Ich bin gerne bereit, weitere Zwischenfragen zuzulassen. Aber lassen Sie mich einmal eine Bemerkung zu unserer Arbeitsbelastung machen. Wir haben anschließend noch weitere Einzelpläne zu diskutieren. Wir haben bereits jetzt eine Verzögerung von fast drei Stunden. Wir müssen auch einmal an die Kolleginnen und Kollegen denken, die noch in den nachfolgenden Debatten ihre Beiträge leisten.
Aus diesem Grunde bitte ich darum, jetzt auf Zwischenfragen zu verzichten.
Dem Ziel, preisgünstige Wohnungen zu errichten und ein von vielen Seiten gefordertes kostengünstiges Bauen zu ermöglichen, läuft diese steuerliche Praxis diametral entgegen. Erfahrungen machen hinlänglich deutlich - ich komme jetzt zum preiswerten Bauen -, daß dieses in allen Sektoren, ob im Mietwohnungsbau, im frei finanzierten Wohnungsbau oder im Eigentumswohnungsbau, möglich ist.
Man weiß viel über das kostengünstige Bauen, und zwar mehr, als umgesetzt wird. Die Zusammenarbeit von Architekten, Genehmigungsbehörden, Bauträgern und Ausführenden kann unter den geltenden Rahmenbedingungen verbessert werden. Für industriell gefertigte Bauteile gibt es doch kein Verbot. Daß Bauzeiten reduziert werden können, zeigen uns unsere holländischen Nachbarn. Das Wissen ist vorhanden, aber ich glaube, am Willen der Beteiligten - ich muß sagen, aller Beteiligten - scheint es zu hapern.
Doch angesichts der Baukostenexplosion ist und bleibt die Kostenreduzierung ein Gebot der Stunde.
Sie käme vielen Beteiligten entgegen, den Mieterinnen und Mietern, die auf bezahlbaren Wohnraum angewiesen sind, den Eigentümern, wenn es sich um Eigentumsmaßnahmen handelt, nämlich den Eigentümern im mittleren Einkommensbereich, und auch der öffentlichen Hand. Hier gilt es umzudenken. Die steuerliche Förderung muß zielgenauer für die
Errichtung preiswerter Wohnungen eingesetzt werden.
Meine Damen und Herren, wir brauchen die Wohneigentumsförderung. Von nahezu allen Sachverständigen und Verbänden wurde daher ausdrücklich begrüßt, daß die bisherige progressionsabhängige Wohneigentumsförderung nach § 10e des Einkommensteuergesetzes durch die vom Bundestag beschlossene Neuregelung in einen für alle Bürger gleich hohen Förderbetrag umgewandelt werden soll; der Bundesrat wird ja wohl zustimmen.
Dies ist nicht nur gerechter, es ist auch wohnungspolitisch vernünftig, weil dadurch gerade bei Familien mit mittleren Einkommen der Förderbetrag steigt und so der Eigenheimbau oder der Erwerb von Wohneigentum erleichtert bzw. überhaupt erst möglich gemacht wird.
Wenigstens in dieser Frage hat sich die Regierungskoalition nach vielen Jahren endlich auf die Forderung der SPD-Fraktion zubewegt. Dieser Schritt ist zu begrüßen. Besonders erfreulich ist die einheitliche Neubauförderung von 5 000 DM und die Bestandsförderung von 2 500 DM für die Dauer von acht Jahren.
- Pro Jahr für acht Jahre.
Das Baukindergeld ist zu begrüßen, und auch die beiden Öko-Komponenten, die eingebaut worden sind, sind zu begrüßen. Das ist ein großer Schritt zur Förderung privaten Wohneigentums mittlerer Einkommensschichten.
Herr Minister Töpfer, ich möchte auf meine Aufforderung an Sie zurückkommen, nicht immer nur Anläufe zu nehmen, sondern auch zu springen.
- Hören Sie zu! Bei der eben angesprochenen Neuregelung zur Wohneigentumsförderung ist Ihnen das gelungen, aber nur, weil Sie sozialdemokratische Positionen als Sprungbrett benutzt haben!
Hieran sollten Sie bei Ihren weiteren Anläufen und Sprungversuchen denken.
Es gibt allerdings keine Bereitschaft der Bundesregierung, die lange zugesagte Wohngeldverbesserung auch im Haushalt finanziell abzusichern. Unser Antrag im Bauausschuß, der eine Novelle zum 1. September 1996 ermöglichen sollte, wurde abgelehnt. Dies grenzt an Wortbruch, hatte die Bundesregierung doch zugesichert, daß die Wohngeldnovelle, wenn nicht ganz, so doch in Teilen bereits 1996 wirksam werden soll. Mit der abermaligen Verschiebung der Wohngeldnovelle auf das übernächste Jahr stellt sich die Bundesregierung ein Armutszeugnis aus.
Dr. Rolf Niese
Angesichts der näherrückenden Weihnachtszeit könnte man sagen, der Gabensack vom Nikolaus Töpfer ist leer.
Die Mieterinnen und Mieter wissen, was diese weitere Verschiebung für sie bedeutet. Das Wohngeld deckt einen immer geringeren Teil der gestiegenen Miete ab. Die Einkommen halten mit der Mietenentwicklung nicht Schritt, so daß die Mietbelastungsquote kontinuierlich steigt. Allen Fachleuten ist diese Entwicklung bekannt. Der Deutsche Mieterbund und auch die Wohnungswirtschaft fordern deshalb seit Jahren eine Anpassung des Wohngeldes und der Miethöchstbeträge an diese Entwicklung.
Noch beim Beschluß zum Mietenüberleitungsgesetz hatte daher der Bundestag gefordert, daß eine Novelle bereits 1996 wirksam werden soll, aber das ist für die Koalition heute schon Schnee von gestern. Der Bundesbauminister sollte endlich wieder dafür sorgen, daß das Wohngeld seinem sozialen Zweck gerecht wird.
Wann dies der Fall sein wird, ist völlig offen. Die ständige Verschiebung der Wohngeldnovelle durch die Bundesregierung weckt vielmehr die Befürchtung, daß nach dem Motto gehandelt wird: Aufgeschoben ist aufgehoben.
Die Entdeckung des 20-Milliarden-DM-Steuerlochs durch die Koalitionäre soll unter anderem dazu führen, daß neben nebulösen Luftbuchungen und sozialen Kahlschlägen durch Schuldenminister Waigel die Bundesregierung auch ihr Familiensilber verscherbeln will. Konkret bedeutet dies den Verkauf der Beteiligungen des Bundes an der Frankfurter Siedlungsgesellschaft und der Gemeinnützigen Deutschen Wohnungsbaugesellschaft. Betroffen sind 49 000 Wohnungen. Wegen dieser Verkäufe wurde im Haushaltsausschuß die entsprechende Einnahmeposition - über den Daumen gepeilt - zwar kräftig erhöht, aber beim Titel „Gewinne aus Beteiligungen an wohnungswirtschaftlichen Unternehmen" wurden nicht die entsprechenden fortfallenden Einnahmen berücksichtigt.
Dies ist zwar ein kleines, aber bezeichnendes Beispiel für die chaotische Haushaltspolitik dieser Regierung.
Ein Großteil der besagten Wohnungen dienten bisher der Wohnungsfürsorge des Bundes. Mit diesem Verkauf stiehlt sich die Bundesregierung aus der sozialen Fürsorgepflicht für die Bediensteten. Die Privatisierung der Wohnungen wird ohne Not zu weiteren Spekulationen, zu Mitnahmeeffekten und damit für die Betroffenen zu weiteren Mietsteigerungen und zu Verunsicherungen wegen drohender Umwandlungen in Eigentumswohnungen führen.
Schauen Sie sich einmal an, welche Leute in diesen Wohnungen leben. Das sind in der Regel nicht diejenigen, die sich auf einen Schlag - wenn das nur irgendwelche Investoren wünschen - diese als Eigentumswohnungen kaufen können. Das wird zu einer großen Verunsicherung führen. Das geht nicht.
Nun hat Bundesbauminister Töpfer bereits am 5. Juli 1995 dem Bundesfinanzminister - laut Pressemitteilung Ihres Hauses - mitgeteilt, der Bund müsse auf Dauer nicht an Wohnungsbaugesellschaften beteiligt sein. Im Auftrag des Bundes werde, so Töpfer weiter, ein Investmentbanker die Marktsondierung übernehmen. Außerdem werde der Bund mit den Käufern nur unter Bedingungen abschließen, die die Interessen des Bundes - das heißt langfristiges Engagement des Investors, Belegungsbindung - und die Interessen der in den Bundeswohnungen lebenden Mieter wahren. Die Botschaft hör' ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.
Diesem „erstklassigen Bewerber", wie Sie ihn nennen, der die gewünschten Zusagen verbriefen kann, wird man sein Engagement wohl erst noch kräftig vergolden müssen.
Denn den potentiellen Erwerber allein mit dem Verkaufsargument zu locken, daß es sich bei den Bundesbediensteten in der Regel um sehr ruhige Mieter handelt, dürfte wohl nicht ausreichen.
Wie kann man noch von Wohnungsfürsorge sprechen, wenn der alleinige Maßstab das Stopfen von Haushaltslöchern ist?
Sie setzen damit eine Politik fort, die die Wohnung zur Handelsware macht und alles dem Renditedenken der Wohnungsbesitzer unterwirft.
Begreifen Sie endlich - vor allem Sie von der F.D.P. -, daß Wohnungen keine x-beliebige Ware, sondern Grundlage menschenwürdigen Daseins sind!
Ziel muß gesichertes und für die Menschen bezahlbares Wohnen sein.
Ein Trauerspiel ganz besonderer Art hat inzwischen leider schon fast Tradition. Ich meine den Beitrag des Bundes zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit. Unsere Position dazu ist unverändert: Die Finanzierung eines Programms zu Lasten des öffent-
Dr. Rolf Niese
lich geförderten Wohnungsbaus, wie Sie es vorsehen, machen wir nicht mit. Es kann nicht angehen, daß die Wenigverdienenden zugunsten der Ärmsten verzichten sollen, während den Reichen auf Grund der durch die Koalition verantworteten Steuerpolitik noch weiter gegeben wird.
Da wir gerade bei Trauerspielen sind: Seit nunmehr fast zwei Jahren harren wir einer Lösung der Frage, was mit dem vom Weihnachtshochwasser 1993 überfluteten Schürmann-Bau geschehen soll - mehr als 700 Tage, die gekennzeichnet sind von Konzeptionslosigkeit,
einem atemberaubenden Verwirrspiel über die Zuständigkeiten, dem unrühmlichen Abgang einer Bauministerin und dem Amtsantritt eines neuen Bauministers, der den Bau vollenden will, aber über das Wollen nicht hinausgekommen ist.
Wo ist denn eigentlich die ehemalige Bauministerin, um sich hier im Bundestag gegenüber der Öffentlichkeit ihrer politischen Verantwortung für diesen Skandal zu stellen?
Denn es ist ein Skandal, daß die Bundesregierung seit fast zwei Jahren die Ruine weiter vor sich hingammeln läßt.
Und es ist eine teure Ruine: Es entstehen laufende Stillstandskosten von monatlich 278 000 DM an der Baustelle und Kapitalkosten für die bis zum Schadensereignis ohne jeglichen bisherigen Nutzen investierten 370 Millionen DM.
Auf Nachfragen der Berichterstatter für den Einzelplan 25 zur Höhe dieser Kapitalkosten antwortete das Bauministerium: Die Kapitalkosten ergeben sich aus den jeweiligen Refinanzierungsbedingungen des Bundes. Woraus denn sonst, Herr Töpfer? Was ist das für eine Informationspolitik? Herr Minister Töpfer, verschleiern Sie nicht weiter die Fakten!
Informieren Sie das Parlament endlich mit einer ausführlichen Vorlage, wie es mit dem Schürmann-Bau weitergehen soll! Legen Sie schlüssig dar, daß die Deutsche Welle zum 1. Juli 1997 umziehen kann! Informieren Sie über die haushaltspolitischen Auswirkungen!
Bundeskanzler Kohl, Kanzleramtsminister Bohl, Finanzminister Waigel und Bauminister Töpfer tragen die weitere politische Verantwortung für die Beendigung des Schürmann-Bau-Skandals,
denn diese vier haben in mehreren Spitzengesprächen die Angelegenheit zu ihrem Thema gemacht, aber nicht vorangebracht.
Ein letzter Satz. Häufig werde ich in meinem Wahlkreis gefragt: Können Sie einmal ganz kurz Ihre Einschätzung zur Politik der Bundesregierung geben? Ich antworte dann den Bürgerinnen und Bürgern: Ganz einfach! Fahren Sie nach Bonn, schauen Sie sich die Baustelle des Schürmann-Baus an, und Sie erhalten ein umfassendes Bild von der Politik der Bundesregierung.
Meine Damen und Herren - -
- Ja, aber diesen muß ich noch sagen. Die SPD-Bundestagsfraktion lehnt den Einzelplan 25 ab. Ich bitte um Entschuldigung, daß ich jetzt eine Minute überzogen habe.