Ich möchte das Haus daran erinnern, daß für diese Debatte eineinhalb Stunden vorgesehen sind, so daß Sie nicht die gesamten vorhandenen Emotionen in den ersten 15 Minuten verbrauchen müssen.
Damit erteile ich dem Abgeordneten Bartholomäus Kalb das Wort.
Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie sehen, diese harte Kritik ist uns in Mark und Knochen gefahren. Wir zittern jetzt so richtig.
Herr Kollege Wagner, zum Thema Saarland würde uns eine ganze Menge einfallen.
Aber ich denke, wir sollten es unterlassen. Vielleicht nur so viel dazu: Als Mitglied des Haushaltsausschusses wissen Sie, wieviel wir in den letzten Jahren zugunsten des Saarlandes vom Bund aus unternommen haben.
Aber wir reden über den Verkehrshaushalt. Ich habe gedacht, der allgemeine Schlagabtausch hätte schon gestern oder vorgestern stattgefunden, so daß wir uns als Berichterstatter für den Einzelplan 12 auf diesen Einzelplan konzentrieren könnten.
Dieser Einzelplan ist mit 23 Milliarden DM an investiven Ausgaben nach wie vor der größte Investitionshaushalt, wenn wir auch zugeben müssen, daß wegen des allgemeinen Zwangs zum Sparen natürlich auch hier Kürzungen unvermeidbar waren. Dies ist auch für die Baukonjunktur von besonderer Bedeutung. Wir hören im Moment eine Menge von durchaus sehr ernstzunehmenden Signalen, was die Baukonjunktur betrifft. Deswegen bin ich froh darüber, daß wir einen hohen Investitionsanteil halten konnten. Gerade bei der großen Abhängigkeit des Tiefbaus von öffentlichen Aufträgen scheint mir das besonders wichtig zu sein.
Investitionen in den Ausbau von Schienenwegen, Wasserstraßen und Bundesfernstraßen sind Investitionen in die Infrastruktur und damit Investitionen für die Zukunft. Investitionen in diese genannten Bereiche sind nach wie vor ein wichtiger Beitrag zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes, ja des Standortes Deutschland insgesamt.
Eine gute Verkehrsinfrastruktur ist nach meiner Überzeugung wichtigste Voraussetzung für eine gute wirtschaftliche Entwicklung aller Regionen, auch der ländlichen und peripheren Gebiete.
Ich selbst komme aus einer Gegend, die sich über Jahrzehnte hinweg in einer absoluten Randlage befunden und die als sogenanntes strukturschwaches Gebiet gegolten hat. Daher glaube ich, mir ein Bild machen zu können, welche Wirkungen die
Bartholomäus Kalb
Bereitstellung der Verkehrsinfrastruktur auf die regionalwirtschaftliche Entwicklung hat. So wichtig und bedeutsam steuerliche Maßnahmen und einzelbetriebliche Förderungen sein mögen, erst mit der Anbindung an das überörtliche Fernstraßennetz hat zum Beispiel in meiner Heimatregion Niederbayern eine kräftige wirtschaftliche Aufwärtsentwicklung eingesetzt,
verbunden mit einem erfreulich starken Zuwachs an wohnortnahen Arbeitsplätzen. Auf Grund dieser persönlichen und ganz hautnah gemachten Erfahrung bin ich der Überzeugung, daß dies auch die wichtigste Voraussetzung für die weitere Aufwärtsentwicklung in den neuen Ländern ist.
Insofern ist es richtig und konsequent, daß die Bundesregierung und die Koalitionsparteien am Vorrang für die Projekte „Deutsche Einheit" festhalten. Wer sich die Mühe macht, in die neuen Länder zu fahren, kann feststellen, daß bereits viel geschehen ist, daß andererseits aber auch noch viel zu tun bleibt. Er kann ebenfalls feststellen, wie der Erschließung die Entwicklung folgt, wie sich Verkehrsadern zu Lebensadern entwickeln, wie sie zu Schlagadern wirtschaftlichen Aufschwungs werden.
(Beifall bei der CDU/CSU - Dr. Wolfgang
Schäuble [CDU/CSU]: Richtig! - Eduard
Oswald [CDU/CSU]: Sehr gut dargestellt! -
Lachen bei der SPD)
Eigentlich möchte man meinen, daß zumindest im Grunde Übereinstimmung über die Notwendigkeit des weiteren Ausbaus der Verkehrsinfrastruktur besteht. In Wirklichkeit ergibt sich aber ein völlig anderes Bild. Die SPD, wie wir soeben gehört haben, hält ihn schon für notwendig, aber nicht in dem erforderlichen Maße. Die Grünen wollen erheblich weniger Straßen, dafür aber mehr Schienen,
dann aber wiederum keine neuen Strecken- und Trassenführungen
und schon auf gar keinen Fall neue Technologien. Der Bund Naturschutz wollte gar alle Straßenbauprojekte aus dem Bundesverkehrswegeplan
gestrichen gesehen. Wieder andere fordern zwar allgemein mehr Verkehrsinvestitionen, sind aber vor
Ort als mögliche Betroffene dagegen. Wieder andere
sind aus tiefer Überzeugung gegen eine weitere Ver- siegelung der Landschaft, halten aber die ihrem Wohlbefinden dienliche auf der anderen Seite des Ortes geplante Ortsumgehungsstraße und die Befestigung der Zufahrt zum eigenen Anwesen für die letzte umweltverträgliche Baumaßnahme. Manchmal geht es bei diesen Fragen ganz munter drunter und drüber.
Verschiedentlich wurden die Kürzungen beim Kapitel Eisenbahnen des Bundes kritisiert. Das ist soeben wieder passiert. Ich bin der Überzeugung, daß durch die Verbesserung auf der Einnahmenseite ein ausreichend hohes Investitionsniveau im Schienenwegeausbau erzielt bzw. gehalten werden kann.
Alle Erfahrungen der Jahre 1994 und 1995 sprechen für diese Annahme. Ein sparsamer und effizienter Mitteleinsatz muß auch bei den Bahninvestitionen in unserem gemeinsamen Interesse liegen.
Durch die vor kurzem verabschiedeten Gesetze und die ausgebrachten Haushaltsansätze ist dafür Sorge getragen, daß der Transrapid in Deutschland nicht nur entwickelt werden konnte, sondern auf der Strecke zwischen Hamburg und Berlin als hochleistungsfähiges Verkehrsmittel auch zum Einsatz gelangen kann.
(D)
Mit diesen Entscheidungen wurde auch die Chance eröffnet, den Technologievorsprung, den Deutschland auf diesem Sektor noch hat, zu halten und im internationalen Wettbewerb zur Geltung zu bringen. Leider mußten und müssen diese Entscheidungen gegen einen Großteil der Opposition durchgesetzt werden.
Im übrigen war ich angenehm überrascht, in welch professioneller Art und Weise Methoden entwickelt und angewendet werden, die es erlauben, schon in einem sehr frühen Planungsstadium Belange des Naturschutzes und der Siedlungsentwicklung einzubeziehen und zu berücksichtigen. Davon konnten wir uns in einem persönlichen Gespräch überzeugen.
Gegenstand besonders ernster und intensiver Beratungen innerhalb der Koalition war der Bundesfernstraßenbau.
- Lieber Kollege Diller, ein freier und unabhängig gewählter Abgeordneter hat keinen Chef, Gott sei Dank.
Wenn es trotz der allgemeinen Entwicklung und dem selbstgesteckten Ziel weiterer Einsparungen und der Einhaltung der Eckwerte gelungen ist, den
Bartholomäus Kalb
Straßenbauplan effektiv um rund 400 Millionen DM aufzustocken,
ist das, meine ich, eine ganz besondere Leistung.
Ich danke auch allen Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsarbeitsgruppe, die als Berichterstatter für andere Einzelpläne in ihren Bereichen zum Teil erhebliche Kürzungen vertreten mußten, daß sie diese Maßnahme unterstützt und mitgetragen haben.
Sie haben damit dafür Sorge getragen, daß im wesentlichen alle in Aussicht genommenen und zugesagten Maßnahmen in diesem und im nächsten Jahr in Angriff genommen und die laufenden Maßnahmen mit vertretbaren Streckungen fortgeführt werden können.
Ich betrachte diese Mittelerhöhung als wichtige und großartige Gemeinschaftsleistung der Koalitionsarbeitsgruppe. Ich bedanke mich bei allen Kolleginnen und Kollegen nochmals sehr herzlich für die Unterstützung.
(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)
Wir tragen damit auch Sorge dafür, daß das Vertrauen der Bürger in die Zusagen, die von Politik und Verwaltung gegeben wurden, nicht enttäuscht wird und daß Bürger, die oft seit Jahrzehnten unter zum Teil unerträglichen Belastungen und Gefahren zu leiden haben, nicht für unbestimmte Zeit auf Entlastungen warten müssen. Das wollte ich Ihnen von den Grünen auf Ihren Einwurf zu der Betonlobby hin gern sagen. Fragen Sie mal die Leute, die seit mehr als zehn Jahren darauf warten, den Innerortsverkehr rauszubekommen.
- Es ist geradezu zynisch und unmenschlich, was Sie dazwischenrufen.
Ich weiß, daß es mancher gern gesehen hätte, wenn wir im Haushaltsausschuß noch das eine oder andere Konzessionsmodell beschlossen hätten. Wir hatten das ernsthaft erwogen. Beides, Mittelaufstockung und Ausweitung der Konzessionsmodelle, schien uns jedoch nicht vertretbar zu sein.
- Hören Sie zu.
Ich gebe offen zu, daß ich von den sogenannten Privatfinanzierungsmodellen nicht sehr begeistert
bin.
Die Bedenken des BMF, des Rechnungshofes, aber auch von Teilen der Opposition sind durchaus nicht unbegründet.
- Ich komme gleich darauf. - Auch mir ist eine saubere Haushaltsfinanzierung wesentlich sympathischer.
Wir haben uns seinerzeit, in der Sondersituation nach der Wiedervereinigung, nach reiflicher Überlegung und aus guten Gründen für eine ausgewählte und begrenzte Zahl von privat finanzierten oder vorfinanzierten Maßnahmen entschieden. Dabei sollte es auch, wenn irgend möglich, bleiben. Wir haben mit großen Anstrengungen alle Neben- und Sonderhaushalte zusammengeführt und in den Bundeshaushalt integriert, so daß es nicht vernünftig wäre, an dieser Stelle wieder eine Art Nebenhaushalt aufzubauen.