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    Plenarprotokoll 13/74 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 74. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 30. November 1995 Inhalt: Erweiterung und Abwicklung der Tagesordnung 6425 A, 6536 B Absetzung von Tagesordnungspunkten . 6425 C Nachträgliche Ausschußüberweisungen 6425 D Tagesordnungspunkt 3: a) Erklärung der Bundesregierung zur Friedensvereinbarung für Bosnien . . 6426 A b) Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P.: Die Lage der Menschen in den Staaten des ehemaligen Jugoslawien und die Bedingungen für die rasche Hilfe beim Wiederaufbau nach einem Friedensschluß (Drucksache 13/2978 [neu]) . . 6426 A c) Antrag der Abgeordneten Andrea Lederer, Heinrich Graf von Einsiedel, weiterer Abgeordneter und der Gruppe der PDS: Frieden und Wiederaufbau im früheren Jugoslawien (Drucksache 13/3078) 6426 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Bundesregierung: Deutsche Beteiligung an den militärischen Maßnahmen zur Absicherung des Friedensvertrages für Bosnien-Herzegowina (Drucksache 13/3122) 6426 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Gruppe der PDS: Kein Einsatz der Bundeswehr im früheren Jugoslawien (Drucksache 13/3127) . . . . 6426 A Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . 6426 C Günter Verheugen SPD 6431 C Rudolf Seiters CDU/CSU 6435 B Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6437 D Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P. 6439 D Andrea Lederer PDS 6442 B Volker Rühe, Bundesminister BMVg 6444 B, 6450 A Christa Nickels BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6447 A, 6456 A, 6462 D Karsten D. Voigt (Frankfurt) SPD . 6448 A, 6457 C Christa Nickels BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6449 C Dr. Christian Schwarz-Schilling CDU/CSU 6450 B Ludger Volmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6453 B Dr. Irmgard Schwaetzer F.D.P. . . . . 6455 A Gerhard Zwerenz PDS . . . . . . . 6456 D Dr. Karl-Heinz Hornhues CDU/CSU . . 6458 A Walter Kolbow SPD . . . . . . . . . . 6459 C Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . 6461 B Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU 6462 C Freimut Duve SPD 6463 C Thomas Kossendey CDU/CSU 6465 B Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN (Erklärung nach § 31 GO) 6466 D Namentliche Abstimmung 6467 A Ergebnis 6469 D Tagesordnungspunkt 4: Weitere Beratungen mit Aussprache a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über zwingende Arbeitsbedingungen bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen (Arbeitnehmer-Entsendegesetz) (Drucksachen 13/2414, 13/2839, 13/ 3155) 6467 B Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Ottmar Schreiner, Hans Büttner (Ingolstadt), weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Angleichung der Arbeitsbedingungen bei der Entsendung von Arbeitnehmern (Entsendegesetz) (Drucksachen 13/2418, 13/ 3155) 6467 C Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Angleichung der Arbeitsbedingungen bei der Entsendung von Arbeitnehmern (Entsendegesetz) (Drucksachen 13/2834, 13/3155) 6467 C b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Antrag der Abgeordneten Hans Büttner (Ingolstadt), Leyla Onur, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Geänderter Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie des Rates über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen zu dem Antrag der Abgeordneten Annelie Buntenbach und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Grundsätze für eine EU-Entsenderichtlinie sowie eine nationale Regelung bis zu deren Realisierung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (Drucksachen 13/768, 13/786, 13/725 Nr. 135, 13/3155) . . 6467 B Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 6467 D Peter Dreßen SPD 6472 A Julius Louven CDU/CSU 6475 A Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6476 D Ulrich Heinrich F.D.P. 6478 C Dr. Heidi Knake-Werner PDS 6480 D Leyla Onur SPD 6482 C Namentliche Abstimmung 6485 A Ergebnis 6485 C Tagesordnungspunkt 19: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung (Drucksache 13/2836) 6488 B b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 19. Mai 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik über die gegenseitige Unterstützung der Zollverwaltungen (Drucksache 13/2985) 6488 B c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 4. Juli 1995 zur Änderung des Vertrages vom 23. November 1964 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Einbeziehung der Gemeinde Büsingen am Hochrhein in das schweizerische Zollgebiet (Drucksache 13/2986) . 6488 B d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 15. März 1995 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Chile über die Seeschifffahrt (Drucksache 13/2987) . . . . 6488 C e) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Mikrozensusgesetzes und eines Gesetzes zur Änderung des Bundesstatistikgesetzes (Drucksachen 13/3107, 13/3131) 6488 C f) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Festlegung eines vorläufigen Wohnortes für Spätaussiedler (Drucksache 13/ 3102) 6488 D g) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform des Rechts der Arbeitslosenhilfe (Arbeitslosenhilfe-Reformgesetz) (Drucksache 13/3109) . . . . . 6488 D h) Antrag der Abgeordneten Albert Schmidt (Hitzhofen), Gila Altmann (Aurich) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ergänzende Kriterien zu den Leitlinien über die Transeuropäischen Verkehrsnetze (TEN) (Drucksache 13/1933) . . . 6488 D i) Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Einwilligung in die Veräußerung eines Grundstücks in Berlin gemäß § 4 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung (Drucksache 13/3027) 6489 A Zusatztagesordnungspunkt 4: Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung Grenzgebiet an der Werra des Gesetzes über den Abbau von Salzen im Grenzgebiet an der Werra (Drucksache 13/3138) . . . 6489 A b) Antrag der Abgeordneten Dr. Angelica Schwall-Düren, Susanne Kastner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Verhinderung weiterer Gewässerverunreinigungen durch das Totalherbizid DIURON (Drucksache 13/2518) . . 6489 A c) Antrag der Abgeordneten Susanne Kastner, Ulrike Mehl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Notwendige Grundsätze der guten fachlichen Praxis beim Düngen in der Düngeverordnung (Drucksache 13/2524) 6489 B d) Antrag der Abgeordneten Ulrike Höfken, Steffi Lemke und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Erforderliche Maßnahmen zur Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie im Rahmen der Düngeverordnung (Drucksache 13/3064) 6489B e) Antrag der Abgeordneten Andrea Fischer (Berlin) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sozial verträgliche Abschmelzung der Auffüllbeträge und Rentenzuschläge in Ostdeutschland (Drucksache 13/3141) . . . . . . . . . . . . 6489 C Tagesordnungspunkt 20: Abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu der Resolution vom 15. Januar 1992 zur Änderung des Internationalen Übereinkommens vom 7. März 1966 zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung und zu der Resolution vom 8. September 1992 zur Änderung des Übereinkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (Drucksachen 13/1883, 13/2962) 6489 C b) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 10. Juni 1993 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Ukraine über den Luftverkehr (Drucksachen 13/1886, 13/2976) 6489 D d) Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung zu den Verfahren nach § 44b Abgeordnetengesetz (Überprüfung auf Tätigkeit oder politische Verantwortung für das Ministerium für Staatssicherheit/Amt für Nationale Sicherheit der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik) (Drucksache 13/2994) . . . . 6490 A e)-g) Beschlußempfehlungen des Petitionsausschusses Sammelübersichten 82, 83 und 84 zu Petitionen (Drucksachen 13/3073, 13/3074, 13/3075) . 6490 A Tagesordnungspunkt 5: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (Drucksachen 13/2590, 13/3150) 6490 C Ulrike Mascher SPD 6490 D Birgit Schnieber-Jastram CDU/CSU . . 6492 B Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6493 A Dr. Gisela Babel F.D.P. 6494 A Petra Bläss PDS 6495 A Hans-Eberhard Urbaniak SPD 6495 D Horst Günther, Parl. Staatssekretär BMA 6496 B Hans-Eberhard Urbaniak SPD . . . . 6497 C Tagesordnungspunkt 6: Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung des besonderen Kündigungsschutzes in den neuen Bundesländern (Drucksachen 13/2444, 13/3145) 6498 A Hans-Joachim Hacker SPD 6498 B Dr. Michael Luther CDU/CSU 6499 B Hans-Joachim Hacker SPD 6499 C Achim Großmann SPD 6500 B Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6500 D Richard Schuhmann (Delitzsch) SPD 6501 D Dr. Uwe-Jens Heuer PDS 6503 A Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 6503 C Heinz Lanfermann F.D.P 6504 C Klaus-Jürgen Warnick PDS 6506 A Anke Fuchs (Köln) SPD 6507 A Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ 6508 B Arne Fuhrmann SPD 6509 B Wolfgang Ilte SPD (Erklärung nach § 31 GO) .. . ... . . .. . . . . . 6509 D Dr. Dagmar Enkelmann PDS (Erklärung nach § 31 G0) . .. . . . . . . . . 6510 B Klaus-Jürgen Warnick PDS (Erklärung nach § 31 GO) 6510 D Namentliche Abstimmung 6511 B Ergebnis 6513 C Tagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit (Pflege-Versicherungsgesetz) (Drucksache 13/2393) . . 6511 C Rudolf Dreßler SPD 6511 D, 6221 A Karl-Josef Laumann CDU/CSU . 6516 A, 6525 A Rudolf Dreßler SPD 6516 B Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . 6518 B Dr. Gisela Babel F.D.P 6519 C, 6521 D Petra Bläss PDS . . . . . . . . . . . 6522 A Gerd Andres SPD 6522 D, 6525 C Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA . 6525 D Tagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Rita Grießhaber, Angelika Köster-Loßack, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Kein Import von Kinderspielzeug aus chinesischen Arbeitslagern (Drucksache 13/ 3054) 6528 C Rita Grießhaber BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6528 C Erich G. Fritz CDU/CSU 6529 D Rudolf Bindig SPD 6531 A Ulrich Irmer F.D.P 6531 D Jürgen Türk F.D.P 6532 D, 6535 A Wolfgang Schmitt (Langenfeld) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6533 D Dr. Willibald Jacob PDS 6534 A Rita Grießhaber BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6534 B Dr. Heinrich L. Kolb, Parl. Staatssekretär BMWi 6535 A Rudolf Bindig SPD 6535 C Tagesordnungspunkt 9: a) Antrag der Abgeordneten Dr. Liesel Hartenstein, Michael Müller (Düsseldorf), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Schutz der stratosphärischen Ozonschicht und Bekämpfung des anthropogenen Treibhauseffektes durch Beendigung des Einsatzes von FCKW (Drucksache 13/2498) . . . . . . 6536 C b) Antrag der Abgeordneten Michaele Hustedt, Dr. Jürgen Rochlitz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Maßnahmen zum Schutz der Ozonschicht (Drucksache 13/3125) . . . 6536 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Weiterentwicklung der nationalen und internationalen Maßnahmen zum Schutz der Ozonschicht (Drucksache 13/3158) 6536 D Dr. Liesel Hartenstein SPD 6536 D Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6539 A, 6542 C Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/ CSU . . . . . . . . . . . . . 6540 A, 6542 D Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . 6541 A, C, 6546 B Simon Wittmann (Tännesberg) CDU/CSU 6543 B Birgit Homburger F.D.P. 6543 C Eva Bulling-Schröter PDS 6544 C Walter Hirche, Parl. Staatssekretär BMU 6545 B Wolfgang Behrendt SPD . . . . . . 6545 D Tagesordnungspunkt 10: Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften (2. Zwangsvollstreckungsnovelle) (Drucksache 13/341) 6547 A Alfred Hartenbach SPD . . . . . . . . 6547 B Dr. Dietrich Mahlo CDU/CSU 6548 D Heinz Lanfermann F.D.P. 6549 D Dr. Uwe-Jens Heuer PDS 6551 A Ursula Männle, Staatsministerin (Bayern) 6551 D Rainer Funke, Parl. Staatssekretär BMJ . 6552 C Tagesordnungspunkt 11: a) Zwischenbericht des Innenausschusses gemäß § 62 Abs. 2 der Geschäftsordnung zu dem von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Ausländergesetzes und des Asylverfahrensgesetzes zu dem vom Bundesrat eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Ausländergesetzes zu dem vom Bundesrat eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Asylverfahrensgesetzes (Drucksachen 13/809, 13/1188, 13/1189, 13/3132) 6553 B b) Antrag der Abgeordneten Kerstin Müller (Köln) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aufenthaltsrecht für Flüchtlinge mit langem Aufenthalt - Änderung von § 100 des Ausländergesetzes (Altfallregelung) (Drucksache 13/2550 [neu]) 6553 C Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD . . 6553 C Erika Steinbach CDU/CSU 6555 B Amke Dietert-Scheuer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6555 D Cornelia Schmalz-Jacobsen F.D.P. . . 6556 D Ulla Jelpke PDS 6557 C Tagesordnungspunkt 12: 1. Beschlußempfehlung und Bericht des Wahlprüfungsausschusses zu 28 gegen die Gültigkeit der Wahl zum 13. Deutschen Bundestag eingegangenen Wahleinsprüchen (Drucksache 13/2800) . 6558 A Clemens Schwalbe CDU/CSU 6558 B Wilhelm Schmidt (Salzgitter) SPD . . . 6559 A Jörg van Essen F.D.P. 6559 B Gerald Häfner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6560 A Dieter Wiefelspütz SPD . . . . . . . 6561 A Tagesordnungspunkt 13: Antrag der Abgeordneten Dr. Uwe-Jens Rössel, Dr. Barbara Höll, weiterer Abgeordneter und der Gruppe der PDS: Vollständige Übernahme der sogenannten Altschulden auf gesellschaftlichen Einrichtungen ostdeutscher Kommunen durch den Bund (Drucksache 13/2434) 6562 B Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 6562 B Dietrich Austermann CDU/CSU . . . 6563 C Rolf Kutzmutz PDS 6565 A Dr. Christine Lucyga SPD 6565 D Dr. Edzard Schmidt-Jortzig F.D.P. . . . 6568 A Tagesordnungspunkt 14: Antrag der Abgeordneten Gernot Erler, Volker Kröning, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Abrüstung konventioneller Streitkräfte in Europa: Sicherung und Fortentwicklung des KSE-Vertrages (Drucksache 13/3134) . 6569 B Tagesordnungspunkt 15: Antrag der Abgeordneten Reinhard Weis (Stendal), Dr. Uwe Küster, weiterer Abgeordneter der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn), Kristin Heyne, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Rücknahme der Weisung für die Einlagerung mittelradioaktiver Abfälle im Endlager für radioaktive Abfälle Morsleben (ERAM) (Drucksache 13/2365) 6569 C Reinhard Weis (Stendal) SPD 6569 D Kurt-Dieter Grill CDU/CSU . . . 6571 C, 6573 B Ursula Schönberger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . 6572 A, 6575 C, 6577 B Gila Altmann (Aurich) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6573 B Steffi Lemke BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6573 C Ursula Schönberger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6573 D Dr. Rainer Ortleb F.D.P. 6575 A Rolf Köhne PDS 6576 B Walter Hirche, Parl. Staatssekretär BMU 6576 D Nächste Sitzung 6578 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 6579 * A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Gisela Babel (F.D.P.) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes über zwingende Arbeitsbedingungen bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen (Arbeitnehmer-Entsendegesetz) . . . . 6579 * C Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Michael Wonneberger, Rainer Eppelmann, Ulf Fink, Ulrich Junghanns, Manfred Koslowski und Michael Stübgen (alle CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Verlängerung des besonderen Kündigungsschutzes in den neuen Bundesländern (Tagesordnungspunkt 6) 6580 * A Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Verlängerung des besonderen Kündigungsschutzes in den neuen Bundesländern (Tagesordnungspunkt 6) Gerhard Jüttemann PDS 6580 * C Heidemarie Lüth PDS 6580 * D Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 10 (Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung zwangsvollstrekkungsrechtlicher Vorschriften [2. Zwangsvollstreckungsgesetz]) Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6581 * B Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 13 (Antrag: Vollständige Übernahme der sogenannten Altschulden auf gesellschaftliche Einrichtungen ostdeutscher Kommunen durch den Bund) Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6582 * B Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 14 (Antrag: Abrüstung konventioneller Streitkräfte in Europa: Sicherung und Fortentwicklung des KSE- Vertrages) Gernot Erler SPD 6583 * B Dr. Friedbert Pflüger CDU/CSU 6584 * C Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6585 * B Dr. Olaf Feldmann F.D.P. 6586 * B Gerhard Zwerenz PDS . . . . . . . . . 6587 * A Helmut Schäfer, Staatsminister AA . . . 6587 * D Anlage 8 Veräußerung der Anteile der Deutschen Post AG an der Gemeinnützigen Deutschen Wohnungsbau Gesellschaft mbH Mdl Anfr 1, 2 - Drucksache 13/3093 - Gabriele Iwersen SPD SchrAntw PStS Dr. Paul Laufs BMPT . . 6588 * D 74. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 30. November 1995 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter, Robert SPD 30. 11. 95 * Beck (Bremen), BÜNDNIS 30. 11. 95 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Belle, Meinrad CDU/CSU 30. 11. 95 Braun (Auerbach), CDU/CSU 30. 11. 95 Rudolf Bühler (Bruchsal), CDU/CSU 30. 11.95 * Klaus Büttner (Ingolstadt), SPD 30. 11. 95 Hans Graf von Einsiedel, PDS 30. 11. 95 Heinrich Hörsken, CDU/CSU 30.11.95 Heinz-Adolf Horn, Erwin SPD 30. 11.95 Irber, Brunhilde SPD 30. 11.95 Klemmer, Siegrun SPD 30. 11. 95 Meißner, Herbert SPD 30. 11.95 Dr. Merkel, Angela CDU/CSU 30. 11. 95 Neumann (Berlin), SPD 30. 11.95 Kurt Pfeiffer, Angelika CDU/CSU 30. 11.95 Purps, Rudolf SPD 30. 11. 95 Reschke, Otto SPD 30. 11. 95 Rexrodt, Günter F.D.P. 30. 11.95 Scheel, Christine BÜNDNIS 30. 11.95 90/DIE GRÜNEN Scherhag, CDU/CSU 30.11.95 Karl-Heinz Schwanitz, Rolf SPD 30. 11.95 Sebastian, CDU/CSU 30.11.95 Wilhelm-Josef Tippach, Steffen PDS 30. 11.95 Vogt (Düren), CDU/CSU 30. 11.95 Wolfgang Wohlleben, SPD 30.11.95 Verena * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erkärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Gisela Babel (F.D.P.) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes über zwingende Arbeitsbedingungen bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen (Arbeitnehmer-Entsendegesetz) (Tagesordnungspunkt 4) Dem Regierungsentwurf eines Arbeitnehmer-Entsendegesetzes in der im Bundestagsausschuß erweiterten Fassung kann ich nicht zustimmen. Ich verkenne nicht die Lage der deutschen Bauarbeiter und deutschen Bauunternehmen, die durch den preislichen Wettbewerb ausländischer Unternehmen auf deutschen Baustellen ihre Arbeitsplätze bzw. ihre Unternehmen gefährdet finden. Sie sind jedoch in der gleichen Lage, wie viele andere Branchen der deutschen Wirtschaft, zum Beispiel die Textilindustrie, in denen durch preisgünstige Importprodukte Arbeitsplätze verlorengingen und -gehen. Ursache hierfür ist die erhöhte Wettbewerbsfähigkeit anderer Länder, zu hohe deutsche Löhne und Lohnzusatzkosten einschließlich der Steuern. Das Arbeitnehmer-Entsendegesetz ändert diese grundlegenden Ursachen nicht. Es wird allerdings die Bauleistungen verteuern, zu geringerer Baunachfrage und zu höheren Mieten führen. Umfangreiche Kontrollen auf den Baustellen sind erforderlich, um die Einhaltung des Gesetzes zu gewährleisten. Die Allgemeinverbindlicherklärung trifft zudem auch alle deutschen Bauunternehmen, insbesondere in den neuen Bundesländern, die aus vielfältigen Gründen nicht tarifgebunden sind, und zwingt sie auf das allgemeine Tarifniveau mit entsprechenden Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit dieser Unternehmen und ihrer Arbeitsplätze. Das Gesetz, insbesondere in seiner erweiterten Fassung, halte ich für nicht verantwortbar, da es unserer Wirtschaftsordnung nicht entspricht, den Wettbewerb auf deutschen Baustellen begrenzt, im Kern protektionistisch ist und dem Prinzip des Europäischen Binnenmarktes, der auch die Freizügigkeit der Arbeitnehmer unabdingbar beinhaltet, widerspricht. Auch mein Kollege Dr. Otto Graf Lamsdorff hat von Beginn der Diskussion um ein nationales Entsendegesetz an erklärt, daß er ein solches Gesetz in jedweder Fassung für falsch hält. Aus diesen Gründen nimmt er an der heutigen Abstimmung nicht teil. Ich habe dem Regierungsentwurf als Kompromiß mit großen Bedenken zugestimmt, da er zeitlich befristet und auf das Bauhauptgewerbe beschränkt bleibt. Der jetzt zur Entscheidung anstehende Gesetzentwurf, der den Regierungsentwurf in seiner Wirkung vom Bauhauptgewerbe auch auf das Baunebengewerbe ausdehnt, verändert den Regierungsentwurf aus meiner Sicht qualitativ. Ich halte diese Ausdehnung für nicht mehr verantwortbar. Ich kann daher dem Entwurf zu einem Arbeitnehmer-Entsendegesetz in der im Ausschuß erweiterten Fassung nicht zustimmen. Da die Arbeitgebervertreter im Tarifausschuß erklärt haben, daß sie einem Antrag auf Allgemeinverbindlicherklärung nicht zustimmen werden, läuft das vorgesehene Gesetz absehbar ins Leere. Es gehört aus meiner Sicht zur Ehrlichkeit der Politiker, den Betroffenen klar zu sagen, daß damit das Gesetz keines ihrer Probleme lösen würde. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Michael Wonneberger, Rainer Eppelmann, Ulf Fink, Ulrich Junghanns, Manfred Koslowski und Michael Stübgen (alle CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Verlängerung des besonderen Kündigungsschutzes in den neuen Bundesländern (Tagesordnungspunkt 6) Für die dem Gesetzentwurf der SPD-Fraktion zugrunde liegende Problematik sehen wir in ausgewählten Regionen des Landes Brandenburg durchaus Handlungsbedarf. In zahlreichen Städten und Gemeinden des Berliner Umlandes hat sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt noch nicht entspannt. In diesen Gebieten ist auf Grund des historisch gewachsenen Siedlungscharakters die Anzahl der Einliegerwohnungen besonders hoch. Insbesondere für diesen Bereich können wir die Sorgen der Mieter nachvollziehen, die nach Auslaufen des besonderen Kündigungsschutzes in den neuen Bundesländern Eigenbedarfskündigungen der Eigentümer befürchten. Dennoch lehnen wir den Antrag der SPD-Fraktion auf Drucksache 13/2444 mit folgender Begründung ab: Der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion fordert eine nochmalige generelle Verlängerung des besonderen Kündigungsschutzes für alle neuen Bundesländer ohne Beschränkung auf die besonders schutzbedürftigen Mieter in Einliegerwohnungen. Dies halten wir aus sachlichen und rechtlichen Erwägungen für nicht tragbar. Wir sind der Ansicht, daß es speziell bei den Mietern von Einliegerwohnungen Fallgruppen geben kann, bei denen trotz Vorhandenseins der Sicherungsmechanismen des sozialen Mietrechts, insbesondere der Sozialklausel des § 564b BGB, selbst nach einer Übergangszeit von fünf Jahren noch unzumutbare Härten bei einer Kündigung auftreten können. Nur bei diesem Personenkreis - und nicht bei allen Mietern in den neuen Bundesländern - halten wir weitergehende Schutzmaßnahmen für erforderlich. Eine zahlenmäßige Eingrenzung der tatsächlich zu erwartenden Härtefälle ist nicht möglich. Unterschiedliche Annahmen in den neuen Bundesländern führten zu differierenden Auffassungen hinsichtlich eines erneuten Regelungsbedarfs. Nachdem der besondere Kündigungsschutz in den neuen Bundesländern fünf Jahre Bestand hatte, ist ein weiterer Investitionsstau bei der Wohnraumsanierung durch eine erneute generelle Verlängerung des besonderen Kündigungsschutzes Ost nicht vertretbar. Wir anerkennen den Schutzbedarf für eine noch zu bestimmende Anzahl von Mietern in Einliegerwohnungen in ausgewählten Kommunen und Städten des Landes Brandenburg. Deshalb erwarten wir von der Bundesregierung, daß sie gemeinsam mit der Landesregierung Brandenburg für eine befristete Verordnungsermächtigung des Landes initiativ wird, um der besonderen Situation der Mieter von Einliegerwohnungen Rechnung zu tragen. Anlage 4 Erklärungen nach § 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Verlängerung des besonderen Kündigungsschutzes in den neuen Bundesländern (Tagesordnungspunkt 6) Gerhard Jüttemann (PDS): Die Entscheidung, die wir heute zu fällen haben, ist eine besondere Entscheidung. Das Besondere an ihr ist, daß sie sich innerhalb von ganz wenigen Tagen auf Tausende Betroffene in den neuen Bundesländern auswirken wird, und zwar existentiell. Ich bin der Meinung, wenn wir uns mehrheitlich falsch entscheiden, dann können diese Menschen ab Januar nächsten Jahres aus ihren Wohnungen vertrieben werden. Die es nicht sofort trifft, werden künftig in Unsicherheit leben, weil sie jeden Tag den Brief, der das Ende ihres Mietverhältnisses bedeutet, zu erwarten haben. Viele dieser Menschen sind nicht mehr jung und werden diesen Schock nicht verkraften. Sie alle werden unschuldig in die Lage kommen, in die Sie sie mit einer falschen Entscheidung bringen. Sie haben in Treu und Glauben in der DDR ein normales Mietverhältnis begründet, stets pünktlich ihre Miete bezahlt, sich nie etwas zuschulden kommen lassen. Und dennoch würde ihnen jetzt ihre Wohnung weggenommen. Ich bitte Sie, sich klarzumachen, was das heißt: Die Wohnung wird weggenommen, das Umfeld und die Voraussetzung der Existenz. Von Heinrich Zille stammt der Satz, daß man einen Menschen mit seiner Wohnung erschlagen kann. Aber wieviel schneller geht das noch, wenn man ihm seine Wohnung nimmt. Ich bitte Sie deshalb auch als Christ: Lassen Sie derartig unchristliches Tun nicht zu. Stimmen Sie für die Verlängerung des besonderen Kündigungsschutzes in Ostdeutschland. Heidemarie Lüth (PDS): Heute steht der Gesetzentwurf der SPD zur Verlängerung des besonderen Kündigunsschutzes in den neuen Bundesländern um drei weitere Jahre zur Abstimmung. Damit entscheiden wir, ob es ab 1. Januar 1996 zu einer Kündigungswelle in Ostdeutschland, insbesondere aus Einliegerwohnungen, Zwei- bzw. Dreifamilienhäusern und Restitutionshäusern in Umlandgemeinden von Berlin und anderen Ballungsräumen kommt oder nicht. Mehrere betroffene Bürgerinnen und Bürger aus meinem und anderen Wahlkreisen Ostdeutschlands haben sich in den letzten Wochen mit der dringenden Bitte an mich gewandt, für die Verlängerung des besonderen Kündigungsschutzes in den neuen Bundesländern einzutreten. Menschen, die seit Jahren bzw. Jahrzehnten in ihrer Wohnung leben, zeigten mir Schreiben mit der Aufforderung, die Wohnung bzw. das Haus zu verlassen, und ihre dabei geäußerte Angst um die nackte Existenz war keine Schauspielerei. Ich möchte Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, aus einem Brief zitieren: Hiermit kündigen wir im Namen der Erbengemeinschaft das Mietverhältnis zum 31. 12. 94, ersatzweise zum nächstmöglichen Termin entspr. den gesetzlichen Vorschriften. Da wir beabsichtigen, die Erbengemeinschaft aufzulösen, bieten wir Ihnen an, das Grundstück zum ortsüblichen Preis zu kaufen. Ich glaube, das bedarf keiner weiteren Kommentierung. Ich werde dem Gesetzentwurf zur Verlängerung des besonderen Kündigungsschutzes in Ostdeutschland zustimmen und bitte Sie, das auch zu tun. Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 10 (Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften [2. Zwangsvollstreckungsgesetz]) Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie viele andere Vorlagen aus den letzten Jahren steht auch der heute zu behandelnde Bundesratsentwurf zur 2. Zwangsvollstreckungsnovelle unter der Zielsetzung „Rechtsvereinfachung" und „Beschleunigung". Und in der Tat, hier stimme ich den Entwurfsverfassern zu, ist gerade das Vollstreckungsrecht gekennzeichnet durch Unübersichtlichkeit, Schwerfälligkeit und Kompliziertheit seiner Regelungen. Viele Regelungen sind antiquiert. Gesetzeslage und Vollstreckungswirklichkeit stimmen in weiten Bereichen nicht mehr überein. Eine grundlegende Neukonzeption des Vollstreckungsrechts ist daher im Interesse aller am Vollstreckungsverfahren Beteiligten geboten. Der vorliegende Bundesratsentwurf enthält insoweit einige positive Ansätze. Wir müssen uns aber davor hüten, in dem Bestreben nach Vereinfachung und Beschleunigung das Kind mit dem Bade auszuschütten und sozial nicht hinnehmbare Einschränkungen des Schuldnerschutzes vorzunehmen. Für nicht akzeptabel halte ich den neuen Absatz 3 in § 765a ZPO des Entwurfes. Bei der Räumungsvollstreckung soll eine zeitliche Sperre von 2 Wochen vor dem festgesetzten Räumungstermin eingeführt werden, bis zu der wegen bis dahin vorliegender und bekannter Umstände ein Antrag auf Vollstreckungsschutz nach § 765 a ZPO nur noch gestellt werden kann. Diese Regelung würde dazu führen, daß in zahlreichen Fällen eine sachliche Prüfung der Vollstreckungsschutzanträge nicht mehr möglich ist, weil die Räumungsschuldner die Anträge zu spät stellen. Sie würden damit schon aus rein formellen Gründen die Chance verlieren, einen weiteren Aufschub der Wohnungsräumung zu erreichen. Dadurch würde die Gefahr vergrößert, daß Schuldner obdachlos werden, weil behördliche Maßnahmen nicht mehr rechtzeitig greifen. Auch die Beseitigung des Pfändungsschutzes zu Lasten des Käufers, der eine Sache unter Eigentumsvorbehalt erworben hat, ist zu weitreichend. Der Pfändungsschutz zielt darauf ab, dem Schuldner die Besitz- und Gebrauchsmöglichkeiten einer Sache zu erhalten. Das fehlende Volleigentum allein kann deshalb nicht die Aufhebung des Pfändungsschutzes rechtfertigen. Verfassungsrechtlich bedenklich ist auch die Regelung, daß der Schuldner zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses verpflichtet ist, wenn er die Durchsuchung verweigert hat oder wenn der Gerichtsvollzieher den Schuldner - nach vorheriger Ankündigung - nicht in der Wohnung angetroffen hat. Die Berufung auf Grundrechte - hier auf Art. 13 GG - muß in jedem Fall sanktionslos bleiben. Leitgedanke einer Reform der Zwangsvollstrekkung sollte sein, in jeder Phase der Vollstreckung durch geeignete Maßnahmen auf eine sozial verträgliche, wirtschaftlich sinnvolle, rechtsfriedliche Regelung hinzuwirken. Diesen Gedanken greift der Entwurf jedoch nicht in ausreichendem Maße auf. Es ist bedauerlich, daß der Bundesrat von der im Ursprungsentwurf vorgesehenen Möglichkeit, eine Verhaftung des Schuldners durch Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung zu Protokoll des Gerichtsvollziehers abzuwenden, wieder Abstand genommen hat, weil man keine „eidesstattliche Versicherung am Küchentisch" ermöglichen wollte. Bei Beibehaltung der geltenden Rechtslage bleiben die Gerichtsvollzieher gezwungen, die zwangsweise Vorführung des Schuldners zum nächsten Vollstrekkungsgericht vorzunehmen. Dies erfordert für Gerichtsvollzieher und Schuldner weite Wege, und der ohnehin in Zahlungsschwierigkeiten befindliche Schuldner verliert auch noch Arbeitszeit. Noch krasser stellt sich die Situation dar, wenn der offenbarungsbereite Schuldner nach Dienstschluß in die Haftanstalt eingeliefert werden muß, weil beim Vollstreckungsgericht niemand mehr da ist. Ich habe mir von Gerichtsvollziehern erläutern lassen, daß sie in Flächenstaaten teilweise bis zu 200 Kilometer zurücklegen, um etwa eine JVA zu erreichen, die für die Aufnahme von Frauen zuständig ist. Hier gilt es endlich Abhilfe zu schaffen. Nicht aufgegriffen hat der Bundesrat auch Vorschläge, die Gerichtsvollzieher nach erfolgloser Pfändung - bei Einverständnis zwischen Gläubiger und Schuldner - zur Entgegennahme von Teilzahlungen zu ermächtigen. Dieses Vorgehen ist zwar bei einigen Gerichtsvollziehern längst Praxis, eine ausdrückliche gesetzliche Bestimmung fehlt jedoch, und es kann zu Konflikten mit der Dienstaufsicht kommen. Zur Abwendung der Verhaftung wäre auch eine Ermächtigung der Gerichtsvollzieher zur Entgegennahme von Teilzahlungen im Einverständnis mit dem Gläubiger erörterungswürdig. Hierdurch könnte gleichzeitig eine Entlastung des Vollstreckungsgerichts erzielt werden, weil dem Gläubiger auf Grund erfolgloser Pfändung ansonsten nur noch der Antrag auf Vermögensoffenbarung bleibt. Zum Abschluß möchte ich noch darauf hinweisen, daß wir unser Augenmerk verstärkt darauf richten sollten, die Fülle von Zwangsvollstreckungen zu vermeiden. Nach wie vor werden Tausende von Menschen in dieses Verfahren hineingezogen, nachdem unsinnige und überzogene Ratenkreditverträge und Darlehen geplatzt sind. Bereits an dieser Stelle gilt es, geeignete Schutzvorkehrungen zu treffen. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Rede zur Tagesordnungspunkt 13 (Antrag: Vollständige Übernahme der sogenannten Altschulden auf gesellschaftliche Einrichtungen ostdeutscher Kommunen durch den Bund) Werner Schulz (Berlin) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Am kommenden Montag soll erneut versucht werden, zwischen der Bundesregierung und den Vertretern der ostdeutschen Kommunen einen Kompromiß bezüglich der Übernahme der Altschulden zu finden. Die in der Öffentlichkeit diskutierten Vorschläge bewegen sich zwischen einer Teilübernahme der Verbindlichkeiten bzw. aufgelaufenen Zinsen der Kommunen und einer vollständigen Übernahme dieser sogenannten Altkredite durch den Bund. Letzteres fordert die PDS in ihrem Antrag mit der Begründung, daß die aus Investitionen für den Bau gesellschaftlicher Einrichtungen resultierenden Schulden ostdeutscher Kommunen Staatsschulden der DDR seien. Diese - so die PDS - müßten daher vollständig als Schulden des Bundes im Rahmen des Erblastentilgungsfonds übernommen werden. Eines ist für mich klar. Wir dürfen die Kommunen mit den sogenannten Altschulden nicht alleine lassen. Dies wäre die nachträgliche Anerkennung willkürlicher Entscheidungen des früheren DDR-Regimes. Voraussetzung jeder wie auch immer gearteten Lösung dieses Problems ist die Klärung des Charakters dieser sogenannten Altschulden, und zwar nicht nur im kommunalen Bereich, sondern auch in der Landwirtschaft, bei den Betrieben und bei den Wohnungsgesellschaften. Grundsätzlich, aber auch aktuell durch den Bericht des Bundesrechnungshofes begründet, stellen sich mir hier zunächst einmal eine ganze Reihe von Fragen: War die Übertragung der sogenannten Kreditverpflichtungen von Kommunen und Betrieben gegenüber den staatlichen Banken der DDR in die bundesrepublikanische Ordnung ein Kardinalfehler der deutschen Vereinigung? Wurden die Steuerzahler und Steuerzahlerinnen auf Grund des Dilettantismus der Bundesregierung möglicherweise in dreistelliger Milliardenhöhe belastet? Vertuscht die Bundesregierung möglicherweise einen Finanzskandal ungeheuren Ausmaßes? Wir haben gestern eine Große Anfrage zum Gesamtkomplex der Altschuldenproblematik eingebracht. Wir wollen der Bundesregierung Gelegenheit geben, sich zu diesen und anderen Vorwürfen zu äußern. Wir erwarten allerdings eine rasche und präzise Beantwortung; schließlich hätte die Bundesregierung schon 1990 Kenntnis über den Sachverhalt bzw. die Zusammenhänge haben müssen. Im Zuge der deutschen Vereinigung wurden sogenannte Kreditverpflichtungen von Kommunen und Betrieben gegenüber den staatlichen Banken der DDR in die bundesrepublikanische Ordnung übertragen. Ein Großteil der zugehörigen Forderungen wurde im Zuge der Privatisierung des DDR-Bankensystems an westdeutsche Banken weitergegeben. Die Verwandlung von DDR-Verrechnungseinheiten in harte DM-Schulden scheint mir jedoch juristisch äußerst zweifelhaft. In einer Verfassungsbeschwerde wird die Auffassung vertreten, diese Verrechnungseinheiten hätten ersatzlos gestrichen werden können bzw. müssen. Die einzigen Gewinner scheinen westdeutsche Banken zu sein, die praktisch ohne Risiko das frühere DDR-Bankensystem übernehmen konnten. Darüber hinaus hat - dem Bericht des Bundesrechnungshofs zufolge - die Bundesregierung bei der Abwicklung der Altkredite und bei ihrer Übertragung auf westdeutsche Kreditinstitute in erheblichem Umfang weitere Verteuerungen der Kredite zu Lasten der Schuldner und - auf Grund der Ausgleichsregelungen - der Steuerzahler und Steuerzahlerinnen zu verantworten. Falls sich der Eindruck bestätigen sollte, daß die Bundesregierung an einer zügigen und konsequenten Aufklärung der Vorwürfe nicht interessiert ist, werden wir für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Abwicklung der sogenannten Altkredite eintreten. Die Belastung mit den sogenannten Altschulden hat teilweise zu einer erheblichen Einschränkung der Handlungsspielräume der betroffenen Unternehmen und Körperschaften geführt. Die dazu getroffenen Regelungen sind, wie bereits erwähnt, aber nicht nur finanzpolitisch zweifelhaft. Sie haben möglicherweise den wirtschaftlichen Aufbau der neuen Bundesländer nachhaltig behindert. Vor diesem Hintergrund bedarf die Frage der Behandlung der Altkredite der Kommunen dringend einer grundsätzlichen Beantwortung. Der vorliegende Antrag greift zu kurz. Er bleibt inkonsequent und auf halbem Wege stecken. Ich möchte an dieser Stelle meiner Verwunderung Ausdruck geben, daß ausgerechnet die PDS, die sich doch sonst immer so radikal gebärdet, mit ihrem Vorschlag nichts anderes macht, als zweifelhafte Forde- rungen von Banken durch die Steuerzahler und Steuerzahlerinnen begleichen zu lassen. Sie schließt sich so der Linie der Bundesregierung an, die schon im Zusammenhang mit der Entschuldung der Treuhandbetriebe durch Umbuchen die Steuerzahler und Steuerzahlerinnen dieses Landes mit über 100 Milliarden DM belastet hat. Es kann hier und heute nicht um dubiose Kompromisse gehen. Notwendig ist die Klärung der grundsätzlichen Fragestellung: Waren die sogenannten Altkredite ganz oder zum überwiegenden Teil lediglich Verrechnungseinheiten? Wenn ja, dann ist die Bundesregierung gefordert, die gesamte Finanzierung der deutschen Einheit rückabzuwickeln! Wir können und wollen den Vertretern der Kommunen keine Vorschriften machen. Wir raten aber dringend dazu, die grundsätzliche Fragestellung nicht aus den Augen zu verlieren. Wenn denn die Bundesregierung kein Einsehen hat, dann wird vielleicht das Bundesverfassungsgericht im kommenden Jahr eine neue Rechtslage schaffen. Und der Bundesregierung kann ich nur dringend nahelegen, auf Mahnbescheide und ähnliche Zwangsmaßnahmen zu verzichten. Noch ist es nicht zu spät, fehlerhafte Entscheidungen und dubiose Regelungen aus eigener Entscheidung zu korrigieren. Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 14 (Antrag: Abrüstung konventioneller Streitkräfte in Europa: Sicherung und Fortentwicklung des KSE-Vertrages) Gernot Erler (SPD): Neben den großen Verträgen über die atomare und chemische Abrüstung stellt der „Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE)" vom 19. November 1990 eine der wichtigsten Säulen des europäischen Sicherheitssystems dar. Dieser Vertrag verpflichtet die 16 Mitgliedstaaten der NATO und die sechs damaligen Mitgliedsländer des Warschauer Vertrages zur Reduzierung ihrer Hauptwaffensysteme um annähernd 50 000 Einheiten. Außerdem legte der KSE-Vertrag regionale Stationierungsbeschränkungen fest und verpflichtete die Unterzeichner zu einem jährlichen Informationsaustausch und einem dichten Netz von Vor-Ort-Inspektionen. Während der START-II-Vertrag und das Chemiewaffen-Abkommen immer noch auf die Ratifizierung vor allem in Washington und Moskau warten und damit auch auf die Realisierung der atomaren und chemischen Abrüstung, hat sich bei der konventionellen Abrüstung in Europa wirklich etwas getan. Am Stichtag 17. November dieses Jahres waren die Verpflichtungen fast überall erfüllt. Die Bundesrepublik kann stolz darauf sein, daß sie sogar vorzeitig, genau gesagt am 23. Mai dieses Jahres, alle Reduzierungsauflagen erfüllt hatte. Betroffen waren davon 11 000 Waffensysteme, von denen 8 600 von Privatfirmen an 16 verschiedenen Orten Deutschlands zerstört wurden, im einzelnen 2 566 Kampfpanzer, 4 257 gepanzerte Kampffahrzeuge, 1 623 Artilleriewaffen und 140 Flugzeuge. Auch die osteuropäischen Staaten und vor allem die Russische Föderation mit den größten Reduzierungsaufgaben haben sich nach Kräften bemüht, ihre vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen. Es gibt heute lediglich noch einige Implementierungsrückstände in Belarus, Aserbaidschan und in der Ukraine, wo der Streit um die Schwarzmeerflotte einer Erfüllung der Verpflichtungen im Wege steht. Und trotzdem gibt es auch Sorgen. Sie betreffen vor allem die regionalen Stationierungsbeschränkungen, die zur Zeit der noch existierenden Sowjetunion festgelegt wurden und heute der Russischen Föderation große Schwierigkeiten bereiten. Es ist erfreulich, daß in Wien inzwischen Vorschläge zur Lösung des sogenannten Flankenproblems sowohl vom Westen als auch von Rußland vorgelegt wurden, und wir unterstützen ausdrücklich die Bemühungen auch der Bundesregierung, zusammen mit Moskau zu einer vertragskonformen Lösung dieses Problems zu kommen. Um so bedauerlicher ist es, daß einige Sprecher der russischen Politik, zuletzt in besonders auffälliger Weise der russische Verteidigungsminister Gratschow, gelegentlich den gesamten KSE-Prozeß wegen der Flankenproblematik, aber auch wegen des Streits über die NATO-Osterweiterung in Frage stellen. Erfreulicherweise verhält sich die russische Delegation dort, wo die eigentliche Politik gemacht wird, nämlich bei der „Joint Consultative Group" in Wien, viel kooperativer, als das Getöse auf der internationalen Bühne erscheinen läßt. Es gibt also die begründete Hoffnung, daß durch gemeinsame Anstrengungen bis zur für den kommenden Mai vorgesehenen Überprüfungskonferenz ein Vollzug der Verpflichtungen aus dem November 1990 vermeldet werden kann. Aber längst geht es nicht nur um die Implementierung des Vertrages von 1990. KSE ist ein Stichwort für Abrüstungschancen auf verschiedenen Ebenen geworden. Es ist kein Zufall, daß in dem DaytonAbkommen für eine Friedensregelung in Bosnien im Zusammenhang mit Abrüstungsverpflichtungen der drei Kriegsparteien Höchstgrenzen nach dem KSE- Vertrag, genauer gesagt nach den Regeln von KSE- IA, auftauchen. Der KSE-Vertrag ist auf Fortsetzung angelegt. In Art. 18 des Vertragswerkes heißt es: Nach Unterzeichnung dieses Vertrages setzen die Vertragsstaaten die Verhandlungen über konventionelle Streitkräfte mit dem gleichen Mandat und mit dem Ziel, auf diesem Vertrag aufzubauen, fort. In Wirklichkeit ist im November 1990 ein Prozeß in Gang gesetzt worden, der nicht im Mai nächsten Jahres enden darf. Es bleibt richtig, was die Bundesregierung in einer weit verbreiteten Broschüre über den KSE-Vertrag 1991 feststellte: Die Beendigung des Kalten Krieges und die Überwindung der ideologischen Konfrontation müssen Antrieb dafür sein, über die bisher erzielten Reduzierungen hinaus weitere Maßnahmen zu vereinbaren. Ziel der Anstrengungen muß es sein, Umfang, Struktur und Bewaffnung der Streitkräfte in Europa ausschließlich an der Fähigkeit zur Selbstverteidigung auszurichten. Solcherart militärische Selbstbeschränkung wäre ein zentraler Baustein in der Sicherheitsarchitektur des neuen Europas. Der Antrag der SPD-Bundestagsfraktion, über den wir heute beraten, will erreichen, daß die Bundesregierung gegen die drohende Stagnation bei der konventionellen Abrüstung in Europa eigene Ideen entwickelt und im Rahmen der Überprüfungskonferenz eine neue KSE-Dynamik anstößt. Deswegen fordert der Antrag die Bundesregierung auf, rechtzeitig vor der geplanten Konferenz im Bundestag einen Bericht vorzulegen, der über folgende Fragen Auskunft geben soll: Soll es nach Ansicht der Bundesregierung weiter bei den jetzigen Obergrenzen („ceilings") bleiben, die noch aus der Zeit des Kalten Krieges stammen? Oder gibt es weitere sinnvolle Reduzierungsschritte bei den sogenannten Hauptwaffensystemen, also Kampfpanzern, gepanzerten Kampffahrzeugen, Artilleriewaffen, Angriffshubschraubern und Kampfflugzeugen? Welche Vorstellungen hat die Bundesregierung über eine Fortschreibung der Obergrenzen bei den Personalstärken, wie sie 1992 bei den KSE- IA-Verhandlungen festgelegt worden sind? Wird es eine Initiative der Bundesregierung geben, in einer nächsten Stufe auch die Seestreitkräfte in den KSE- Prozeß einzubeziehen? Welchen Beitrag kann es von deutscher Seite geben, um eine neue Methodik für den KSE-Prozeß zu entwickeln, nachdem die bisherige Festlegung von gruppenweise ermittelten Obergrenzen obsolet geworden ist? Und welche Zukunft sieht die Bundesregierung für die Stärkung des erfolgreichsten Teils des KSE-Prozesses bisher, nämlich den vertrauens- und sicherheitsbildenden Maßnahmen und den Vor-Ort-Inspektionen, die tatsächlich weniger zur Kontrolle als zur Vertrauensbildung beigetragen haben? Es geht nicht darum, Luftschlösser zu bauen. Es geht darum, daß neue Ziele am Horizont sichtbar werden müssen, wenn der KSE-Prozeß, auf den die Bundesrepublik existentiell in ihrer Sicherheitspolitik angewiesen ist, nicht ins Stottern geraten soll. Der beantragte Bericht der Bundesregierung ist als Basis gedacht für einen breiten Diskussionsprozeß in der Öffentlichkeit und im Deutschen Bundestag, um das Engagement Deutschlands bei der konventionellen Abrüstung in Europa kreativ weiterzuentwickeln und für alle sichtbar zu machen. Dr, Friedbert Pflüger (CDU/CSU): Am 19. November 1990 unterzeichneten 22 Staaten der NATO und des Warschauer Paktes den Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa, den KSE-Vertrag. Dieser Vertrag, dem seit der Auflösung der ehemaligen Sowjetunion 30 Staaten angehören, sah die Vernichtung von insgesamt 50 000 angriffsfähigen Waffensystemen wie Kampfpanzern, Kampfflugzeugen oder Hubschraubern vor. Am 17. November dieses Jahres mußten die Verpflichtungen durch die Vertragsstaaten erfüllt werden. Die Bundesrepublik hat bereits vor dem förmlichen Inkrafttreten des Vertrages mit der Zerstörung von 8 700 Waffensystemen begonnen und diese Demontage am 23. Mai dieses Jahres, sechs Monate früher als vertraglich gefordert, abgeschlossen. Diese Waffenvernichtung stellt eine enorme Leistung dar. Deutschland hatte - bedingt durch die Übernahme des Materials der ehemaligen NVA - nach Rußland und mit weitem Abstand vor den übrigen Vertragsstaaten die zweithöchste Reduzierungsverpflichtung. Insgesamt war der Bestand um 2 566 Kampfpanzer, 4 357 gepanzerte Fahrzeuge, 1 638 Artilleriewaffen und 140 Kampfflugzeuge zu reduzieren. In anderen Staaten gibt es noch Probleme bei der vollständigen Umsetzung der Bestimmungen. Diese resultieren zum Beispiel in Rußland aus der sogenannten Flankenregelung oder in Armenien und Aserbaidschan aus den Kriegswirren. Allerdings stehen die Chancen, nicht zuletzt auf Grund der Bemühungen der deutschen Diplomatie, gut, daß bis spätestens Mitte 1996 alle vertraglich geforderten Demontagen erbracht sein werden. Obwohl wir weiterhin ein fundamentales Interesse an einer Fortsetzung der konventionellen Abrüstung in Europa haben, ist es zur Zeit wichtiger, die vorhandenen Bestimmunen umzusetzen und langfristig abzusichern. Die Überprüfungskonferenz hat nicht, wie fälschlicherweise im SPD-Antrag steht, das Ziel, diese konventionelle Abrüstung fortzusetzen, sondern sie dient der Überprüfung der Wirkungsweise des Vertrags. Die von der SPD geforderte Aufnahme neuer Bestimmungen in den KSE-Vertrag, die verringerte Obergrenzen und die Aufnahme weiterer Waffensysteme in die Reduzierungsverpflichtungen zur Folge hätte, wäre aber nur über eine erneute Ratifizierung des gesamten Vertragswerkes in den 30 Mitgliedsstaaten zu erreichen. Angesichts der instabilen Lage in Osteuropa ist aber ein derartiges Vorgehen, das die Grundlage der konventionellen Abrüstung im ganzen nordatlantischen Raum in Frage stellt, ein zu gefährliches Spiel. Die SPD schreibt selbst, daß sich auf Grund des KSE-Vertrags die „Gefahr eines Überraschungsangriffes oder großangelegter militärischer Offensivoperationen in Europa drastisch verringert" habe. Dem kann ich nur uneingeschränkt zustimmen. Ich sehe darin auch ein Kompliment für die Bundesregierung. Aber es wäre falsch, jetzt diesen gewaltigen sicherheitspolitischen Fortschritt zu gefährden, indem man neue Forderungen erhebt - indem man den Topf öffnet, ohne zu wissen, ob man den Deckel wieder draufbekommt. Deshalb wird es die wichtigste Aufgabe der Überprüfungskonferenz sein, den Stand der Implementierung zu prüfen, den Bestand des Vertrags zu sichern und Bestimmungen wie die Flankenregelung an das veränderte sicherheitspolitische Umfeld anzupassen, ohne daß eine formelle Änderung des Vertrags nötig wird. Trotz dieser Verschnaufpause bei der konventionellen Abrüstung müssen wir uns auch einmal vor Augen halten, daß der KSE-Vertrag in einer ganzen Reihe umfassender abrüstungspolitischer Anstrengungen besteht. Der Anteil des Verteidigungshaushaltes am Gesamtetat des Bundes ist von 1975 bis 1995 von einem Fünftel auf ein Zehntel gesunken. Diese dramatische Reduktion der Verteidigungsausgaben war und ist eine gewaltige Leistung. Das gilt erst recht für die Reduktion der Truppenstärke: Diese umfaßte zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung in Gesamtdeutschland fast 700 000 Mann, wurde aber innerhalb von sechs Jahren auf knapp 340 000 gesenkt. Bei den Vorbereitungen zur Überprüfungskonferenz des Waffenübereinkommens der Vereinten Nationen, die in diesem Herbst in Wien stattfindet, hat sich die Bundesregierung vehement für strengste Einsatzauflagen für AntiPersonenminen, APM, eingesetzt. Diese Waffen sind besonders grausam und treffen in erster Linie Zivilisten. Die Bundeswehr hat daher weit über eine Million APM vernichtet. Darüber hinaus wurde trotz großer haushaltspolitischer Engpässe der Etat für Minenräumung für das Jahr 1996 von 3 auf 13 Millionen DM aufgestockt. Diese Etaterhöhung ist auch eine Mahnung an diejenigen Staaten, die bei den Verhandlungen in Wien als Bremser auftraten und für das vorläufige Scheitern der Konferenz verantwortlich sind, mehr für eine politische Lösung des Landminenproblems zu tun. Der Posten Abrüstungshilfe des Auswärtigen Amtes wurde auf 18 Millionen DM erhöht. Ebenso wie die Aufstockung der Mittel für Minenräumung geht diese Etaterhöhung auf eine parlamentarische Initiative zurück. Die atomare Abrüstung, an der wir natürlich nicht direkt teilhaben, macht ebenfalls große Fortschritte. So wurde die Anzahl der atomaren Sprengköpfe, die auf dem Gebiet der Bundesrepublik stationiert sind, in den letzten Jahren von 7 000 auf weniger als 500 reduziert. Allein diese wenigen Beispiele machen deutlich, daß das von Helmut Kohl geprägte Wort „Frieden schaffen mit immer weniger Waffen" der Leitfaden der deutschen Verteidigungs- und Sicherheitspolitik bleibt. Abrüstung und Rüstungskontrolle behalten weiterhin höchste Priorität. Angelika Beer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nach dem Ende des Ost-West-Konflikts wird verstärkt über den KSE-Vertrag diskutiert. Dies liegt unter anderem daran, daß das Vertragswerk noch in der Zeit des Ost-West-Konflikts entstanden ist und jetzt, unter den neuen sicherheitspolitischen Bedingungen, in eine Krise geraten ist. Die aktuelle Diskussion aber macht deutlich, daß die Philosophie, die hinter dem Vertrag steht, sein größtes Problem ist. Denn letztendlich steht die Rüstungskontrolle, wie wir sie heute kennen, in der Tradition des militärischen Gleichgewichtsdenkens und der grundsätzlich mißtrauischen Haltung, was in der sogenannten realistischen Theorie als „Sicherheitsdilemma" bezeichnet wird. Frei nach Hobbes: Der Staat ist der Staaten Wolf. Rüstungskontrolle während des Ost-West-Konflikts wurde nicht aus Einsicht in die Unvernunft und den Zynismus der Überrüstung entwickelt, sondern weil die Sicherheits- und Außenpolitiker erkannten, daß in einem Nuklearkrieg nicht nur das in den Krieg geschickte Fußvolk sterben müßte, sondern auch sie selbst, ganz zu schweigen von der ökologischen Katastrophe, die ein Atomkrieg verursacht hätte. Auch bei den Reduzierungsprozessen nach 1989 geht es nicht um Abrüstung, sondern um Rüstungskontrolle. Abgerüstet werden dabei in der Regel Waffen und Waffensysteme, die aus militärischer Sicht überflüssig sind. Waffen und Waffensysteme, die aus Sicht der Militärs für notwendig gehalten werden, werden im Gegenteil modernisiert oder zum Teil sogar neu entwickelt. Hinter Rüstungskontrolle als Konzept des militärischen Gleichgewichts verbirgt sich qualitative Aufrüstung. Das Abkommen von Dayton beinhaltet einen an der KSE orientierten Rüstungskontrollprozeß zwischen den Vertragsunterzeichnern. Die Aufhebung des Waffenembargos konterkariert jedoch diese im Kern richtige Idee; denn es besteht die sehr reale Gefahr, daß im Hintergrund der Verhandlungen eben der beschriebene Aufrüstungsprozeß stattfindet. Erlauben Sie mir als Beispiel einen Hinweis auf die Minenpolitik: Der Konflikt auf der Minenkonferenz war doch nicht der zwischen humanen und nichthumanen Politikern. Die Bundesregierung ist nur bereit, auf die Minen zu verzichten, die hierzulande nicht mehr hergestellt werden. Auf moderne Minen für die Krisenreaktionseinsätze will die Bundesregierung dagegen nicht verzichten. Trotzdem ist natürlich Rüstungskontrolle ein Fortschritt, weil Rüstungsprozesse koordiniert und kooperativ kontrolliert werden und in dem Prozeß sich die Chancen für Abrüstung erhöhen. Dies allerdings nur, wenn der politische Wille dazu vorhanden ist, das rüstungskontrollpolitische Instrumentarium weiterzuentwickeln. Im Zusammenhang mit dem KSE-Vertrag erhebt sich die Frage nach der sicherheitspolitischen Stabilität in Europa. Eng verbunden damit ist die Frage der NATO-Osterweiterung: So wie sie von der NATO betrieben wird, ist es nachvollziehbar, daß Rußland sich bedroht fühlt. Andererseits könnten sich, den Vertragstext wörtlich genommen, auch sicherheits- und militärpolitische Vorteile für Rußland ergeben. Durch eine Ausdehnung der NATO würde gewissermaßen die Rüstungsdichte in den einzelnen NATO- Ländern verdünnt. Einer der kritischen Punkte ist die von Rußland gewünschte neue Flankenregelung. Änderungsbedarf wurde von seiten Rußlands schon länger angemeldet. Verschärft wird das Problem durch den Krieg in Tschetschenien und im Kaukasus. Das weist auch auf ein besonderes Dilemma für das Vertragswerk hin. Akzeptiert man die russischen Wünsche, unterstützt man möglicherweise die russische Politik in Tschetschenien. Verweigert man die Kooperation, besteht die Gefahr, daß der KSE-Vertrag gefährdet ist. Die Türkei ist aus zwei Gründen erwähnenswert. Zum einen wurde der Türkei im Vertrag eine Sonderstellung eingeräumt, um ihre Bedrohungsängste zu berücksichtigen. Zum anderen wirft die Abrüstungs- politik der Bundesrepublik ein Licht auf das mangelnde Verständnis von echter Abrüstung und auf eine zynische Unterstützung des Folterregimes. Die Bundesrepublik hat einen Teil der abzurüstenden Waffen nicht vernichtet, sondern gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Sie hat sich die Kosten der Vernichtung gespart, und sie hat, weil zuständig für die NATO im Rahmen der Rüstungshilfe, der Türkei Waffen geliefert, die diese in den Kämpfen gegen die kurdische Bevölkerung verwendet. Diesen Mißbrauch der Rüstungskontrolle lehnen wir ab. Die Versuche der Türkei, den Status einer Regionalmacht zu erlangen, will ich nur kurz erwähnen, um darauf hinzuweisen, daß auch von dieser Seite her die Stabilität des Vertrags gefährdet wird. Auch hier ist indirekt wieder die Bundesrepublik im Spiel, die sowohl an Griechenland wie an die Türkei Waffen geliefert hat. Das Ziel ist - und in so allgemeiner Form gibt es da auch wenig Differenzen -, den Vertrag am Leben zu erhalten, weil sein Wegfall zu einem unkontrollierten Aufrüstungsprozeß führen könnte. Wir unterstützen den Antrag der SPD, weil er dazu beitragen kann, auf einige der Probleme aufmerksam zu machen. Wir dürfen uns aber nicht einbilden, dabei stehen bleiben zu können. Rüstungskontrolle hat interne Widersprüche, worauf ich schon anfangs hingewiesen habe, die eine Weiterentwicklung des Konzepts insgesamt notwendig machen. Wir wollen von quantitativer Rüstungskontrolle zu qualitativer Abrüstung kommen. Damit meine ich, daß zuerst das Denken in Kategorien nationaler, selbstbezogener Sicherheit überwunden werden muß. Daher sollten wir den Abrüstungsprozeß im eigenen Land beginnen und mehr abrüsten, als im Vertrag vorgesehen ist. Die Krise der konventionellen Rüstungskontrolle sollten wir produktiv überwinden, indem wir ihre Schwächen aufheben. Dr. Olaf Feldmann (F.D.P.): Die heutige Beratung des SPD-Antrags zur Sicherung und Fortentwicklung des KSE-Vertrages gibt Gelegenheit, das bisher in der konventionellen Abrüstung Erreichte zu würdigen. Auch das große Engagement der Bundesregierung, insbesondere unserer Außenminister Genscher und Kinkel, will ich ausdrücklich hervorheben. Der KSE- Vertrag ist ein Eckpfeiler europäischer Sicherheit. Die gemeinsame Beratungsgruppe als zuständiges Gremium hat zum Stichtag 17. November 1995 festgestellt, daß keinem Partner Vertragsverletzungen vorgeworfen werden können. Es gibt allerdings Implementierungsdefizite bei einzelnen. Die beruhen, wie wir alle wissen, auf internen Problemen und Auseinandersetzungen. Die im KSE-Vertrag eingegangenen Selbstverpflichtungen - vom jährlichen Informationsaustausch über Vor-Ort-Inspektionen bis hin zu regionalen Stationierungsbeschränkungen - wurden im wesentlichen erfüllt. Insbesondere die eingegangene Verpflichtung zur Reduzierung von nahezu 50 000 Einheiten bei den Hauptwaffensystemen ist fast völlig abgeschlossen. Europa ist dadurch sicherer geworden. Ein Hauptziel des KSE-Vertrages - Überraschungsangriffe oder große militärische Offensivoperationen in Europa möglichst auszuschließen - ist erreicht worden, und zwar mit politischen Mitteln. Dies ist ein großer Sieg unserer Politik. Ein besonderes Lob verdient die Bundeswehr, die sofort im August 1992 mit der Umsetzung der im KSE-Vertrag eingegangenen Verpflichtungen begonnen hat und sie im Mai dieses Jahres erfolgreich abgeschlossen hat. Damit hat sie ihr Vertragsziel sechs Monate früher als gefordert erfüllt. Dies ist eine enorme Leistung. Denn Deutschland hatte durch die Übernahme des ehemaligen NVA-Materials hinter Rußland die zweithöchste Reduzierungsverpflichtung. Wir wollen das bisher Erreichte sichern. Ziel der Überprüfungskonferenz im Mai 1996 ist eine Bestandsaufnahme. Darüber hinaus sollen die Wirkungsweise des KSE-Vertrages verbessert und Anpassungen vorgenommen werden, um die Lebensfähigkeit des KSE-Regimes auch zukünftig zu sichern. Die SPD fordert in ihrem Antrag die Bundesregierung auf, weitere Reduzierungsmöglichkeiten bei den vertragsrelevanten Hauptwaffensystemen aufzuzeigen. Dabei wird offensichtlich die Gefahr unterschätzt, die von Änderungen des bestehenden Vertrages ausgehen kann. Jede Vertragsänderung macht eine Neuratifizierung durch alle 30 Vertragsstaaten erforderlich. Dies birgt das Risiko eines Scheiterns des KSE-Vertrages in sich. Ein solches Risiko dürfen wir auf keinen Fall eingehen. Wir wollen auf dem bisher erfolgreichen Weg der Abrüstung Schritt für Schritt weitergehen. Die von der SPD angesprochene Einbeziehung von Seestreitkräften in das KSE-Regime ist zwar wünschenswert, aber aus den zuvor genannten Gründen nicht realistisch. Noch steht die Abrüstung auf schwankendem Boden, vor allem ihre Umsetzung. Trotz der bisher erreichten Abrüstungserfolge besteht kein Anlaß zu einer Abrüstungs-Euphorie. Weder START II noch das CWÜ sind bisher ratifiziert worden. Wir verstehen, daß die im KSE-Vertrag festgelegten regionalen Beschränkungen nicht den heutigen sicherheitspolitischen Bedürfnissen Rußlands entsprechen. Die F.D.P. unterstützt die Bemühungen, zu einer einvernehmlichen Flankenschutzregelung für Rußland zu kommen. Es ist sinnvoll, den Vertrag bei regionalen Stationierungsbegrenzungen den aktuellen politischen Realitäten anzupassen. Es müssen aber Einzelfallentscheidungen bleiben. Keinesfalls darf die völkerrechtliche Verbindlichkeit des Vertrages in Frage gestellt werden. Deutschland hat größtes Interesse, den Abrüstungs- und Rüstungskontrollprozeß in Europa weiter voranzutreiben. Deshalb arbeitet die Bundesregierung engagiert an der Umsetzung der im Budapester Dokument 1994 enthaltenen Beschlüsse mit. Darüber hinaus beteiligen wir uns im OSZE-Forum intensiv an der Erstellung eines Rüstungskontrollrahmens. Auf dieser Grundlage können dann weitere Rüstungskontrollmaßnahmen aufgebaut werden. Wir wollen der Abrüstung sowie der Vertrauens- und Sicherheitsbildung neue Impulse geben. Zusammenfassend darf ich feststellen: Der KSE-Vertrag hat die Sicherheit in Europa entscheidend verbessert. Wir wollen das Vertragswerk voll ausschöpfen. Der KSE-Vertrag darf keinesfalls gefährdet werden. Deshalb werden wir dem vorliegenden SPD- Antrag nicht zustimmen und beantragen Überweisung an die zuständigen Ausschüsse. Gerhard Zwerenz (PDS): Wir unterstützen das Anliegen der SPD-Kolleginnen und Kollegen, von der Bundesregierung Antworten zu fordern, wie der konventionelle Abrüstungsprozeß in Europa weitergehen soll. Wir werden noch weitergehen und diesem Hause neue Abrüstungsvorschläge unterbreiten. Denn auch nach der Umsetzung des KSE-Vertrages ist die Lage - zum Teil entgegen der öffentlichen Wahrnehmung - alles andere als rosig. Erstens. Es ist sicherlich gut, wenn sich in Europa seit 1989 die Bestände an Großwaffensystemen - auch in Folge des KSE-Vertrages - etwa halbiert haben. Weniger gut ist, daß die Reduzierungen im Bereich der NATO-Staaten - unter dem Strich - fast gegen Null gehen. Die NATO hat die nach dem Vertrag möglichen Aufrüstungsoptionen in den südeuropäischen Ländern, in Griechenland und der Türkei konsequent ausgenutzt. Die US-Army in Europa und die Bundeswehr haben weniger moderne Großwaffen abgebaut; Griechenland und die Türkei haben damit eine kräftige Aufrüstung und Modernisierung ihrer Armeen durchführen können, und dies in einer ausgesprochenen Krisenregion; von der Unterdrückung der kurdischen Bevölkerung mit Hilfe dieser Waffen ganz zu schweigen. Zweitens. Reduzierungen der Waffenbestände und des Militärumfanges wurden nicht zuletzt auf Grund der kritischen Haushaltslage der meisten Staaten in Ost und West vorgenommen. Mittlerweile rühmen sich die NATO-Minister auf ihren Ratstagungen, diesen Trend nunmehr gestoppt zu haben. Die Regierungsfraktionen haben hierzulande gerade einen Rüstungshaushalt verabschiedet, der wieder nach oben weist. Die Weichen für eine neue Aufrüstungsrunde sind gestellt. Drittens. Es wird gesagt, nach den vorausgegangenen Umbrüchen und Einschränkungen müsse jetzt erst einmal Ruhe an der „Abrüstungsfront" einkehren. Dies ist ein fadenscheiniger Vorwand. Im OSZE- Forum für Sicherheitspartnerschaft wurden in den zurückliegenden drei Jahren diesbezügliche Erfahrungen gesammelt: Vergeblich wurde eine bescheidene Ausdehnung der bisher erreichten Abrüstungs- und Rüstungskontrollverträge auf den Raum von Vancouver bis Wladiwostok versucht. Dies zeigt eines: Es fehlt an der Bereitschaft, weiter abzurüsten! Man braucht sich doch nur umzuhören. Abrüstung ist bei fast allen Regierungen derzeit kein Thema. Viertens. Worum es wirklich geht, hat die NATO schon 1992 bei den Verhandlungen um das Mandat dieses OSZE-Forums offengelegt: Vorrang habe die geplante Umrüstung der Streitkräfte. Im Klartext: der Aufbau schneller Eingreiftruppen Zur Erinnerung: Beim KSE-Vertrag war es ausgemachtes Verhandlungsziel, die „Angriffsfähigkeit" der Streitkräfte abzubauen und schließlich ganz abzuschaffen. Davon ist heute keine Rede mehr. Im Gegenteil! Wer weltweit militärisch intervenieren will, der braucht eben den Ausbau offensiv ausgerichteter Rüstung. Daran wird mit Hochdruck gearbeitet. Die Bundeswehr will neue Jagdflugzeuge, neue Panzerhaubitzen, neue Hubschrauber, neue Fregatten und U-Boote, Spionagesatelliten, Raketenabwehrsysteme. Die Liste der Beschaffungsvorhaben ist endlos. Neue Abrüstungsverhandlungen werden da nur als störend empfunden. Fünftens. Es gibt auch aus einem weiteren Grund Anlaß zu größter Besorgnis. Für den KSE-Vertrag bestimmend war das Prinzip der Parität zwischen den beiden Militärblöcken. „Wer mehr hat, muß mehr abrüsten", war damals ein geflügeltes Wort. Wenn sich die NATO nun nach Osten ausdehnen würde, würden die Grundlagen des KSE-Vertrages ausgehebelt. Es wäre nur logisch, wenn Rußland die NATO-Erweiterung als Aufforderung zu neuen, erheblichen Rüstungsanstrengungen verstehen würde. Ein neuer Rüstungswettlauf wäre vorprogrammiert. Auch dies ist ein Beleg dafür, wie unverantwortlich gegenwärtig Sicherheitspolitik betrieben wird. Oder wollen Sie die NATO-Erweiterung mit drastischen Rüstungsreduzierungen, nun endlich auf westlicher Seite, kombinieren? Auf die Vorschläge der Bundesregierung dürfen wir gespannt sein. Aus der gesamten, eher düsteren Lage folgt: Gerade jetzt wäre es erforderlich, daß die Bundesregierung aus dem alten, bornierten Rüstungstrott ausbräche und in Sachen Abrüstung initiativ würde. Die Bundesrepublik Deutschland könnte hier internationale Verantwortung übernehmen. Sie könnte vorangehen, wenn es darum geht, mit dem Unfug immer neuer, immer „effizienterer" Rüstungsbeschaffungen Schluß zu machen. Dies wäre vernünftige und weitsichtige Politik. Aber von dieser Regierung ist in dieser Hinsicht leider nichts zu erwarten. Helmut Schäfer, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Die Bundesregierung weiß sich mit den im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien darin einig, daß der KSE-Vertrag der Eckstein der europäischen Sicherheit ist und zukünftig bleiben muß. Die europäische Staatengemeinschaft hat mit diesem weitreichendsten und umfassendsten Abkommen der Abrüstungsgeschichte militärische Machtmittel unter die Macht der politischen Verantwortung gestellt. Vor diesem Hintergrund hat Bundesaußenminister Kinkel den 17. November, den Stichtag der Imple- mentierung des KSE-Vertrags, als ein Erfolgsdatum kooperativer Sicherheitspolitik in Europa bezeichnet. Präzedenzlose Reduzierungen von fast 50 000 schweren Waffensystemen zwischen Atlantik und Ural haben zusammen mit dem im Vertragsraum entstandenen umfassenden und intrusiven Informations- und Kontrollsystem dazu geführt, daß die entscheidenden Stabilitätsziele des KSE-Vertrags erreicht werden konnten. Strategische Überraschungsangriffe und breit angelegte Offensivhandlungen sind in Europa praktisch unmöglich geworden. Deutschland hat hierzu durch eine vorzeitige Erfüllung seiner umfangreichen Reduzierungsverpflichtungen, mit 8 500 Waffensystemen die zweithöchsten hinter Rußland, verantwortungsbewußt beigetragen. Zugleich teilt die Bundesregierung die Sorgen innerhalb der KSE-Vertragsgemeinschaft angesichts bestehender Implementierungsmängel. Vorrangig ist insbesondere die Lösung der sogenannten Flankenproblematik, und zwar vertragskonform und im Konsens aller Vertragspartner. Vertragsverpflichtungen dürfen jetzt nicht relativiert werden. Dies gilt vor allem für Reduzierungsverpflichtungen, denen einige Staaten noch nicht voll nachgekommen sind, aber auch für die erreichte Verifikationskultur. Daher stellt die Bundesregierung mit Befriedigung fest, daß sich die 30 KSE-Vertragspartner in Wien am 17. November in einer gemeinsamen Entscheidung erneut zu den Zielen des Vertrags bekannt haben und seine Integrität wahren wollen. Der KSE-Vertrag ist seit seiner Unterzeichnung 1990 von allen beteiligten Staaten als Anker europäischer Stabilität genutzt und entsprechend umsichtig angepaßt worden. Die Überprüfungskonferenz dient in erster Linie der Überprüfung der im Vertragsgebiet erreichten Reduzierungen und der neuartigen Verifikationskultur. Dabei werden gewiß auch Fragen von Zukunftsbedeutung aufkommen. Sie sollten jedoch nach Ansicht der Bundesregierung unter Nutzung der vertraglichen Bestimmungen besser anschließend sachgerecht in den vom Vertrag vorgesehenen Gremien und Konferenzen weiterbehandelt werden. Neben Aspekten der technischen Verbesserung des Verifikationsregimes ist zweifellos mit weiteren Änderungsinitiativen seitens verschiedener Vertragspartner zu rechnen. Änderungsinitiativen dürfen keine Erosionsgefahren für den Vertrag aufwerfen. Sie müssen vor allem gegenüber dem Risiko eines ungewissen Ausgangs notwendiger zusätzlicher Ratifizierungen in 30 Partnerstaaten abgewogen werden. Wenn wir auf den europäischen Wahlkalender schauen, ist derzeit nicht in allen Fällen gewiß, daß die im Deutschen Bundestag überwiegend herrschende positive Einschätzung des KSE-Vertrags dort von neuen Parlamenten ebenfalls geteilt werden wird. Weder wir noch die anderen europäischen Staaten können ein Interesse an Erosionen dieses Vertrags haben. Oberstes Ziel bei der Überprüfungskonferenz muß es deshalb für uns sein, die Integrität des KSE-Vertrags zu erhalten und Anpassungen dort vorzunehmen, wo seine Wirksamkeit zusätzlich gesichert werden kann. Die Bundesregierung ist zugleich der Auffassung, daß es im nationalen und europäischen Interesse ist, den Abrüstungs- und Rüstungskontrollprozeß in Europa überall dort fortzusetzen, wo dies zu einem Zugewinn an Stabilität führt. Die Bundesregierung beteiligt sich deshalb engagiert an der Umsetzung der vom Budapester OSZE- Gipfel 1994 festgelegten Beschlüsse. Entsprechend arbeitet sie im OSZE-Forum für Sicherheitskooperation intensiv an einem Rüstungskontrollrahmen mit, der Abrüstung sowie Vertrauens- und Sicherheitsbildung neue Impulse verleihen soll. Die Bundesregierung ist bereit, auch aus dem Parlament weiterhin zu nutzen, um ihre Politik zur Sicherung der Integrität des KSE-Vertrages zu verdeutlichen. Diese Politik ist Teil unseres Mitwirkens beim Aufbau kooperativer Sicherheitsstrukturen für ganz Europa. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Paul Laufs auf die Fragen der Abgeordneten Gabriele Iwersen (SPD) (Drucksache 13/3093 Fragen 1 und 2): Ist der Bundesregierung bekannt, ob die Deutsche Post AG ihre Anteile an der Gemeinnützigen Deutschen Wohnungsbau Gesellschaft mbH veräußern will? Ist die Bundesregierung bereit, ihre Anteile an der Gemeinnützigen Deutschen Wohnungsbau Gesellschaft mbH aufzuteilen und den örtlichen ehemaligen gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften zum Kauf anzubieten? Zu Frage 1: Der Bundesregierung ist bekannt, daß die Deutsche Post AG angesichts dessen, daß der Mehrheitsbeteiligte Bund seine Anteile an der Gemeinnützigen Deutschen Wohnungsbaugesellschaft mbH - genannt Deutschbau - veräußern will, ebenfalls ihre Bereitschaft erklärt hat, gemeinsam mit dem Bund eine Lösung zur Veräußerung dieser Gesellschaft, an der die Deutsche Post AG einen Anteil von 42 Prozent hat, anzustreben. Zu Frage 2: Bei einem entsprechenden konkurrenzfähigen und seriösen Angebot von örtlichen ehemaligen gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften werden auch diese in die Überlegungen zu Veräußerung der Deutschbau einbezogen.
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    Der Friede in Europa ist auch ein vitales Interesse der USA. Dennoch dürfen wir Europäer das Engagement Amerikas für den Frieden in Bosnien nicht für etwas Selbstverständliches halten. Es handelte sich und handelt sich um einen europäischen Konflikt.
    Mit meinem Dank an die amerikanische Regierung verbinde ich die Hoffnung, daß auch der amerikanische Kongreß zur Mitverantwortung der USA für die Verwirklichung des Friedensabkommens durch die

    Bundesminister Dr. Klaus Kinkel
    geplante Entsendung amerikanischer Soldaten nach Bosnien steht und zustimmen wird.
    Präsident Clinton wird am Wochenende zusammen mit dem Bundeskanzler in Ramstein amerikanische Soldaten besuchen, die in Bosnien zum Einsatz kommen sollen. Er ist uns hier wie immer herzlich willkommen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Ludger Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Europa und Amerika brauchen einander in vielfacher Beziehung auch in Zukunft. Die amerikanische Rolle bei der Erreichung des Friedensabkommens wird nicht geschmälert, wenn ich sage, daß der Erfolg von Dayton vor allem durch die Vorarbeit der Kontaktgruppe mit maßgeblicher europäischer und auch russischer Beteiligung möglich wurde. Hier ist außerdem der große Beitrag Frankreichs, Großbritanniens, aber auch kleinerer Partner wie Belgien, Dänemark, der Niederlande zu erwähnen, den diese durch die Entsendung ihrer Blauhelmsoldaten für den Frieden in Bosnien geleistet haben. Vergessen wir nicht: Allein Frankreich hat im ehemaligen Jugoslawien über 50 tote Soldaten und über 300 Verletzte zu beklagen.
    Von Anfang an, meine Damen und Herren, hat die Bundesregierung auf die Einbeziehung Rußlands in den Friedensprozeß größten Wert gelegt. Die Bundesregierung sieht in der weiteren - auch militärischen - Einbindung Moskaus, die jetzt gesichert zu sein scheint, eine wichtige Voraussetzung für den Frieden in der Region.
    Die vereinbarten regelmäßigen 16-plus-1-Konsultationen in Brüssel und der russische Beitrag zur internationalen Friedenstruppe in Bosnien schaffen eine neue Qualität der Beziehungen zwischen der NATO und Rußland. Das kann, ja ich sage: es wird über Bosnien hinaus positive Auswirkungen auf die angestrebte Sicherheitspartnerschaft haben, auch im Kontext der geplanten NATO-Erweiterung.
    Die Bundesregierung legt auch weiterhin großen Wert auf die Einbindung der islamischen Staatenwelt in den Friedensprozeß. Bosnien ist ein islamisches Land. Wir brauchen diese Länder. Sie sind mit ihren Soldaten im Einsatz gewesen, und wir brauchen sie auch für die Wiederaufbauleistung und für die Gesamtregelung in der Region.
    Meine Damen und Herren, mein Dank geht natürlich ganz besonders auch an die deutsche Delegation, an meine Mitarbeiter und den Vertreter des Bundesministeriums der Verteidigung. Sie haben unter größter Belastung gerade in den letzten drei Wochen in Dayton im wahrsten Sinne Tag und Nacht mitgearbeitet und bei einigen für uns besonders wichtigen Fragen maßgeblich zum Erfolg beigetragen. Herzlichen Dank!

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Der amerikanische Außenminister hat mich am Tag
    nach der Paraphierung des Friedensabkommens in
    Dayton angerufen und sich ausdrücklich für das deutsche Engagement bedankt.
    Unsere Vertreter haben in besonderer Weise beim Abschluß des Föderationsabkommens, bei der Vereinbarung über die Rückkehr der Flüchtlinge, im Bereich der Rüstungskontrolle und Abrüstung sowie nicht zuletzt bei der Formulierung der bosnischen Verfassung mitgewirkt. In diesem Zusammenhang möchte ich auch dem früheren Verfassungsrichter Professor Steinberger sehr herzlich für sein Engagement und seinen ganz wesentlichen Beitrag Dank und Anerkennung aussprechen.
    Meine Damen und Herren, die Ergebnisse von Dayton entsprechen der von Deutschland und Frankreich entscheidend mitformulierten Position der Europäischen Union:
    Erstens. Bosnien-Herzegowina bleibt als Völkerrechtssubjekt in seinen 1992 international anerkannten Grenzen erhalten. Im Verhältnis der Nachfolgestaaten des früheren Jugoslawiens zueinander gelten die internationalen Standards der UN-Charta und der Helsinki-Schlußakte, das heißt: der Grundsatz der Achtung souveräner Gleichheit, territorialer Integrität, der politischen Unabhängigkeit und der friedlichen Streitbeilegung.
    Zweitens. Die Verfassung sieht eine Präsidentschaft, einen Ministerrat, ein Parlament, eine Zentralbank, e in Verfassungsgericht und eine Staatsbürgerschaft des Gesamtstaates vor. Die Wahlen für die Präsidentschaft und das Parlament sollen wie die Wahlen in der Föderation und auch in der serbischen Republik innerhalb der nächsten neun Monate stattfinden und von der OSZE überwacht werden. Diese Wahlen sind für den gesamten Friedensprozeß von ganz entscheidender Bedeutung und für die OSZE eine ganz wichtige Bewährungsprobe.
    Die kroatisch-bosniakische Föderation muß mit Leben erfüllt werden. Die in Dayton auf deutsche und amerikanische Initiative hin erzielte Vereinbarung zur Rückkehr von kroatischen und bosnischen Vertriebenen in ihre Heimatorte muß schnell umgesetzt werden.
    Mostar ist das Symbol für das Ziel des friedlichen Zusammenlebens von Kroaten und Bosniaken. Ich möchte heute hier zum wiederholten Male Hans Koschnick für seinen Mut und seinen Einsatz sehr herzlich danken.

    (Beifall im ganzen Hause)

    Ihm ist in Dayton ein entscheidender Schritt zur Normalisierung in dieser Stadt gelungen. Die Bewegungsfreiheit in Mostar soll ab 1. Dezember dieses Jahres für die gesamte nicht militärdienstfähige Bevölkerung in der Stadt gelten - ein wesentlicher Fortschritt.
    Drittens. Sarajevo wird nicht zur geteilten Stadt. Wir Deutsche freuen uns darüber besonders, weil wir wissen, was die unmenschliche Trennung Berlins für uns bedeutet hat.
    Zu den Äußerungen aus Pale, wonach die bosnischen Serben diesen Teil des Friedensabkommens

    Bundesminister Dr. Klaus Kinkel
    nicht respektieren würden, sage ich mit aller Deutlichkeit: Das Abkommen wurde von Präsident Milosevic als dem autorisierten Vertreter der bosnischen Serben paraphiert und bindet ganz eindeutig auch Pale. Es fordert von allen Seiten schmerzliche Zugeständnisse, auch von den Bosniaken, den Moslems, auch von den Kroaten. Leider Gottes ist die Geschichte der Friedensbemühungen der letzten vier Jahre auch eine Geschichte gebrochener Vereinbarungen. Deshalb muß das Friedensabkommen von Dayton unter allen Umständen eingehalten und respektiert werden. Nachverhandlungen kann und wird es nicht geben!

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Viertens. Die Menschenrechte werden durch einen umfassenden Grundrechtekatalog entsprechend der Europäischen Menschenrechtskonvention garantiert. Es wird eine Menschenrechtskommission eingerichtet, die aus dem OSZE-Ombudsmann und einer Menschenrechtskammer besteht. Sie fällt für die Parteien bindende Entscheidungen. Dies soll den Menschen wieder Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit geben.
    Fünftens. In Art. IX des Rahmenabkommens wird die volle Zusammenarbeit der Parteien bei der Untersuchung und Verfolgung von Kriegsverbrechen zugesagt. Diese Zusage - darauf müssen wir besonders drängen - muß eingehalten werden.

    (Beifall des Abg. Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD])

    Der Deutsche Bundestag fordert zu Recht in seiner Entschließung die ungehinderte Aufklärung aller Kriegsverbrechen durch internationale Kommissionen, die Aufklärung des Schicksals von Vermißten und Verschwundenen und die Auslieferung von Beschuldigten an den Internationalen Gerichtshof in Den Haag. Die schlimmen Verbrechen in Srebrenica und anderswo dürfen nicht unter den Teppich gekehrt werden!

    (Beifall bei der F.D.P., der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Karadzic, Mladic und andere, die sich strafrechtlich schuldig gemacht haben, gehören vor den Internationalen Gerichtshof.

    (Beifall im ganzen Hause)

    Über all das Furchtbare, das geschehen ist, darf eben nicht der Mantel des Vergessens gebreitet werden. Der katholische Bischof von Banja Luka hat recht, wenn er sagt: „Der Friede muß mit Vergebung und Nächstenliebe verbunden sein, aber auch mit Gerechtigkeit." Wirkliche Versöhnung kann es nicht geben ohne Wahrheit und Gerechtigkeit für die Opfer von Mord, Folter, Vertreibung und Vergewaltigung.
    Sechstens. Die Parteien sind verpflichtet, die Voraussetzungen für eine baldige und sichere Rückkehr der Vertriebenen und Flüchtlinge zu schaffen. Deutschland hat mit der Aufnahme von über 400 000
    Bürgerkriegsflüchtlingen aus dem ehemaligen Jugoslawien einen herausragenden Beitrag geleistet. Die UNO-Hochkommissarin für Flüchtlingsfragen Ogata hat ein Konzept für die Rückführung vorgelegt. Wir werden mit ihr zusammenarbeiten, weil das gerade für uns besonders wichtig ist.
    Eine schnelle Rückführung ist im Interesse der Betroffenen, ist im Interesse unserer Bürger wie auch im Interesse des Wiederaufbaus der Region. Aber natürlich werden wir niemanden vor die Tür setzen, bevor die Verhältnisse vor Ort geklärt sind.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Meine Damen und Herren, der Abschluß des Friedensabkommens von Dayton war das Ergebnis einer großen gemeinsamen Anstrengung. Hierzu zählen nicht nur die politischen Bemühungen der Kontaktgruppe; hierzu zählt auch die Präsenz von 35 000 Blauhelmen aus über 30 Ländern. Hierzu zählt vor allem aber auch die enorme humanitäre Unterstützung, die die internationale Staatengemeinschaft über vier Jahre geleistet hat.
    Von der Aufnahme der über 400 000 Flüchtlinge abgesehen, hat Deutschland seit 1991 im ehemaligen Jugoslawien mit zirka 1 Milliarde DM geholfen. Unzählige Bürger und freiwillige Helfer haben genauso wie vor allem natürlich unsere Bundeswehrsoldaten und, nicht zu vergessen, auch Angehörige des Bundesgrenzschutzes außerordentlich viel für die Menschen in Bosnien geleistet.

    (Beifall bei der F.D.P., der CDU/CSU und der SPD)

    Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich auch das Engagement vieler unserer Kollegen und Kolleginnen aus dem Deutschen Bundestag erwähnen. Oft ist es nach draußen gar nicht so bekanntgeworden. Ich nenne den Kollegen Schwarz-Schilling, den Kollegen Duve, die Kollegin Beck sowie Frau Schwaetzer und andere aus meiner Fraktion. Ihnen allen sollten wir auch heute im Deutschen Bundestag Dank und Anerkennung zollen. Sie alle haben gezeigt, daß unser Land ein Herz hat, und die betroffenen Menschen danken uns das.

    (Beifall bei der F.D.P., der CDU/CSU, der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Meine Damen und Herren, nach Dayton bedarf es jetzt einer erneuten großen internationalen Anstrengung, um den Frieden in Sarajevo, in Banja Luka, in Gorazde und anderswo auch Wirklichkeit werden zu lassen. Der Fahrplan sieht wie folgt aus:
    Erstens. Förmliche Unterzeichnung des Friedensabkommens wohl am 14. Dezember in Paris. Ich schränke das ganz leicht ein.
    Zweitens. Darauf folgend ein neues Mandat des UN-Sicherheitsrates für die militärische Absicherung des weiteren Friedensprozesses.
    Drittens. Die Londoner Implementierungskonferenz für die zivilen Aufgaben voraussichtlich am 8. und 9. Dezember.

    Bundesminister Dr. Klaus Kinkel
    Viertens. Danach der Auftakt für die Rüstungskontrollverhandlungen zwischen den Parteien auf dem Petersberg in Bonn. Dieses Treffen soll möglichst bald nach der Unterzeichnung des Friedensabkommens stattfinden.
    Die militärische Absicherung des Friedensprozesses wird besonders zu Beginn des Prozesses eine ganz entscheidende Rolle spielen. Das wird gerade auch von den Konfliktparteien so gesehen, und das ist wichtig. Für einen dauerhaften Frieden entscheidend wird jedoch vor allem die politische und wirtschaftliche Entwicklung sein, weil die Menschen spüren, fühlen müssen, was ihnen persönlich der Friede bringt. Von den Kriegsereignissen sind immerhin rund 3,5 Millionen Menschen betroffen. Hinter dieser Zahl steckt unendliches menschliches Leid. Diese Zahl macht auch deutlich, daß der Wiederaufbau der Region, die Wiedereingliederung der Flüchtlinge und die Schaffung demokratischer und rechtsstaatlicher Strukturen nur als internationale Gemeinschaftsleistung bewältigt werden können. Das bedeutet eine angemessene Lastenverteilung zwischen allen potentiellen Gebern und Helfern, der EU, den USA, Japan, den islamischen Staaten und vor allem natürlich auch den internationalen Finanzinstitutionen.
    Die Weltbank schätzt den Gesamtbedarf an Wiederaufbauhilfe auf 3 bis 4,5 Milliarden US-Dollar über einen Dreijahreszeitraum. Die EU-Kommission denkt an einen europäischen Gesamtbeitrag von einer Milliarde ECU für das nächste Jahr, den wir im Rat beschlossen haben.
    Deutschland wird sich natürlich auch finanziell weiterhin seiner Verantwortung für den Frieden in der Region stellen. Allerdings war unser bisheriger Beitrag bereits beachtlich. Die Bundesregierung hat neben dem etwa 30prozentigen Anteil an den EU- Leistungen von 1993 bis 1995 erhebliche bilaterale technische Hilfe in Bosnien-Herzegowina geleistet. Unter anderem wurden der Wiederaufbau von Eisenbahnbrücken bei Mostar, Saatgutlieferungen, die Wiederaufnahme der Nahrungsmittelproduktion, die Ausstattung des Kosevo-Hospitals in Sarajevo, der Bau von Wohnungen für Flüchtlinge und Vertriebene und die Energieversorgung von Sarajevo finanziert.
    Diese Art projektbezogener Hilfe wollen wir fortsetzen, und ich möchte hier auch einmal hervorheben, was unsere Landkreise und Kommunen in diesem Zusammenhang geleistet haben. Sie haben für die Flüchtlinge Leistungen in Milliardenhöhe erbracht.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Eine gerechte Lastenverteilung beim Wiederaufbau ist deshalb für uns von um so größerer Bedeutung.
    Es kann nicht so sein, daß Europa und in Europa Deutschland weiter sehr viel allein auf ihre Schultern laden sollen. Die Europäische Union hat durch humanitäre Hilfe in Höhe von 1,6 Milliarden ECU, ihr Engagement in Mostar, die Entsendung ihrer Beobachter und die Unterstützung der UNO- und
    NATO-Maßnahmen ihr großes Engagement und ihre Verantwortung für Notleidende, Flüchtlinge und Vertriebene bewiesen. Sie wird ihr weiteres Vorgehen eng mit den Gebern, insbesondere mit der Weltbank und dem IWF, abstimmen.
    Die EU-Kommission wird gemeinsam mit der Weltbank zu einer Geberkonferenz Mitte Dezember nach Brüssel einladen.
    Ganz große Bedeutung, meine Damen und Herren, wird der wirksamen Koordinierung der zivilen Friedensaufgaben zukommen. Mit dieser Aufgabe wird auf der Implementierungskonferenz in London ein hoher Repräsentant beauftragt werden. Wahrscheinlich wird es der frühere schwedische Ministerpräsident Carl Bildt sein. Er wird mich im übrigen heute mittag besuchen. Die Bundesregierung wird ihm bei seiner schwierigen Aufgabe, wenn er es werden sollte und selber gewillt ist, diese schwierige Aufgabe zu übernehmen, auch personell unterstützen. Wir werden das, was an Koordinierungsmaßnahmen innerhalb der Bundesrepublik notwendig ist, durchführen, denn es fließen ja außenpolitische und sehr viele innenpolitische Aufgaben, die da auf uns zukommen, ineinander über.
    Meine Damen und Herren, die Bundesregierung hat sich von Anfang an für die Verknüpfung von Menschen- und Minderheitenrechten, der Flüchtlingsrückführung und der Inanspruchnahme von Wiederaufbauleistungen eingesetzt. Ich glaube, daß das wichtig ist.
    Dieser im Friedensabkommen festgelegte Zusammenhang wurde von den Außenministern der Europäischen Union am 30. Oktober 1995 in Luxemburg bekräftigt:
    Nothilfe und humanitäre Hilfe gehen an alle Bedürftigen.
    Wiederaufbauhilfe wird vorrangig an die kriegsgeschädigten Gebiete, das heißt an Bosnien-Herzegowina und teilweise an ehemals serbisch besetzte Gebiete Kroatiens gehen.
    Wer jedoch Menschen- und Minderheitenrechte verletzt, wer Autonomie- und Minderheitenrechte mißachtet und wer für Flüchtlinge keine Rückkehrmöglichkeiten schafft, soll und wird keine Wiederaufbauhilfe bekommen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Gerhard Zwerenz [PDS])

    Aggression kann und darf insoweit nicht belohnt werden.
    Die Europäische Union strebt im Verhältnis zu den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawiens eine baldige politische und wirtschaftliche Normalisierung an. Im Verhältnis zu Belgrad haben die EU- Außenminister am 30. Oktober die Normalisierung an eine Reihe von Voraussetzungen geknüpft. Im Vordergrund stehen dabei die Respektierung und der Schutz von Menschen- und Minderheitenrechten. Ich möchte betonen, daß eine Autonomieregelung im Kosovo und in der Vojvodina langfristig

    Bundesminister Dr. Klaus Kinkel
    auch im wohlverstandenen Eigeninteresse Belgrads liegt. Das Schicksal der Menschen dort darf nicht vergessen oder verdrängt werden. Es ist in Dayton aus Zeitgründen leider etwas zu kurz gekommen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Noch ein wichtiger Punkt: Deutschland war nie Partei gegen das serbische Volk, sondern wir standen an der Seite der Opfer von Krieg, Vertreibung und Vergewaltigung. Wir wollen allerdings auch, daß das serbische Volk wieder seinen Platz in Europa findet. Auch das gehört zu einem dauerhaften Frieden in der Region.

    (Beifall bei der F.D.P., der CDU/CSU und der SPD)

    Meine Damen und Herren, diesen Frieden kann es nicht geben, wenn sich auch in Zukunft bis an die Zähne bewaffnete Konfliktparteien gegenüberstehen. Deshalb war die Bundesregierung von Anfang an der Überzeugung, daß der Friedensprozeß eine rüstungskontrollpolitische Flankierung benötigt. Auf unser Drängen wurde das zum Vertragsbestandteil. Zum Erfolg von Dayton gehören auch die weitreichenden Bestimmungen über militärische Vertrauensbildung, Abrüstung und Rüstungskontrolle, insbesondere die Festlegung von Höchstgrenzen für schwere Waffen und die Verpflichtung zu ihrer Reduzierung.
    Die Verhandlungen über vertrauens- und sicherheitsbildende Maßnahmen, Rüstungsbeschränkungen und Abrüstungsschritte nach dem Muster des KSE-Vertrages und entsprechender OSZE-Vereinbarungen sollen durch eine Konferenz auf dem Petersberg eingeleitet werden. Die Fortsetzung soll dann in Wien unter dem Dach der OSZE stattfinden. Wir müssen auf jeden Fall einen erneuten Rüstungswettlauf verhindern. Ich begrüße die zentrale Rolle, die der OSZE dabei zukommt, und erhoffe mir dadurch eine weitere Stärkung dieser Organisation und damit auch einen Impuls für die kooperative gesamteuropäische Sicherheitsarchitektur, die wir anstreben.
    Meine Damen und Herren, zum Kabinettsbeschluß dieser Woche: Die Bundesregierung hat beschlossen, zur Unterstützung der NATO-Friedenstruppe rund 4 000 Soldaten zu entsenden, in erster Linie Pionier-, Stabs- und Sanitätskräfte sowie Transport- und Aufklärungsflugzeuge. Die Luftkomponente wird integraler Bestandteil auch von IFOR sein. Unsere Partner erwarten von uns zu Recht, daß wir uns gerade auch mit dieser Komponente nicht ausklinken, sondern uns mit den für Aufklärung und Begleitschutz besonders geeigneten Tornados beteiligen. Die Tornados, die seit dem 21. Juli in Piacenza stationiert sind, haben in zahlreichen Flügen zum Schutz von UNPROFOR und der Schnellen Eingreiftruppe beigetragen. Sie werden auch im Rahmen von IFOR ihren Beitrag leisten.
    Ich frage die Opposition: Sollen denn die Soldaten der Friedenstruppe - unsere eigenen wie die der Verbündeten - nicht den bestmöglichen Schutz erhalten?

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU Zuruf von der CDU/CSU: Sehr gute Frage!)

    Wie wollen wir eine andere Entscheidung gegenüber den Familien der Soldaten vertreten? Ich jedenfalls empfinde das als schwierig.
    Es geht um den Schutz der Flugzeuge und Soldaten, die in der Luft und am Boden die Einhaltung des Friedensschlusses überwachen. Es geht also nicht um Kriegsführung, sondern um Kriegsverhinderung, um den Schutz von Menschenleben. Auch hier werden unsere Kräfte gebraucht, genauso wie im Sanitäts- und Logistikbereich. Deshalb können und werden wir hier nicht „ohne uns" sagen. Mein Appell geht an die SPD und Bündnis 90/Die Grünen: Überdenken Sie nochmals Ihre Haltung. Geben auch Sie unseren Soldaten am 6. Dezember die politische Unterstützung, die sie für ihren Einsatz brauchen und auch verdient haben, und zwar uneingeschränkt und unzweideutig.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, unsere Soldaten sollen in Kroatien stationiert werden, aber - wenn nötig - vorübergehend auch in Bosnien zum Einsatz kommen. Die Kontingente werden zu 70 Prozent aus Berufs- und Zeitsoldaten bestehen, und kein Wehrpflichtiger wird gegen seinen Willen eingesetzt.
    Es ist jetzt ganz wichtig, daß ein Wiederaufflammen der Auseinandersetzungen auf jeden Fall unterbunden wird. Deshalb ist es auch so wichtig, daß die NATO-Verbände so schnell wie möglich in die Region entsandt werden. Um dies möglich zu machen, soll ein Vorauskommando von rund 2 500 Soldaten noch vor der Unterzeichnung des Friedensabkommens in Paris nach Sarajevo und an andere Orte geschickt werden. Darunter sind 170 bis 180 deutsche Offiziere und Soldaten in den integrierten Stäben. Diese Soldaten wollen und werden wir nicht ohne einen Beschluß des Deutschen Bundestages in ihren Einsatz schicken,

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    weil wir der Meinung sind, daß sie eine feste politische, aber auch rechtliche Absicherung und Einbindung brauchen.
    Deshalb haben wir uns - auch nach Gesprächen mit der Opposition - entschieden, den Deutschen Bundestag, Sie, bereits am 6. Dezember um Zustimmung zu bitten.
    Die Unterzeichnung des Daytoner Verhandlungsergebnisses wird wohl erst um den 13./14. Dezember möglich sein, aber die drei Konfliktparteien haben in Dayton - ich habe das gestern auch im Auswärtigen Ausschuß vorgetragen - vereinbart, daß das Abkommen bereits jetzt für sie völkerrechtlich verbindlich und bindend ist.
    Unmittelbar nach der Unterzeichnung in Paris wird der UN-Sicherheitsrat das Mandat beschließen; da bin ich sicher. Entscheidend ist: Die Entsendung unserer Soldaten bleibt eindeutig an die Unterzeich-

    Bundesminister Dr. Klaus Kinkel
    nung des Abkommens und an das Mandat des Sicherheitsrats geknüpft. Deshalb ist dieses Vorgehen auch verfassungsrechtlich und politisch abgesichert.
    Meine Damen und Herren, der jetzt vorgesehene Einsatz unserer Soldaten markiert einen weiteren historischen Einschnitt. Er wird der größte Auslandseinsatz für unsere Bundeswehr in ihrer bisherigen Geschichte sein. Ich bin sicher, daß wir alle zutiefst hoffen, daß unseren Soldaten das Schicksal von zahlreichen ihrer Kameraden aus anderen Ländern erspart bleibt. Aber dieser Einsatz ist nicht gefahrlos, und er kann auch Opfer fordern. Das müssen wir unseren Bürgern und auch den Soldaten klar und deutlich sagen.
    Die Bundesregierung geht an diesen Einsatz mit Umsicht und mit Bedacht heran. Wir wissen um die Verantwortung, die wir für unsere Soldaten haben. Natürlich werden und müssen wir alles tun, um sie bestens ausgerüstet in diesen Einsatz zu schicken.
    Die Sorge der Eltern um ihre Söhne ist verständlich; wir teilen sie. Aber wir dürfen und wir können nicht beiseite stehen, wenn die Soldaten unserer Partner und Freunde für die geschundenen Menschen im ehemaligen Jugoslawien endlich den erhofften Frieden durchsetzen.
    Die USA werden wohl 20 000, Großbritannien zirka 13 000, Frankreich zirka 11 000 Soldaten entsenden. Wir Deutsche konnten uns in schwierigsten Zeiten der Teilung Deutschlands und Berlins auf unsere Partner und Freunde verlassen. Jetzt wollen und müssen wir auch Solidarität zeigen.
    Bei dieser Entscheidung geht es aber nicht allein um Dank und Solidarität, sondern es geht auch um ein vitales deutsches und europäisches Interesse, weil Europa in seinem eigenen Haus verhindern muß, daß Nachbarstaaten überfallen und Menschenrechte mit Füßen getreten werden.
    Wir alle sollten gemeinsam dafür sorgen, daß Deutschland seiner Verantwortung für den Frieden und die Menschenrechte in Europa gerecht werden kann. Das ist die europäische Dimension und Verantwortung der von diesem Haus am 6. Dezember zu treffenden Entscheidung.
    Die Bundesregierung hat vor allem nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Juli 1994 die deutsche Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik mit Augenmaß in Richtung regionaler Friedenssicherung weiterentwickelt. Damit haben wir die Bündnis- und Europafähigkeit unserer Politik erhalten. Die breite Zustimmung in unserer Öffentlichkeit zu dieser Politik und die wachsende Unterstützung auch hier in diesem Hause unterstreichen, daß wir auf dem richtigen Weg sind.
    Meine Damen und Herren, die Menschen im ehemaligen Jugoslawien haben jetzt erstmals seit vier Jahren die Hoffnung auf ein friedliches Weihnachtsfest. Ich glaube, wir alle sollten dazu beitragen und mithelfen, daß diese Hoffnung in Erfüllung geht, damit dieses Fest für alle Menschen in Europa, insbesondere aber im früheren Jugoslawien, ein friedliches wird.

    (Anhaltender Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Kollege Günter Verheugen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Günter Verheugen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion begrüßt die Ergebnisse der Friedensverhandlungen in Dayton. Das Abkommen ist noch nicht der Frieden selbst, aber es sorgt dafür, daß die Waffen schweigen, und es eröffnet die Chance, einen Friedensprozeß in Gang zu setzen, an dessen Ende, wie wir alle wohl gemeinsam hoffen, ein dauerhaft gesichertes friedliches Zusammenleben der Völker im ehemaligen Jugoslawien stehen wird.
    Es ist ein bewegender Moment, wenn man sagen kann: Ein Krieg ist vorbei. Ich rate, sich bei den Debatten, die wir in diesem Zusammenhang zu führen haben, immer die Bilder der Menschen vor Augen zu halten, die in den letzten Jahren unter diesem Krieg so schwer gelitten haben, wie alle diejenigen ermessen können, die in unserem eigenen Land die Schrecken des Krieges noch erlebt haben. Bei allen Gefahren und Risiken, die nicht verschwiegen werden dürfen, sollte dieses Ergebnis nicht für selbstverständlich gehalten werden.
    Als wir zuletzt am 30. Juni in einer sehr leidenschaftlichen, aufgewühlten Debatte den Krieg in Bosnien und unsere deutsche Verantwortung diskutiert haben, war nicht vorauszusehen, daß wenige Monate später die Umsetzung eines Friedensvertrages hier zur Debatte stehen könnte. Ich möchte deshalb im Namen meiner Fraktion allen danken, die den Friedensschluß möglich gemacht haben. Dieser Dank richtet sich an erster Stelle an den amerikanischen Präsidenten Clinton, der ein hohes politisches Risiko eingegangen ist.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der F.D.P.)

    Der Präsident hat sich seiner weltpolitischen Verantwortung gestellt, und wir sollten nun das Unsere tun, um ihm die Zustimmung des Kongresses zu erleichtern.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der F.D.P.)

    Ich schließe in unseren Dank die Verhandlungsdelegationen der Kontaktgruppenstaaten ein und möchte auch die wichtige und positive Rolle der deutschen Delegation hervorheben. Das Abkommen von Dayton beruht in der Tat in wesentlichen Teilen auf Vorarbeiten der Kontaktgruppe; Dayton war keine rein amerikanische Veranstaltung, auch wenn es in der Präsentation so erscheinen mochte. Aber darüber muß man sich wohl nicht beklagen. Letztlich zählt nur das Ergebnis.

    Günter Verheugen
    Meine Damen und Herren, es ist jetzt notwendig, die richtige Beziehung zwischen den zivilen und den militärischen Aspekten der Vereinbarungen von Dayton herzustellen. Die militärische Absicherung des Friedensprozesses ist eine notwendige Bedingung; sie steht aber nicht im Zentrum. Sie hat eine dienende Funktion.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Der Einsatz der Soldaten dient einem politischen Zweck. Im Kern geht es darum, in der Konfliktregion der Demokratie und den Menschenrechten zum Durchbruch zu verhelfen. Dafür steht nur ein Jahr zur Verfügung. Das ist bitter wenig. Darum müssen wir verlangen, daß die Umsetzung des zivilen Teiles der Vereinbarungen nicht hinter dem militärischen zurückbleibt. Ich sehe, daß die militärischen Vorkehrungen mit Tempo und mit Energie getroffen werden. Auf der zivilen Seite vermisse ich ein solches entschlossenes Herangehen.

    (Beifall bei der SPD)

    Es ist auch nach der Regierungserklärung des Bundesaußenministers nicht klar geworden, zu welchen Leistungen die Bundesregierung bereit sein wird. Vom Bundeskanzler habe ich nur gehört, daß er nicht der Zahlmeister sein will.

    (Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl: Das habe ich nicht gesagt!)

    Da stellt sich allerdings die Frage, was denn der Milliardenaufwand für die internationale Friedenstruppe bringen soll, wenn die materiellen Voraussetzungen für den Frieden selber fehlen.

    (Beifall bei der SPD)

    Es darf kein Mißverhältnis entstehen zwischen der Bereitschaft, für das militärische Engagement zu zahlen, und der Bereitschaft zum politischen Engagement.

    (Beifall bei der SPD)

    Das sage ich auch im Interesse der Soldaten, die in das ehemalige Jugoslawien geschickt werden sollen. Wir dürfen sie nicht in die UNPROFOR-Falle laufen lassen: hineinzugehen und dann nicht wieder heraus zu können. Das militärische Engagement ist nur gerechtfertigt, wenn der politische Zweck mit allem Nachdruck verfolgt wird.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir können eine Menge gerade dort tun, wo es nicht in erster Linie um materielle Hilfe geht. Den Menschen in Bosnien zu helfen, wieder Vertrauen zueinander zu gewinnen, der Aufbau demokratischer Strukturen und Förderung von Selbsthilfeprogrammen, das alles muß nicht am Geld scheitern - und darf es auch nicht. Was Hans Koschnick in Mostar vollbringt, ist nicht in erster Linie dem Geld geschuldet, sondern dem Einsatz der Person.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Wir wollen, soweit es irgend geht, zivile Organisationen und ihre freiwilligen Helfer ermutigen, am Aufbau des Friedens mitzuwirken. Ich appelliere vor allem an die junge Generation unseres Landes, sich für einen konkreten Friedensdienst zur Verfügung zu stellen. Ich appelliere an die Städte und Gemeinden, mit Patenschaften und Partnerschaften einen Beitrag zu leisten. Die Hilfe von Mensch zu Mensch wird mindestens so wichtig sein wie das, was die Soldaten tun müssen.
    Ich möchte ein Wort zu den Bürgerkriegsflüchtlingen sagen. Wir wollen, daß sie in ihre Heimat zurückkehren können. Aber wir wollen nicht, daß sie jetzt in Angst und Schrecken versetzt werden und ihnen mit Abschiebung gedroht wird.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der F.D.P. und der PDS)

    Wir sehen in dieser Gruppe ein Potential von Menschen, die wir schon hier darauf vorbereiten können, in ihrer Heimat verantwortungsvoll den Wiederaufbau zu leisten.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Entsprechende Ausbildungsförderprogramme müssen schnell beginnen, wenn sie Wirkung entfalten sollen. Es reicht nicht aus, sich zu rühmen, daß wir mehr Flüchtlinge aufgenommen haben als alle übrigen EU-Staaten zusammen. Das war unsere Pflicht gegenüber bedrängten Mitmenschen.
    Meine Damen und Herren, das Friedensabkommen von Dayton und seine Umsetzung enthalten einige Elemente, die über das aktuelle Ereignis hinaus große Bedeutung haben. Da ist zunächst die Mitwirkung Rußlands an einer von der NATO geführten Operation. Das kann ein ganz neues, positives Verhältnis zwischen Rußland und der NATO schaffen

    (Siegfried Hornung [CDU/CSU]: Das ist eines!)

    und den sicherheitspolitischen Dialog entspannen und fruchtbar machen.
    Ebenso positiv sehe ich die Rolle, die der OSZE zugewiesen wird. Ihr fällt die schwierige Aufgabe zu, demokratische Wahlen zu ermöglichen und den Rüstungskontrollprozeß zu organisieren. Für die OSZE ist das eine Bewährungsprobe, die sie aber nur bestehen kann, wenn sie auch die nötige Ausstattung zur Erfüllung ihres Auftrages erhält. Wir wünschen uns eine starke Rolle der OSZE bei der Konfliktprävention und beim Konfliktmanagement. Sie muß aus der Rolle eines vernachlässigten Waisenkindes heraus. Sie bietet schon jetzt große Möglichkeiten und würde noch größere bieten, wenn man ihre rechtlichen Grundlagen stärken und ihre Handlungsfähigkeit auch materiell ausbauen würde.
    Das dritte wichtige Element ist die Rolle der Europäischen Union. Wir wollen uns nichts vormachen: Die Europäische Union ist im Jugoslawien-Konflikt vor allem an sich selber gescheitert. Ihre gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik könnte sich aber jetzt in einer anderen Weise bewähren. Die Stabilität

    Günter Verheugen
    der gesamten Balkanregion wird ohne aktive Mitwirkung der Europäischen Union nicht zu erreichen sein.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Hier stellt sich eine der großen, leider - Herr Kinkel hat darauf hingewiesen - noch offenen Fragen. Der Frieden in Bosnien ist wichtig, für die betroffenen Menschen gewiß das Wichtigste; aber er ist noch nicht alles. Im ehemaligen Jugoslawien haben wir es mit weiterem, gefährlichem Konfliktpotential zu tun. Ich nenne nur ein Beispiel: Vor allem Kosovo ist ein Sicherheitsrisiko ersten Ranges mit Auswirkungen weit über Kosovo hinaus. Wenn Konfliktprävention keine Phrase ist, dann muß das Kosovo-Problem im Dialog mit Belgrad und den Kosovo-Albanern jetzt entschlossen angepackt werden.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Wir wollen, daß auch unsere Beziehungen zu Belgrad normalisiert werden. Wir wollen, daß Serbien seinen Weg zurück in europäische und internationale Strukturen findet. Ich stimme dem Außenminister aber ausdrücklich darin zu, daß dann Bedingungen erfüllt sein müssen. Das wird nur gelingen, wenn zum Beispiel die Autonomiefragen für Kosovo und die Fragen in der Vojvodina gelöst sind. Diese Forderung richtet sich nicht nur an die politische Führung in Belgrad, sondern auch an die Kosovo-Albaner, die wissen müssen, daß Sezessionsbestrebungen in Europa keine Unterstützung finden werden.
    Ungelöst ist das ebenfalls konfliktträchtige Vojvodina-Problem. Auch das darf nicht liegengelassen werden. Prinzipiell gilt: Überall im ehemaligen Jugoslawien müssen die Menschenrechte und der Schutz der Minderheiten gesichert sein.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Das ist die Voraussetzung dafür, daß man den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawiens den Weg in die europäische Integration öffnen kann.
    Die Bundesregierung setzt sich jetzt für ein ziviles Minimalprogramm ein, das nur die Kriegsgebiete Bosniens erfaßt. Dieser Ansatz greift zu kurz. Dauerhafter Friede auf dem Balkan wird nur möglich sein, wenn über einen Wiederaufbau der Kriegsgebiete hinaus den Menschen in allen Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawiens die gleiche Chance eines Neubeginns gegeben wird.
    Bei aller Erleichterung über den Erfolg von Dayton darf nicht übersehen werden, daß die nur noch formale Rolle der Vereinten Nationen im Friedensprozeß und der Implementierung ein Rückschritt ist. Ich halte es nicht für richtig, zu sagen, die Vereinten Nationen hätten sich als unfähig erwiesen, das Problem zu lösen. In den entscheidenden Momenten sind es die Mitglieder des Sicherheitsrates selbst gewesen, die die Handlungsfähigkeit der Vereinten Nationen eingeschränkt haben.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Aber man muß zwei Dinge anerkennen: Ohne die von den Vereinten Nationen verhängten Sanktionen wäre die serbische Politik nicht auf Friedenskurs gegangen. Ich halte diesen Punkt für wichtig, da Bundesregierung und Koalition immer davon reden, daß Sanktionen noch nie etwas bewirkt hätten. Hier haben sie sogar sehr viel bewirkt. Das sollte Anlaß genug zum Nachdenken darüber sein, ob die Trennung von Politik und Handel in bestimmten Konfliktsituationen nicht doch nur eine bequeme Ausflucht ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Das andere Element ist die Leistung von UNPROFOR. UNPROFOR hat hohe Verluste gehabt, besonders beim französischen Kontingent. Wir würden unseren französischen Nachbarn und den anderen Truppenstellern nicht gerecht, wenn wir ihre Opfer als vergeblich betrachten würden. Ohne die Blauhelme wäre der Krieg noch viel mörderischer und schrecklicher gewesen, vor allem für die wehrlose Zivilbevölkerung.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Die SPD-Bundestagsfraktion hält daran fest, daß die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit die Aufgabe des kollektiven Sicherheitssystems Vereinte Nationen ist. Nur ein voll entwickeltes, handlungsfähiges, kollektives Sicherheitssystem ist in der Lage, zuverlässig dafür zu sorgen, daß nicht das Recht des Stärkeren, sondern die Stärke des Rechts die internationalen Beziehungen bestimmt.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Über die Lehren aus der jugoslawischen Katastrophe muß auch hier noch einmal in Ruhe und gründlich gesprochen werden. Die für den Bosnien-Konflikt gefundene Lösung einer internationalen Friedenstruppe unter Leitung der NATO wird als Modell für die Zukunft nicht taugen.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Es würde - man muß das klar sehen - sowohl bei außereuropäischen Konflikten als auch bei Konflikten auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion nicht funktionieren. Deshalb muß eine stabile Friedenspolitik die vorhandenen Institutionen miteinander verbinden und sinnvoll aufeinander beziehen. Dabei werden sowohl die Europäische Union als auch die NATO ihre Rolle haben. Aber es geht nicht ohne eine UNO, die so handeln kann, wie es ihrem Gründungszweck entspricht.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir sollten das nie vergessen: Die Vereinten Nationen sind entstanden, weil sich die Staatengemeinschaft kollektiv vor Aggression und Völkermord schützen wollte. Die Welt ist jedenfalls heute noch so beschaffen, daß ein solcher Schutz auch nötig ist. Selbstverständlich muß unser Land den Vereinten Nationen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben helfen.

    Günter Verheugen
    Wenn ich die Diskussion in den Reihen der Bündnisgrünen richtig wahrnehme, so geht es dort um die Frage, ob Friedenssicherung allein mit den Mitteln der Konfliktprävention und der friedlichen Streitbeilegung betrieben werden kann oder ob als letztes und äußerstes Mittel auch militärisch eingegriffen werden darf.
    Auch für uns sind die nichtmilitärischen Mittel die wichtigeren. Aber wir können nicht leugnen, daß diese Mittel versagen können und daß sie nicht immer ausreichen. Es muß eine Instanz geben, die das Recht und die Fähigkeit hat, Gewalt zu einem Ende zu bringen, nicht anders als in Rechtsstaaten die Polizei.

    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. HansDietrich Genscher)

    Kollege Fischer ist jetzt in seiner Partei mit einer Form von Realitätsverweigerung konfrontiert, die ich gut kenne. Ich will mich über niemanden erheben, sondern es soll nur der Klarheit der Debatte dienen, wenn ich anmerke, daß Herr Kollege Fischer seine Partei auf eine Position bringen will, die in der SPD schon seit vielen Jahren gilt.

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    - Ich kann ja nicht dafür, wenn Sie die Texte nicht lesen. Das läßt sich nachweisen.

    (Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Ich weiß genau, was Sie vor vier Jahren im Bundestag gesagt haben!)

    Unsere Position ist seit Jahren: Hilfe bei der Friedenssicherung: ja, Kriegführen gegen irgendwen: nein.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich würde es begrüßen, wenn hier ein Stück Gemeinsamkeit entstünde, sowohl in der Anerkennung dessen, was die Vereinten Nationen tun sollen, als auch in der Zurückhaltung, was deutsche militärische Beteiligung angeht, aber keine prinzipielle Verweigerung.
    Damit komme ich zum Beschluß der Bundesregierung, die internationale Bosnien-Friedenstruppe mit Bundeswehreinheiten zu unterstützen. Ich stelle zunächst fest, daß damit das vom Bundeskanzler auf gestellte Dogma „Keine deutschen Soldaten auf jugoslawischem Boden" endgültig aufgegeben ist. Es ist immer ein fragwürdiger Lehrsatz gewesen; denn er bedeutete, daß früheres Unrecht heute zu unterlassener Hilfeleistung führen könnte. Man sollte über die Aufgabe dieses Grundsatzes nicht einfach hinweggehen, weil die historische Belastung im Einzelfall natürlich doch gegeben ist.
    Ich sehe für das moralische Dilemma, das sich daraus ergibt, nur eine einzige handhabbare Lösung: Ein Bundeswehreinsatz im Rahmen einer Friedensmission in Gebieten, wo Hitlers Armeen waren, ist nur möglich, wenn alle Beteiligten ihn ausdrücklich wollen.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Es ist uns aufgegeben, die Risiken für unsere Soldaten ganz sorgsam abzuwägen. Die internationale Friedenstruppe für Bosnien dient der Sicherung eines Friedensvertrags. Sie basiert auf dem Ersuchen der Konfliktparteien. Mithin hat sie keinen Gegner, den es zu bekämpfen gilt, sondern sie übt Ordnungsfunktionen aus.
    Meine Fraktion hält es für notwendig, daß unser Land seinen Beitrag zur Sicherung des Friedens im ehemaligen Jugoslawien auch auf diese Weise leistet. Wir verstehen den Charakter der Mission als strikt friedenserhaltend und friedenssichernd, und wir sprechen uns deshalb für eine deutsche Beteiligung aus.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Das liegt auf der Linie des bisherigen Verhaltens der SPD-Bundestagsfraktion. Anders als von der Koalition dargestellt, haben wir uns bisher notwendiger deutscher Hilfe nicht verweigert. Wir haben den Einsatz in Kambodscha gebilligt, wir haben nach Klärung der Rechtsfrage durch das Bundesverfassungsgericht dem AWACS-Einsatz und dem Adria-Einsatz zugestimmt. Wir haben den Somalia-Einsatz aus politischen Gründen abgelehnt und damit recht behalten; denn der Einsatz wurde bekanntlich ergebnislos abgebrochen.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir haben den Bosnien-Einsatz seit dem 30. Juni ebenfalls gebilligt und nur ein einziges Element abgelehnt: die Verwendung von ECR-Tornados. Das war auch berechtigt; denn die ECR-Tornados sind bekanntlich nicht gebraucht worden.

    (Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Das ist unmöglich! Wolfgang Zöller [CDU/ CSU]: Das ist ungeheuerlich!)

    Wir halten auch jetzt die Beteiligung von ECR-Tornados für falsch und haben deshalb einen Antrag vorgelegt, der ihren Einsatz ausschließt. Wir werden allerdings niemandem den Gefallen tun, die Gesamtwürdigung der internationalen Friedenstruppe von diesem einzigen technischen Detail abhängig zu machen. In der Gesamtwürdigung überwiegen die Zustimmungsgründe, die außen- und sicherheitspolitischen Notwendigkeiten, die internationale Solidarität, die moralische Verpflichtung zur Hilfe, kurz: die Mitwirkung an einem Friedensprozeß.

    (Unruhe bei der CDU/CSU)

    - Ihre Unruhe an dieser Stelle steht in einem merkwürdigen Gegensatz zum Appell des Außenministers an die Opposition mitzuwirken. Man gewinnt den Eindruck, daß es Ihnen nicht paßt, daß die sozialdemokratische Bundestagsfraktion mitwirken will. Wenn Sie uns auffordern mitzuwirken, dann hören Sie uns auch in Ruhe zu, wenn ich begründe, warum wir das tun.

    (Beifall bei der SPD)


    Günter Verheugen
    Wir haben Ihrem Außenminister auch in Ruhe zugehört. Ich verbitte mir das.

    (Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Er hat auch anständig geredet!)

    Ich will ein Bedenken nicht verschweigen, das viele von uns haben: Der Bundestag soll seine Zustimmung geben, bevor das Mandat des Sicherheitrates vorliegt. Die Bundesregierung führt dabei außenpolitische Gründe an: den schnellen Beginn der Implementierung, damit in der Zwischenzeit nicht erneut Gewalt ausbricht, das Signal an den amerikanischen Kongreß, daß ein wichtiger europäischer Verbündeter seinen Beitrag leisten will, das Signal an die Konfliktparteien.
    Der Kabinettsbeschluß ist an das Mandat des Sicherheitsrates unauflösbar gebunden. Wir wissen, wie das Mandat aussehen wird, und wir wissen, daß es kommt. So führt auch hier die Abwägung dazu, die Zustimmung an dieser Frage nicht scheitern zu lassen. Aber ich stelle es deshalb ausführlich dar, weil niemand dem Deutschen Bundestag vorwerfen können soll, daß er leichtfertig mit dem von uns erstrittenen Parlamentsvorbehalt bei Bundeswehreinsätzen umgeht.
    Maßgeblich ist nicht zuletzt aber auch, daß der Bundeswehreinsatz, um den es geht, der bisher größte und risikoreichste ist und daß es im Interesse der Soldaten liegt, daß ein breiter Rückhalt im Parlament gegeben wird.
    Wir verschweigen die Risiken nicht. Der Einsatz ist gefährlich. Wir wissen, daß wir mit der Zustimmung auch die Mitverantwortung für die Unversehrtheit und das Leben der eingesetzten Soldaten übernehmen. Vor diesem Hintergrund erwarten wir, daß der Bundeskanzler heute oder in der nächsten Woche persönlich für die Politik der Bundesregierung einsteht und sich nicht wie am 30. Juni dieses Jahres in Schweigen hüllt. Der Bundeskanzler kann sich nicht auf Festansprachen beschränken, wenn es um die Bundeswehr geht. Die Soldaten erwarten auch von ihm ein klares Wort.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion spricht dieses klare Wort.
    Im weiteren Verlauf der Debatte wird noch über viele Einzelfragen zu reden sein. Ich beschränke mich auf den Grundsatz, der unsere Entscheidung bestimmt: Es reicht nicht aus, Frieden zu fordern, man muß alles tun, was man kann, damit er möglich wird.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)