Rede von
Norbert
Geis
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Ich beende erst den Satz. Einen Moment, bitte.
Auch das Verfassungsgericht - das haben Sie zu Recht herausgestellt - anerkennt ja grundsätzlich den Ehrenschutz. Aber das Gericht wird doch in den Auswirkungen seiner Urteile seinem eigenen Maßstab und auch dem Maßstab unserer Verfassung nicht gerecht.
Seit dem Lüth-Urteil aus dem Jahr 1958 haben wir doch eine Verschiebung zu Lasten des Ehrenschutzes und zugunsten der Meinungsfreiheit. Das Bundesverfassungsgericht begründet dies ja auch. Es sagt, die Meinungsfreiheit sei das vornehmste Recht, es sei konstitutiv für die Demokratie, es sei das Freiheitsrecht schlechthin. Ich will das auch anerkennen. Nur, die Meinungsfreiheit ist doch erst möglich, wenn derjenige, der seine Meinung frei äußert, auch die Sicherheit hat, daß er dafür nicht an den Pranger gestellt und in den Dreck gezogen wird. Denn sonst würde er es ja lassen; dann sagt er nicht so schnell frei seine Meinung.
Wenn dies aber auf Grund der Rechtsprechung möglich ist, weil seit dem Lüth-Urteil von 1958 der Ehrenschutz zugunsten der Meinungsfreiheit eingeschränkt wird - so ist es ja; es gibt insoweit eine ganze Reihe von Urteilen -, dann ist dies, wie ich meine, ein falscher Weg. Wir müssen wieder eine Balance zwischen Ehrenschutz und Meinungsfreiheit finden.
Ich möchte noch einmal darauf zurückkommen, daß die Würde des Menschen - aus ihr folgert der Ehrenschutz - das erste Grundrecht ist. Wenn dieses gewahrt wird, dann ist Meinungsfreiheit erst richtig möglich.