Rede von
Elke
Wülfing
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Mosdorf, Sie haben vorhin davon gesprochen, daß das Markenzeichen „Made in Germany" nicht mehr unbedingt dazu führe, daß deutsche Produkte gekauft werden, und es von „Made by Bosch" und ähnlichem - Sie haben Firmennamen genannt - abgelöst werden müsse. Ich finde das nicht ganz korrekt.
Vielmehr kommt es gerade auf das an, was in Ihrem wie auch in unserem Antrag steht, nämlich kleine und mittlere Unternehmen mit der Auslandsmesseförderung zu unterstützen. Die Großen brauchen das nicht; die können das von alleine.
Außerdem haben Sie gesagt, Ihnen fehlten Direktinvestitionen in Deutschland. Da haben Sie. recht. Ich finde es sehr gut, daß wir hier auf einer Linie sind und die Zahlen gleich interpretieren. Nur, Sie haben nicht die Antwort auf die Frage gegeben, warum das so ist. Ich glaube, das haben Sie einfach vergessen. Der Standort Deutschland ist zu teuer. Wir sollten gemeinsam darüber nachdenken, wie wir diese Situation ändern.
Sehr geehrter Herr Hempelmann, ich hoffe, auch Sie haben das Jahresgutachten des Sachverständigenrates gelesen. Dort steht nämlich sehr deutlich, was zur Zeit Sache ist - ich zitiere -:
Konnte im Jahr 1994 die Warenausfuhr Deutschlands mit der Expansion des Welthandels Schritt halten, so gelang das in diesem Jahr nicht. Sie blieb vielmehr mit einer Wachstumsrate von 3 Prozent deutlich dahinter zurück. In den neuen Bundesländern erhöhte sich der Anteil des Auslandsumsatzes am Gesamtumsatz kaum.
Ich denke, diese Feststellung muß uns alle aufhorchen lassen. Schließlich sind unsere Arbeitsplätze in hohem Maße vom Export abhängig.
Was muß denn nun getan werden, damit der Export auch weiterhin das wichtigste Standbein unserer Wirtschaft bleiben kann? Es ist schon darauf hingewiesen worden: Die GATT-Verhandlungen haben den Rahmen für den Welthandel festgelegt; die WTO beobachtet und begleitet diesen Liberalisierungsprozeß.
Die Handel treibenden Staaten sind aufgefordert, noch größere Bereitschaft zu zeigen, die eigenen Märkte auch tatsächlich zu öffnen. Auch Entwicklungs- und Schwellenländer können nur davon profitieren, wenn sie im Außenhandel keine Einbahnstraße sehen. Reziprozität ist hier gefordert.
Sorge macht in diesem Zusammenhang das NichtGATT-Land China. Herr Lambsdorff hat es eben schon erwähnt: Die Importe aus China kommen nicht nur im Rahmen der vereinbarten Kontingente nach Europa. Umgehungsausfuhren überschwemmen auf allen möglichen krummen Wegen und zu Dumpingpreisen den europäischen Markt.
Ich bin daher Bundeskanzler Kohl dankbar, daß seine Reise nach China die Chancen für deutsche Produkte und deutsche Investitionen auf dem chinesischen Markt erheblich verbessert hat, damit auch der Handel mit China auf Reziprozität beruht und keine Einbahnstraße bleibt.
Ehe wir nach Instrumenten rufen, die seitens der Politik in die Debatte eingeführt werden müssen, sollten wir uns doch fragen: Was muß eigentlich ein Unternehmer tun, um auf ausländischen Märkten erfolgreich zu sein?
Erstens braucht er Ideen, das heißt, er muß sich heute etwas Besseres ausdenken, als nur ein Massenprodukt herzustellen. Das können andere Länder besser als wir. Im Hochkostenland Deutschland ist das nicht mehr möglich. Das muß er allein leisten.
Zweitens. Er braucht Marktkenntnis. Er muß das Produkt an die Bedürfnisse und den Geschmack im Ausland anpassen. Dabei können ihm die Außenhandelskammern und die Botschaften durchaus helfen, und das tun sie auch.
Er braucht auch ein Marketingkonzept, denn er muß sein Produkt bekanntmachen können. Dabei kann er Unterstützung erhalten, und das machen wir auch durch öffentliche Messeförderung.
Wenn dies alles gelungen ist, wenn der handelspolitische Rahmen stimmt, wenn das Marketingkonzept stimmt, wenn das Produkt und alles andere in Ordnung ist, und wenn man dann schließlich und endlich einen interessanten Kunden an der Angel hat, dann kommt zum Schluß der Augenblick, in dem man sich tief in die Augen
Elke Wülfing
schaut und der Kunde die Gretchenfrage stellt: Was kostet das denn?
Jetzt befindet sich ein deutscher Unternehmer in einer schwierigen Situation. Er kann dem ausländischen Käufer schon kaum erklären, warum wir in Deutschland so hohe Kosten haben; vor allem aber kann er nicht erwarten, daß der ausländische Kunde diese hohen Kosten im Umweltbereich, im Energiebereich und im Sozialbereich über den Preis des Produktes auch tatsächlich bezahlt. Warum sollte er das eigentlich tun? Warum sollte er in Deutschland die Sozialkosten über den Preis des Produktes bezahlen? Er denkt gar nicht daran, und damit ist dann das Geschäft zu Ende. Die ganze Messeförderung und alles andere wird uns nichts mehr nützen.
Es wurde schon darauf hingewiesen, und ich glaube, die SPD sieht das auch ein - die PDS natürlich nicht, aber das ist auch nicht so wichtig; auch die Grünen haben in dem Punkt noch einen Nachholbedarf -, daß wir in Deutschland, und zwar auf der Ebene des Bundes, der Länder, der Gemeinden und auch der Fraktionen des Hauses - zumindest der großen -, gemeinsame Anstrengungen unternehmen müssen, um die Kosten zu senken.
Die SPD macht es sich relativ einfach: Gebetsmühlenartig erhebt sie die Forderung nach Umwelt- und Sozialstandards im Handelssystem. Ich denke, daß wir abwarten sollten, was die OECD-Studie zu diesen Fragen aussagt, ob Handelspräferenzen oder Handelssanktionen denen etwas nutzen, die wirklich betroffen sind.
Immer wieder sagen Sie: Ceterum censeo möchte ich Umwelt- und Sozialstandards im GATT haben. Sie tun so - oder Sie suggerieren es zumindest -, als würden dadurch ausländische Produkte teurer, so daß man unsere hohen Kosten nicht mehr so merkt. Selbst wenn die Entwicklungsländer alle Umwelt- und Sozialmindeststandards beachten - auch wir wollen das; so ist das nicht -, dann sind unsere hohen Kosten immer noch vorhanden,
denn die Kosten für die Umwelt- und Sozialstandards in den Entwicklungsländern werden nie so hoch sein können, daß sie mit uns gleichziehen. Insofern bleibt im Endeffekt selbst beim Außenhandel die Frage, welche Kosten wir in Deutschland haben und ob wir gemeinsam bereit sind, diese zu senken.
Vielen Dank.