreichen Dessauer Bauhauses - ich denke da unter anderem an das Projekt industrielles Gartenreich - könnte darüber hinaus Modellcharakter für die Verbindung von Umweltforschung, Industrie, Altlastensanierung und Naturschutz haben. Die Vision droht in ihrer Großzügigkeit allerdings in wesentlichen Teilen auf Kosten der Beschäftigten und ihren Familien sowie des eigentlichen Zwecks zu gehen. Außer dem Bekenntnis zu Dessau scheint nicht viel klar zu sein: weder die Gebäude für das Amt noch der Zugriff auf Labortechnik, nicht die Wohnungsfrage noch die Arbeitsplätze für die Partner und Partnerinnen der umziehenden Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des UBA - ich hoffe, es sind wenigstens ein paar Frauen dabei. Angesichts einer mit 14 Millionen DM mehr als 12prozentigen Etatkürzung des Umweltbundesamtes in diesem Jahr scheinen die 180 Millionen DM Umzugskosten wohl auch etwas absurd. Der Personalrat des UBA geht übrigens, einschließlich der Kosten für Wohnungsbeihilfen, von knapp 500 Millionen DM aus. Weiterhin ist das Argument der schlechten Erreichbarkeit dieser auch von Umweltverbänden gern genutzten Einrichtung angesichts der geplanten Einstellung der Interregioverbindung nach Berlin nicht vom Tisch zu wischen; aber das kann ja geändert werden. Ich glaube, wir sind am Ende auch nicht allein in folgender Vermutung: Einigen scheint es wohl nicht ganz unlieb, das glücklicherweise gelegentlich mit dem Hause Merkel im Zoff gelegene Umweltbundesamt etwas ins Abseits zu schicken. Walter Hirche, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Der Ihnen heute vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung hat allein den Zweck, jetzt die notwendige gesetzliche Folgerung aus einer Entscheidung zu ziehen, die längst getroffen worden ist. Die Frage der Verlagerung ist deshalb faktisch längst entschieden, weil mit einer anderen Entscheidung notwendigerweise das Gesamtpaket von Maßnahmen aufgebrochen und in Frage gestellt würde, das die Unabhängige Föderalismuskommission bereits am 27. Mai 1992 in Winterscheid empfohlen hat. Hierauf weist die Ausschußdrucksache unter dem Stichwort „Alternativen" deutlich hin. Wie bei anderen von den Verlagerungsbeschlüssen der Unabhängigen Förderalismuskommission betroffenen Behörden auch sind in der Folge in einem Arbeitsstab unter Beteiligung des abgebenden und des aufnehmenden Landes, nämlich Berlin und Sachsen-Anhalt, sowie der Personalvertretungen die erforderlichen Prüfungen wegen des Standorts vorgenommen und Dessau als neuer Standort empfohlen worden. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 13. Oktober 1995 einstimmig beschlossen, keine Einwendungen gegen den Gesetzentwurf der Bundesregierung zu erheben. Bei der Verlagerung nach Desssau geht es um das große umfassende Ziel, bei der Herstellung der inneren Einheit auch dem Gedanken einer unter föderalen Aspekten gerechten Verteilung von Bundesbehörden in den Ländern Rechnung zu tragen. Im Bundesrat ist von den Vertretern des Saarlands und Bremens, mit der Zielrichtung einer künftigen Berücksichtigung auch ihrer Länder bei der Festlegung von Standorten für Bundesbehörden, auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1992 zum bundesstaatlichen Finanzausgleich hingewiesen worden. Danach gehören solche Standortentscheidungen zu den Mitteln, die geeignet sind, zur Beseitigung extremer Haushaltsnotlagen in den Ländern beizutragen. Ich meine, daß es bei den Verlagerungen in die neuen Länder über diesen rein wirtschaftlichen Aspekt hinaus noch um ideelle Zwecke geht, nämlich um das Zusammenwachsen dieses föderativ verfaßten Staates und seiner Institutionen. Gegenargumente, die auf die fachlichen Erfordernisse des Umweltbundesamtes, insbesondere auf die Einbindung in die Berliner Wissenschaftslandschaft, hinweisen, verstehe ich als Vertreter des für den Umweltschutz zuständigen Ministeriums gut. Ich halte diese Argumente jedoch für zu kurz gegriffen, und zwar nicht nur aus übergreifenden innen- und gesellschaftspolitischen Gründen. Auch der Umweltschutz in diesem Lande kann nur gewinnen, wenn bestehende Gräben überwunden werden. Und was die Herauslösung aus dem wissenschaftlichen Umfeld Berlins angeht: Selbstverständlich müssen die modernen Möglichkeiten der Informationsgesellschaft genutzt werden. Im übrigen scheinen mir die Befürchtungen auch wegen der Verkehrsverbindungen und Fahrzeiten nach Berlin und wegen der verschiedenen Institutionen in Sachsen und Sachsen-Anhalt - Universität Leipzig mit Umweitforschungszentrum, Technische Universität Magdeburg, Universität Halle/Wittenberg - letztlich nicht berechtigt. Und ein übriges: Das Umweltbundesamt ist zwar entsprechend der Aufgabenverteilung nach dem Grundgesetz zwischen Bund und Ländern nur in sehr wenigen Bereichen Vollzugsbehörde. Dennoch erscheint es mir für das Amt wie für dieses Land von hohem Nutzen zu sein, daß es jetzt in einer Region angesiedelt wird, in der der Raubbau an der Umwelt, aber auch die Chancen zur Besserung und der Nutzen des Umweltschutzes für den Arbeitsmarkt so deutlich sind. Ich nenne in erster Linie die Langfristaufgabe der Braunkohlesanierung. Hier ist manches begonnen, aber noch sehr viel zu tun, und die Sanierungsaufgabe bietet zunehmend Arbeitsplätze. Ich habe vor einigen Tagen besonders darauf hingewiesen: Wir haben jetzt etwa 700 000 Beschäftigte im Umweltschutz, und man kann mit guten Gründen annehmen, daß bis zur Jahrtausendwende noch weitere 400 000 Arbeitsplätze hinzukommen. Für das Bundesumweltministerium ist es aber, gerade weil ich die aus übergeordneten Gründen getroffene Verlagerungsentscheidung nachdrücklich bejahe, unabdingbar, daß die Leistungsfähigkeit des Umweltbundesamtes voll erhalten wird und daß in der Übergangszeit unvermeidbar auftretende Schwierigkeiten durch geeignete Maßnahmen soweit wie möglich gemindert und gemildert werden. Dazu gehören die Funktionalität, das heißt vor allem ein Dienstgebäude in entsprechend günstiger Lage in Dessau, ausreichende Verkehrsanbindungen und ein Kommunikationsverbund mit dem Ministerium, aber auch mit den Partnern in Forschung und Wissenschaft. Wenn hier die erforderlichen Entscheidungen auch über Haushaltsmittel anstehen, bitte ich auch um Ihre Unterstützung, damit nicht bei aller Sparsamkeit die Realisierung der Verlagerungsentscheidung letztlich durch Einbußen der Effektivität belastet wird. Mindestens genauso wesentlich wie die Funktionsfähigkeit des Amtes als solche ist es, daß die Verlagerung sozial verträglich geschieht, denn die Kontinuität der Aufgabenwahrnehmung des Umweltbundesamtes setzt die Bereitschaft und das Engagement der hochqualifizierten Mitarbeiter des Amtes voraus. Auch hier rechne ich auf Ihre Unterstützung. Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 14 (Antrag: Förderung eines Modellprojekts für Umwelt und Verkehr im Tourismus) Brunhilde Irber (SPD): Da viele Menschen im direkten Umfeld ihrer Städte keine ausreichenden Erholungsmöglichkeiten vorfinden, suchen sie Ruhe, Natur und gesunde Umwelt in den ausgewiesenen Erholungsgebieten. Der Freizeitverkehr macht heute etwa 50 Prozent des gesamten Verkehrsaufkommens aus. Freizeitmobilität bedeutet aber in unserer Gesellschaft hauptsächlich Autoverkehr. Das Bedürfnis der Menschen nach Ruhe und Erholung wird so zunehmend zur Belastung für die Umwelt. Besonders ökologisch sensible Erholungsgebiete müssen heute die Grenzen der Besucherzahlen erkennen. Vielerorts wird versucht, den Besucherandrang über den Preis zu regulieren, wie zum Beispiel in den Schweizer Skigebieten. Damit wird Erholung in den attraktivsten Gegenden für viele Menschen zu einem unerschwinglichen Gut. Dies kann nicht der richtige Weg sein! Vielmehr muß der berechtigte Wunsch des Urlaubers nach individueller Bewegungsfreiheit in Einklang gebracht werden mit dem Schutz der Umwelt. Auch wenn es nicht besonders schön klingt - die hierfür notwendige Maßnahme heißt im Fachjargon „Besucherlenkung". Hinter diesem häßlichen Wort verbirgt sich nicht die Absicht, dem Besucher möglichst viele Vorschriften zu machen. Statt dessen sollen ihm Alternativen geboten werden, die attraktiv sind und zur umweltfreundlichen Urlaubsgestaltung locken und leiten sollen - mit dem Ziel, daß die Ferienregionen ohne Beschränkung der absoluten Besucherzahlen auskommen und trotzdem ihre Umwelt schonen und erhalten können. Dabei spielen Busse und Bahnen - also der öffentliche Personennahverkehr - eine entscheidende Rolle. Sicher ist es unrealistisch, den völligen Verzicht auf das Auto zu predigen. Aber mit entsprechend attraktiven Angeboten kann das Umsteigen auf umwelt- verträgliche Verkehrsmittel ermöglicht und erleichtert werden. Wir Sozialdemokraten setzen uns deshalb für sogenannte integrierte Gesamtverkehrskonzepte für die Fremdenverkehrsregionen ein, die auf folgenden Eckpunkten aufbauen: Erstens. Damit die Besucher vom Auto auf die öffentlichen Verkehrsmittel umsteigen, müssen ihnen schon für die Anreise günstige Fernverbindungen angeboten werden. Zweitens. Mit abgestimmten Bus- und Bahnverbindungen gelangen sie dann von den Knotenbahnhöfen weiter in die Ferienorte. Drittens. Damit sich die Urlauber auch vor Ort frei bewegen können, müssen genügend öffentliche Verkehrsverbindungen zwischen den Ferienorten und den beliebten Ausflugszielen bestehen. Ein solcher Shuttle-Verkehr ermöglicht es auch - zumindest in der Hauptsaison -, die Zufahrtsstraßen für den Individualverkehr zu sperren. Die großen Nationalparks in den USA haben damit beispielsweise gute Erfahrungen gemacht. Eine Netzkarte für die gesamte Region in Verbindung mit verbilligten Eintrittsgeldern kann die Attraktivität einer solchen Lösung noch erhöhen. Viertens. Für die Tagesausflügler aus der näheren Umgebung müssen Park-and-Ride-Parkplätze und ein Pendelverkehr eingerichtet werden. Eine günstige Gestaltung der Preise, besonders auch für Familien, dichte und abgestimmte Fahrzeiten, auch am Wochenende, sowie ein verbesserter Service und Komfort können hier ihr übriges tun, um die Schwellen zur Benutzung dieser Verkehrsmittel zu senken. Die Erfahrungen zeigen, daß attraktive Angebote von den Urlaubern durchaus angenommen werden. Urlaub und Freizeit können so auch zu einem Lern- und Experimentierfeld werden. Erfahrungen, die der Reisende im Urlaub macht, können Anregungen für den Alltag sein. Um Erfahrungen mit solchen Konzepten zu sammeln, die die Interessen des Tourismus und des Umweltschutzes wirksam vereinen, regen wir an, daß die Bundesregierung ein Modellprojekt schaffen oder sich an einem solchen beteiligen soll. Mit einem solchen Modell einer umfassend angelegten Verkehrsplanung lassen sich Daten und Richtwerte ermitteln, die sich auf andere Natur- und Feriengebiete in Deutschland übertragen und für weitere umweltverträgliche Planungen nutzen lassen. Der Nationalpark Bayerischer Wald stellt in vieler Hinsicht einen idealen Versuchsraum für ein solches Modellprojekt dar. Es ist ein Natur- und Erholungsraum von nationaler und übernationaler Bedeutung. Wenn der Nationalpark in diesem Jahr wie geplant um 10 000 ha erweitert wird, stellt er - zusammen mit dem angrenzenden tschechischen Nationalpark Sumava - das größte zusammenhängende Waldgebiet in Mitteleuropa unter Schutz. Seit der Nationalpark Bayerischer Wald vor 25 Jahren aus der Taufe gehoben wurde, hat sich die Region zu einer der wichtigsten Fremdenverkehrsgebiete Deutschlands entwickelt. Rund 1,5 Millionen Besucher und ein touristischer Umsatz von 70 Millionen DM allein im letzten Jahr belegen die Bedeutung des Nationalparks als Wirtschaftsfaktor für diese Region. Dies hat Ostbayern mit vielen anderen Erholungsgebieten gemeinsam: Früher war die Region als strukturschwach vernachlässigt und fast vergessen. Heute bilden ihre unberührten Landschaften, die reiche Natur und Tradition, ihre Ursprünglichkeit, Abgeschiedenheit und Stille die Grundlage für den Weg aus der wirtschaftlichen Rückständigkeit - die Grundlage für den Tourismus. Aber noch ein Zweites hat der Bayerische Wald mit vielen anderen Erholungsgebieten gemeinsam: die stetig zunehmende Blechlawine des Autoverkehrs. War der Individualverkehr lange Jahre die Voraussetzung für das Aufblühen der abgelegenen Fremdenverkehrsgebiete, wird er heute zu ihrem Fluch: Das „Grundkapital" der Regionen - Ruhe, saubere Luft und unverbaute Landschaften - ist mehr und mehr in Gefahr. Mit der Erweiterung des Nationalparks wird eine neue Verkehrsplanung für die Region notwendig, und hier bietet sich eine gute Chance, das Konzept eines umweltverträglichen Tourismusverkehrs, wie ich es gerade beschrieben habe, zu verwirklichen. Dies ist um so notwendiger, als das Gebiet auch durch den enorm gestiegenen Verkehr seit der Öffnung der Grenzen nach Tschechien stark belastet wird - eine Belastung, die die Grundlagen des Tourismus zunehmend bedroht. Wer möchte schon in einer Region Urlaub machen, in der sich Lkw an Lkw und Pkw an Pkw durch die Orte schlängelt, in der die Zufahrtsstraßen zu den touristischen Attraktionen verstopft sind wie Großstädte zur Rushhour? Viele Orte im Bayerischen Wald bangen schon heute um ihre Prädikate als „Luftkur-" oder „Erholungsorte", und eine weitere Zuspitzung der Situation ist zu befürchten, wenn die Wirtschaftsbeziehungen zu den östlichen Nachbarn enger werden. Deshalb darf bei der Verkehrsplanung für den erweiterten Nationalpark nicht allein auf den Ausbau des Straßennetzes gesetzt werden. Dies hieße, die Zukunft des Tourismus in dieser Region aufs Spiel zu setzen! Da es sich beim Nationalpark Bayerischer Wald um einen schützenswerten Naturraum von nationaler Bedeutung handelt, muß die Bundesregierung bei dieser Aufgabe mit anpacken. Der Zeitpunkt für ein solches Modellprojekt ist jetzt besonders günstig: Die Regionalisierung des öffentlichen Personennahverkehrs bietet die Chance, Versäumnisse und Fehlentwicklungen im Schienennahverkehr auszugleichen. Und das gestiegene Umweltbewußtsein in der Bevölkerung bietet eine gute Voraussetzung für eine breite Akzeptanz. Am Beispiel des Nationalparks Bayerischer Wald läßt sich für eine ganze Region ein umweltfreundlicher Tourismusverkehr verwirklichen - etwas, was es bisher nur auf Ortsebene gibt. Dies ist ein Umstand, der sich in der Werbung für das ost-bayerische Fremdenverkehrsgebiet und auch für die deutsche Auslandswerbung gut verkaufen läßt. Zwingend notwendig wird die Beteiligung des Bundes, da die neuen Bus- und Bahnverbindungen, die mit der Erweiterung des Nationalparks einhergehen müssen, nicht wie bisher als Sackgassen ins Grenzgebiet führen und dort enden dürfen. Eine sinnvolle touristische Verkehrsplanung im Rahmen dieses Modellprojekts setzt eine enge Zusammenarbeit und Abstimmung mit unserem Nachbarn, der Tschechischen Republik, voraus. Ein durchgehender Schienenverkehr nach Tschechien, über Pilsen nach Prag, wird schon lange gefordert. Obwohl der Schienengrenzübergang Bayerisch Eisenstein/Zelezna Ruda 1991 von Bundeskanzler Kohl persönlich wiedereröffnet wurde, ist es bis heute nicht zu einem durchgehenden Zugverkehr gekommen. Hier ist eindeutig die Zuständigkeit des Bundes berührt: Grenzübergreifender Naturschutz und grenzüberschreitender Tourismusverkehr machen ein wirksames Engagement der Bundesregierung notwendig. Herr Wittmann, ich erinnere Sie an Ihre eigenen Worte: Sie haben am 1. Juni letzten Jahres an dieser Stelle gefordert, auf solche Maßnahmen zu dringen, die tatsächlich in die Förderzuständigkeit des Bundes fallen: nämlich die Förderung von Modellprojekten und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich fordere Sie auf, sich dieser Initiative anzuschließen und unserem Antrag zuzustimmen. Ich meine insbesondere auch die Damen und Herren der Koalition: Lassen Sie Ihren eigenen Worten von einer Verbindung von Tourismus und Umweltschutz Taten folgen. Bei allen kritischen Bewertungen, ob die Bundesregierung eine Kompetenz hat, ein solches Modellprojekt mitzutragen, bleibt festzustellen: Wenn die Bundesregierung ein Gesamtkonzept für die umweltgerechte großflächige Verkehrserschließung von Fremdenverkehrsregionen haben will, dann kann sie natürlich ein solches Projekt fördern. Es ist lediglich eine Frage des politischen Willens! Klaus Brähmig (CDU/CSU): Bei der heutigen Debatte, die auf den ersten Blick etwas Reizvolles an sich hat, nämlich die Förderung eines Modellprojektes für Umwelt und Verkehr im Tourismus, sehe ich nicht so recht die Zuständigkeit des Bundes für den vorliegenden Antrag der SPD auf Drucksache 13/ 3554 gegeben. Der Nationalpark Bayerischer Wald, der seit 25 Jahren besteht, ist der älteste Nationalpark von nunmehr elf in Deutschland. Er ist gleichzeitig seit 1991 auch Partner des Nationalparks Sächsische Schweiz, der zufälligerweise auch das Zentrum meines Bundestagswahlkreises ist. Der Nationalpark Sächsische Schweiz wurde am 27. April 1991 als erster Nationalpark der neuen Bundesländer durch unseren Ministerpräsidenten Professor Biedenkopf feierlich eingeweiht. Mehrfach habe ich in den letzten Jahren den Bayerischen Wald besucht. Ich bin jedesmal von dem großen Engagement des Leiters Dr. Bibelriether beeindruckt gewesen, der den Nationalparkgedanken nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa stets weiterentwickelt hat. Ich unterstütze ausdrücklich das Anliegen der Erweiterung der Fläche des Nationalparkes von rund 13 000 auf 23 000 Hektar auch aus tourismuspolitischer Sicht. Gleichzeitig hoffe ich, daß auch die Kollegen von der SPD diesem Anliegen der Bayerischen Staatsregierung Rechnung tragen werden. Nationalparke und andere Großschutzgebiete sind längst zu Wirtschaftsfaktoren für diese strukturschwachen Räume geworden. Eine Zahl soll dies verdeutlichen: Allein im Jahr 1994 haben zirka 9 Millionen Menschen die fünf Nationalparke der neuen Bundesländer besucht. Allerdings wird weder in der Deutschlandwerbung noch im Ausland diesem Imagefaktor Rechnung getragen. Aber genau hier liegt die Chance, auch Steuerungs- und Lenkungsmaßnahmen von Besuchern umzusetzen. Aus diesem Grund habe ich 1993 für die Sächsische Schweiz das erste Tourismusleitbild initiiert, welches für eine deutsche Ferienregion unter der Moderation der Münchner Firma FUTOUR im März 1995 erstellt wurde und, in der zweiten Stufe durch den Tourismusverband Sächsische Schweiz weiterentwickelt, im März 1996 auf der ITB in Berlin vorgestellt werden wird. Ein wichtiger Punkt sind dabei die Verkehrslenkungs- und Beruhigungsmaßnahmen für die ganze Nationalparkregion. Ich bin sicher, es wird uns gelingen, für die Region der Sächsischen Schweiz auch ein Verkehrsleitbild zu entwickeln, und dies nicht nur für die Ablage. Meine Empfehlung kann daher nur sein, selbiges auch für den Bayerischen Wald zu initiieren. Lassen Sie mich dazu noch einige Zahlen nennen: Der Bayerische Wald zieht jährlich etwa 1,5 Millionen Besucher in seinen Bann. Allein in der Sächsischen Schweiz sind im vergangenen Jahr etwa 1,8 Millionen Übernachtungen gezählt worden, dazu kommen noch einmal zirka 15 Millionen Tagesausflügler aus dem Großraum Dresden. Vordringlich ist bei diesen Zahlen eine enge Zusammenarbeit mit allen Verkehrsträgern zu berücksichtigen. Ich nenne in diesem Zusammenhang nur die Nationalparkverwaltung, den Landkreis, die Politik, den regionalen Tourismusverband, die Deutsche Bahn AG sowie öffentliche und private Verkehrsträger. Dem Anliegen der SPD in dem uns vorliegenden Antrag können wir durchaus zustimmen, nur geht der Weg zum Ziel leider am Thema vorbei. Ich wünsche mir, daß wir nicht einfach aus durchsichtigen parteitaktischen Gründen - Stichwort Kommunalwahlkampf in Bayern - den Bayerischen Wald als Förderprojekt heraussuchen, sondern statt dessen eine Synopse aller elf deutschen Nationalparke anfertigen lassen. Dies müßte nach vorher zu bestimmenden Kriterien geschehen. Ich nenne nur Verkehrsintensität des Nah- und Fernverkehrs, des ruhenden und fließenden Verkehrs, die Tagesbesucher, Investitionen und die Fremdenverkehrsintensität. Erst dann sollte ein Projekt ausgewählt werden, bei dem pilotartig eine Umsetzung gemeinsam mit dem zuständigen Bundesland erfolgen sollte. Auch könnte ein fraktionsübergreifender Gesprächskreis mit denjenigen Kolleginnen und Kollegen gegründet werden, die einen Nationalpark in ihrem Wahlkreis haben. Ich bin der festen Überzeugung, gerade die Entwicklung und Situation im Bayerischen Wald wird bei einem Vergleich mit den im SPD-Antrag genannten Punkten sehr gut abschneiden, zumal die meisten genannten Eckpunkte von der Bayerischen Staatsregierung längst aufgegriffen worden sind. So gibt es von Landesseite längst Verkehrskonzepte, die bereits als Pilotprojekte laufen. Stellvertretend nenne ich den seit 1992 laufenden Praxisversuch auf der für den Individualverkehr gesperrten Strecke von Finsterau nach Bucina in der Tschechischen Republik mit einem Elektrobussystem, der auf große Resonanz gestoßen ist. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, ein neues Förderprojekt des Bundesumweltministeriums für den modellhaften Einsatz von gasbetriebenen Fahrzeugen in dieser sensiblen Region einzusetzen. Lassen Sie mich zum Abschluß noch einen Satz sagen: Ich glaube nicht, daß die Bayerische Staatsregierung und die bayerischen Kommunalpolitiker in irgendeiner Weise einen Nachhilfeunterricht auf diesem Gebiet aus Bonn benötigen. Nein, ganz im Gegenteil: Bayern ist in der Entwicklung seiner beiden Nationalparke modellhaft, sicherlich in seiner Qualität weiter ausbaubar, aber, ich denke, nicht unbedingt mit einem neuen Bundesprojekt, wie Sie das von SPD-Seite fordern. Dr. Olaf Feldmann (F.D.P.): Der Verkehr ist der Knackpunkt aller Bemühungen um einen umweltverträglichen Tourismus. Aber ohne Mobilität gibt es keinen Tourismus. Über die Hälfte des Individualverkehrs ist freizeitbedingt. Umweltverträgliches Mobilitätsmanagement ist daher immer wichtiger. Wir müssen verhindern, daß Tourismus das zerstört, was die Touristen suchen: Eine intakte Natur, Ruhe und Erholung. Es gibt in Deutschland gute Ansätze und Projekte zur Verkehrsreduzierung in Fremdenverkehrsregionen - vom autofreien Oberstdorf bis hin zum beschränkten Zugang auf den Belchen im Südschwarzwald. Gerade beim Belchen zeigt sich, welch erfreuliche Ergebnisse eine flexible Verkehrslenkung haben kann: Die Attraktivität des Ausflugszieles Belchen konnte im gleichen Maße gesteigert werden, wie die Umweltbelastung durch den Autoverkehr zurückging. Das alles ist im wesentlichen in regionaler Verantwortung, auf kommunaler oder Kreisebene organisiert und finanziert worden. Dorthin gehört auch Ihr Antrag: auf die kommunale, regionale und Landesebene. Auch unter dem Mäntelchen des Modellversuchs ist dies keine Bundesangelegenheit. Dies ist ein rein regionales Vorhaben. Sonst könnte ich genauso gut einen Antrag einbringen, in dem ein Modellversuch für den angedachten Nationalpark Nordschwarzwald gefordert wird. Ihr Antrag ist eine Attacke auf die Bundeskasse. Die von Ihnen angemahnten Fernbahnverbindungen nach München und Berlin sind Sache der privatisierten Deutschen Bahn. Sowohl die regionalen Verkehrsverbindungen als auch die Nationalparkentwicklung sind Ländersache: Es ist Sache des Freistaates Bayern, und es ist eine Angelegenheit der betroffenen Kommunen. Seit der Regionalisierung des DB-Nahverkehrs hat der Bund nichts mehr mit den von ihnen vorgeschlagenen Maßnahmen zu tun. Die SPD hat doch selbst der Bahnreform zugestimmt, und damit der Regionalisierung des ÖPNV. Dafür erhielten Länder und Kommunen auch die notwendigen finanziellen Mittel. Bahnstrecken wie ZwieselGrafenau, Jandelsbrunn-Haidmühle oder Gotteszell-Viechtach sind wahrhaft keine Bundessache. Wir begrüßen grenzüberschreitende Kooperation zur Entwicklung von Fremdenverkehr und Umweltschutz. Aber das macht die Sache nicht zu einer Bundesangelegenheit. Regionale Kooperation über Grenzen hinweg ist auch ohne Mitwirkung des Bundes möglich. Wir begrüßen die Erweiterung des Nationalparkes Bayerischer Wald durch die dafür allein zuständige Bayerische Staatsregierung. Der Nationalpark hat in den vergangenen Jahren zu einer signifikanten Steigerung des Tourismus in der Urlaubsregion Bayerischer Wald geführt. Während in den vergangenen zwanzig Jahren die Neigung zurückging, Urlaub in Deutschland zu verbringen, hat der Tourismus in den Bayerischen Wald deutlich zugenommen. Aber: Bei aller Freude über den Schub, den der Nationalpark Bayerischer Wald für die Entwicklung des Tourismus gebracht hat, dürfen wir nicht vergessen: Vordringliche Aufgabe des Nationalparks ist nicht die touristische Attraktivität. Vielmehr geht es um den Erhalt von Natur und Landschaft. Nach dem Naturschutzgesetz sind Nationalparks nur für die Allgemeinheit zugänglich, so weit es der Schutzzweck erlaubt. Die Intention des Antrages, zu einer ökologisch verträglichen Regulierung der Besucherströme zu kommen, ist begrüßenswert. Aber ihre Attacken gegen die freie Marktwirtschaft reiten wir nicht mit. Es geht doch gerade darum, die bewährten Elemente der Marktwirtschaft zur Entwicklung eines umweltgerechten Tourismus einzusetzen. Wir müssen zu einer ökologisch orientierten Marktwirtschaft auch im Bereich des Fremdenverkehrs kommen. Der Antrag der SPD läuft letztlich auf eine Verkehrserschließung des Bayerischen Waldes auf Bundeskosten hinaus. Das ist ein Stück aus dem bayerischen Kommunalwahlkampf. Die F.D.P. steht Ihrem Antrag ablehnend gegenüber. Wir stimmen der Überweisung in den Ausschuß zu, obwohl er eigentlich in den Bayerischen Landtag gehört. Halo Saibold (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der heute vorliegende Antrag zur Förderung eines Modellprojekts für Umwelt und Verkehr im Tourismus wird von meiner Fraktion ausdrücklich begrüßt. Dies hat nichts damit zu tun, daß ich aus dieser Region komme, sondern damit, daß es sich hier um ein sehr lohnendes und gleichzeitig beispielhaftes Projekt handelt. Es entspricht den Interessen sowohl der Tourismuswirtschaft als auch der einheimischen Bevölkerung und dient gleichzeitig der Umweltverbesserung. Erstens. Die gewünschten Besucherinnen und Besucher könnten in Zukunft bequem anreisen und ihren Aufenthalt ohne eigenes Auto abwechslungsreich gestalten, das heißt ohne große Lärm- und Abgasprobleme zu verursachen. Zweitens. Die Bevölkerung sowie die gesamte Wirtschaft profitieren ebenfalls vom verbesserten Verkehrsangebot. Drittens. Die gesamten Verkehrsprobleme werden weit über die ganze Nationalpark-Region positiv beeinflußt bis hin zur Stadt Passau, die auf Grund ihrer speziellen Lage im Verkehr erstickt. Viertens. All die bekannten ökologischen Probleme - von der Klimaproblematik bis zum Waldsterben - würden um ein Quentchen verringert. Dieser Effekt würde sich bei vermehrter Nachahmung beachtlich erhöhen. Darüber hinaus trägt die Verwirklichung dieses Antrags zur Verbesserung der politischen Atmosphäre zwischen Tschechien und der Bundesrepublik bei. Gerade hier ist jeder Baustein zu einer besseren Beziehung wünschenswert. Ich bin sicher, daß dieses Projekt auch von der tschechischen Seite sehr begrüßt wird. Es würde nämlich gleichzeitig eine Verbesserung der dortigen noch bis zur Grenze vorhandenen Schienenstrecken ermöglichen. Außerdem gibt es noch eine gute Möglichkeit zur Völkerverständigung beizutragen, und zwar, wenn der Bahnhof in Bayerisch-Eisenstein, der durch den bisherigen Grenzverlauf zweigeteilt war, mit einbezogen würde. Der Verein „Nationalpark-Region Donau-Moldau" hat ein Konzept erarbeitet, wonach gerade dieses Bahnhofsgebäude zu einem Informations- und Reisezentrum umgestaltet werden soll. Dadurch würde die ganze Region zusätzlich gewinnen und einen interessanten Treffpunkt erhalten. Da die Bundesbahn in letzter Zeit davon spricht, die Bahnhöfe zu „Erlebnis-Service-Center" auszubauen, sollte sie mit einbezogen werden, um zu zeigen, was sie kann und daß sie in der Lage ist, zukunftsorientiert auch in der Fläche an der Ostgrenze zu handeln. Ein Modellprojekt, wie hier vorgeschlagen, ist längst überfällig. Gerade die Tatsache, daß es sich beim Nationalpark Bayerischer Wald um den ältesten und besten deutschen Nationalpark handelt, der auf Grund seiner Grenzlage sehr unter der jahrelangen schlechten Erschließung durch öffentlichen Verkehr gelitten hat, prädestiniert ihn für dieses Projekt. Die einzigartige Chance, durch das anschließende Nationalparkgebiet „Sumava" das größte zusammenhängende Waldgebiet Europas ökologisch sinnvoll mittels eines flächendeckenden Verkehrsnetzes auszugestalten, muß genutzt werden. Sicher melden sich auch viele andere Bewerberregionen, aber wir sollten mit gutem Beispiel vorangehen und Kooperation statt Konkurrenz bevorzugen. Ich hoffe sehr, daß die begonnene gute Zusammenarbeit im Ausschuß dazu führen wird, hier einen interfraktionellen Antrag zu verabschieden. Damit ist dann auch die beste Gewähr gegeben, daß zum Beispiel der Nationalpark Sächsische Schweiz, der ja ebenfalls um den tschechischen Teil erweitert werden soll, vielleicht als erster von den Erfahrungen dieses Modellprojekts profitiert. Dagmar Enkelmann (PDS): „Der Deutschen liebstes Kind" ist inzwischen überwiegend in der Freizeit unterwegs - vom notwendigen Übel für berufsbedingte Mobilität wird es immer mehr auch als Hobby unentbehrlich. Auf einen Kilometer Arbeitsweg kommen mittlerweile zwei Kilometer Fahrten ins Blaue, zu Verwandtenbesuchen, sportlichen und kulturellen Aktivitäten. Schlimmer noch: - Gerade bei Jugendlichen wächst eine Art von Rastlosigkeit, wächst die Angst, irgend etwas zu verpassen, Sie werden getrieben von Erlebnishunger der immer weiter weg gestillt werden müßte. „Hauptsache raus und weg" - so beschreiben viele Jugendliche den Drang in die Ferne. In der Bundesrepublik werden fast 80 Prozent der Urlaubsreisen mit dem PKW oder dem Wohnmobil unternommen. Für Freizeit und Urlaub sucht man kaum noch die nähere Umgebung auf. Angesichts von drohender Klimakatastrophe, wachsendem Verkehrsaufkommen und Horrorszenen auf Autobahnen zu Ferienbeginn und -ende sollte an das alte Wort erinnert werden: Warum in die Ferne schweifen, sieh das Gute liegt so nah! Dem entspricht der vorliegende Antrag der SPD. Wichtig ist allerdings, sicherzustellen, daß das geforderte Modellprojekt nicht an den Schreibtischen der Bundesregierung, sondern gemeinsam mit der Region entwickelt wird. Denkbar wäre auch, ein Modellprojekt grenzüberschreitend zu fordern. So existieren auf tschechischer Seite Vorstellungen, die Touristen mit der dort gut ausgebauten Bahn in die Nationalparkregion zu bringen. An attraktiven Routen, wie etwa entlang der Moldau, sollen spezielle Touristen-Züge „Bahnwanderungen" von Station zu Station ermöglichen. Ähnliche Angebote von deutscher Seite könnten möglicherweise dann zu attraktiven Alternativen auch zu jugendlichem Autowahn werden. Dr. Heinrich L. Kolb, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Der Antrag enthält zweifelsohne wichtige Anliegen, die für den Bayerischen Wald von großer Bedeutung sind. Er richtet sich meines Erachtens aber an die falsche Adresse, da die angesprochenen Probleme vorrangig von der Region gelöst werden müssen. Auf Bundesebene ein Modellprojekt für den Bayerischen Wald zu entwickeln halte ich nicht für möglich. Das Bundesverkehrsministerium hat zwischen 1993 und 1995 mehrere Projekte gefördert, mit denen tourismus- und umweltbezogene Verkehrskonzeptionen entwickelt wurden. Ich nenne das für den Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft oder die Region im Landkreis Miesbach, Tegernsee, Schliersee, Spitzingsee, Skigebiet Sudelfeld. Zum grenzüberschreitenden Verkehr wurde das Projekt „Grenzüberschreitender öffentlicher Personennahverkehr unter den Bedingungen der Regionalisierung" vergeben. Abgesehen davon, daß ein neues Projekt Zeit und Geld kosten würde, sollten vorliegende Erkenntnisse und Erfahrungen aus den bereits durchgeführten Projekten genutzt werden. Das hat auch den Vorteil, daß schneller Ansatzpunkte für Lösungen zur Verfügung stehen als bei einem neuen Projekt. Bezüglich der angesprochenen Erweiterung des Nationalparks Bayerischer Wald und den damit verbundenen Verkehrsproblemen sind die Bayerische Staatsregierung sowie die beteiligten Landkreise, Kommunen und Fremdenverkehrsverbände vor Ort gefordert. Mit der Regionalisierung des Schienenpersonennahverkehrs ab 1. Januar 1996 im Zuge der Bahnreform wurden gerade den Beteiligten vor Ort die Kompetenzen und die finanziellen Mittel für die Lösung der regionalen Verkehrsprobleme gegeben. Die Länder sind nun für den gesamten öffentlichen Personennahverkehr auf Schiene und Straße zuständig. Sie haben jetzt die Möglichkeit, den gesamten ÖPNV neu zu regeln und aufeinander abzustimmen. Das Angebot wird dadurch wirtschaftlicher, leistungsfähiger und bedarfsnäher. Nach dem Gesetz zur Regionalisierung des öffentlichen Personennahverkehrs erhalten die Länder dafür eine zweckgebundene und dynamisierte Finanzausstattung, nämlich 1996 8,7 Milliarden DM und 1997 12 Milliarden DM. Darüber hinaus stehen den Ländern Mittel des Bundes nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz zur Verfügung. Die Länder können diese Mittel zum Ausgleich von Betriebskostendefiziten oder auch für Investitionen einsetzen. Nach der Strukturreform entscheidet die Deutsche Bahn AG in eigener Verantwortung über ihr Angebot. Mit ihrem Tourismuskonzept ist sie bemüht, mehr touristischen Verkehr auf die Schiene zu verlagern. Die Bundesregierung begrüßt diese Anstrengungen unter ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten. Die Bundesregierung würde es auch begrüßen, wenn die Länder, Regionen und Kommunen das Angebot der DB AG zur Zusammenarbeit bei der Vermarktung der Urlaubsgebiete noch stärker nutzen würden. In Österreich und in der Schweiz hat das Angebot vergleichsweise stärkere Resonanz als in Deutschland gefunden. Die Partner in der Region, die die Probleme vor Ort viel besser kennen als der Bund, müssen verhandeln, damit für die Region ein bedarfsgerechtes Angebot entwickelt wird. Die Bundesregierung kann im Rahmen ihrer Möglichkeiten und Zuständigkeiten die Bemühungen der regional Verantwortlichen um umweltverträgliche und sachgerechte Verkehrskonzepte nur unterstützen. Ich bin überzeugt, daß die DB AG bei ausreichender Nachfrage bereit sein wird, ihr Fernverkehrsangebot in den Bayerischen Wald anzupassen. Aber ich wiederhole, hierüber hat die Bahn in eigener Verantwortung zu entscheiden. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 16 (Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der EG-Rahmenrichtlinie Arbeitsschutz und weitere Arbeitsschutz-Richtlinien) Dr. Peter Ramsauer (CDU/CSU): Der nunmehr vorliegende Entwurf eines Arbeitsschutzgesetzes unterscheidet sich erheblich von seinem aufgeblasenen Vorgänger, den wir vor zwei Jahren totverhandelt und im parlamentarischen Grab der Diskontinuität versenkt haben. Er ist jetzt wesentlich schlanker, übersichtlicher, von vieler Last befreit und entschlackt. Vor allem handelt es sich jetzt eher um eine wirkliche 1 : 1-Umsetzung der europäischen Rahmenrichtlinie. Im einzelnen werden wir dies noch einmal durchprüfen. Der Entwurf ist nunmehr gut verhandlungsfähig, und deshalb sollten wir uns nun auch an die zügige Umsetzung der europäischen Richtlinie machen. Dies allerdings vollkommen ohne Zeitdruck, um nicht zu sachfremden Lösungen zu kommen. Das ständige Drohen mit einem europäischen Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland beeindruckt mich dabei überhaupt nicht. Trotz dieses grundsätzlich positiven Anfangsbefundes muß noch über einiges genau geredet werden. Dazu gehört für mich folgendes: Erstens. Wir müssen uns noch einmal genauestens die Dokumentationspflichten ansehen, denen die Arbeitgeber unterworfen werden. Wenn wir in der allgemeinen Diskussion um die Entlastung der Wirtschaft und der Arbeitsplätze von Deregulierung und Entbürokratisierung reden, dürfen wir nicht das Gegenteil tun und wieder neue bürokratische Belastungen in Form überzogener Dokumentationspflichten auferlegen. Zweitens. Gerade in diesem, aber auch in anderen Zusammenhängen im Entwurfstext müssen wir eindeutige Regelungen im Interesse kleiner und mittlerer Unternehmen treffen. Dies besonders im Hinblick darauf, daß wir es Existenzgründern erleichtern wollen, ihre Betriebe aufzubauen. Die Grenze von 10 Arbeitnehmern erscheint mir in diesem Zusammenhang noch etwas zu niedrig gegriffen. Drittens. Ein besonderer Dorn im Auge sind mir immer noch die zu umfangreichen Verordnungsermächtigungen. Meines Erachtens würde die Ermächtigung im § 19 des Entwurfs vollkommen ausreichen, denn damit können Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft in nationales Recht umgesetzt werden. Am § 18 schreckt mich, daß es sich hier um eine allgemeine Ermächtigungsvorschrift für das BMA handelt, die durch das Wort „insbesondere" noch beliebig ausgeweitet werden kann. Als Beispiel möchte ich nur die Ziffer 5 herausgreifen, die dazu ermächtigt, besondere zusätzliche Ausschüsse vorzuschreiben. Als ob es in unseren Unternehmen nicht ohnehin schon genügend Vorschriften für Einrichtungen gäbe, die mit der Produktion nichts oder kaum mehr etwas zu tun haben. Viertens. Sehr sorgfältig müssen wir uns auch noch einmal die Durchführungsbestimmungen ansehen, die einen erheblichen Bürokratismus offenbaren, der zwischen BMA, dem Bundesinnenministerium, einer „Zentralstelle für Arbeitsschutz" beim BMI und schließlich einer „Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung" usw. besteht. Gemäß unseren hehren Grundsätzen der Verwaltungsvereinfachung müssen wir hier nochmals eine sehr strenge Meßlatte anbringen. Finanzminister Waigel hat erst gestern angekündigt, in den nächsten 10 Jahren 7 000 Bundesbedienstete zusätzlich zur jährlichen 1prozentigen Reduzierung abzubauen. Der jetzige Entwurf scheint dazu nicht geeignet. Fünftens. Ein besonderes Ärgernis sind nach wie vor die vollkommen ungenauen Kostenschätzungen in der Begründung des Gesetzentwurfs. Folgende Formulierungen sind beispielsweise gänzlich inakzeptabel: „Der Aufwand, der bei Bund, Ländern und Gemeinden ... entsteht, läßt sich nicht schätzen", oder: „Der Aufwand, der den Ländern nach dem Vollzug des Gesetzes entsteht, läßt sich auch nicht konkret darstellen", oder: „Eine nennenswerte zusätzliche Kostenbelastung für die Wirtschaft ist nicht zu erwarten", oder: „Im Verhältnis zu den Gesamtkosten werden die privaten Unternehmen nur in geringem Umfang belastet." Diesen Kostennebel habe ich bereits vor zwei Jahren kritisiert, und ich kritisiere ihn nach wie vor. Nach wie vor wird sozusagen die Katze im Sack gekauft, denn die Kosten können nicht geschätzt werden bzw. es steht lediglich fest, daß sich die Kosten erhöhen. Ich halte es in diesem Parlament mit dem Grundsatz, daß ich keinem Gesetz zustimme, welches für öffentliche Kassen oder private Unternehmen zu Kostenmehrungen führt bzw. zu neuen Aufgaben bei der öffentlichen Hand und damit zu Personalaufblähungen. Dies ist exakt das Gegenteil unserer erklärten Politik. Insofern schaut zwischen vielen Zeilen des Gesetzentwurfs der gute alte Parkinson heraus. Ich bleibe dabei: Das Gesetz darf zu keinen Personal- und Kostenaufblähungen führen, weder bei der öffentlichen noch bei der privaten Hand. Sechstens. Eine wesentliche Bedingung für eine Verabschiedung des Gesetzes ist für mich neben all dem die Vorlage aller Entwürfe für die Verordnungen, mit denen die europäischen Einzelrichtlinien zur Rahmenrichtlinie in deutsches Recht umgesetzt werden sollen. Die Erfahrungen aus der Zeit von vor zwei Jahren machen mich hier äußerst mißtrauisch. Die vollkommen praxisfremden Regelungen, die hier etwa in der Baustellenrichtlinie, der Bildschirmrichtlinie oder der berühmten Lastenhandhabungsverordnung gestanden haben, wirken immer noch nach. Was in den Verordnungen stehen soll, möchte ich als Gesetzgeber vorher wissen, da ich nach Erlaß eines Gesetzes mit entsprechender Verordnungsermächtigung keinen Einfluß mehr auf eine solche Verordnung habe. Der eventuelle Unfug in einer solchen Verordnung wird aber uns Politikern von den Betroffenen zum Vorwurf gemacht. Diese Anmerkungen sollen nicht als Fundamentalkritik gewertet werden. lch möchte damit lediglich aufzeigen, wo der Schuh noch drückt, um einen zügigen Ablauf des nun anstehenden parlamentarischen Verfahrens zu gewährleisten. Konrad Gilges, (SPD): Es ist schon ein Trauerspiel, was die Bundesregierung und die sie tragenden Parteien CDU/CSU und F.D.P. mit dem Unfall- und Arbeitsschutz veranstalten. Der Gesundheitsschutz basiert bis in die Gegenwart auf der Gewerbeordnung aus dem Jahr 1869. Sie waren nicht in der Lage, in den 13 Jahren ihrer Regierungszeit eine Unfall- und Arbeitsschutzgesetzgebung vorzulegen, die den modernen Erfordernissen entspricht. Wenn Sie in die uns vorgelegte Unfallstatistik hineinsehen, werden Sie leicht erkennen, daß nach wie vor zu viele Menschen am Arbeitsplatz zu Tode kommen bzw. schwere Verletzungen mit dauerhaften Schäden in Kauf nehmen müssen, weil es keinen ausreichenden Unfallschutz am Arbeitsplatz gibt. Aber nicht nur der Unfallschutz hat große Mängel, sondern auch der Schutz vor arbeitsbedingten Erkrankungen. Immer noch zu viele Menschen kommen mit Arbeitsstoffen in Berührung, die sie dauerhaft schädigen. Und angesichts der dramatischen Massenarbeitslosigkeit werden immer mehr Arbeitnehmer aus Angst um ihren Arbeitsplatz nicht auf Gesundheitsgefährdungen hinweisen und schwere Verletzungen in Kauf nehmen. Die konkreten Zahlen aus dem Unfallverhütungsbericht Arbeit von 1993 geben ein erschreckendes Bild ab: Danach gab es über 2 Millionen angezeigte Unfälle im Zusammenhang mit Arbeit, über 1 300 tödliche Unfälle am Arbeitsplatz, über 108 000 Anzeigen auf Verdacht einer Berufskrankheit und über 18 000 anerkannte Fälle von Berufskrankheiten. Die Europäische Union fordert die Bundesregierung gemäß ihrer 1989 beschlossenen Richtlinie schon seit längerem auf, ein Gesetz zur Sicherung des Arbeitsschutzes zu erlassen. Der Bundesregierung wurde für die Umsetzung dieser Richtlinie eine Zeitspanne bis 1992 gesetzt. Diese Zeitspanne ist mittlerweile schon weit überschritten. Deswegen haben viele Organisationen, u. a. der DGB, den Europäischen Gerichtshof aufgefordert, die Bundesregierung zu verklagen. Zeitweilig waren wegen Verstößen gegen die EG-Vereinbarungen acht Verfahren auf europäischer Ebene gegen die Bundesrepublik anhängig. Die Bundesregierung ist nur mit Not der Klage vor dem Europäischen Gerichtshof wegen ihres Nichtstuns entgangen. Nach Ansicht des EUSozialkommissars Flynn befand sich die Bundesrepublik bei der Umsetzung der Arbeitsschutzrichtlinien in der allerletzten Reihe der Mitgliedstaaten. Die Bundesrepublik war und ist ein „Entwicklungsland des Arbeitsschutzes". Nun legen Sie uns das Gesetz zur Umsetzung der EG-Rahmenrichtlinie „Arbeitsschutz" vor. Dieses Gesetz ist ohne Zweifel das minimale an gesetzgeberischer Aktivität, was man von der Bundesregierung erwarten kann. Es gilt in diesem Zusammenhang daran zu erinnern, daß eine grundlegende Gesetzesreform zum Arbeitsschutz, die im Einigungsvertrag als Aufgabe des gesamtdeutschen Gesetzgebers formuliert wurde, in der 12. Legislaturperiode an der F.D.P. gescheitert ist. Herr Blüm war nicht in der Lage, sich gegen die Klientelinteressen der F.D.P. durchzusetzen. In der 13. Legislaturperiode haben Sie dann ein Stückwerk aus dem Reformvorhaben der 12. Periode vorgelegt, das Unfallversicherungseinordnungsgesetz. Nun also ein zweiter Teil, die Umsetzung der EG-Richtlinie. Der Arbeitsschutz wird in der Bundesrepublik unverändert im Stückwerk umgesetzt - zum Schaden der Arbeitnehmer, was, wie ein EG-Dokument feststellt, dazu führt, daß „Arbeitsunfälle noch immer erhebliche Verluste in menschlicher und wirtschaftlicher Hinsicht" verursachen. Auch der Bundesrat hat heftige Kritik an dieser neuesten Vorlage der Bundesregierung geübt und sie mit einem überwältigenden Votum von 16 :0 Stimmen für völlig unzureichend erklärt. Ein zentraler Kritikpunkt ist, daß „die Anwendung des vorliegenden Gesetzentwurfes auch zukünftig unterschiedliches Recht in den alten und neuen Bundesländern zur Folge" hätte. Dem habe ich nichts hinzuzufügen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat uns gebeten, sich mit dieser Mini-Reform der EG-Rahmenrichtlinie positiv auseinanderzusetzen. Aus einem Schreiben der Stellvertretenden DGB-Vorsitzenden Ursula Engelen-Kefer an die hessische Arbeitsministerin Stolterfoht vom 7. Februar 1996 geht eindeutig hervor, daß die Umsetzung des EG-Arbeitsschutzrechts für den DGB von oberster arbeitsschutzpolitischer Priorität ist. Wir werden dies im laufenden Verfahren im Ausschuß berücksichtigen. Dr. Gisela Babel (F.D.P.) Das heute hier zu behandelnde Arbeitsschutzgesetz ist aus liberaler Sicht ein gelungenes Beispiel für erfolgreiche Deregulierung - gemessen jedenfalls an dem Vorentwurf aus der zurückliegenden Wahlperiode. Zur Erinnerung: Ende der 80er Jahre verabschiedete die EU-Kommission eine Rahmenrichtlinie zum Arbeitsschutz, eine Richtlinie übrigens, die in Umfang und Inhalt dem Grundsatz der Subsidiarität nach heutigen Maßstäben nicht standhält. Vielmehr verdeutlicht sie exemplarisch die Regulierungswut der Europäischen Kommission zum Ende der 80er Jahre. In der zurückliegenden Wahlperiode hatte die Bundesregierung den Entwurf eines Arbeitsschutzrahmengesetzes zur Umsetzung dieser Richtlinie vorgelegt, einen Gesetzentwurf, der große wie kleine Unternehmen vor nahezu unlösbare Probleme gestellt hätte. Sie erwartete bei Verabschiedung dieses Gesetzentwurfes eine Bürokratisierung der Arbeitsabläufe, kaum erfüllbare Beurteilungs-, Dokumentations- und Archivierungspflichten sowie neue Arbeitsschutzgremien in den Betrieben. Auf Initiative der F.D.P. wurde dieser Gesetzentwurf nach langen und schwierigen Verhandlungen gestoppt. Er hätte den Arbeitsschutz nicht verbessert, sondern allenfalls bürokratisiert - zum Schaden der Unternehmen, ohne Nutzen für die Arbeitnehmer. Ich sehe daher mit Freude und auch etwas Genugtuung, daß die Bundesregierung uns jetzt einen wesentlich vereinfachten, verschlankten und entbürokratisierten Gesetzentwurf zur Umsetzung der EURichtlinie vorgelegt hat. Die Beurteilungs- und Dokumentationspflichten des Arbeitgebers sind auf ein angemessenes Maß zurückgeführt worden. Für kleine Betriebe, die weniger als zehn Arbeitnehmer beschäftigen, ist ein hohes Maß an Flexibilität gewährleistet. Sie werden von Dokumentations- und Archivierungspflichten nur dann betroffen sein, wenn die Arbeit in diesen Unternehmen besonders gefährlich ist. Unterschiedliche Arbeitsschutzpflichten, die sich am Gefährdungspotential eines Betriebes ausrichten, sind Ausfluß des Subsidiaritätsgedankens, der dem deutschen Arbeitsschutzrecht seit jeher zugrunde liegt. Auf die Einsetzung neuer bürokratischer Arbeitsschutzgremien in den Betrieben wird verzichtet. Auch der Umfang des Gesetzentwurfes ist erfreulich. Er ist gegenüber seinem Vorgänger wenigstens um die Hälfte geschrumpft. Ich möchte an dieser Stelle kein Mißverständnis aufkommen lassen. Es geht der F.D.P. nicht darum, den Arbeitsschutz soweit wie möglich zu reduzieren. Ich bin aber davon überzeugt, daß der neue Entwurf dem Arbeitsschutz zugunsten der Arbeitnehmer mehr nutzt als das Arbeitsschutzrahmengesetz aus der zurückliegenden Wahlperiode. Dem Arbeitgeber werden nämlich keine unerfüllbaren Auflagen mehr gemacht, die er in der Folge sowieso nicht erfüllt. Der Entwurf ist vielmehr in weiten Teilen praxisorientiert und weist dem Arbeitgeber einen richtigen Weg zu einem effizienteren Arbeitsschutz. Und darum geht es der F.D.P. Wir wollen im Bereich des Arbeitsschutzes nicht mehr, sondern vor allem bessere Regeln. Wir wollen nicht den Arbeitsschutz auf dem Papier immer weiter reglementieren und perfektionieren, sondern seine Umsetzung in der Praxis fördern und verstärken. Expertenanhörungen haben eindeutig belegt: Das Arbeitsschutzniveau in Deutschland ist im europäischen Vergleich sehr hoch - überboten wohl nur von einigen skandinavischen Ländern. Woran es vielfach fehlt, ist die konkrete Umsetzung vor Ort am Arbeitsplatz. Hier müssen wir mehr tun. Auch wenn über einzelne Punkte noch zu reden sein wird, leistet der vorliegende Gesetzentwurf hierzu einen brauchbaren Beitrag. Annelie Buntenbach (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das europäische Arbeitsschutzrecht bietet uns die Chance, unser bundesdeutsches Recht im Interesse von zeitgemäßem und umfassendem Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung im Betrieb neu zu systematisieren. Diese Chance dürfen wir nicht verspielen. Dem wird der Gesetzentwurf, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, den Sie uns heute vorlegen, überhaupt nicht gerecht. Er ist - im wahrsten Sinne des Wortes - ausgesprochen dürr. Mit der Gestaltung eines zeitgemäßen Arbeitsschutzes hat das nichts zu tun, Sie entledigen sich damit der lästigen Pflicht, die EG-Rahmenrichtlinie endlich in nationales Recht umzusetzen, und das nicht einmal vollständig. Der Arbeitsschutz in der Bundesrepublik Deutschland bleibt damit weiterhin unsystematisch und zerrupft - ein Teil im Sozialgesetzbuch VII, ein Teil hier, und dann bleiben eine Reihe übler, anachronistischer Vorschriften weiter in Geltung. In der Gewerbeordnung von 1869 zum Beispiel steht, daß der Arbeitgeber Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer nur so weit zu schützen braucht, „wie es die Natur des Betriebes gestattet". An dieser Unverschämtheit, die die Gesundheit des Menschen den Interessen des Betriebes glatt unterordnet, wollen Sie nichts ändern. In der vorigen Legislaturperiode waren Sie mit dem Entwurf zum Arbeitsschutzrahmengesetz schon einmal weiter. Aber dieser Gesetzentwurf der Koalition ist 1994 an den Querelen und Lobbyisten des Manchester-Liberalismus in der Koalition gescheitert, und jetzt verweigern Sie der Arbeitsschutzpolitik die dringend nötige konstruktive Gestaltung, weil Sie sich nicht noch einmal blamieren wollen. Aber dieses Koalitionshickhack geht auf Kosten der Beschäftigten, die das Recht auf den Schutz ihrer Gesundheit haben. Hier ist politische Gestaltung längst überfällig, auch der deutsche Einigungsvertrag verpflichtet uns in Art. 30 zu einer „zeitgemäßen Gestaltung des öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzes". Wo ist in Ihrem Entwurf ein ganzheitliches Gesundheitsverständnis zu finden, wo die praktische Umsetzung des Präventionsgedankens? Wo sind die Beteiligungsrechte für die Beschäftigten, die Demokratisierung in den Betrieben, ohne die ein effektiver und zeitgemäßer Arbeitsschutz überhaupt nicht denkbar ist? Nur, wenn die Beschäftigten von Anfang beteiligt werden, wenn sie die Chance haben, sich an der Veränderung krank machender Arbeitsbedingungen selbst zu beteiligen, kann sich in den Betrieben etwas bewegen. Gesundheitszirkel, wie es sie inzwischen in einer Reihe von Betrieben gibt - auf Initiative des Betriebsrats oder auch in Kooperation mit Krankenkassen -, sind ausgezeichnete Ansätze, die Sie mit Ihrem Entwurf komplett ignorieren. Immer wieder thematisieren Sie, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, die Krankenstände in den Betrieben, aber im Kopf haben Sie nur, daß Sie den Kranken die Lohnfortzahlung kürzen wollen. Hier, wo wirklich mit Prävention, Gesundheitsförderung, Arbeitsschutz effektiv etwas gegen Krankheit durch Arbeit unternommen werden kann und muß, verweigern Sie sich. Wir wissen alle, daß der Streß auf der Arbeit für diejenigen, die noch Arbeit haben, in den letzten Jahren immens zugenommen hat und daß die Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren, die Beschäftigten dazu treibt, auch Arbeitsbedingungen in Kauf zu nehmen, die ihrer Gesundheit Schaden zufügen. Gerade jetzt ist deshalb eine vernünftige Gestaltung von Arbeitsschutz dringend nötig. Manfred Müller (Berlin) (PDS): Unabhängig davon, daß der vorliegende Entwurf gegenüber dem jetzigen Rechts- beziehungsweise Unrechtszustand ein Fortschritt ist, lassen sich zu ihm eigentlich nur drei Dinge sagen: Erstens. Das Gesetzgebungsverfahren ist peinlich. Zweitens. Der Inhalt des Entwurfs ist dürftig. Drittens. Die Begründung ist beschämend. Peinlich ist es, daß ein Land wie die Bundesrepublik, das ganz Europa mit den Maastrichter Konvergenzkriterien vor sich hertreibt, in der Finanzpolitik den Musterschüler spielt, da, wo es um die Menschen geht, nicht einmal seine Hausaufgaben macht. Oder wie soll man es werten, daß die Bundesregierung beinhart am Stichtag der Währungsunion festhält, aber bei der Umsetzung des europäischen Arbeitsschutzes erst durch die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gezwungen werden konnte, die maßgebliche EU-Richtlinie umzusetzen? Und das auch noch mit einer Verspätung von mehr als drei Jahren. Daß mit dieser Saumseligkeit auch wieder einmal der Einigungsvertrag verletzt wurde, ist schon beinahe Nebensache. Entscheidender ist der zweite Punkt, daß Ihr Entwurf nämlich die abstrakteste und dürftigste Form aufweist, die die EU-Richtlinie gerade noch zuläßt, wobei sich in zahllosen Beispielen zeigen läßt, daß Sie nicht einmal der Richtlinie voll gerecht werden. Andere Kolleginnen und Kollegen haben bereits darauf hingewiesen, daß die Chance vertan wurde, ein umfassendes Arbeitsschutzgesetzbuch vorzulegen. Ein Gesetzbuch, das den Geist der EU-Richtlinie erst Wirklichkeit werden läßt, indem es die Prävention genauer regelt und die Arbeitgeber nicht nur zur Abwehr von Gefahren verpflichtet, sondern zur Förderung der Gesundheit am Arbeitsplatz. Hier begrüßen wir auch ausdrücklich den Gesetzesantrag des Landes Hessen. Denn während der Entwurf der Bundesregierung bei der Formulierung der „Allgemeinen Grundsätze" nicht mehr als Gefahrenabwehr im Sinne hat, geht es im hessischen Entwurf sehr viel präziser um gesundheitsgerechte Gestaltung. Wer aber wie im Entwurf der Bundesregierung nur von der möglichst geringen Einzelfallgefährdung ausgeht, der wird den komplexen Anforderungen des heutigen Arbeitslebens nicht gerecht. Wie weit die Regierung von einem Verständnis von Arbeitsschutz entfernt ist, das den Menschen in den Mittelpunkt stellt, zeigt auf beschämende Weise ihre Antragsbegründung. Da heißt es doch an erster Stelle: „Ein wirksamer betrieblicher Arbeitsschutz ist ein Beitrag zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes Deutschland." Dann folgt eine ökonomische Begründung nach der anderen - bis hin zu der Feststellung, daß Arbeitsschutz Fehltage vermindert und die Sozialversicherung entlastet. Aber nirgendwo taucht das Wohl der arbeitenden Menschen auf, um die es in diesem Gesetz eigentlich gehen soll. Im Gegensatz zum Grundgesetz scheint die vielzitierte „Sicherung des Wirtschaftsstandortes Deutschland" für diese Bundesregierung inzwischen in allen - wirklich in allen - Fragen zum Staatsziel Nummer 1 geworden zu sein. Horst Günther, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Unsere Arbeitswelt verändert sich immer schneller und mit ihr auch der Arbeitsschutz. Diesen Wandel hat unser Arbeitsschutzrecht in den letzten hundert Jahren erfolgreich gemeistert. Deutschland verfügt über eine hohe Technologieakzeptanz und ein international anerkannt hohes Arbeitsschutzniveau. Deutschland verfügt aber auch über eine Vorschriftenvielfalt im Arbeitsschutzrecht, die vielen Betrieben zunehmend Schwierigkeiten bereitet. Neue Techniken gingen immer mit neuen, speziellen Schutzvorschriften einher. Doch wir brauchen grundlegende Verhaltensvorschriften, die für alle Arbeitgeber und Beschäftigten gelten und sie veranlassen, den Arbeitsschutz künftig verstärkt selbst zu gestalten. Genau diese Philosophie liegt der europäischen Rahmenrichtlinie und ihren Einzelrichtlinien zu speziellen Sachgebieten zugrunde. Wir haben uns auf europäischer Ebene sehr für diese Richtlinie eingesetzt. Auch um unsere Betriebe durch europaweit geltende Mindestvorschriften vor Wettbewerbsnachteilen zu schützen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird die Rahmenrichtlinie nun in deutsches Recht umgesetzt. Er setzt außerdem noch eine Richtlinie zum Arbeitsschutz von Leiharbeitnehmern um und enthält darüber hinaus eine Ermächtigung an die Bundesregierung, durch Verordnungen weitere Arbeitsschutzrichtlinien umzusetzen. Der Entwurf hat die Form eines Artikelgesetzes. Bestehende Spezialgesetze zum Arbeitsschutz bleiben erhalten und werden nur, soweit europarechtlich erforderlich, in den Art. 2 bis 4 angepaßt. Art. 1 enthält ein neues Arbeitsschutzgesetz. Es kodifiziert einheitlich für alle Tätigkeitsbereiche diejenigen Regelungen der Rahmenrichtlinie, die bei uns bisher nicht oder nur ansatzweise für spezielle Gefahren oder Wirtschaftsbereiche geregelt sind. Erstmals werden alle Beschäftigten in der Privatwirtschaft, in der Landwirtschaft, bei den freien Berufen oder Kirchen, im öffentlichen Dienst, inklusive der Beamten, im Arbeitsschutz gleichbehandelt. Neu ist auch die Verankerung von Grundpflichten im betrieblichen Arbeitsschutz und ein moderner Arbeitsschutzbegriff. Er umfaßt die Verhütung von Arbeitsunfällen und von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren und schließt Maßnahmen zur menschengerechten Gestaltung der Arbeit mit ein. Das neue Arbeitsschutzgesetz übernimmt die Bestimmungen der Rahmenrichtlinie inhaltsgleich, lediglich angepaßt an die deutsche Rechtssystematik und Rechtssprache. Die Vorschriften sind allgemein und flexibel gehalten, differenzieren häufig nach Art der Tätigkeit und der Zahl der Beschäftigten, bürokratische Reglementierungen werden vermieden, den Bedürfnissen kleiner Unternehmen wird Rechnung getragen. Standardbeurteilungen für typische Gefährdungssituationen sind ebenso zulässig wie eine mehrere Arbeitsplätze oder Tätigkeiten zusammenfassende Dokumentation. Insgesamt läßt der Entwurf den Arbeitgebern einen breiten Spielraum, dem konkreten betrieblichen Gefährdungspotential angepaßte, wirksame und kostengünstige Arbeitsschutzmaßnahmen zu finden. Aber das Ziel ist klar: Alle Arbeitgeber und alle Beschäftigten sollen zu einer effektiven Prävention beitragen. Damit schaffen wir nicht nur mehr Gerechtigkeit im Arbeitsschutz, sondern auch eine Grundlage, um die Fülle von Einzelvorschriften systematisch zu durchforsten und auf ihre Notwendigkeit zu überprüfen. Wir sollten unserer europarechtlichen Verpflichtung zur Umsetzung der Arbeitsschutzrichtlinien gerne nachkommen, denn die europäischen Vorgaben entsprechen menschlicher und wirtschaftlicher Vernunft. Eine effektive Prävention erspart den Beschäftigten und ihren Familien Leid, erspart den Betrieben Kosten für Fehltage und Produktionsausfälle und der Sozialversicherung Ausgleichsleistungen in Milliardenhöhe. Wer an sinnvollen Arbeitsschutzmaßnahmen sparen will, der spart am falschen Ende. Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 17 (Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Elften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze [Pflegefachkräfte]) Peter Letzgus (CDU/CSU): Mit dem vorliegenden Antrag auf Drucksache 13/3253 soll erreicht werden, daß der Bundestag die Bundesregierung auffordert, einen Gesetzentwurf zur Grundsicherung des ÖPNV vorzulegen. Dieser Antrag ist - aus rechtlichen Gründen - abzulehnen. Die Gestaltung des ÖPNV einschließlich der Frage von Qualitätsanforderungen und Mindeststandards ist allein Aufgabe länderrechtlicher Regelungen. Mit dem Übergang der Verantwortung auch für den Schienenpersonennahverkehr vom Bund auf die Länder ab 1. Januar 1996 besteht für den Bund auch im Schienenbereich keine inhaltliche Regelungskompetenz mehr. Der ÖPNV insgesamt ist von den Ländern zur regeln. Das auf Wunsch der Länder zustandegekommene Regionalisierungsgesetz beschreibt lediglich den Rahmen der Länderregelungen und präzisiert die Finanzleistungen des Bundes an die Länder. Nach dem Regionalisierungsgesetz erhalten die Länder eine durch Gesetz gesicherte, für den ÖPNV zweckgebundene und dynamisierte Finanzausstattung: 1996 8,7 Milliarden DM, ab 1997 jährlich mindestens 12 Milliarden DM. Dieser Betrag wird ab 1998 weiter spürbar ansteigen. Im Regionalisierungsgesetz ist festgelegt, daß diese finanziellen Mittel „insbesondere" für den Schienenpersonennahverkehr zu verwenden sind, woraus abzuleiten ist, daß auch andere ÖPNV-Verwendungszwecke zulässig und denkbar sind. Der Bund hat bei der konkreten Gestaltung des ÖPNV nicht mehr mitzureden. Alle Länder - mit Ausnahme Hamburgs -, haben inzwischen die notwendigen gesetzlichen Regelungen erlassen. Adressaten der Wünsche der PDS können damit nur die Länderparlamente sein. Wir lehnen daher den vorliegenden Antrag ab. Heide Mattischeck (SPD): Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder haben die Kollegen der PDS den Sinn des Regionalisierungsgesetzes von 1993 nicht verstanden oder der vorliegende Antrag ist ein Schaufensterantrag. Es mag ja sein, daß die PDS das Regionalisierungsgesetz und das, was damit gewollt ist, ablehnt. Das ist ihr gutes Recht. Im Rahmen der Bahnreform ist das Regionalisierungsgesetz 1993 beschlossen worden - mit großer Mehrheit. In § 1 heißt es: Die Sicherstellung einer ausreichenden Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen im ÖPNV ist eine Aufgabe der Daseinsfürsorge. Und weiter: Die Stellen, die diese Aufgabe wahrnehmen, werden durch Landesrecht bestimmt. Als langjährige Kommunalpolitikerin habe ich mir immer gewünscht, daß Entscheidungen darüber, ob eine Schienenstrecke stillgelegt wird oder nicht, von den politisch Verantwortlichen gefällt werden kann, vom Bahnvorstand in Frankfurt oder in Bonn vom Verkehrsminister. Diesen Wunsch, der nicht nur meiner, sondern der der überwiegenden Anzahl von Kommunalpolitikern und Verantwortlichen von Verkehrsverbünden war, ist mit dem Regionalisierungsgesetz, das seit dem 1. Januar 1996 gültig ist, entsprochen worden. Damit sind zugegebenermaßen nicht alle Probleme des ÖPNV und des Schienenpersonennahverkehrs gelöst. Die Bewährungsprobe muß noch bestanden werden, und zwar von den Ländern und von den Kommunen. Durch hartnäckige Verhandlungsführung der Länder unter Federführung unseres Ministerpräsidenten Hans Eichel ist es gelungen, nicht unerhebliche Beträge für diese Zwecke aus dem Mineralölsteueraufkommen des Bundes zur Verfügung zu stellen: 1996 8,7 Milliarden DM, ab 1997 12 Milliarden DM. In 1996 stehen zusätzlich letztmalig 6,28 Milliarden DM GFVG-Mittel zur Verfügung, die ab 1997 bedauerlicherweise wieder auf das Niveau von 1992 zurückfallen: auf 3,28 Milliarden DM. Das ist für die kommunalen Gebietskörperschaften und die Verkehrsunternehmen ein Verlust an Planungssicherheit und ein Verlust der beim GFVG erforderlichen Komplementärmittel der Länder. Andererseits: Diese Mittel gehen dem ÖPNV nicht verloren: Sie stehen ohne Einschränkung für den regionalisierten ÖPNV zur Verfügung. Für 1997 und 2001 sind jeweils Revisionsklauseln eingebaut. Die Länder haben in ihrer überwiegenden Mehrheit ÖPNV-Gesetze verabschiedet. In diesen werden all die Dinge geregelt, die Sie vom Bund geregelt haben wollen. Wir sind ganz entschieden dagegen: weniger Zentralismus, mehr Verlagerung von Verantwortung nach unten, mehr Bürgernähe. Wenn nun auch das eine oder andere zum Beispiel an dem ÖPNV-Gesetz der Bayerischen Staatsregierung mißfällt, die zu niedrige ÖPNV-Zuweisungen an die Kommunen, so ist das eine politische Entscheidung. Und die kann man nur verändern, wenn man politische Mehrheiten verändert, zum Beispiel in Bayern. In diesem Zusammenhang ist es dringend notwendig, deutlich darauf hinzuweisen, wo es wirklich kneift. Durch die unerträglichen Lasten, die diese Bundesregierung insbesondere den Kommunen seit Jahren aufbürdet, wird der finanzielle Spielraum immer enger. Und wenn wir uns wieder und wieder von der Bundesregierung anhören müssen, daß diese Schuldensituation selbst herbeigeführt, die Schulden hausgemacht seien, so ist das der „blanke" Hohn. Die Kosten für die Bürgerkriegsflüchtlinge, die wachsenden Sozialleistungen wegen Arbeitslosigkeit, der Solidarbeitrag für die neuen Länder, alles selbstverschuldet und hausgemacht? Ein Beispiel für die Taschenspielertricks der Bundesregierung haben wir gestern im Verkehrsausschuß erlebt: Die Bundesregierung behauptet im Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes und anderer Gesetze, die Länder seien zur Übernahme der bislang vom Bund geleisteten Kostenerstattung für die Beförderung von Schwerbehinderten im ÖPNV aufgrund des Gesetzes zur Neuordnung des Eisenbahnwesens verpflichtet, da sie damit die Verantwortung für den ÖPNV übernommen hätten und zur Finanzierung dieser Aufgaben finanzielle Zuweisungen aus dem Mineralölsteueraufkommen erhielten. Diese Darstellung wird von uns mit Nachdruck zurückgewiesen. Tatsächlich sind die im Zuge der Bahnreform vereinbarten Länderanteile am Mineralölsteueraufkommen ausschließlich zum Ausgleich von Lasten vereinbart worden, die bislang beim Bundesverkehrsministerium lagen. Verhandlungsgegenstand bei der Bahnreform waren daher auch ausschließlich Kosten, die in den Haushalt des Bundesministeriums für Verkehr, nicht in den Haushalt des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung fallen. Die Bundesregierung begründet die Zusammenbindung verschiedener Regelungsbereiche, wie Leistungen für Asylbewerber und Kostenerstattung für die Beförderung von Schwerbehinderten im ÖPNV, ausdrücklich mit dem Kostenausgleich für Länder und Kommunen. Entscheidend für die Zusammenfügung sei, daß auf diese Weise auf Länder und Kommunen keine Mehrkosten zukämen. Unbeschadet von Fragwürdigkeiten hinsichtlich der vorgelegten quantitativen Angaben räumt die Bundesregierung auf diese Weise selbst ein, daß eine Kompensation der Länder für Kostenübernahmen der Schwerbehindertenbeförderungen im ÖPNV mit dem im Zuge der Bahnreform vereinbarten Mineralölsteueranteil nicht verbunden war. Sie widerspricht sich damit selbst. Die Städte und Gemeinden werden durch immer mehr ihnen auferlegte Aufgaben belastet. Dafür wer- den sie jedoch nicht mit entsprechenden Mitteln ausgestattet, sondern im Gegenteil, man droht ihnen auch noch mit der Abschaffung der Gewerbesteuer, ohne einen entsprechenden Ausgleich anzubieten. Eine ordentliche Gemeindefinanzreform, eine sachgerechte Verteilung von Pflichten und finanziellen Lasten zwischen Bund, Ländern und Kommunen, das wäre so notwendig. Aber von dieser Regierung ist nichts mehr zu erwarten. Noch einmal zum Schluß: Wir wollen, daß ÖPNV so nahe wie möglich beim Fahrgast verantwortlich geregelt werden muß und daß ausreichend Mittel zur Verfügung stehen. Damit kann man dem ÖPNV helfen, nicht mit Schaufensteranträgen wie diesem. Horst Friedrich (F.D.P.): Es ist das verbriefte Recht der Abgeordneten, Gruppen oder Fraktionen, Anträge im Deutschen Bundestag einzubringen. Diese können durchaus sinnvollen Inhalts sein, wichtige Initiativen anstoßen oder nachvollziehbare politische Willenserklärungen äußern. Leider ist dies nicht immer der Fall, wie das Beispiel des PDS-Antrages zur „Grundsicherung des öffentlichen Personennahverkehrs " verdeutlicht. Die bestehende Gesetzeslage bewußt ignorierend soll mit bizarren Vorschlägen und Relikten aus der sozialistischen Mottenkiste wie Räten, Plänen und Zwangsangeboten der Bund zu einer Art Großer Bruder des ÖPNV vor Ort gemacht werden. Zur Erinnerung: Der 12. Deutsche Bundestag hat im Interesse einer größeren Effizienz des ÖPNV im Rahmen der Bahnreform folgendes beschlossen: Die Erfüllung der Aufgaben im Bereich des Schienenpersonennahverkehrs ist bis zum 31. Dezember 1995 Sache des Bundes (Art. 143a GG) und liegt daher mit Beginn dieses Jahres wie vorher bereits der sonstige ÖPNV in der Verantwortung der Länder. Den Ländern steht ab 1. Januar 1996 für den öffentlichen Personennahverkehr ein Betrag aus dem Steueraufkommen des Bundes zu (Art. 106a GG). Allein in diesem und dem nächsten Jahr sind dies mehr als 20 Milliarden DM. Die Sicherstellung einer ausreichenden Bedingung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen im ÖPNV ist eine Aufgabe der Daseinsvorsorge. Die Stellen, die diese Aufgaben wahrnehmen, werden durch Landesrecht bestimmt (§ 1 Regionalisierungsgesetz). Die legislative Grundlage des ÖPNV ist ebenso eindeutig wie sinnvoll. Nur dort, wo auf demographische, regionale, topographische und infrastrukturelle Besonderheiten direkt und flexibel reagiert werden kann, kann der ÖPNV die Rolle einnehmen, die ihm gebührt. Es ist gerade nicht die Aufgabe des Bundes, in zentralistischer Manier detaillierte Rahmenbedingungen für diese subsidiäre Aufgabe der Länder und Kommunen zu setzen. Die einzelnen Vorschläge des vorliegenden Antrags sind es kaum wert, ernsthaft diskutiert zu werden. Eine Überweisung in den federführenden Ausschuß für Verkehr ist angesichts der Aussicht, sich dort erneut damit zu befassen, zwar bedauerlich, aber wohl nicht zu vermeiden.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. h.c. Gerd Andres


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jede Politik beginnt damit, zu sagen, was ist. Wer nicht bereit ist, Fakten, Hintergründe und Zusammenhänge in einem öffentlichen Diskurs zu organisieren, dem wird es auf Dauer auch nicht gelingen, politische Mehrheiten zu gewinnen und für wichtige gesellschaftspolitische Ziele zu überzeugen.
    Wer die Debatte um die Pflegeversicherung in den letzten Wochen und Monaten verfolgt hat, der mußte oft einen gegenteiligen Eindruck haben. Da wurde jongliert, getäuscht, da wurde getrickst,

    (Günther Friedrich Nolting [F.D.P.]: Na! Na! Zuruf von der CDU/CSU: Von wem?)

    und da wird öffentlich über eine wichtige Sache für Hunderttausende von Menschen in unserem Land geredet, da wird mit Ängsten gespielt.

    (Dr. Gisela Babel [F.D.P.]: Wer macht das denn?)

    Deswegen, denke ich, gehört als allererstes zu dieser Diskussion des Ersten Gesetzes zur Änderung des SGB XI eine ganz wichtige Sache.
    Der Bundesarbeitsminister bzw. sein Staatssekretär Karl Jung hat noch vor Wochen erklärt, die Pflegeversicherung verfüge über ein Finanzpolster von
    6 Milliarden DM.

    (Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Das ist wahr!)

    In diesen Tagen kann man in den Zeitungen lesen, daß der Bundesarbeitsminister dem Bundesgesundheitsminister gegenüber mitgeteilt habe, in der Pflegeversicherung sehe es ganz eng aus, es gebe finanzielle Engpässe.

    (Dr. Gisela Babel [F.D.P.]: Das mußte er ihm doch sagen! Das ist doch klar!)

    In der Begründung des Gesetzentwurfes, den Sie vorlegen, kann man als Problemstellung folgendes lesen:
    ... Klarstellungen von Regelungsinhalten einzelner Vorschriften zur Pflegeversicherung mit dem Ziel, die Pflegeversicherung vor finanziellen Mehrbelastungen zu schützen, die mit dem engen, gesetzlich vorgegebenen Finanzrahmen der Pflegeversicherung unvereinbar sind.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit diesem Gesetzentwurf bringt die Koalition 32 Einzeländerungen des Pflegeversicherungsgesetzes in
    7 Artikeln auf den Weg, ohne daß irgendwo einmal
    deutlich und im Zusammenhang erklärt wird, wie die
    finanzielle Situation und die abschätzbaren, voraussehbaren finanziellen Risiken der Pflegeversicherung in Wahrheit sind.
    Deswegen ist meine erste Forderung an den Bundesarbeitsminister, öffentlich deutlich zu erklären, wie die finanzielle Lage der Pflegeversicherung zum gegenwärtigen Zeitpunkt, nach Einführung der ersten Stufe der ambulanten Versorgung ist und wo in welchen Größenordnungen mittelfristig mit Finanzrisiken zu rechnen ist. Denn nur dann können ja die Änderungsvorschläge, die hier eingereicht worden sind, vernünftig bewertet und beurteilt werden. Ansonsten muß man das glauben, was mit öffentlichem Getöse irgendwo dargestellt wird.
    Zweiter Punkt. Die öffentliche Auseinandersetzung zwischen Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer, den ich auf den hinteren Rängen begrüßen darf, und Bundesarbeitsminister Blüm mutete ja über weite Strecken schon wie ein öffentlicher Offenbarungseid an. Ich will sagen, womit hier gehandelt wurde. Der Bundesarbeitsminister schätzt die Kosten der sogenannten Behandlungspflege auf 800 Millionen DM. Der Bundesgesundheitsminister erklärt öffentlich - das kann man in vielen Ticker- und Zeitungsmeldungen nachlesen -, die Kosten lägen bei 2,7 Milliarden DM, mit steigender Tendenz. Die Krankenkassen handeln 3 bis 4 Milliarden DM. Meine ganz schlichte Frage ist: Wie sind denn die Kosten real und in Wahrheit kalkulierbar?

    (Zuruf des Abg. Wolfgang Zöller [CDU/ CSU])

    - Ja, ja. Hören Sie doch auf!
    Man hört, daß die realistischen Kosten bei 1 Milliarde DM bis 1,1 Milliarden DM liegen. Nach meinen Informationen liegen die Kalkulationen und Schätzungen sowohl der Länder als auch des Bundesarbeitsministers relativ in der gleichen Größenordnung.
    Die spannende Frage ist, warum dieses öffentliche Getöse inszeniert wurde und die Behandlungspflege im ersten Vorentwurf faktisch den Betroffenen selbst zugeschoben wurde und nun im zweiten Entwurf der Pflegeversicherung zugeordnet wird. Ich denke, es wird im Hearing, in der öffentlichen Diskussion und auch in der Fachdiskussion im Ausschuß spannend sein, abzuklopfen, wie hier eigentlich die realen Hintergründe sind und welche Auswirkungen welcher Vorschlag hat.
    Ich sage Ihnen ganz offen: Für meine Begriffe und von der Systematik her gehört die Behandlungspflege in den Bereich der Krankenversicherung.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Jeder, der sich heute die Fakten ansieht, weiß: Wenn ein Arzt in eine Einrichtung geht und die Behandlungspflege macht, dann werden die Kosten bei der Krankenversicherung abgerechnet. Und den freundlich lächelnden Bundesgesundheitsminister kann man nur daran erinnern, daß dies auch die einmütige Position der Länder war und daß schon im vergangenen Jahr der Versuch unternommen worden ist, mit entsprechenden Änderungen des SGB V eine solche Position entsprechend zu verankern.

    Gerd Andres
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, der dritte Punkt: Ein großes Problem, mit dem wir es zu tun haben, ist die Abgrenzung zwischen Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz und denen der Pflegeversicherung insbesondere im Bereich der Behinderten. Da wird nun in diesem Gesetzentwurf der Vorschlag gemacht, das Problem so zu lösen, daß, wie in § 71 formuliert wird, alle
    Einrichtungen, in denen die medizinische Vorsorge oder Rehabilitation, die berufliche oder soziale Eingliederung, die schulische Ausbildung oder die Erziehung Kranker oder Behinderter im Vordergrund des Zweckes der Einrichtung stehen, ...
    von den Leistungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch ausgeschlossen werden.
    Ich will ganz offen sagen: Bei der Schaffung der Pflegeversicherung war kein Mensch davon ausgegangen, daß diese Einrichtungen als faktisch anerkannte Pflegeeinrichtungen über die Pflegeversicherung abgewickelt werden. Aber es ergibt sich doch eine Reihe von Problemen, nach denen man einmal fragen muß.
    Man muß die Frage stellen, ob sich diejenigen, die diesen Gesetzentwurf gemacht haben, über folgenden Tatbestand klargeworden sind, den man schon beispielsweise in einem sehr fundierten Artikel in der „Süddeutschen Zeitung" nachlesen konnte: Die Eltern eines geistig behinderten Kindes, die dieses Kind zu Hause versorgen, können Pflegeleistungen nach dem Pflegeversicherungsgesetz beantragen und bekommen sie, wenn der Medizinische Dienst das entsprechend begutachtet. Aber das gleiche behinderte Kind, das in einer vollstationären Einrichtung untergebracht wird, wird von den Leistungen der Pflegeversicherung ausgeschlossen. Ob eine solche Regelung unter Gleichhehandlungsgesichtspunkten und im Hinblick auf Art. 3 des Grundgesetzes verfassungsrechtlich Bestand haben kann, diese Frage will ich hier nur einmal aufwerfen.
    Sie haben eine ganze Reihe weiterer Positionen in diesem Gesetz formuliert, mit denen der Gesetzgeber Regelungsbereiche eingrenzt, teilweise auch präzisiert, beispielsweise beim Auslandsaufenthalt. Aber wenn ich mir anschaue, wie Sie jetzt die Urlaubspflege definieren, wie Sie die Qualitätspflege definieren, wie Sie § 44 formulieren, wo es uni die soziale Absicherung der Pflegepersonen geht, dann interessiert mich in diesem Zusammenhang auch, wie sich die Rentenversicherungsbeiträge bisher finanziell auswirken und ob es notwendig ist, in diesem Bereich Eingrenzungen vorzunehmen.
    Ich weiß sehr wohl und sage auch ganz offen - dem Bundesarbeitsminister und allen hier im Hause -, daß wir über einzelne Positionen gesprochen haben. Aber so, wie Sie die Dinge jetzt zu diesem Gesetzentwurf verknüpft haben und wie Sie die Abgrenzung zwischen dem BSHG und der Behandlungspflege geregelt haben, stellen sich doch ganz viele Fragen, auf die ich hier keine einfache Antwort geben kann. Ob beispielsweise die Zuordnung der Behandlungspflege zur Pflegeversicherung dazu führt, daß ein
    Teil der Menschen doch wieder bei der Sozialhilfe landet, das muß man sich sehr genau anschauen. Das hängt nämlich sehr davon ab, wie es sich entwickeln wird. Ich bin sehr dafür, daß darüber ganz handfest und ganz offen geredet wird.
    Ich möchte dem Bundesarbeitsminister eines sagen: Die zweite Stufe der Pflegeversicherung muß im Sommer kommen.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich gehöre nicht zu denen, die wie Herr Dr. Thomae oder Frau Dr. Babel Ihnen jetzt in dieser öffentlichen Auseinandersetzung mit hämischen Kommentaren sozusagen noch einmal hinterhertreten und sagen: Das sollte man doch alles aussetzen, und das tun wir jetzt.
    Aber ich bin fest davon überzeugt, Herr Bundesarbeitsminister, daß wir nur dann eine Chance haben, das öffentlich zu bestehen und auch öffentlich durchzusetzen, wenn in der jetzigen Phase über die Pflegeversicherung, über die Leistungsansprüche, über die Kosten und über die möglichen Belastungen, die sich daraus ergeben, ein öffentlicher und offener Diskurs geführt wird. Wenn das nicht getan wird und man den Versuch unternimmt, sich im politischen Bereich jetzt sozusagen durchzumogeln, dann tut man weder der Pflegeversicherung noch den betroffenen Menschen irgendeinen Gefallen.
    Denn auch das ist klar: Jeder, der politisch verantwortlich handelt, muß zum Schluß sagen, wie alles bezahlt wird.

    (Dr. Gisela Babel [F.D.P.]: So ist es! Das stimmt!)

    Daß es kaum jemanden gibt, der vor dem Hintergrund der Lohnnebenkostendebatte usw. jetzt bereit wäre, eine neue Debatte über die Beiträge zur Pflegeversicherung loszutreten, ist dabei auch völlig klar.
    Lassen Sie mich eine letzte Bemerkung zu dem wunderbaren Antrag, den Sie hier einbringen, machen.

    (Dr. Gisela Babel [F.D.P.]: Herr Andres, dem müssen Sie zustimmen!)

    Hören Sie zu! - Das ist eine Mogelpackung. Mir ist schon klar, daß die Länder im Vermittlungsausschuß zugesagt haben, einen Teil der Summe, die bei der Sozialhilfe eingespart wird, für Investitionen zur Verfügung zu stellen. Ich gehöre zu denjenigen, die auch gegenüber den A-Ländern sagen: Diese Zusage müßt ihr einhalten.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Auch mein Vorredner, der Kollege Singhammer, hat gesagt: Sie müssen ihren Anteil formulieren. Der kleine Trick in dem Antrag, den Sie vorlegen, ist aber, daß Sie vorschlagen, daß die Länder faktisch die ganzen Investitionen übernehmen müssen. Davon ist überhaupt keine Rede gewesen. Deswegen ist das eine Mogelpackung.



Rede von Hans Klein
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Kollege, Ihre Redezeit!

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. h.c. Gerd Andres


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ich sage voraus: Wir werden diesem Antrag genau deswegen nicht zustimmen. Ich wage die Prophezeiung, daß auch dieses Gesetz wie manche andere Dinge, die jetzt verhandelt werden, zum Schluß im Vermittlungsausschuß landet.

    (Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Und ganz zum Schluß stimmen wir ab!)

    Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD)