Rede von
Michael
Müller
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Bundesministerin, ich mache eine Bemerkung zu Ihren Ausführungen zum radioaktiven Abfall. Ich glaube, daß es in der Frage des Entsorgungskonzeptes dringend notwen-
Michael Müller
dig ist, bald parteiübergreifend zu reden. Wir wissen, daß in Ihrem Hause neue Überlegungen angestellt werden und Sie zunehmend unter Druck geraten, insbesondere von seiten der Wirtschaft.
Das Gespräch scheint mir sehr dringend zu sein; denn es geht nicht nur um die Entsorgungsproblematik, es geht auch um die Verwendung der erheblichen Finanzsummen aus den Rückständen. Ich sehe nicht ein, daß sie für alles mögliche verwandt werden, aber nicht für die Energiepolitik selbst.
Wir sind sehr daran interessiert, daß wir über diese Frage auch zwischen den Parteien und unabhängig von der formalen Beratung in den Ausschüssen reden. Hier sind in der Tat eine Reihe von Handlungsmöglichkeiten gegeben, die wir für eine Modernisierung unserer Energiepolitik nutzen sollten. Deshalb: Unser Angebot, darüber in absehbarer Zeit gemeinsam zu reden, ist da.
Die heutige Haushaltsdebatte fällt auf das Datum, an dem die Bundesumweltministerin ein Jahr im Amt ist. Wir müssen leider feststellen, daß dieses Jahr kein Jahr des umweltpolitischen Fortschritts, sondern ein Jahr des Rückschritts war.
Trotzdem sage ich: Unser Vorwurf geht nicht isoliert an die Umweltministerin. Tatbestand ist vielmehr, daß die Umweltpolitik in der Bundesregierung insgesamt deutlich an Konjunktur verloren hat. Wir erleben jetzt erneut den Mechanismus, daß vor Bundestagswahlen auch von seiten der Regierungsfraktionen viel zum Thema Umwelt versprochen wird. Kaum ist die Bundestagswahl vorbei, wird alles zurückgedreht. Diesen Mechanismus haben wir auch in diesem Jahr erlebt.
Darum sagen wir - wenn die Umweltpolitiker der Union ehrlich sind, geben sie dies auch zu -, daß die Umweltpolitik in der Bundesregierung an Bedeutung verloren hat.
- Herr Friedrich, sollen wir hier bitte einmal die grünen Bemerkungen zitieren, die beispielsweise Ihr Fraktionsvorsitzender Schäuble noch im Sommer gemacht hat, und das mit dem vergleichen, was er gestern gesagt hat? Das war doch wie Tag und Nacht. Sie sind auf dem Rückmarsch. Geben Sie es doch zu! Im Sommer haben Sie taktisch überlegt, wie Sie grüne Wähler gewinnen können. Jetzt sind Sie der Meinung, Sie gewinnen dort nicht viel. Deshalb drehen Sie es wieder um.
Das Umweltthema wird bei Ihnen taktisch behandelt
und nicht inhaltlich. Im August haben Sie gesagt:
Spätestens im September oder Oktober liegt das Ökosteuerkonzept vor. Wo ist es denn?
Sie können sich nicht einigen. Sie sind auf die Fresse gefallen. Seien Sie doch ehrlich! Ehrlich zu sein ist ja nicht schlimm. Aber lassen Sie uns offen darüber reden.
- Es ist wirklich schlimm.
- Das ist klar. Ich kann die Situation, in der Sie sind, nachvollziehen. Wir sind als Umweltpolitiker in unserer Fraktion auch öfters in der Minderheit. Nur, wir haben uns dann durchsetzen können. Sie haben außer Ankündigungen nichts zuwege gebracht. Das eigentliche Problem der Umweltpolitik ist der eklatante Widerspruch zwischen den Ankündigungen, die überall gemacht werden, und dem, was real, wenn es darauf ankommt, dabei herauskommt: nämlich nichts. Dafür haben in der Tat die Regierungsfraktionen die Verantwortung. Ich hätte es gut gefunden, wenn sich die Umweltpolitiker von CDU/CSU und F.D.P. stärker auf die Seite von Frau Merkel gestellt hätten. Ich habe beispielsweise auf die Unterstützung der CDU-Umweltpolitiker bei dem katastrophalen Ozongesetz gewartet, bei dem - wir wissen es - Frau Merkel sehr viel mehr wollte. Wo waren Sie da eigentlich? Sie sind weggetaucht.
Sie sind weggetaucht, Herr Friedrich, weil Sie Schiß hatten, in Ihrer Fraktion die Wahrheit sagen zu müssen -