Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Präsidentin, Sie haben mich völlig überrascht. Auf dem Zettel, den ich beim Geschäftsführer sah, stand vor meinem Namen noch ein anderer.
Lieber Herr Kollege Mosdorf, bei der grundsätzlichen Analyse der Auswirkungen der Globalisierung sind wir uns sicher einig - auch was die Veränderungen auf Grund der technologischen Entwicklungen angeht. Wir sind Ihnen sehr dankbar, daß Sie das Thema in der SPD hoffähig gemacht haben.
Die Große Anfrage der SPD-Fraktion ist eine sehr verdienstvolle Sache.
- Das brauchen wir gar nicht. Wir können die Bundesregierung direkt fragen.
Diese Anfrage gibt der Bundesregierung die Gelegenheit, darzustellen, wie groß die Fortschritte auf diesem Gebiet in den letzten Jahren waren. Deshalb vielen Dank an die Opposition!
Sie laufen diesen Themen ein bißchen hinterher - auch wenn die Diskussion und das, was geändert wird, jetzt sozusagen in einer Reihe von Papieren kumuliert. Der Antrag kam, als Außenminister, Wirtschaftsminister und Bundeskanzler auf diesem Feld längst tätig waren, als das Asien-Konzept vorlag und
Erich G. Fritz
als sich die Lateinamerika-Initiative bereits abzeichnete.
In Ihrem Antrag schreiben Sie, die Antwort der Bundesregierung decke klare Versäumnisse auf.
Da frage ich: Wo? An welcher Stelle? Es wird ganz deutlich gesagt, daß es natürlich noch Dinge gibt, die man verbessern kann; auf die gehe ich gleich noch ein. Das wird immer so bleiben; schließlich ist nichts so gut, daß es nicht noch besser werden kann. Daß es heute einen gut arbeitenden, von allen gelobten Asien-Pazifik-Ausschuß gibt - -
- Ja, der Wirtschaft. Gott sei Dank! Es ist nicht Aufgabe der Bundesregierung und der Politik, die Arbeit der Wirtschaft zu machen. Das muß sie schon selbst tun. Aber der Anstoß dazu kam aus der Politik. Das wird überhaupt nicht bestritten. Der Blick der Wirtschaft ist genauso wieder auf Lateinamerika gerichtet worden, also ebenfalls auf eine Wachstumsregion. Das ist eine Aufgabe der Politik: die Weichen immer wieder richtig zu stellen.
Das Thema ist wichtig genug, daß wir uns in nächster Zeit weiter damit befassen. Deutschland ist wie kein anderes Land vom funktionierenden Export - zu wettbewerbsfähigen Preisen, Herr Mosdorf! - abhängig. Ein Drittel des Bruttosozialprodukts wird bei uns durch den Export von Gütern und Dienstleistungen erwirtschaftet. Das berührt immerhin jeden dritten Arbeitsplatz. Bei einem Pro-Kopf-Vergleich ist Deutschland dabei viermal so stark wie die USA und dreimal so stark wie Japan; das hängt damit zusammen, daß deren heimische Märkte entsprechend größer sind.
In den letzten Jahren - das muß uns nachdenklich machen - wuchs der Weltexport allerdings relativ schneller als der deutsche Anteil. Wir verlieren also Anteile an dem großen Kuchen. Deshalb ist es nicht nur richtig, sondern notwendig, sich Gedanken darüber zu machen, wie der Marktzugang, der schwieriger geworden ist, verbessert werden kann und wie man dies unterstützen kann.
Das liegt auch daran, daß Konkurrenzländer, vor allem junge Industrieländer, aufgeholt haben und heute ihren Teil am Weltmarkt natürlich nicht nur erreichen wollen, sondern teils auch bereits verteidigen, und zwar zum Teil mit Methoden, die uns nicht passen, weil wir eine andere Vorstellung von einem fairen, offenen Welthandel haben.
Wettbewerbsverzerrungen unterschiedlichster Art behindern deshalb deutsche Exporte. Hohe Kosten der Produktion und andere Belastungen verringern die Anpassungsfähigkeit der Wirtschaft. Da, Herr Mosdorf, ist Ihre Partei sehr gefordert, dazu beizutragen, daß wir Hemmschwellen im eigenen Land abbauen, so daß die notwendige Anpassung möglich wird. Das gilt insbesondere - da sind wir uns sicher einig - auch für die neuen Bundesländer, wo wir überhaupt erst die Chancen eröffnen müssen, an diesem weltweiten Geschäft teilzuhaben.
In vielen Ländern der Welt können Unternehmen heute nur dann verkaufen, wenn sie selbst Marktinsider sind, so daß strategische Allianzen und Direktinvestitionen im Ausland unumgängliche Entwicklungen sind. In dieser schwierigen Situation hat die Bundesregierung der Außenwirtschaftsförderung große Beachtung geschenkt. Die klassischen Instrumente dieser Politik finden sich in dem sogenannten Drei-Säulen-Modell. Dieses Modell ist bei aller kritischen Beurteilung von Veränderungsnotwendigkeiten ein geeignetes, anpassungsfähiges und auszubauendes Instrument.
Von allen an der Außenwirtschaft Beteiligten wird gesagt, daß sich auf diesem Feld, nämlich der Außenhandelsinformation durch die Bundesanstalt für Außenhandelsinformation, bei den Auslandshandelskammern wie beim diplomatischen Dienst in den letzten Jahren Wesentliches verbessert hat, daß sehr viel stärker das Bemühen deutlich wird, zusammenzuarbeiten, die eigene Arbeit zu koordinieren. Insbesondere wird begrüßt, wie sich die Philosophie im Außenministerium geändert hat, was die Unterstützung und Flankierung der Außenwirtschaft angeht. Der Runderlaß des Außenministers - ich glaube, vom Dezember 1993 - verbessert die Unterstützung und auch die Durchgriffsmöglichkeit, um anzuweisen, in bestimmten Fällen tätig zu werden, doch ganz erheblich.
Freilich kann man da noch weiterkommen, und in den zuständigen Ausschüssen ist ja klargeworden, daß nicht nur der Bedarf an Kooperation und Koordination da ist, sondern daß er auch von allen ernsthaft als Aufgabe verstanden wird und man deshalb dabei ist, in den unterschiedlichsten Gremien - über deren Wirksamkeit kann man sich streiten -, zwischen den beteiligten Ministerien, Bundesländern und Verbänden der Wirtschaft an einem gemeinsamen Konzept zu stricken.
Nun dürfen wir auch nicht sagen, wir müssen da noch ein Gremium und noch ein Gremium finden, sondern wichtiger ist, daß wir Formen finden, die effektiv arbeiten. Einige sagen ja, da seien schon wieder Gremien dabei, um die Koordinierung zu koordinieren. So weit muß das nicht gehen.
Der Anfang ist gemacht, die Gespräche sind nach anfänglichen Schwierigkeiten auf gutem Weg. Es liegen viele Vorschläge auf dem Tisch, die darauf abzielen, ein Dach über alle Aktivitäten zu bauen. Darüber sollten wir ernsthaft gemeinsam nachdenken, auch darüber, ob es nicht sinnvoll ist, für Deutschland eine Art Standortmarketing zu entwickeln, das ein gemeinsames Signet, ein gemeinsames Markenzeichen in der Welt ermöglicht. Das ist wirklich eine Aufgabe, die weiterführend und wesentlich wichtiger als viele Einzelaktionen ist.
Die Hinweise aus der Wirtschaft, daß nicht nur mangelnde Abstimmung im staatlichen Bereich, sondern sehr wohl auch Eifersüchteleien und Kompetenzgerangel im Verbandswesen hinderlich sind - -
- Nein, das schmähe ich gar nicht. Also, ich könnte
jetzt auch so schmunzeln, wie Sie es tun. - Dies weist
Erich G. Fritz
vielmehr aus, daß es überall die Offenheit gibt, die Sachen wirklich auf den Tisch zu legen und zu sagen, jetzt müssen wir etwas Gemeinsames, etwas Neues machen. Dabei ist ein bißchen Selbstkritik ganz gut, und wenn diese offen ausgesprochen wird, dann freut mich das.
Dazu gehört auch das, was die Verbände einfüttern. Wenn zum Beispiel der Handel sagt, laßt uns versuchen, gerade für die kleinen Unternehmen viel stärker den Handel bei der Erschließung der Märkte einzusetzen, dann ist das ein Ansatz, der bisher bei unserer doch stark industrieorientierten Sicht nicht untergehen darf.
Das müssen wir nutzen und ebenso die Frage beantworten, ob man für kleine Firmen Pools nutzen kann. Solche Vorschläge werden wir im Ausschuß dann weiter diskutieren.
Entscheidend - und das ist mir bei Ihrer Rede allerdings nicht nur zu kurz gekommen, sondern hat völlig gefehlt - ist allein die Frage der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft,
die Qualität der Produkte und die Zuverlässigkeit der Dienstleistungen. Außenwirtschaftsförderung, also das, worüber wir hier sprechen, was Sie in Ihrem Antrag in 16 Punkten dargestellt haben, ist nur Unterstützung und Flankierung; das kann die Hausaufgaben im eigenen Land überhaupt nicht ersetzen.
Es mutet deshalb schon sehr sonderbar an, wenn der Gewinner der Parteitagslotterie der SPD in Mannheim, Oskar Lafontaine, bei der Begründung seines Antrages in Mannheim sagt, es gebe eigentlich gar kein Standortproblem.
Im Antrag steht zwar drin, es gebe eines, aber in seiner Rede sagt er, es gebe keines. Der Widerspruch zwischen Rede und Antrag ist ja sowieso sehr groß. Schließlich hat Ihr Kollege Conradi gesagt: „Wir hätten besser über Oskars Rede abstimmen sollen. "
Sie ist nämlich von den Delegierten verstanden worden, während das, was im Antrag stand - so hat Conradi weiter gesagt -, etwas ist, was eigentlich auch von der CDU aufgeschrieben worden ist.
Da gebe ich ihm wieder recht: Sie versuchen, sich zumindest verbal an die Union anzugleichen, aber das reicht wahrscheinlich nicht aus, um eine wirkliche Wende in der Wirtschaftspolitik bei Ihnen zu schaffen.