Frau Kollegin, Sie haben offensichtlich nicht zugehört. Ich habe hier zum Ausdruck gebracht, daß es die Politik etwa in Niedersachsen gewesen ist, die bisher verhindert hat, daß Atommüll überhaupt verbracht wird. Ich habe dann einen Kontext zu den Anträgen hergestellt, die Ihre Fraktion im Haushaltsausschuß eingebracht hat, wo Sie es abgelehnt haben, jegliche internationale Verantwortung, die die Bundesrepublik in großem Umfang - im größten Umfang gemessen an den Industriestaaten - wahrnimmt, mitzutragen, indem sie Nullanträge gestellt haben. Das habe ich hier gesagt, und bei dieser Aussage bleibe ich.
Arnulf Kriedner
Deshalb, Frau Präsidentin, habe ich, auch wenn es nicht sehr gefällig gewesen sein mag, gesagt: Da ich die Tendenz der Zwischenfrage, wie sie mir ja schon in der letzten Debatte gestellt worden ist, kenne, kann jetzt nichts Neues kommen. Genau aus diesem Grunde habe ich das gesagt.
Um es einmal sehr deutlich zu sagen: Sie stellen etwa in der Frage von Tschernobyl permanent Nullanträge, ohne zu sagen, was Sie denn eigentlich wollen, was Sie eigentlich mit dem gigantischen Restmüll, der dort steht, anstellen wollen. Sie tun so, als ob die Bundesrepublik da Geld verschleudere. Ich behaupte: Sie leistet einen ganz wichtigen, essentiellen Beitrag zur internationalen Vermeidung von Gefährlichkeiten. Das ist das Entscheidende, das ich hier zum Ausdruck bringen will.
Herr Kollege Kuhlwein, wenn in der Debatte so getan wird, als ob die Bundesrepublik Deutschland beim Umweltschutz nichts täte, dann erinnere ich einmal an eine ganze Reihe von Maßnahmen etwa im Zusammenhang mit der deutschen Wiedervereinigung. Eine Großmaßnahme war beispielsweise die Reduzierung der Versalzung von Werra und Weser. Dieses Projekt wird von Ihnen nie erwähnt, weil es sehr erfolgreich abgeschlossen worden ist. Es hat dazu geführt, daß die Salzfracht binnen vier Jahren auf ein Zehntel der früheren Salzfracht gesunken ist.
- Auch das ist ein Irrtum, Herr Kollege. Sie wissen, daß es dort zwei Kalistandorte gibt. Der eine produziert voll, der andere in der Tat nicht mehr. Wenn wir einmal genau rechnen, müßte damit also allenfalls um zwei Drittel reduziert worden sein, es ist aber auf ein Zehntel reduziert worden. Also stimmt Ihre Annahme nicht.
Ich darf Ihnen einmal sagen, was an Mitteln dafür eingesetzt worden ist, damit Sie nicht Ihre falsche Argumentation weiterverbreiten.
- Frau Kollegin, was hatten Sie aus seliger Vergangenheit, als diese Fracht in die Flüsse hineingebracht wurde, beizutragen? Das würde mich doch einmal interessieren.
- Herr Kollege Fischer, Sie sind ja im benachbarten Hessen zu Hause. Bisher sind dort 150 Millionen DM eingesetzt worden, und im nächsten Jahr werden weitere 77 Millionen DM eingesetzt. Die Thüringer Landesregierung rechnet damit, daß das Programm der Entsalzung von Werra und Weser Ende des Jahres 1996 abgeschlossen sein wird. Ein Erfolg, den sich diese Bundesregierung auf ihre Fahnen schreiben kann.
- Ganz eindeutig, so ist es.
Im internationalen Bereich haben wir nicht etwa nur bei der Vermeidung von Gefährdungen durch mangelnde Reaktorsicherheit etwas getan, sondern die Bundesrepublik Deutschland geht bei ihren internationalen Verpflichtungen weit darüber hinaus. Ich nehme jetzt ganz bewußt den Bereich der GUS-Staaten heraus. Weil die GUS-Staaten durch die sogenannte sozialistische Wirtschaft in einer vergleichbaren Situation wie die frühere DDR waren, gibt es jetzt eine Reihe von Projekten, die die Bundesrepublik massiv unterstützt. Beispielsweise läuft in Sankt Petersburg ein Programm, bei dem es um die Abwasser- und Abfallbeseitigung geht. Im Rahmen der Haushaltsberatungen haben wir - ich bin übrigens dafür dankbar, daß Sie dem auch zugestimmt haben - eine weitere Sanierungsmaßnahme eingeleitet, bei der es um die Erneuerung der völlig desolaten Kanalisation in dieser Großstadt geht. Solche Vorhaben stehen der Bundesrepublik Deutschland nicht nur gut an, sondern stärken auch international unsere Reputation als ein Land, das den Umweltschutz verantwortlich praktiziert.
Herr Kollege Kuhlwein, Sie haben hier etwas zu den Einsparungen gesagt, die im Haushalt vorgenommen worden sind. Wir beide sind uns ja Gott sei Dank in einer ganzen Reihe von Punkten einig. Ich selbst habe bei der Einbringungsrede kritisiert - dabei bleibe ich auch -, daß bei den Naturschutzmaßnahmen nicht mehr getan worden ist. Wir sind uns auch darüber einig gewesen, wenigstens den alten Ansatz wiederherzustellen, was immerhin eine nicht ganz einfache Operation war. Aber wir haben sie gemeinsam durchgeführt.
In diesem Zusammenhang habe ich die ganz herzliche Bitte an das Bundesfinanzministerium, zu erkennen - ich wiederhole mich da -, daß das Umweltministerium zu den Ministerien gehört, denen die Bezeichnung Zukunftsministerium gebührt; denn ich bin der Meinung - das ist auch Mehrheitsmeinung in meiner Fraktion -, daß Zukunft
- das werden sie schon noch tun, wie ich sie kenne - mit Umweltschutz sehr viel zu tun hat.
- Sehen Sie, wenn Herr Fischer klatscht, habe ich immer den Verdacht, etwas falsch gemacht zu haben. Aber es steht auch so in meinen Unterlagen.
- Ja, ich habe leider nicht Ihre tiefe Stimme.
Meine Damen und Herren, es gibt ein paar Probleme, die ich heute gerne noch ansprechen möchte, auch wenn das vielleicht nicht ganz so werbewirksam wie manche großartige Ankündigung ist. Einige
Arnulf Kriedner
dieser Probleme betreffen das Ministerium selbst. Ein Ministerium, das an fünf oder sechs Stellen untergebracht ist, ist meiner Ansicht nach kaum in der Lage, eine vernünftige und gedeihliche Arbeit zu leisten. Der Ausschuß - Kollege Weng, wir haben das ja auch noch einmal gemeinsam vorgetragen - hat gesagt: Wenn es zur Leistungsfähigkeit dieses Ministeriums beiträgt, ist es selbstverständlich, daß es konzentriert an einer Stelle untergebracht wird. Wir erwarten, daß uns bei den nächsten Haushaltsberatungen dazu ein vernünftiger, in sich schlüssiger und vor allen Dingen abgestimmter Entwurf vorgelegt wird.
Das zweite Problem: Es gab eine ganze Reihe von Personalfragen, die uns bei den Berichterstattergesprächen berührt haben. Der Kollege Kuhlwein ist kurz darauf eingegangen, und ich hätte es auch nicht verstanden, wenn es anders gelaufen wäre. Das eine betraf die Gleichbehandlung von Personal, das in nachgeordneten Behörden des Bundesumweltministeriums tätig war, und von Personal, das beim Gesundheitsministerium tätig war. Wir haben dafür Sorge getragen, daß die Betroffenen in Bad Elster und in zwei anderen kleinen Einrichtungen auf vernünftigen Stellen weiterbeschäftigt werden können.
Das nächste Problem: Für uns war völlig unverständlich, wieso die Stellen, die beim BAFe untergekommen waren und auf denen für den Naturschutz gearbeitet wurde, nicht weiterexistieren sollten. Ein Wink des Haushaltsausschusses hat genügt; die Verwaltung hat reagiert. Diese Leute können Aufgaben erfüllen, die im Zusammenhang mit der Wahrnehmung von europäischen Gesetzen von großer Bedeutung sind.
Aber wir haben auch noch auf ein paar andere Punkte hingewiesen. Ich möchte sie heute nicht unterschlagen; denn ich meine, das ist eine sehr wichtige Angelegenheit. Der erste Punkt betrifft den Umzug des Umweltbundesamts nach Dessau. Ich sage noch einmal ganz deutlich: Der Deutsche Bundestag erwartet - ich nehme an, ich spreche für alle im Hause -, daß dieses Projekt, das ein wichtiges gesamtdeutsches ist, mit Priorität und mit dem nötigen Maß durchgeführt wird. Wir erwarten zusätzlich - ich glaube, auch da stoße ich im Hause auf Widerhall -, daß der Umzug einer solchen Institution umweltverträglich vonstatten geht,
das heißt, daß man, was die Ausgestaltung dieses Amtes in Dessau betrifft, auf die Umwelt Rücksicht nimmt.
Das nächste ist ebenfalls ein ostdeutsches Problem; ich möchte es hier gerne ansprechen. Das ist die Grundsanierung der internationalen Naturschutzakademie auf der Insel Vilm. Viele von uns haben sich davon überzeugt, daß dort eine ganz hervorragende Arbeit geleistet wird, auch im internationalen Bereich. Wir sind nicht der Meinung - die einzelne vortragen -, daß man jetzt einen Umzug auf die Insel Rügen vornehmen sollte, der zum einen eine ganze Menge Geld kosten und zum zweiten meines Erachtens die Arbeitsfähigkeit nicht verbessern würde. Wir sind der Ansicht, daß dieses Institut auf der Insel Vilm weiter betrieben werden sollte. Wir erwarten auch dazu eine vernünftige Konzeption.
Der dritte Punkt ist der Neubau einer Meßstelle in Westerland. Sie haben am Ende Ihrer Rede Hoffnungen an den nächsten Haushalt gerichtet - auch ich tue das -, weil wir das Ganze andiskutiert hatten.
- Lieber Herr Kollege Fischer, bei diesem Thema sollten Sie Ihre Ungeduld zügeln; denn es ist an sich, meine ich, ein essentiell grünes Thema, über das wir jetzt reden. Aus diesem Grund verstehe ich gar nicht, warum Sie so nervös werden.
Ich habe hier einige Einzelprojekte genannt, die für den Umweltschutz in unserem Land einige Bedeutung haben. Das Umweltbundesamt hat, meine ich, einige Bedeutung.
- Peanuts? Sie halten das für Peanuts? Das Umweltbundesamt halten Sie für Peanuts? Entschuldigen Sie, ich halte das Umweltbundesamt für eine wichtige Einrichtung. Ich werde dem neuen Präsidenten vermitteln, daß Sie es für Peanuts halten.
Das sollten Sie ihm bei Gelegenheit sagen und nicht auf den Rang dieses Instituts abheben, wenn Sie irgend etwas veröffentlichen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin nach wie vor der Meinung - da würde ich mich mit dem Kollegen Kuhlwein nicht anlegen -,
daß der Umweltschutz einen ganz wichtigen Stellenwert hat. Was mich an der Debatte allerdings immer stört, ist, daß hier so getan wird, als ob Umweltschutz einzig und allein eine Angelegenheit des Bundes wäre. Beim Umweltschutz - so ist unsere Verfassungslage - sind vor allen Dingen die Bundesländer in der Verpflichtung. Die Länder sind im gesamten Maßstab sozusagen Ausführungsbehörde. Aus diesem Grund können Sie nicht so tun, als ob die Regelungsbehörde, der Bund, all das tun würde, was eigentlich die Länder tun müßten.
Ich erwarte, daß sich die Bundesländer in dieser Frage in einer anderen Weise einbringen. Ich erwarte ferner, daß sich die Opposition, die in vielen Ländern, Herr Kollege Kuhlwein, die Verantwortung
Arnulf Kriedner
hat, auch für die entsprechenden Ministerien - übrigens sind auch eine ganze Menge Grüne dabei -, dieser Verantwortung in anderer Weise stellt, als immer nur mit gespitzen Fingern nach Bonn zu zeigen. Das erwarte ich von den Bundesländern.
Man kann versuchen, die Politik der Bundesregierung anzugreifen, ohne die Verantwortung derer zu haben, die ein wesentliches Maß mittragen. Auch das sollte hier einmal zur Sprache gebracht werden.
Ich will zusammenfassen. Zufriedenstellen, Herr Fischer, kann ein abgesenkter Haushalt ohnehin nicht, insbesondere nicht die Fachleute, die sich damit befassen. Nichtsdestotrotz ist dieser Haushalt, was die Reaktorsicherheit betrifft - jetzt komme ich zu einem Teil, der Ihnen nicht liegt -, ein außerordentlich wichtiger Haushalt.
Ich appelliere an diejenigen, die so tun, als ob die Reaktorsicherheit für unser Land keine Bedeutung hätte, ihre für meine Begriffe weltfremden Vorstellungen einmal zu überdenken.
- Ja, auch ich glaube, dieser Appell ist hoffnungslos.
- Die Bundesregierung kann gar nicht gemeint sein; denn sie hat ihre Ansätze gebracht. Ich meine schon diejenigen, Herr Fischer, die in den Haushalt Nullansätze hineinschreiben wollen. Das sind Sie. Sie meine ich, ganz genau Sie.
Ich kann mich aus der Verantwortung doch nicht dadurch herausstehlen, daß ich bei einem vorhandenen Problem einen Nullbetrag in den Haushalt hineinschreibe und dann so tue, als ob ich damit das Problem nicht mehr hätte.
- Das ist ein Ansatz, der auch durch lautes Schreien ein falscher Ansatz ist. Sie bekommen das auch durch lautes Schreien nicht weg.
Ich sage noch einmal: In sich ist dieser Haushalt ausgewogen. Wir wollen bei einer ganzen Reihe von Bereichen im Jahr 1996 ein bißchen mehr. Ich habe die Schwerpunkte genannt.
Ich danke den Berichterstattern für eine trotz allem auch bei gegensätzlichen Standpunkten sehr faire Beratung. Ich danke Ihnen, Frau Ministerin, und Ihren Mitarbeitern. Ich danke vor allen Dingen auch denen im Bundesfinanzministerium, die uns insbesondere bei den Personalfragen - ich darf das einmal so sagen - entgegengekommen sind und erkannt haben, daß es wichtig war, zu handeln.
Ich hoffe, Sie werden sich doch noch überzeugen lassen - so wie es die Koalitionsfraktionen sicher tun werden, ohne der F.D.P. etwas vorwegnehmen zu wollen -, sich unserem Antrag anzuschließen und diesen Haushalt anzunehmen.
Vielen Dank.