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ID1306810400

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 13/68 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 68. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 9. November 1995 Inhalt: Tagesordnungspunkt I: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1996 (Haushaltsgesetz 1996) (Drucksachen 13/2000, 13/ 2593) 5863 A Einzelplan 09 Bundesministerium für Wirtschaft (Drucksachen 13/2609, 13/2626) . . 5863 B Manfred Hampel SPD 5863 B Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. 5866 C, 5867 A, 5869 A Siegmar Mosdorf SPD 5867 B, 5883 C Kurt J. Rossmanith CDU/CSU . 5867 D, 5881 D Manfred Hampel SPD 5868 D Hans Büttner (Ingolstadt) SPD 5871 D Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5872 B Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. . . 5874 D, 5879 D Hans Büttner (Ingolstadt) SPD . . . 5876 A Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 5877 A Ernst Schwanhold SPD 5877 B Hans-Eberhard Urbaniak SPD . . . 5878 A Dr. Christa Luft PDS 5878 C Peter Dreßen SPD 5879A Rolf Kutzmutz PDS 5880 A Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 5882 A Peter Dreßen SPD 5883 B Ernst Schwanhold SPD 5884 C Friedhelm Ost CDU/CSU 5886 B Anke Fuchs (Köln) SPD 5888 B Dietrich Austermann CDU/CSU . . 5888 D Ilse Janz SPD 5888 D Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. . . . 5889 C Ernst Hinsken CDU/CSU 5890 A Manfred Hampel SPD (Erklärung nach § 31 GO) 5891 A Manfred Kolbe CDU/CSU (Erklärung nach § 31 GO) 5891 C Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Erklärung nach § 31 GO) 5892 B Namentliche Abstimmung 5892 D Ergebnis 5918 B Einzelplan 11 Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (Drucksachen 13/2611, 13/2626) 5893 A Dr. Konstanze Wegner SPD 5893 B Hans-Joachim Fuchtel CDU/CSU . . . 5896 A Uta Titze-Stecher SPD 5896 D, 5897 A Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5899 B Ina Albowitz F.D.P. . . . . 5901 D, 5905 C, 5906 B Ingrid Matthäus-Maier SPD 5904 C Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5904 D Peter Dreßen SPD 5905 D Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5906 B Dr. Heidi Knake-Werner PDS 5906 C Dietrich Austermann CDU/CSU . . . 5908 B Ottmar Schreiner SPD 5910 B Dr. Norbert Blüm CDU/CSU 5911 C Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 5913 D Ingrid Matthäus-Maier SPD 5914 B Ottmar Schreiner SPD . . . . . . . 5915 C Dr. Barbara Höll PDS 5916 B Gerd Andres SPD 5917 C Einzelplan 16 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Drucksachen 13/2616, 13/2626) 5920 D Eckart Kuhlwein SPD . . . . . . . . 5921 A Arnulf Kriedner CDU/CSU 5923 C Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5924 D, 5931 B Kristin Heyne BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5927 C Birgit Homburger F D P. 5929 C Marion Caspers-Merk SPD . . . 5930 D, 5933 B Rainder Steenblock BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5932 A Eva Bulling-Schröter PDS 5933 D Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMU 5935 A Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . 5936 A Eckart Kuhlwein SPD 5936 C Wolfgang Behrendt SPD 5937 A Ulrike Mehl SPD . . . . . . . . . 5939 A Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . 5939 D Dr. Gerhard Friedrich CDU/CSU . . . 5941 D Otto Schily SPD 5942 D Wolfgang Behrendt SPD 5943 D, 5946 A Arnulf Kriedner CDU/CSU . . . . . 5944 B Kurt-Dieter Grill CDU/CSU 5945 C Bartholomäus Kalb CDU/CSU 5946C Marion Caspers-Merk SPD 5946 D Einzelplan 07 Bundesministerium der Justiz (Drucksachen 13/2607, 13/2626) 5947 C in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht (Drucksachen 13/2618 [neu], 13/2626) 5947 C Gunter Weißgerber SPD 5947 C Manfred Kolbe CDU/CSU . . . . . . 5949 A Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5951 D Manfred Kolbe CDU/CSU 5953 B Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . 5953 D Horst Eylmann CDU/CSU 5954 B Detlef Kleinert (Hannover) F.D.P. . . . . 5955 C Dr. Uwe-Jens Heuer PDS 5957 B Dr. Susanne Tiemann CDU/CSU . . . 5958 D Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 5960 A, 5974 A, C Heinrich Graf von Einsiedel PDS . . . 5960 C Dr. Uwe-Jens Heuer PDS . . . 5961 A, 5970 D Otto Schily SPD . . . . 5961 C, 5973 A, B Hermann Bachmaier SPD 5962 A Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD . . 5962 D, 5969 B Frederick Schulze CDU/CSU 5965 A, D Heinz Lanfermann F.D.P. . . . 5966 D, 5967 A Horst Eylmann CDU/CSU 5968 D Norbert Geis CDU/CSU 5969D Dr. Gregor Gysi PDS 5971 B Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ 5972 A Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD . . . 5972 D Jürgen Koppelin F.D.P. 5973 D Einzelplan 25 Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Drucksachen 13/2621, 13/2626) 5975 C Dr. Rolf Niese SPD 5975 D Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. 5976D, 5991 A Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/ CSU .. . 5977 A Volkmar Schultz (Köln) SPD 5977 B Dieter Pützhofen CDU/CSU 5980 D Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 5983 C, 5985 D Dr.-Ing. Dietmar Kansy CDU/CSU . . . 5985 B Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. . . 5986 A Klaus-Jürgen Warnick PDS 5987 C Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 5988 D, 5993 A Hans Georg Wagner SPD 5989 A Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5990 B Otto Reschke SPD 5992 B Einzelplan 13 Bundesministerium für Post und Telekommunikation (Drucksachen 13/2613, 13/2626) 5993 D Gerhard Rübenkönig SPD 5994 A Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 5995 C Dr. Manuel Kiper BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5996 B Dr. Max Stadler F D P. 5997 C Gerhard Jüttemann PDS 5998 D Elmar Müller (Kirchheim) CDU/CSU . . 5999 D Dr. Manuel Kiper BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6000 C, 6002 C Hans Martin Bury SPD 6002 A Dr. Wolfgang Bötsch, Bundesminister BMPT 6004 C Einzelplan 12 Bundesministerium für Verkehr (Drucksachen 13/2612, 13/2626) 6006 C Hans Georg Wagner SPD 6006 C Bartholomäus Kalb CDU/CSU 6010 C Kristin Heyne BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6013 D Horst Friedrich F.D.P. 6016 A Dr. Winfried Wolf PDS 6018 B Matthias Wissmann, Bundesminister BMV 6020 A Annette Faße SPD 6022 B Dr. Hermann Kues CDU/CSU 6024 C Nächste Sitzung 6027 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 6029 *A 68. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 9. November 1995 Beginn: 9.00 Uhr
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    (D) (A) Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Beck (Bremen), BÜNDNIS 09. 11.95 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Dr. Dobberthien, SPD 09. 11.95 Marliese Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 09. 11.95 * Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 09. 11.95 Marten, Günter CDU/CSU 09. 11.95 * Meißner, Herbert SPD 09. 11.95 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 09. 11.95 Nickels, Christa BÜNDNIS 09. 11.95 90/DIE GRÜNEN (B) Anlage zum Stenographischen Bericht (C) Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Odendahl, Doris SPD 09. 11.95 Poß, Joachim SPD 09. 11.95 Dr. Scheer, Hermann SPD 09. 11. 95 Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 09. 11. 95 90/DIE GRÜNEN Schwanitz, Rolf SPD 09. 11.95 Steindor, Marina BÜNDNIS 09. 11. 95 90/DIE GRÜNEN Terborg, Margitta SPD 09. 11.95 Vogt (Düren), Wolfgang CDU/CSU 09. 11.95 Vosen, Josef SPD 09. 11. 95 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (D)
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Konstanze Wegner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn möchte ich einige kurze Ausführungen über die Zukunft des Sozialstaats machen, und anschließend möchte ich gezielt auf einige Probleme unseres Sozialhaushalts im Einzelplan 11 eingehen.
    Die Debatte um den Sozialstaat, das heißt, um seinen Abbau oder um seinen Umbau, wird zur Zeit, wie mir scheint, häufig in einer ritualisierten Form geführt, nämlich mit Schlagworten, die nicht weiterhelfen und die höchstens die Politikverdrossenheit verstärken werden. Viele Unternehmer, verstärkt von der F.D.P. und Teilen der CDU/CSU, bringen gebetsmühlenartig ihre Klagen vor: die Löhne seien zu hoch, die Arbeitszeit zu kurz, die Gesetzgebung zu kompliziert und wir hätten zu viele Feiertage. SPD, Gewerkschaften, die Wohlfahrtsverbände und Teile der Kirchen weisen diese pauschalen Vorwürfe dann meist ebenso pauschal zurück und verweisen in der Regel auf Fehler des Managements und auf die Verantwortung der Tarifparteien.
    Klaus Zwickel von der IG Metall, der in diesem Raum schon oft zitiert worden ist, hat dieses Ritual durchbrochen und einen Denkanstoß gegeben. Ich denke, man sollte aber die ganze Rede Zwickels zur Kenntnis nehmen und sich nicht nur die Teile heraussuchen, die einem passen.

    (Beifall bei der SPD)

    Was die Debatte um den Sozialstaat häufig so einseitig erscheinen läßt, ist die Tatsache, daß es dabei fast immer nur um die zugegebenermaßen hohen Kosten des Sozialstaats geht. Von den Kritikern des Sozialstaats wird jedoch niemals thematisiert, was wir in Deutschland dem modernen Sozialstaat auch verdanken. Ich bin fest überzeugt, daß ein funktionierender Sozialstaat die Grundvoraussetzung einer stabilen Demokratie ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Ohne unser ausgefeiltes System der sozialen Sicherung hätten wir heute in Deutschland angesichts der hohen Arbeitslosigkeit vermutlich Zustände wie in der Endphase der Weimarer Republik, nämlich fortgesetzte Regierungswechsel und die Reps als Massenpartei in den Parlamenten.
    Natürlich müssen wir den Sozialstaat reformieren, wenn wir ihn auch in Zukunft erhalten wollen. Die Zukunft der Arbeit zu sichern heißt für den Staat einerseits, die Rahmenbedingungen für die Entstehung neuer Arbeitsplätze in der Wirtschaft zu schaffen und andererseits, die Folgen der Arbeitslosigkeit dort, wo sie nicht zu verhindern ist, abzumildern. Konkret heißt das - ich knüpfe an das an, was der Kollege Schwanhold gesagt hat -: Wir brauchen eine Stärkung des Mittelstands, der im Unterschied zur Großindustrie die meisten Innovationen und die meisten Arbeits- und Ausbildungsplätze bietet. Der Mittelstand braucht Steuererleichterungen, Steuervereinfachungen und den Transfer von Technologie- und Risikokapital.

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Dann stimmt doch endlich zu! Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Die Kapitalsteuersenkung hat nichts mit dem Mittelstand zu tun!)

    - So ist es.
    Wir brauchen ausreichend Ausbildungsplätze und auch eine verbesserte Qualität der Ausbildung. Nach Aussagen des Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit, Jagoda, ist die deutsche Wirtschaft ihrer Zusage, mehr Ausbildungsplätze in diesem Jahr anzubieten, bisher nicht nachgekommen.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Leider!)

    Nicht auszubilden, aber möglichst viele Mitarbeiter auf Kosten der Rentenversicherung in den Vorruhestand zu schicken und anschließend über Facharbeitermangel zu jammern, so wie die Großindustrie das tut, ist kein Ausweg aus der Krise.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir brauchen, liebe Kollegin Albowitz, ein kreatives Management - übrigens auch in der Politik -, das Mitarbeiter auch in der Politik zu motivieren versteht und das nicht an Produkten festhält, die heute andere viel billiger und genau so gut wie wir herstel-

    Dr. Konstanze Wegner
    len. Wir brauchen ganz gewiß eine intelligente Neuverteilung und Flexibilisierung der Arbeit. Wir brauchen die Nutzbarmachung des kreativen Potentials, das Frauen in unserer Gesellschaft darstellen, auch und gerade in der Wirtschaft.

    (Beifall bei der SPD)

    Angesichts der Massenarbeitslosigkeit muß es aber auch eine aktive Arbeitsmarktpolitik des Staates geben, wie es zum Beispiel die SPD in ihrem großen Entwurf für ein Arbeits- und Strukturförderungsgesetz dargestellt hat. Die staatliche Arbeitsmarktpolitik muß die staatlichen Mittel nicht nach dem Stop-
    and-go-Prinzip, sondern geregelt und verläßlich zur Verfügung stellen. Über den wirksamsten Einsatz dieser Mittel muß dann dezentral, das heißt vor Ort mit den Verantwortlichen und möglichst noch unter Bündelung der Ressourcen, entschieden werden.
    Ich glaube durchaus: Viele Arbeitnehmer in diesem Land wären zu weiteren Einschränkungen bereit - viele haben sie schon hinnehmen müssen, das wird immer vergessen -,

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    wenn dadurch ihre Arbeitsplätze wirklich langfristig gesichert würden. Für den Standort Deutschland ist meines Erachtens die entscheidende Frage, ob diejenigen, die in diesen Bereichen Verantwortung tragen, endlich einmal bereit sind, auf die eingefahrenen Rituale zu verzichten und sich der Probleme unvoreingenommen anzunehmen. Zwickel hat hier den Anfang gemacht.

    (Beifall bei der SPD)

    Wie sehen nun die Antworten der Regierung auf die sozial- und gesellschaftspolitischen Fragen und Herausforderungen aus? Die Regierungsparteien geben dem Bildungs- und Forschungsministerium einen neuen, einen hochtrabenden Namen, „Zukunftsministerium", und einen neuen, allerdings etwas bläßlichen Minister, aber sie geben ihm kaum mehr Geld. Unter Flexibilisierung verstehen Sie einseitig die Ausweitung der Samstags- und Sonntagsarbeit. Damit erschweren Sie die Bedingungen für ein Familienleben, das Sie doch sonst in Ihren Sonntagsreden so hochhalten.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Die CDU verhindert in ihrer eigenen Partei durch reaktionäre Beschlüsse die Anwendung sinnvoller Gleichstellungsmaßnahmen für Frauen, wie die Einführung der Quote, und Sie zementieren damit die männliche Vorherrschaft in Ihrer eigenen Partei und in der Politik insgesamt.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Was tut die Regierung eigentlich, um die vielbeklagten Kosten des Sozialstaats zu senken? Sie lassen - es wurde in der Debatte zum Wirtschaftshaushalt gesagt - seit Jahren zu, daß die Kosten der Einheit wesentlich über die Sozialversicherungssysteme finanziert werden, und Sie erhöhen damit die beklagten Lohnnebenkosten der Arbeit.
    Ein weiterer Punkt. Nach Ansicht von Fachleuten könnte mehr Prävention im Bereich berufsbedingter Krankheiten jährlich Milliarden einsparen. Die hierzu vorgesehenen Mittel im Sozialhaushalt fließen jedoch kaum ab. Hier muß der Bundesminister aktiver werden. Es genügt nicht, daß man die Schuld immer nur auf die Länder schiebt.

    (Beifall bei der SPD)

    Bevor ich mich einigen Schwerpunkten des Etats zuwende, möchte ich mich beim Ministerium für das zügige Übersenden der angeforderten Unterlagen und bei meinen Mitberichterstattern und Mitberichterstatterinnen für die kollegiale Zusammenarbeit bedanken.
    Zurück zur Arbeitsmarktpolitik. Von der Schönfärberei und den Fehlplanungen, die Waigels Haushaltsentwurf 1996 charakterisieren, war und ist auch der Einzelplan 11 in hohem Maße betroffen. Man kann sagen, Blüm ist sozusagen das Opfer von Waigels und Rexrodts falschen Zahlen geworden.

    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das ist falsch!)

    - Hören Sie nur bis zu Ende zu! - Dank rosiger, aber krottenfalscher Arbeitsmarktprognosen sollte die Bundesanstalt für Arbeit für 1996 ohne Zuschüsse auskommen, und der Ansatz für die Arbeitslosenhilfe mit 14,8 Milliarden DM war viel zu niedrig angesetzt. Sie haben das, Kollege Austermann, zwar in der Schlußphase der Beratungen korrigiert

    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Woher wissen Sie das?)

    - das weiß ich; ich hatte Ihre Anträge gesehen -,

    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Sie waren doch bei der Beratung gar nicht dabei!)

    aber ob die entsprechenden Aufstockungen ausreichen werden, steht in den Sternen. Ihr hehres Einsparziel von 10 Milliarden DM im Sozialetat haben Sie jedenfalls weit verfehlt.
    Mit dem neuen Gesetz zur Reform der Arbeitslosenhilfe werden sich meine Kolleginnen und Kollegen aus dem Bereich der Sozialpolitik noch im einzelnen auseinandersetzen. Der Kern der sogenannten Reform, mit der die Regierung insgesamt 3,4 Milliarden DM einsparen will, ist eine Bestrafung der Betroffenen und eine weitere Belastung der Gemeinden.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Als Beweis für den angeblichen Mißbrauch der Arbeitslosenhilfe führt der Arbeitsminister immer den Ingenieur an, der angeblich schon seit 20 Jahren Arbeitslosenhilfe erhält. Eine Anfrage der Grünen hat nun ergeben, daß es in Deutschland ganze elf Personen gibt, auf die das zutrifft. Es sind zehn Männer und eine Frau. Unter diesen befindet sich offen-

    Dr. Konstanze Wegner
    bar auch Blüms Lieblingsingenieur, mit dem das ganze Vorhaben begründet wird.

    (Zuruf von der SPD: Wie heißt er denn?) - Da müßt ihr ihn selber fragen.

    Wie sehen denn nun die konkreten Zahlen aus? Der monatliche Durchschnittsbetrag der Arbeitslosenhilfe betrug im ersten Quartal 1995 984 DM in den alten und 776 DM in den neuen Bundesländern. Fast 25 Prozent der Frauen in Westdeutschland, die Arbeitslosenhilfe beziehen müssen, erhalten weniger als 600 DM; in Ostdeutschland liegt der Anteil bei 31 Prozent.
    Was sollen wir hier eigentlich noch einsparen? Ich glaube, daß eine Politik, die hier noch etwas wegnehmen will, in der Tat jeden Bezug zur Realität verloren hat.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Darüber hinaus legen Sie mit diesem Verschiebemanöver zu Lasten der Kommunen die Axt an die Wurzel der kommunalen Selbstverwaltung. Wie sollen denn die Kommunen ihre Pflichtaufgaben erfüllen und darüber hinaus noch weitere freiwillige Leistungen zur Steigerung der Lebensqualität in den Städten erbringen, wenn die Sozialhilfekosten derart explodieren? Sie explodieren nicht nur wegen der wachsenden Armut in unserem Lande, sondern vor allem deshalb, weil in erster Linie der Bund, bisweilen aber auch die Länder die Sozialhilfe fortgesetzt mit neuen wesensfremden Aufgaben belasten, für die sie eigentlich überhaupt nicht gedacht war, nämlich mit Kosten der Langzeitarbeitslosigkeit, mit Kosten für Bürgerkriegsflüchtlinge, mit Kosten für Pflege. Ich frage Sie: Wo bleibt Ihre gesamtstaatliche Verantwortung? Die haben Sie nämlich auch!

    (Beifall bei der SPD)

    Die Bundesanstalt für Arbeit befindet sich mit ihrer Organisationsreform „Arbeitsamt 2000" auf dem richtigen Weg. Sie sollte ihn zügig weitergehen trotz des Beharrungsvermögens vieler großer Abteilungen, die es in derartigen Großunternehmen immer gibt. Einvernehmlich haben die Berichterstatter den Baustopp für neue Arbeitsämter aufgehoben, weil er vor Ort vielfach zu Unzuträglichkeiten und überteuerten Ersatzlösungen geführt hat.

    (Karl Diller [SPD]: Dies haben wir mit der Koalition durchgesetzt!)

    - Jawohl, es war unsere Initiative. Aber es ist einvernehmlich getragen worden, und ich bin froh, daß es so ist.
    Die etwas unglücklich formulierte Empfehlung des Bundesrechnungshofs, Arbeitsämter unter 200 Beschäftigten in sogenannte Nebenstellen umzuwandeln, hat viel Unruhe an der Basis ausgelöst. Sie ist vom Rechnungsprüfungsausschuß vernünftig interpretiert und anwendbar gemacht worden. Unnötige Verwaltungswasserköpfe sollen demnach entfallen. Das Serviceangebot vor Ort soll aber dezentraler und kundennäher ausgestaltet werden.
    Insgesamt sehe ich die Arbeit des Präsidenten Jagoda, soweit ich sie von außen beurteilen kann, durchaus positiv. Er bemüht sich nicht, vorhandene Mißstände zu vertuschen, sondern er bemüht sich, sie aufzuklären und, wo er kann, abzustellen. - Hier dürfen Sie ruhig einmal klatschen; das ist ein Mann Ihrer Richtung!

    (Beifall der Abgeordneten Ingrid MatthäusMaier und Karl Diller [SPD])

    Im Einzelplan 11 ist fast alles gesetzlich festgelegt. Viel Spielraum für Umschichtungen besteht nicht.
    Handlungsbedarf, der mit geringen Mitteln zu befriedigen wäre, sehe ich im Bereich der Aussiedler. Diese Gruppe, die ja von den Regierungsparteien jahrzehntelang zur Rückkehr ins deutsche Vaterland ermuntert wurde und dort zunächst auch mit guten sozialen Leistungen empfangen wurde, droht jetzt ins soziale Abseits zu geraten. Die sozialen Leistungen wurden stark gekürzt, und der Sprachunterricht wurde auf sechs Monate beschränkt. Die Beherrschung der Landessprache ist aber die zentrale Voraussetzung für erfolgreiche Integration. Deshalb sollten die Sprachkurse wieder auf acht Monate verlängert und ihre Qualität verbessert werden.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Das Institut für deutsche Sprache in Mannheim hat dazu entsprechende vernünftige Vorschläge unterbreitet.
    Auch für Ausländer soll und muß der Sprachunterricht aus den gleichen Gründen weitergeführt werden. Die Tatsache, daß die Koalition den Vertrag mit dem Sprachverband, der gute Arbeit geleistet hat, statt wie bisher für zehn jetzt nur noch für vier Jahre verlängern will,

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Sehr gut!)

    darf nicht der Einstieg in den Ausstieg aus der Sprachförderung sein.

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Das sagt auch keiner!)

    - Das hätte ich gerne im Protokoll gehabt.

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Das steht alles im Protokoll!)

    Wer an den Integrationsleistungen zu sehr spart, drängt die betroffenen Menschen in ein Randgruppendasein und schafft damit sozialen Sprengstoff für die Zukunft.

    (Beifall bei der SPD)

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, Minister Blüm hat als Motto des Entwurfs des Sozialhaushalts den Satz „Sparen und gestalten" gewählt. Mit dem Sparen wurde es nichts Rechtes. Die Regierung mußte unter dem Druck der Realität wieder draufsatteln, und das Gestalten erweist sich vornehmlich als Verschiebemanöver zu Lasten der Schwächsten in unserer Gesellschaft. Auch in diesem Einzelplan bleiben zahlreiche Haushaltsrisiken. Das wahre Motto dieses Haushaltsplans lautet also nicht „Sparen und gestal-

    Dr. Konstanze Wegner
    ten", sondern „Löcher stopfen und Gesellschaft spalten". Einem solchen Haushalt können wir nicht zustimmen.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Rede von Hans-Ulrich Klose
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Kollege Fuchtel, CDU/CSU-Fraktion.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans-Joachim Fuchtel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beraten heute den Haushalt des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Ich darf Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, dabei wieder herzlich unter uns begrüßen. Ich sage dies vor dem Hintergrund, daß Sie exakt vor der Beratung dieses Haushalts im Haushaltsausschuß das Feld geräumt haben und sich damit dieser Aufgabe nicht stellten.
    Uns kam das vor wie im Kindergarten: Wenn die Aufgabe schwierig ist, sind wir als Kinder ebenfalls davongelaufen. Nicht anders haben wir Ihren Auszug empfunden. Damals haben wir Ihnen gemäß Herbert Wehner zugerufen: Wer hinausgeht, kommt auch wieder herein.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Wir haben recht behalten; Sie sind heute wieder da. Schon aus diesem Grund gilt: 1: 0 für diese Koalition.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, die bundesdeutsche Öffentlichkeit muß dies einmal erfahren: Als es darum ging, über die Fragen der Rentenversicherung, des Arbeitsmarktes, der Versorgung der Kriegsopfer, der sozialen Sicherheit und der Zukunft des Sozialstaates zu beraten, sind Sie verschwunden. Sie haben mit uns im Haushaltsausschuß keinen einzigen Antrag diskutiert.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Schämen Sie sich dafür, daß Sie das mitgemacht haben!)

    Statt Kärrnerarbeit an Kapiteln des Haushaltsplans im Ausschuß betreiben Sie Kaspereien vor den Kameras. So ist zur Zeit die Arbeitsverteilung.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Die SPD Rudolf Scharpings ist eben nicht mehr die SPD von Willy Brandt und Helmut Schmidt, wie man auch an diesem Beispiel deutlich sieht.

    (Beifall bei der CDU/CSU Widerspruch bei der SPD)

    Wir stehen mit dieser Beurteilung nicht allein da. Die IG Metall hat jüngst auf ihrem Kongreß deutlich zum Ausdruck gebracht, daß die SPD derzeit konzeptionslos ist und von ihr keine Impulse ausgehen. Genau diesen Eindruck haben Sie in der Haushaltsdebatte bei diesen wichtigen Fragen der Sozialpolitik vermittelt.
    Meine Damen und Herren, auch die Rede von Frau Dr. Wegner hat gezeigt: Zur Zeit geht es in der
    Debatte weniger um Einzelfragen, sondern um eine Grundsatzfrage. Diese Grundsatzfrage heißt: Sind wir bereit, die Herausforderungen der jetzigen Zeit anzunehmen, oder begnügen wir uns mit neuen Klageliedern?
    Ich habe in diesem Zusammenhang gerade wieder einige Kleinigkeiten gehört. Frau Dr. Wegner, Sie haben gefordert, die Sprachkurse für Aussiedler zeitlich zu verlängern. Wir haben schon jetzt 1,5 Milliarden DM in diesem Etat zu verzeichnen. Das kostet nämlich Geld. Sie müssen uns schon sagen, wo wir dies wieder einsparen können. Das aber haben Sie nicht getan.

    (Peter Dreßen [SPD]: Sie haben es doch gekürzt!)

    Vor diesem Hintergrund wiederhole ich, daß Sie in diese Debatte völlig konzeptionslos hineingegangen sind. So werden Sie wahrscheinlich auch wieder herausgehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es geht eben nicht, daß Sie überall nur Besitzstände verteidigen. Wir müssen vielmehr akzeptieren, daß sich die Situation gewandelt hat. Der Sozialstaat muß umgebaut werden.

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Wohl wahr!)

    Dies heißt eben auch, daß der Sozialhaushalt seinen Beitrag dazu leisten muß.